Kapitel 61

Clean Bandit ft. Jess Glynne - Rather Be

Montag, 2. Juni

Endlich! Ich werde nach sechs Wochen endlich entlassen. Gott, es fühlt sich so an, als ob ich aus dem Luxusknast entlassen wurde. Ich kann mich wieder wie vor dem Unfall bewegen, bin aber trotzdem noch vorsichtig. Das MRT hat nichts Schlechtes gezeigt, und ich bin fit für die Klausur. Ich laufe aus dem Krankenhaus und steuere auf Can zu, der sich lässig gegen sein Auto gelehnt hat. Heute schien die Uni wohl nicht stressig zu sein. Bei seinem hinreißenden Anblick klopft mein Herz schneller. Nur er kann in schwarzer Jeans, 6er Jordans, einem weißen T-Shirt und einer Lederjacke so unfassbar sexy aussehen. "Die Lederjacke steht dir ausgezeichnet." Ich falle in seine Arme und atme selben herben Duft ein. "Ich habe sie nur für dich angezogen." Wir grinsen im selben Moment. "Du bist von deiner Strahlentherapie befreit und ich von meinem Aufenthalt im Krankenhaus", sage ich und küsse ihn danach ausgiebig. "Jetzt musst du nur noch deine Desensibilisierung durchstehen und alles ist wieder in bester Ordnung. Den neuen Termin gebe ich dir." Ich nicke und steige ins Auto ein. Sein Königsarmband und die Ringe an seinen Fingern machen Can so unfassbar sexy. "Ich habe mir überlegt, dass wir uns heute Möbel anschauen können", meint Can. Er schnallt mich ab, drückt mir ein Kissen an den Oberkörper und schnallt mich dann wieder an. Fest zurrt er am Gurt, kontrolliert die Spiegel und fährt dann los. "Eine neue Sicherheitsmaßnahme?", frage ich mit sanfter Stimme. Can nickt. "Okay, das akzeptiere ich." "Du akzeptierst das?", fragt Can überrascht. "Ja, natürlich. Du trägst ein Trauma mit dir und fährst so gut wie jeden Tag mit dem Teil, welches dir zum Verhängnis wurde. Du denkst doch nicht ehrlich, dass mich das nerven würde. Ich toleriere es nicht, ich akzeptiere und respektiere deine Angst, Can." Wie kommt er auf den Gedanken, dass ich seine Angst nicht wahrnehme?

"Gibt es einen Grund für dein Erstaunen?", frage ich. Er verneint es zaghaft. "Okay", murmele ich. Sein Verhalten irritiert mich leicht. "Ich würde mich gerne duschen und umziehen, ehe wir gehen." Can fährt zu mir, ohne ein Wort zu sagen und trägt meine Tasche hoch. Sein Verhalten ist komisch, seit dem Besichtigungstermin. Ich weiß nicht, was los mit ihm ist. Vielleicht liegt es am Unfall, er war sehr erschüttert. "Wir können ja meinen und deinen Schreibtisch mitnehmen in die neue Wohnung. Beide sind weiß." Can nickt und tritt mit mir in die Wohnung, die ich echt vermisst habe. Es riecht nach Holz. Ranja ist auf der Arbeit, aber sie weiß ja Bescheid, dass ich da bin und bald ausziehe. Sie meinte, dass am Samstag die Mädels hier hinkommen und wir einen Mädelsabend veranstalten. Darauf freue ich mich. "Ich geh mich duschen und du machst das, was du immer machst. Aber geile dich nicht an meiner Unterwäsche auf." Schelmisch grinst Can. Ich nehme mir frische Unterwäsche und ein schwarzes Kleid raus, welches mir bis zu den Knien geht. Vor Can verheimliche ich es natürlich und gehe ausgiebig duschen. Heute sind es dreiundzwanzig Grad, aber es fühlt sich wärmer an. Es fühlt sich gut an, nach langer Zeit ordentlich rasierte Beine zu haben. Frisch rasiert, geduscht und mit trockenen Haaren schlüpfe ich in mein Kleid und wuschele mir durch meine Lockenmähne. Ich betrete das Zimmer und sprühe mich mit Coconut Passion ein, ehe Can mich ruckartig umdreht. Oje, er sieht nicht begeistert aus.

