Kapitel 66

Beyoncé - XO

Freitag, 20. Juni

Was ist besser, als mit einem guten Gefühl die Klausur abzugeben? Essen! Nach langem hat es endlich geklappt, dass Jessica, Celine, Tom, Marcel und ich essen gehen. Can kommt sogar mit! "Die Adresse habe ich dir per WhatsApp geschickt", gebe ich Jessica Bescheid und schleppe Can durch die Flure. "Die Dermatologie Klausur war scheiße und dann noch über das Wochenende arbeiten", murrt er. "Die war total einfach, Can." Er seufzt und hält mir den Mund zu, was mich lachen lässt. "Can, du hast gleich Schnodder an der Hand", informiere ich ihn. Meine Pollenallergie wächst wieder. "Du sollst doch deine Medikamente einnehmen, Shana", seufzt er und gibt mir ein Taschentuch. "Ich bin doch nicht lebensmüde und nehme mein Antiallergikum ein, wenn ich Prüfungen schreibe oder in Vorlesungen sitze. Ich will nicht einschlafen", erkläre ich und putze mir die Nase. "Du zeigst zu viel Haut", merkt Can an. Entgeistert sehe ich zu ihm auf, doch er schaut weiter gerade aus. "Es ist eine zerrissene Hose und ein Tanktop, wir haben vierundzwanzig Grad, Can." Er brummt unzufrieden, der alte Brummer. "Außerdem habe ich nur für dich ein Hemd um die Hüfte gebunden, sei doch froh." Er zieht an meiner Haarsträhne und öffnet für mich die Beifahrertür. "Gentleman", lobe ich und steige ein. Im Auto schalte ich Musik und Klimaanlage an und klatsche im Takt auf meine Oberschenkel. "Wann müssen wir dort sein?", will Can wissen. "In zwei Stunden." Ich schaue aus dem Fenster und schreie auf, als ich sehe, dass Aykan und Aleyna sich küssen. Niemals! Das ist ein Traum! Ich glaube, ich träume! Nein, das machen die nicht ernsthaft! Ich kriege eine gottverdammte Gänsehaut. "Das kann doch nicht-, das ist doch nicht-, die küssen sich einfach!", rufe ich erbost.

"Was ist denn los?" "Aykan, Aleyna, die beiden küssen sich. Gott, ist das ekelig. Fahr sie an, Can!" Ich will nach dem Lenkrad greifen, woraufhin Can meine Hände sofort festhält und mich in den Sitz drückt. "Nicht", keucht er. Oh Gott, ich habe nicht daran gedacht! Es läuft mir den Rücken runter. "Tschuldigung, Can. Ich war gerade impulsiv und hatte es nicht um Kopf." Entschuldigend beiße ich mir auf die Lippe, doch er reagiert nicht, sondern fährt einfach los. Seine rechte Hand hat meine Handgelenke immer noch fest umschlungen. Ich schaue aus dem Fenster und beobachte die beiden ekelhaften Missgestalten, bis ich sie nicht mehr sehen kann. Dreckige Huren! Seufzend schaue ich wieder nach vorne und dann auf Cans große Hand, die meine Handgelenke immer noch nicht losgelassen hat. Ich küsse seinen Handrücken und schmiege meine Wange an sie. "Tut mir leid, Can. Hab bitte keine Angst", flehe ich. Seine Kiefermuskeln zucken unter seiner Haut. Er antwortet nicht, atmet tief ein und lässt die Luft für mehrere Sekunden in seinen Lungen, ehe er ganz langsam ausatmet. "Mach das nie wieder", flüstert Can und lässt meine Handgelenke los, die rot geworden sind. Meine Augenbrauen heben sich überrascht. Ich habe gar nichts gespürt. War es unbewusst? Ich schniefe und wische mir über die Augen, weil die Pollen mich wieder mobben wollen.

