Kapitel 53
Nick Jonas - Jealous
Freitag, 9. April
Die Uni hat wieder begonnen, jetzt fängt das Tüfteln an der Doktorarbeit wieder an. Diese Ferien kamen mir so lang vor. Das Wetter wird immer besser, Cans Laune schlechter. Ich weiß nicht, was sein Problem ist, aber es regt ihn auf, dass er nicht arbeiten kann. Wir haben uns auf den 18. Juli geeignet für die Hochzeit. Die standesamtliche Vermählung ist einen Tag davor. Ich laufe aus der Chirurgie und verabschiede mich von Jessica, die zu Celine geht. Can wirkt abwesend und als wir in der Mensa sitzen, hängt er nur am Handy. Er weiß, dass ich das nicht mag und das macht er auch seit neustem erst. "Can?" Er reagiert nicht. "Can?", frage ich etwas genervt, woraufhin er finster von seinem Handy aufsieht. "Was?", blafft er direkt. Entgeistert sehe ich ihn an. "Was ist dein beschissenes Problem?", gebe ich im selben Ton zurück. Mein Gott, kann man nicht normal antworten? Er verdreht seine Augen und tippt wieder auf seinem Handy herum, ehe er es seufzend wegsteckt. Seitdem Can bestrahlt wird, kommt er mir anders vor. "Wer war das?", frage ich. "Ist doch scheißegal", knurrt er. Entgeistert sehe ich ihn an. "Was für einen Scheiß versteckst du, Can?", zische ich. Er reibt sich über seine müden Augen und schnalzt genervt mit seiner Zunge. "Shana, reiz mich nicht." Arschloch! Ich schaue genervt durch die Mensa und sehe, wie Aykan und Aleyna sich setzen. Die zwei Missgestalten haben zu einander gefunden. Sie tippt etwas auf ihrem Handy herum, woraufhin sie es wegpackt. Als ich wieder zu Can sehe, holt er sein Handy hervor. Mein Mund öffnet sich. Warte mal, das kann doch nicht...
"Wer schreibt dich an?", presse ich hervor. Hat Aleyna seine Nummer? Wieso hat sie seine Nummer? Wieso schreiben beide überhaupt? Er sieht mich warnend an und atmet tief aus, als sein Kiefer zuckt. "Can, ich raste aus, wenn du mir nicht jetzt zeigst, mit wem du schreibst", rufe ich schon fast. Gereizt schmeißt er mir sein Handy zu. Ich lese nur kurz Mark, woraufhin ich wütend aufstehe. Was ist sein beschissenes Problem? Wieso ist er so sauer und erzählt mir nichts? Wächst sein Tumor wieder nach, oder was? Wütend steuere ich auf den Saal zu und lasse mich auf meinem Platz nieder. Haben Mark und er Streit? Wieso muss er seine beschissene Wut an mir auslassen, statt mit mir darüber zu reden - wie es normale Menschen tun? Nein, natürlich ist man schroff zu seinem Gegenüber, weil man die Kommunikation urplötzlich vergisst oder gar eine Kommunikationsbehinderung besitzt. Ist es so schwer? Ich weiß, dass Can fast immer müde nach der Bestrahlung ist, aber wenn er nicht mit sich reden lassen will, kann ich ihm auch nicht weiterhelfen. Ich sehe, dass Aykan in den Saal tritt. Sofort verdrehe ich meine Augen. Was hat der Typ mit Aleyna geplant? Ich habe keinen Nerv für weitere Idioten. Meinen Collegeblock hole ich heraus und schnaube, als Can sich zu mir setzt. Wenn er nicht reden will, dann nicht. Ich schaue auf den wunderschönen Ring und muss seufzen.