"Was ist das?", will er entgeistert wissen. "Ein Kleid?", gebe ich leicht schroff von mir. "Zieh das aus." Meine Augen verengen sich. "Nein, ganz bestimmt nicht", widerspreche ich. "Shana, zieh dir etwas anderes an", kommt es mahnend von ihm. "Can, du kannst mich mal. Ich werde in diesem Kleid bleiben!" Was rastet er hier so aus? "Kennst du keine langen Kleider?", blafft er. "Kennst du nicht die Emanzipation der Frau?", blaffe ich zurück und breite dabei meine Arme aus. Genervt hält er sich sein Nasenbein und seufzt. "Hör mir mal ganz genau zu." Eingebildet und unbeeindruckt schaue ich ihn an. Sein Kiefer zuckt, er ist gereizt. "Ich will nicht, dass man deine Proportionen in so einem engen Fummel sieht. Dein Arsch sieht wie ein Globus aus, zieh das aus, Shana", presst er hervor. "Can, ich ziehe das Kleid nicht für irgendwelche fremden Männer an, sondern weil ich mich darin wohl fühle und vor allem hübsch! Wenn ich damit zufrieden bin, dann solltest du es auch sein. Akzeptier es, dass ich mich auch einmal zurechtmachen will. Ich akzeptiere doch auch deine Ängste und helfe dir dabei", rufe ich erbost. Er macht mich so sauer, mein Gott! Das kann doch nicht sein Ernst sein. Mit einem mahlenden Kiefer sieht er mich an und seufzt dann ergeben. Ich hätte sowieso nicht nachgegeben, also ist es gut, dass er den Kampf schon früh aufgegeben hat. Sein winziges Kontingent an Geduld hätte nicht gereicht. Can haut mit der flachen Hand gegen die Tür und läuft aus der Wohnung. Ich seufze kopfschüttelnd. Schnell schaue ich nach, ob Shelly gegossen wurde und ziehe mir meine Old Skool Vans und Lederjacke an. Ich entscheide mich noch für eine goldene Kette und flitze dann nach unten.

Ich steige ins Auto und lasse seine Blicke an mir abprallen. Unbekümmert schnalle ich mich an und kriege das Kissen in die Hand gedrückt. "Akzeptierst du das Kleid?", frage ich leicht mokant. "Nein", blafft er. Mit einem süffisanten Blick lege ich das Kissen weg, woraufhin Can es gegen meine Brust drückt. "Akzeptierst du mein Kleid nicht, akzeptiere ich deine Vorschrift nicht und führe sie nicht aus. So einfach ist das." Das Kissen will ich wegdrücken, woraufhin Can den Druck verstärkt. "Shana, reiz mich nicht", knurrt er. "Aber du darfst mich reizen, oder was?", rufe ich erzürnt. Was erwartet dieser Typ von mir? "Denkst du ernsthaft, du kannst mich formen, so wie du magst? Ich weiß nicht, was seit Wochen dein beschissenes Problem ist, weil du nicht einmal mit mir darüber reden willst, aber du hast nicht das Recht, dich aufzuregen, weil ich Widerstand leiste. Du weißt ganz genau, wie stur ich bin." Bockig schaue ich aus dem Fenster und schlage seine Hand und das Kissen weg. Er kann mich mal. "Ich habe kein Bock mehr auf die Möbel." Ich will mich abschnallen und das Auto verlassen, als Can die Tür abschließt und meinen Gurt blockiert. "Ach, erst willst du mich nicht mit dem Kleid rauslassen und jetzt darf ich nicht in mein Habitat?" Er ignoriert mich und fährt los. Trotteliges Arschloch. Die Fahrt vergeht schweigend. Weder Can noch ich ergreifen die Intention, mit dem Gegenüber zu reden. Nicht meine Schuld! Leise läuft im Auto irgendein Xatar Rap, der die Stimmung leider nicht auflockert. Ich seufze leise und schaue auf meine freiliegenden Knie. Das Kleid geht genau über oder sogar mittig der Knie, Can soll sich nicht so anstellen. Es haben genügend Frauen seinen Penis gesehen und ich fordere auch nicht, dass er jetzt mit einem Keuschheitsgürtel durch die Gegend rennt.

Als wir vorm Ikea ankommen, steige ich extra betont aus und warte nicht auf Can, der kurze Zeit später seine Hand um meine Taille legt. Ich will seine kräftige Hand entfernen, woraufhin er mir in die Seite zwickt. "Was wird das? Es wissen genügend Menschen über uns Bescheid." Ich entferne genervt seine Hand von meiner Taille und betrete den Eingang. Okay, was wollen wir uns ansehen? Sachen für das Wohnzimmer. Ich orientiere mich an den Schildern und komme an einem gemütlichen Ort voller Sofas und Sessel an. "Es tut mir leid", murmelt Can plötzlich dicht an meinem Ohr. Das kitzelt. Mit trockener Miene drehe ich mich zu ihm und sehe ihn abwartend an. "Ich werde schnell eifersüchtig bei dir und will nicht, dass so viele Männer deinen gesegneten Körper sehen können." Er zuckt mürrisch mit seinen Schultern. "Ich versuche es zu akzeptieren, dass du auch mal engere Sachen anziehen willst, die sehr kurz sind." "Das Kleid geht mir bis zu den Knien", merke ich an. Cans Lippen zucken. "Knie und Oberschenkel sind für mich dasselbe", nuschelt er. Ich verkneife mir ein Schmunzeln. "Dann solltest du wieder in die Anatomie Vorlesung der Erstis." Ich drehe mich um und laufe auf ein dunkelgraues 4er-Sofa zu. Söderhamn heißt das gute Stück. "Fühlt sich an wie Polyester", sage ich und drücke auf dem Sofa herum. "Shana", murrt Can, der sich dicht hinter mich stellt. Fragend stelle ich mich aufrecht hin, woraufhin mir Can mein Kleid zurechtzieht. "Du kannst dich so nach vorne beugen, wenn wir alleine sind. Ich will nicht, dass jeder deinen Arsch sehen kann", raunt er mir zu, was mich erröten lässt. Oje, nicht, dass Can eine Erektion im Ikea bekommt.