Wir kommen in unserer Wohnung an, wo Can mich auf das weiche, dunkelgraue Sofa drückt und mit Medikamenten zurückkommt, die mir der Allergologe für die Pollensaison verschrieben hat. "Ich will keine Augentropfen", quengele ich. "Shana, du musst. Deine Bindehaut entzündet sich immer wieder." Ich murre und schüttele feste den Kopf. "Shana", ermahnt er mich. "Nö!" Ich will aufstehen, doch Can drückt mich zurück auf das Sofa. "Hinlegen, Mund halten", kommt es kurzgebunden von ihm. "Loslassen, Arsch lecken." Ich will wieder aufstehen, doch Can ist kräftiger als ich, sodass ich wie eine hilflose Schildkröte auf dem Sofa strampele und dann am Ende bockig die Arme vor der Brust verschränke. "Can, die brennen", quengele ich, als er sich hinsetzt und die Tropfen öffnet. "Lass mich doch erst einmal nur das Antiallergikum einnehmen. Meine Augen sind nur ein wenig gereizt." Ich will wieder aufstehen, als Can mich mit Wucht runterdrückt. "Shana, bei Gott, mach mir keine Kopfschmerzen und lass mir dir diese verfickten, gottverdammten Augentropfen verabreichen", ruft er aufgebracht, und sofort zieht sich meine Brust zusammen. Ich versuche wirklich alles, damit ich nicht schmolle, aber es geht mir wirklich nahe, wenn Can mich anschreit. Keine Tränen, keine Tränen! Es ist etwas ganz Normales, wenn der Partner gestresst ist und lauter wird. Verdammte Sensibilität! Ich ziehe meine Schultern an und schaue nach unten auf meinen Bauch, damit Can mein Schmollen und meine glasigen Augen weniger bemerkt.

"Shana", seufzt er. "Nö", murre ich. "Shana, bitte." Er legt die Tropfen auf den schwarzen Holztisch und zieht mich in seine Arme. "Du sensibles Ding", flüstert er. "Du blödes Arschloch", fauche ich und wische mir verstohlen die kleinen Tränchen weg. "Du bist echt anstrengend." "Bin ich nicht", murre ich wieder und will mich aus seinen Armen befreien. Blödes Arschloch, ich studiere nicht umsonst Medizin. Ich bin schon ein Arzt! "Shana, das bringt dir nichts", sagt Can sanft, weil ich versuche, mich aus seinen Armen zu befreien. "Doch", schniefe ich beleidigt und rutsche nach unten, doch seine Arme begleiten mich. "Ich gebe nicht auf", nuschele ich schmollend. Blöde Kuh, blöder Gorilla. Was denkt er, wer er ist, dass er mich anschreit? "Dämliche Bergmannskuh", fauche ich und höre ihn leise lachen. Scheiß Stimmungsschwankungen. "Shana, komm schon", setzt Can an, doch ich schüttele den Kopf. "Komm schon, Rollmops." Ich hebe meinen Mittelfinger hoch, woraufhin er an ihm knabbert. Ich sage doch, dass er eine Bergmannskuh ist. "Du hast mich verärgert, Shana. Du weißt, dass ich keine Geduld habe." Aus Trotz verschränke ich meine Arme vor meiner Brust. Er drückt mich fest an sich und küsst meinen Scheitel. "Eigentlich müsste ich sauer auf dich sein und ich bin es auch, du freche-," "Wieso?!", blaffe ich grimmig. "Das, was du im Auto machen wolltest. Du weißt, wie empfindlich ich dabei bin." Ich will etwas ansetzen, doch mir fällt nichts ein. "Ich habe doch gesagt, dass es mir leidtut", brumme ich mit zusammengezogenen Augenbrauen.

"Wir werden jetzt einsehen, dass du etwas getan hast, was nicht gut war und dass ich mir einen Zettel an die Stirn kleben muss, damit ich mir merke, dass du sehr sensibel bist. Jetzt leg dich bitte hin, damit ich dir die Augentropfen verabreichen kann." "Du bist kein zertifizierter Ophthalmologe. Ich vertraue dir nicht." Can stöhnt genervt auf, drückt mich auf die verlängerte Seite des Sofas, hält mir dabei den Mund zu und nimmt die Tropfen in die Hand. "Auge offen halten", befiehlt er. Ich beiße aus Prinzip in seinen Finger und verdrehe neckend mein Auge, als ich es offenhalte. Als die Tropfen auf meinen Augapfel treffen, zucke ich zusammen und schließe sie ganz feste. "Es brennt, argh!" Ich haue auf Cans Schenkel und halte mir das andere Auge offen, welches ich ebenfalls verdrehe. Als ich auch am anderen Augen bestraft werde, rolle ich mich ungefähr eine Minute hin und her, bis das Brennen endlich abklingt. "Für das Verabreichen von Augentropfen haben wir jetzt fast zwanzig Minuten gebraucht. Respekt, Shana." Mit hochgezogener Augenbraue und arrogantem Blick sehe ich ihn an und strecke meine Zunge raus. "Böses Mädchen." Ich muss schmunzeln, weil er es so lustig betont hat. "Böses Käsebrötchen." Er pikst mir in die Seite, was mich quietschen lässt. "Antiallergikum, dann schläfst du endlich schnell ein." Spöttisch sehe ich Can an. "Ich bleibe aus Prinzip lange wach." Das Antiallergikum nehme ich an mich und träufele einundzwanzig Tropfen in die Kappe, ehe ich aus ihr trinke und dann leicht das Gesicht verziehe. "Das ist so wenig und es schmeckt trotzdem ekelig. Wie kannst du Alkohol trinken?"