Nach den ganzen Vorlesungen laufe ich seufzend raus und stecke mir meine Ohrhörer in die Ohren. Ich will vom Parkplatz runterlaufen, als ich an der Taille festgehalten und in die andere Richtung gewendet werde. Ich will mich befreien, doch Can zieht mich mit einem Ruck weiter. "Lass mich gehen, ich will nach Hause", fauche ich. Er ignoriert mich und zieht mich weiter. "Lass mich los, Can!", rufe ich. Ich habe keinen Bock auf ihn. Er bleibt stehen und sieht mich ernst an. "Du kommst", gibt er monoton von sich. "Du kannst mich kreuzweise am Arsch lecken, Can. Hast du das verstanden?", gebe ich zynisch von mir. Er nimmt mir meine Tasche ab und greift nach meinen Beinen. Kurz danach liege ich kopfüber, weswegen ich erschrocken die Luft einziehe. "Lass mich los!", rufe ich. Ist das sein scheiß Ernst? "Läufst du von alleine?", fragt er mich. "Fick dich!" Ich schreie auf, als er mir auf den Oberschenkel haut. Ich weiß, dass hier einige sind und die uns beobachten, das reizt mich noch mehr. "Du sollst dich trotzdem ficken!" Das letzte Wort gebe ich lauter von mir, weil er mir wieder auf den Schenkel gehauen hat. Neben seinem Auto lässt er mich runter und tut meinen Rucksack auf den Rücksitz. Wütend sehe ich ihn an. Er tippt auf meine hervorstehende Unterlippe. "Unartige Mädchen müssen erzogen werden." Er läuft um das Auto. Entgeistert sehe ich ihn an und steige ein. "Hast du zu viel an Christians Gedanken geschnüffelt, oder was?", blaffe ich. Er ignoriert mich und schnallt mich an. Gott, er erinnert mich an den Can aus der Oberstufenzeit - unausstehlich! Es regt mich auf, dass er mich ignoriert, argh! Wütend schaue ich aus dem Fenster und beleidige Can im Kopf. Dämlicher, laufender Sack. Was denkt dieser Typ, wer er ist? Dein Ehemann? Na und? Auf den Papieren steht nichts! Wir kommen vor seinem Wohnblock an, doch ich denke nicht einmal daran auszusteigen. "Steig aus." Fick dich! Er bemerkt, dass ich nicht auf ihn höre und fährt sich seufzend über sein Gesicht. "Shana", sagt er mahnend, doch das interessiert mich nicht im Geringsten. "Shana, steig aus dem verfickten Wagen!", zischt er. Mit Arroganz im Blick schaue ich auf das Armaturenbrett und zucke kaum vernehmbar mit den Schultern. "Du weißt, wie wenig Geduld ich habe, jetzt steigt verfickt nochmal aus dem Wagen." Im Satz haut er auf die Mittelkonsole, was mich leicht zusammenfahren lässt. Ich rege mich immer noch nicht. Can schnaubt und schließt mit Wucht die Tür. Der Wagen wackelt leicht. Als Can die Beifahrertür öffnet - nicht gerade zimperlich -, pocht mein Herz schneller. Er sieht so aggressiv aus... wie damals. Can kommt mit einem Mal auf mich zu, um mich abzuschnallen und dann aus dem Wagen zu ziehen. Das Auto schließt er ab und zerrt mich an meinem Handgelenk über die Straße. Dass unsere Rucksäcke noch im Auto liegen, interessiert ihn wohl nicht. Im Aufzug ist die Spannung sehr groß. Ich spüre seine Wut. Ob er auch meine Wut spürt? Spürt er meine Angst? Die Angst, dass er trotzdem gewalttätig werden könnte, sie ist noch vorhanden. Ich kann nicht lange darüber nachdenken, denn Can zieht mich aus dem Aufzug und drückt mich in die Wohnung, woraufhin er die Tür mit einem lauten Knall zusammenfallen lässt.