Ich setze mich aufs Sofa und hüpfe einmal auf und ab. Scheint bequem zu sein. Die silbernen Fußgestelle, die das Sofa tragen, machen es noch edler. "Wie wäre es, wenn du dich auch einmal hinsetzt?" Can tut es und lehnt sich zurück. "Ich mag es und durch den verlängerten Teil links in der Ecke wird der Sex zum Kinderspiel", flüstert er mir zu und küsst meine Ohrmuschel. Ich ignoriere das Ziehen im Unterleib und erhebe mich. "Vielleicht finden wir ein anderes Sofa... ohne Sexfantasien und vielleicht eins, das weniger als 750 Euro kostet." Ich husche davon. "Shana, das Sofa soll schon groß sein. Der Preis ist ganz gut." Ich suche weiter, finde aber keins, das genauso gut aussieht wie das erste Sofa. Hier gibt es ein Sofa in einem schrecklichen grün oder in rosa. "Das sieht aus wie die Castingcouch in Pornos", schmunzelt Can und drückt mich auf das weiche Ledersofa in schwarz. Schmunzelnd legt er den Kopf in den Nacken und zieht mich dann wieder hoch. "Ich muss meine wachsende Latte bedecken", flüstert er und drückt sein Becken gegen meine Seite. "O wei, o wei." Ich laufe schneller und suche nach schönen Sofas, die aber nicht zu finden sind. Vielleicht liegt es am Preis. "Shana, das erste Sofa war wirklich gut." Ich schüttele den Kopf. "Was ist mit diesem Delsbo?" Es ist ein graues 2er-Sofa. "Okay, den Stoff kann man echt schwer reinigen", murmele ich und schnaube. "Das erste Sofa war gut, Shana", gibt Can ein weiters Mal von sich. "Wir stellen ihn an die Wand, kaufen ein oder zwei Kissen in derselben Farbe und schon ist alles geklärt. Die Rückenkissen sind sowieso lose. Wir kaufen noch einen Sessel dazu und gucken dann, was in mein Lieblingszimmer kommen würde", grinst er. "Meinst du das Spielzimmer?", frage ich, woraufhin mich zwei Frauen geschockt ansehen. Meine Augen weiten sich und Can lacht. Oh nein, wie peinlich!

"Ja, meine kleine Sub." Er tätschelt meinen Kopf und zieht mich an den Frauen vorbei, welche schmunzelnd tuscheln. "Gott, Can, die Frauen denken, dass du ein Christian Grey bist", murre ich beschämt. "Das ist doch gut? Jeder steht auf reiche Wichser, die gut ficken können." Ich schlage gegen Cans Bauch und schaue ihn grimmig an. Er packt meinen Kiefer und drückt mir einen feuchten Kuss auf die Lippen. Wow, das war impulsiv. "Keine Sorge, mein Schwanz gehört nur dir und jetzt komm. Wir haben genug gestritten für heute. Dieser Sessel gefällt mir. Er wirkt edel und sextauglich." Ich seufze genervt. Dieser Junge denkt nur an Sex. Wenigstens passt der Ohrensessel farblich. Mir gefällt der hohe Sesselrücken. Wir kommen bei den Betten an. Can zieht mich zu einem dunkelgrauen Boxspringbett und legt sich drauf. "Wir finden heute alles auf den ersten Blick. Das Bett muss 180 x 200 betragen. Das wird ein Spaß", brummt Can und zieht mich auf das Bett. Wow, das Bett ist echt weich. Aber es ist echt hoch, ich muss hier draufklettern. "Wenn wir irgendwann mal in einem Haus leben, will ich einen Spiegel an der Decke hängen haben", sagt Can. "Ich will, dass an der Decke LED-Leuchten hängen. Wie schön sie dann in der Nacht leuchten werden", seufze ich verträumt. "Das kriegen wir hin. Das Bett ist gemütlich, nicht wahr?" Ich nicke und setze mich langsam auf. "Schränke und Schreibtische besitzen wir ja. Kommoden auch." "Ja, aber mein Schrank ist kaputt und außerdem würden sie von den Modellen nicht zusammenpassen." Ich spitze meine Lippen. "Du hast ihn aus Aggressionen kaputtgemacht?" Er nickt. "Ouh, oje", nuschele ich. "Ouh, oje", macht Can mir schmunzelnd nach.