Can antwortet nicht, sondern sieht mich an, so als ob er gleich über mich herfallen würde. Ich schaue fragend und schaue auf meine Brüste. Oh, là, là, die sehen echt gut aus. "Drei, zwei, eins." Ich stehe kreischend auf und renne hilflos um den Tisch herum. "Verdammt, hier gibt es keine Kücheninsel!", rufe ich hysterisch und schreie auf, als Can über den Tisch springt. Er erwischt mich fast, weswegen ich ihn auslache und ins Schlafzimmer renne. "Oh, passender Raum", raunt Can. Oh Gott, oh Gott. "Can, ganz ruhig!", gebe ich hysterisch lachend von mir und will auf die andere Seite rennen, als Cans langen Finger mich packen und aufs Bett schmeißen. Ich liege mit einem beschleunigten Herzschlag unter ihm und genieße sein Profil. "Was mache ich nur mit dir, Shana?" Ich muss anfangen zu lachen und fasse seine Nippel an, die ein wenig durch sein T-Shirt scheinen. Sofort höre ich auf zu lachen, als ich spüre, wie etwas aus mir herausfließt. Oh nein, mein Endometrium ist da. "Ich glaube, ich sollte einen Termin bei der Gynäkologin ausmachen", flüstere ich und laufe ins Badezimmer. Siehe da, ich habe meine Tage. Oh Gott, ich kann mir das Implantat einsetzen lassen. Ich habe mit meiner Mutter schon darüber geredet und musste ihr tausendmal erklären, dass ich meine Fruchtbarkeit nicht verlieren werde. Das Geld steht mir also zur Verfügung, sodass ich mit Can ganz viel Spaß haben werde. Dicht stelle ich mich an die Tür, die ich öffne.

"Can?", rufe ich. "Ja, bitte?", säuselt er. Ich verkneife mir ein Schmunzeln. "Du darfst etwas ganz Tolles tun", sage ich. "Darf ich endlich Sex mit dir haben?", fragt er gespielt ahnungslos, was mich lachen lässt. "Fast. Holst du mir eine neue Unterhose?", frage ich und höre, wie er nach Luft schnappt. "Wie? Ich darf an die edle Unterwäschekammer der Shana Jamil ran?" "Shana Salih", korrigiere ich. "Wenn du nichts im Arsch haben willst, widersprichst du mir in diesem Punkt lieber nicht." Verdutzt ziehe ich den Kopf zurück und höre, wie er eine Schublade öffnet. "Eine rote aus Spitze oder eine weiße?" "Niemand trägt weiße Unterhosen während der Periode, Can." "Schwarz und schlicht? Oh, was haben wir denn hier?", säuselt er. "Can, ich laufe gleich aus!", kommt es schrill von mir. "Ich habe ganz viel Wichsmaterial, aber bald habe ich es besser." Ich erröte und warte, bis Can mit einem blauen Panty zu mir kommt. "Geht doch und dann noch meine Periodenunterhose genommen. Kriegst eine Belohnung dafür." Ich will die Tür zu machen, doch Can hält sie grinsend offen. "Was für eine Belohnung?", fragt er und hebt neckend seine Augenbraue. "Dürfe ich mich endlich frisch machen?", frage ich belustigt. "Sex macht frisch." Ich stöhne genervt auf und schließe die Tür. Cans schöne Lache dringt in meine Ohren, was mich strahlen lässt. So eine wunderschöne Lache. "Bald wirst du schöner stöhnen, Shana. Das verspreche ich dir!" Dieser Junge ist doch verrückt.