"Kannst du Türen nicht normal schließen?", blaffe ich erzürnt. Muss er sich so aufblasen? "Was soll dein beschissenes Verhalten, huh? Kannst du dich nicht normal verhalten?" Ich lache sarkastisch und spöttisch auf. "Das muss ich mir von dem anhören, der nur schlechte Laune verbreitet? Die Frage lautet, was dein beschissenes Verhalten soll, Can." Ich sehe ernst und auch finster in seine Augen. Das kann doch nicht sein gottverdammter Ernst sein. Wütend mahlt er seinen Kiefer. "Du und dein ständiges Ausfragen regen mich auf!" Entgeistert kneife ich die Augen zusammen. "Mein ständiges Ausfragen? Wenn Aleyna am Handy ist und du Sekunden später eine Nachricht bekommst, dann entschuldige ich mich nicht dafür, dass ich nachfrage. Und wenn ich dich doch so sehr aufrege, was suche ich hier dann?", rufe ich erbost. Gerade könnte ich Can erwürgen. Er regt mich so auf! Can antwortet nicht, sondern setzt sich auf den Küchenstuhl. Und was soll das jetzt? Seufzend schenke ich mir Wasser ein und setze mich gegenüber von ihm hin. Er tippt schon wieder an seinem Handy herum. Ich könnte ausrasten. "Was hat es dir gebracht, mich hierin zu schleppen?" Genervt sieht Can mich an. Das ist nicht sein Ernst. "Sonst fragst du nie, wenn ich dich mit zu mir nehme. Warum regst du mich jetzt so auf?", ruft er und fuchtelt mit seiner Hand vor meinem Gesicht herum. Das reicht. Mein Wasser landet in seinem Gesicht. Das hat er verdient. Er keucht und fährt sich über sein Gesicht. "Shana", gibt er leise keuchend und lachend von sich. Seine Augen zeigen seine Wut, meine zeigen Gleichgültigkeit. "Du gehst jetzt in mein Zimmer, schließt die Tür ab und hältst dir die Ohren zu", bringt er leicht keuchend hervor. Meine Augenbrauen ziehen sich zusammen. "Wieso sollte ich?" "Weil ich ausrasten werde." Er baut sich auf. Seine Halsader sticht heraus. Das ist sind Warnsignale. "Nein." Rette deinen Arsch! "Shana, reiz mich nicht", zischt er. Ich schaue auf mein Handy. "In zwanzig Minuten ist dein Termin, geh", haue ich trocken raus und schaue extra provokant. Ich weiß, dass ich Can bis ins Mark damit provoziere, aber das hat er verdient. Sein Blick ist eine Mischung aus Fassungslosigkeit, Wut, Reizbarkeit und auch Ergebung. Seinen Kiefer spannt er an und schließt dann für einen kurzen Moment die Augen. "Das Spiel ist noch nicht vorbei", sagt er rau und steht auf. "Doch und ich habe gewonnen." Finster sieht Can mich an und verlässt mit einem lauten Knall die Wohnung. Seufzend fahre ich mir über Gesicht und Haar und mache langsam etwas zu essen.
Wieso muss jetzt wieder ein Streit kommen? Ich kann seine Wut gar nicht mehr richtig nachvollziehen. Was tut dieser Junge bloß? Wer macht ihm Ärger? Was schreibt Mark ständig? Setzt er Can unter Druck? Ist es das? Das verdammte Problem ist, dass Can einfach nichts sagen will. Bedrückt bereite ich alles vor und schaue solange eine Serie, bis Can durch die Tür kommt. Er sieht total müde aus. In mir steigt Sorge auf, weil er jetzt so zerbrechlich aussieht. Er wirkt blass. "Willst du Wasser?" Ich presse meine Lippen aufeinander, weil mir einfällt, dass ich Wasser auf ihn geschüttet habe. Müde nickt er, gibt mir eine Rose und lässt sich dann auf dem Sofa fallen. Ich hole ihm direkt eine ganze Wasserflasche und schenke ihm etwas ein. Mit geschlossenen Augen trinkt Can und lässt danach den Kopf kreisen. Etwas nervös fahre ich mir mit der Rose über meine Lippen. Mir macht sein Zustand sorgen. Zwar war Can schon von Anfang an, nach den Bestrahlungen, müde, aber jetzt wirkt er wirklich kaputt. Er kommt mir wirklich blasser im Gesicht vor. "Wie war die Bestrahlung?", frage ich und taste seinen Hals und seine Stirn ab. Sie ist wärmer als sonst. "Wie immer. Heute hat es aber etwas länger gedauert, weil heute viele dort waren", flüstert er rau. Tief in mir habe ich das Gefühl, zu zittern, weil er so erschöpft aussieht. Er kratzt sich die bestrahlte Stelle, die unter anderem auch die Stelle ist, wo operiert wurde. Es wirkt trotz den getrimmten Haaren rot. Das ist eine Nebenwirkung. "Sollen wir es kühlen?" Er verneint es. Mich schmerzt sein Anblick. Er rutscht ein bisschen vom Sofa, seine Beine sind wie immer gespreizt beim Sitzen. Die Schultern sind gefallen, so als ob er mehrere Stunden, ohne Pause, trainiert hätte. Die Hände liegen ruhig auf seinen Oberschenkeln und seine Augen sind geschlossen, der Mund leicht geöffnet. Ich muss nach dem Essen sehen, will Can aber nicht alleine hier sitzen lassen. Schnell sehe ich nach dem Essen und hole Teller hervor.