Wir schauen weiter und finden passende Schränke und Kleinigkeiten. "Ich will auch einen Teppich für das Schlafzimmer", erzählt Can und schaut mich verhohlen an. "Okay, wie lang sollte er sein?", frage ich und schaue mich um. "So lang, dass dein Oberkörper und Kopf auf ihm liegen kann." Mit einem verdutzten und leicht erschrockenen Ausdruck schaue ich zu Can. "Hast du auch etwas anderes als Sex im Kopf?", frage ich leicht verstört. Can schüttelt grinsend den Kopf. Ich seufze. Das wird mich mein Leben lang begleiten. "Du suchst ihn aus", seufze ich. Nachdem wir uns mehrere Stunden weiter umgeguckt haben, hat Can darauf bestanden Sachen zu holen. Es kam zu einer Diskussion, woraufhin wir uns geeinigt haben, dass er den Teppich aus weißem Kunstfell, Tisch- und Wandlampen kauft. Can meint, dass das richtige Licht die Stimmung erregter macht. Wenn es stimmt, habe ich nichts zu bemängeln. Ich durfte nur die Lichterkette und Kerzenhalter kaufen. "Ich rufe dann später meinen Vater an", informiert Can mich. "Meinen auch." Lächelnd schaue ich auf die Tüte im Hintergrund. "Das war unser erster Wohnungseinkauf", quietsche ich. Ich fühle mich so erwachsen. "Wir gehen am Sonntag zu unseren Eltern, dann kriegst du dein Gold und das Geld, damit du dir Sachen kaufst." Ich murre unzufrieden. "Du musst es annehmen, Shana, du hast keine andere Wahl." "Ich weiß", seufze ich. "Die Hennafeier ist am ersten Juli und die Feier am Standesamt am dreizehnten. Warte, was ist mit der Verlobung?", frage ich erschrocken. "Wir haben nie einen festen Termin für die Verlobung ausgemacht!", fällt mir ein. Wie konnten wir das vergessen? "Und wir können das nicht im Juni machen, weil Juni Klausurmonat ist." Ich lache kurz auf und grübele. Can wirkt überfordert.

"Weißt du was? Ich brauche keine Verlobung." Seine Augen weiten sich. "Wie? Das geht?", fragt er. "Natürlich. Ich kann meine Hochzeit so gestalten, wie ich will. Wir sparen damit mehrere hundert Euro. Der Juni geht nicht und wir können ihn nicht irgendwo hineinquetschen. Der Unfall hat echt vieles aus der Bahn geworfen. Davor haben wir die Hochzeit schon festgelegt, aber weil ich ja operiert werden musste, haben wir nur über die Hennafeier intensiv geredet. Die Verlobung wurde kurz am Rande erwähnt. Das ist doch ein Zeichen dafür, dass wir die Verlobung nicht feiern sollen. Ich habe kein Problem damit, eine Fete weniger zu feiern." Can wirkt immer noch sehr verwirrt. "Keine Verlobung?", hakt er nach. "Keine Verlobung", sage ich. "Ich wollte sowieso, dass die Ringe an der Hochzeit angesteckt werden." Ich zucke mit meinen Schultern und umarme das Kissen. "Bist du dir sicher, Shana?" Nickend bestätige ich es ihm. "Ich finde die Verlobung sowieso am unnötigsten. Es ist die kleine Version der Hochzeit. Am Freitag ist passenderweise ein vorlesungsfreier Tag, also kann ich dort mit deiner und meiner Mutter nach Kleidern schauen gehen. Bestimmt kommen die Mädchen mit." Ich muss meine Mutter anrufen, damit sie von meinem Vorhaben Bescheid weiß. Bei mir kommen wir an, wo wir noch für die Klausur lernen. Ich bin jedoch hin und wieder abgelenkt, weil die Hochzeit in einem Monat ist. Aufgeregt und mit einem bebenden Bauch schaue ich auf meinen Ring und beginne freudig zu quietschen. Wir sind bald komplett vereint. Vor Freude hüpfe ich auf Can und umarme seinen Rumpf. Schmunzelnd schlingt er seine Arme um mich. Gerade wird ganz viel Dopamin freigelassen. Diese Freude in seinen Augen lässt mich innerlich beben.

Nichts kann uns mehr aufhalten.

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