Mit frischer Unterhose verlasse ich das Bad und will im Internet nach einer Frauenärztin suchen. "Ich habe es schon getan. Frau Dr. Lange wird morgen mit dir reden." Überrascht schaue ich ihn an. Wow, wieso geht das so schnell? "Ähm, okay", nuschele ich verdutzt. Can hat es echt eilig. "Aber wer sagt, dass sie es mir dann auch direkt implantiert?" Er brummt unzufrieden. "Sei doch nicht so pessimistisch." Grimmig sieht er mich an und wandert mit seiner Hand zu der freien Stelle meines Oberschenkels. Can schaut sich die Stelle genau an und wirkt fasziniert. "Ich sehe deine Tigerstreifen ganz leicht." Schmunzelnd fahre ich über Cans Kopf und beobachte ihn, wie er meine Streifen beobachtet. Can schlingt seine Arme um mich und stellt seinen Kopf auf meinen Schenkeln ab. "Wir heiraten bald. Die Hennafeier kommt immer näher. Noch eine Woche und vier Tage. Gott, das wird so aufregend!" Can drückt sein Gesicht in meinen Bauch und schreit einmal. Ich muss lachen. "Ich bin echt aufgeregt, Shana. Wow, ich werde einfach heiraten. Ich! Can Jamil, der ehemalige Ficker, heirate Shana Salih, diejenige, die immer noch Jungfrau ist und die mir sooft Kopfschmerzen gemacht hat." Ich fahre schmunzelnd durch sein dichtes Haar und genieße die Freude, die Can ausstrahlt. "Sollte ich mich umziehen? L'Osteria ist zwar nicht das edel Restaurant, aber ich habe Lust auf etwas anderes." Ich springe zu meinem Kleiderschrank in Weiß und schiebe die Tür zur Seite. "Shana will ein Kleid anziehen." Im Hintergrund höre ich Schnauben und Brummen. "Wird hier etwas gebaut?", frage ich und sehe zu Can, der zynisch lächelt.

Ich nehme mir das schwarze, enganliegende Kleid von letztens und schaue mit geschürzten Lippen zu Can. "Shana, ich werde dich doch sowieso nackt sehen", seufzt er, während er sich über seine Stirn fährt. "Ich habe meine Tage", schmolle ich. Ergeben hebt er seine Hände und verlässt das Zimmer, damit ich schnell in das Kleid flutschen kann. Junge, Junge, mein Hintern ist wirklich ein Globus in diesem Kleid. Für Can schnüre ich mir wieder das rot-schwarz karierte Hemd um die Hüfte. "Mein Globus ist verdeckt", informiere ich Can, der lässig im Wohnzimmer sitzt. Demonstrierend drehe ich mich noch einmal für ihn und schaue ihn abwartend an. "Deine Beine sind zum Anbeißen. Komm mal her." Ich tue, was er sagt, woraufhin er mir in den Schenkel beißt. Der Junge steht wirklich auf meinen Körper. "Can, bist du ein Kannibale?" Er nickt schmunzelnd. Oje, was jetzt wohl wieder in seinem Kopf vorgeht? "Isst du mit mir eine Pizza? Die Pizzen sind dort echt groß." Can nickt und sagt mir, dass ich meine Tablette einnehmen soll. Bald bekomme ich das Hormonimplantat, wow! Der Eingriff wird ganz schnell gehen und um das Stäbchen wird sich eine dünne Gewebeschicht bilden, sodass es nicht verrutschen kann eigentlich. "Welche Pizza nehmen wir dann?" "Die, die du willst, Prinzessin." Verlegen schmunzele ich. "Tonno? Dann haben wir einen tollen Thunfisch-Zwiebelgeschmack im Mund." Schmunzelnd steht Can auf und beginnt wieder mit mir zu tanzen. Abrupt dreht er mich und drückt mich fest an sich. Sein Bein geht nach vorne und nimmt meins mit. "Ganz wie in Spanien", schmunzele ich. "Das waren Zeiten", raunt Can dicht an meinem Ohr, weswegen ich mich winden muss. "Empfindlich?" Ich winde mich wieder und muss murren.

Wir parken weiter weg vom Restaurant, weil ich die Sonnenstrahlen spüren will. "Du bist ein echt gutgelaunter Mensch, wenn die Sonne scheint", merkt Can an. "Wie kann man bei so einem Wetter denn nicht gut gelaunt sein? Es ist wunderbar warm, man kann sich schick anziehen, ohne dass man sich ein Bein abfriert und wir heiraten bald." Ich küsse Cans Wange impulsiv und erröte dann, als einige Jungs auf uns zukommen und Can die Hand geben. Das ist mir jetzt echt peinlich. Ich stelle mich ein wenig hinter Can und versuche nicht schüchtern zu gucken. Die Jungs werden auf mich aufmerksam und geben mir alle die Hand. Ich muss sieben große Hände schütteln. "Bald ist es also soweit. Glückwunsch, Bruder", sagt der Trainierte mit dem sympathischen lächeln. "Komm mal wieder in die Halle oder ihr beide, dann machen wir für euch ein Essen", grinst er. Wenn ich an die Halle denke, dann kommen keine guten Erinnerungen hoch. "Bestimmt. Wir müssen dann mal los, ich melde mich später bei dir." Er verabschiedet sich von den sieben Jungs und legt seine Hand um meine Taille. "Kommen sie auch zur Hochzeit?", frage ich. "Nur, wenn du willst." Ich zucke mit meinen Schultern. "Sie sehen sympathisch aus und anscheinend stehen sie zu dir, aber stell dir vor, am Ende entsteht eine Razzia, nur weil sie Drogen oder sonstiges haben." "Die haben keine Drogen. Sie ziehen ab und zu einen Joint, aber dealen tun andere Kollegen." "Ouh, okay. Celal kann auch jeden Fall kommen", nuschele ich. "Anscheinend findest du ihn nett", stellt Can fest. Ich versuche anhand seiner Mimik herauszufinden, wie genau er es meint, aber ich kann nichts ablesen. "Ja?", gebe ich leicht unsicher von mir.

"Gut." Okay, das kenne ich so gar nicht von ihm. "Dann muss ich ihn behindert schlagen." "Nein, Can!", rufe ich aus und bleibe stehen. Can dreht sich schmunzelnd zu mir. "Ich mache nur Spaß, dile min. Er ist ein guter Kollege und Freund, keine Angst, ihn töte ich nicht." Er lächelt geheimnisvoll und legt seine Hand auf meine Taille. Seufzend lehne ich mich gegen ihn und lasse mich treiben. Hamburg ist um 19:00 Uhr so entspannt im Sommer, so ausgelassen. Davon kriege ich zu wenig mit. Die letzten Klausuren schreibe ich nächste Woche und dann bin ich vorübergehend befreit von den Klausuren bis ich dann im August meine allerletzte Klausur schreibe. "Wir müssen noch ein wenig für die Neonatologie lernen", murmele ich, weil mich die Atmosphäre so beruhigt. Wir betreten das gut befüllte Ambiente. Marcel winkt mir zu und steht dann auf, um mich innig zu umarmen. Sein holziger Duft steigt mir in die Nase. "Du siehst wunderbar aus, Schätzchen", lobt er mich, ehe er mich dreht. "Klassischer Street Look mit einem wunderbaren Gesicht, das jedem Model Konkurrenz machen könnte." Er lächelt mich herzlich an und schaut zu Can, der mit unterdrückter Eifersucht neben mir steht. "Herr Groß-und-Gutgebaut ist wohl ein wenig jealous", flüstert er. "Keine Angst, ich nehme dir deine schnuckelige Freundin nicht weg. Ich bin übrigens Marcel." Can gibt ihm nickend die Hand, genau wie Tom. Zum Glück benimmt Can sich normal, ich hatte schon Bedenken, dass er respektlos wird. Ich begrüße Jessica und Celine und lasse mich neben Can auf dem Stuhl nieder. "Shana, mir gefällt dein Highlighter mal wieder sehr, so on fleek", kommt es am Ende ganz im amerikanischen Stile von Tom, was mich schmunzeln lässt.

"Ich hoffe, dass mein Make-up auch so wird", necke ich, woraufhin Tom gespielt empört nach Luft schnappt. "Ich war in Dubai bei The Master Class und durfte Prominente schminken, ich bin ein Naturtalent, Honey." Schnaubend schaut er zur Seite, was mich lachen lässt. "Ich weiß doch, dass du ein Naturtalent bist. Schließlich hast du meinen Highlighter erkannt, das muss gelehrt sein." Tom grinst, weswegen man sein Lippenbändchenpiercing sieht. Marcel trägt keinen Kristallohrstecker mehr, sondern eine goldene Creole. "Ich weiß gar nicht, was ich mit meinen Haaren machen will", seufze ich. "Da kann ich nachhelfen. Ich bin Hairstylist als Hobby und zudem auch noch ausgebildet." Freudig klatsche ich mir in die Hände. "Kommst du ins Studio oder soll ich zu dir?" Cans Hand legt sich auf meinen Oberschenkel, das ist ein Warnsignal. "Ja, komm zu mir." Ich entferne Cans Hand, die zudrücken wollte und schaue zur Kellnerin, die sich an den Jungs innerlich ergötzt. Wir geben ihr unsere Bestellung auf und unterhalten uns weiter. "Wie soll das Make-up zu deiner Hennafeier denn werden?", möchte Marcel wissen. "Da mein Kleid rot ist, will ich auf jeden Fall rote Lippen bekommen." Beide summen und schauen sich grinsend an. "Ich will das kurdische Kleid unbedingt sehen." Verträumt seufzt Marcel. "Aber genug von mir, was ist mit euch?" Ich schaue fragend in die Runde. Jessica seufzt. "Ich habe die heutige Klausur verkackt", seufzt sie. "Aufgabe zehn?", fragt Can, woraufhin sie nickt. "Was war das denn bitte? Das hatten wir nicht." "Doch, hatten wir", murmele ich. "Das hatten total viele nicht", kommt es verständnislos von ihr.

"Das hat was mit der gonosomal-rezessiven Vererbung zu tun. Bei Xeroderma Pigmentosum, dem Bloom-Syndrom, Werner-Syndrom, Nijmegen-Syndrom, Louis-Bar-Syndrom oder bei der Fanconi-Anämie ist das so. Chromosomenbruchsyndrome halt." Ich zucke mit meinen Schultern. Mein Kopf wird zu Can gedreht. "Wann wolltest du mir das erzählen?", möchte er mit einem prüfenden Blick wissen. Finster sehe ich ihn an. "Wenn du bei meinen Vorlesungen nicht zuhörst, hast du Pech gehabt." "Shana, ich war am Schlafen." Trotzig zucke ich mit meinen Schultern. "Ich konnte ja nicht wissen, dass das drankommt. Im Gegensatz zu dir habe ich Ahnung, pff." Can zieht an meiner Haarsträhne. "So ein schlaues Mädchen", lobt Marcel mich. Verlegen grinse ich und schaue neckend zu Can, der seine Augenbraue hebt. Mein Gott, hat er schöne Augenbrauen. "Wann ist die Hochzeit eigentlich?", fragt Jessica. "Am achtzehnten, die Einladungen werden im Laufe der Woche verschickt." Ich schaue auf meinen Ring und muss lächeln. Er funkelt im Licht so schön und lässt mich alles Negative vergessen. "Ich will den Ring sehen", säuselt Marcel, der dann forschend stöhnt. "Donnerwetter, der ist aber edel. Toller Ring." Ich bedanke mich verlegen. Es ist ein echt schöner Ring, den man nicht toppen könnte. Cans extravaganter Geschmack ist zwar sehr schön, aber auch echt teuer. Dieser Idiot mag zwar gut im Sparen sein und immer Geld bekommen, aber ich möchte trotzdem nicht, dass er so viel Geld ausgibt für mich. Als unser Essen kommt, tratschen wir noch ausgiebig und fahren anschließend zur Alster. Meine Stimmung ist ausgelassener und ich werde leicht hyperaktiv.

Ich liebe dieses unbeschwerte Leben. Ich verbinde die Nacht mit Freiheit, es herrscht eine andere Atmosphäre, eine neue. Im Sommer genieße ich die Nacht mehr als den Tag. Die Kombinierung der Dunkelheit, der wunderbaren Temperatur und Lichtern der Großstadt machen mich Glücklich. Ich fühle mich freier, unbeschwerter, lebhafter. Ich kann mir irgendwie mehr in der Nacht erlauben. Dinge, die gesellschaftlich vielleicht nicht angesehen werden, kann man nachts wunderbar ausleben und man besitzt dennoch eine gewisse Privatsphäre, obwohl man sich im Freien befindet, wo jederzeit jemand auftauchen kann und man nicht mehr alleine ist. Autofahrten mit Musik, Spaziergänge, allein durch das Fenster zu schauen ist bei Nacht einfach schöner als am helllichten Tag. Im Radio läuft ganz leise von Beyoncé - XO, was mich an Rummelplätze erinnert. Rummel bei Nacht ist auch etwas Wunderschönes. Ich muss an die Male denken, wo Can und ich auch die Kirmes gegangen sind. Wunderschöne Tage, wenn auch mit Schmerz und unbewussten Gefühlen verbunden.

Gefühle, die uns zu den Menschen gemacht haben, die wir jetzt sind.

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Ihr müsst mir Lieder sagen, die gut zum Liebe-Liebe machen passen. Ich habe schon einige, aber da ich viel Liebe-Liebe einbauen will, will ich vorsichtshalber mehr Songs haben, falls meine nicht reichen. Bis jetzt sind es 6-7 Stück.

- Helo

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