"Can?", sage ich leise. Er reagiert nicht. Ist er eingeschlafen? Vorsichtig tippe ich ihn an, woraufhin er mich müde ansieht. Es mag sein, dass ich zu emotional bin, aber sein müder, schon fast wehmütiger Blick ruft mir die Tränen in die Augen. "Komm essen", flüstere ich. Meine Stimme ist bei seinem Anblick ganz heiser geworden. "Soll ich dir etwas hier hinholen?", frage ich dann schnell. Er hat bestimmt keine Kraft, um aufzustehen. "Bitte", flüstert er. Das macht mich noch emotionaler. Schnell tue ich ihm etwas in den Teller und setze mich zu ihm. "Soll ich es für dich machen?", frage ich leicht heiser. Man könnte mir meine Sorgen von hundert Meter Entfernung ansehen. Er verneint es kopfschüttelnd und beugt sich nach vorne, um essen zu können. Sorgfältig beobachte ich ihn beim Essen. Ich kann ja später essen, das ist kein Problem. "Ist dir kalt?" Das verneint Can. Ich habe das Gefühl, dass Can Fieber kriegt. Nach einem weiteren Glas Wasser legt Can den Teller auf den Tisch. Er hat nicht einmal die Hälfte gegessen und sonst isst er den ganzen Teller leer. Das ist eher ungewöhnlich. Besorgt sehe ich ihn an. "Möchtest du etwas anderes essen?" Ich wische mir schnell über meine Augen, damit mir keine Tränen über die Wangen rinnen. "Nein, ich habe keinen Hunger." Aber in der Uni hat er auch nur etwas relativ Kleines gegessen. Ich esse von seinem Teller und lege es dann in die Spüle. "Möchtest du dich ins Bett legen?" Can nickt und steht langsam und mit Mühe auf. Ich habe ihn noch nie so schwach gesehen. Sofort stütze ich ihn ab und schlage die Bettdecke zur Seite.
Ich streiche vorsichtig über seine Stirn, die noch wärmer geworden ist und verkrieche mich ebenfalls unter der Decke. "Soll ich dir ein Bad einlassen? Hast du noch Durst?" Can verneint es. "Vielleicht später", flüstert er. Ich nicke und wische mir schnell die Tränen weg, die über meine Wangen fließen. Er ist zwar nur etwas geschwächt, aber das Vergangene hat mich einfach emotional zu sehr geprägt, sodass ich schon bei leichten Fieberanzeichen anfangen kann zu weinen. Sanft fahre ich durch sein Haar und kraule seine Kopfhaut. Ich weiß, wie sehr er das liebt. Er bewegt sich langsam und zieht sich das Oberteil aus, wobei ich ihm helfe. Ich schaue auf das Tattoo auf seiner Brust und fahre es zart nach. Ich sehe, wie sich eine Gänsehaut auf seiner Brust bildet. Er zieht mich zu sich hinunter und legt sich halb auf mich. Tief zieht Can meinen Geruch ein, was meinen Nacken und meine rechte Rückenhälfte kitzeln lässt. "Du hast kein Parfüm drauf", stellt er fest. "Du riechst so schön süß und unbeschreiblich", wispert Can und drückt mir dann seine weichen Lippen langsam und lange auf meinen Hals. Augenblicklich erschaudere ich und genieße seine Liebkosung. Die Küsse sind immer am besten, wenn sie nach einem Streit kommen. Vor wenigen Stunden waren wir kurz davor, uns die Köpfe abzureißen und jetzt herrscht das komplette Gegenteil. Ich muss Can jetzt hegen und pflegen, damit es ihm besser geht. Mein armer Can, so erschöpft. Ich kraule seinen Rücken und seine Kopfhaut, bis er einschläft und darüber hinaus. Das beruhigt mich. In regelmäßigen Abständen prallt sein Atem gegen meinen Hals. Seine Arme haben mich umschlungen. Nicht, dass er dann eine Parästhesie im rechten Arm hat. Mehrere Minuten vergehen und ich frage mich, wie lange Can schlafen wird. Wird er morgen wieder fit? Wird sein Fieber stärker? Meine Empathie wäre ohne Can niemals so groß. Davor besaß ich wenig davon. Ich muss mich um ihn sorgen. Er ist doch mein Ehemann. Ich schaue auf den wunderschönen Ring und muss lächeln. Ich habe plötzlich positive Gedanken, ich fühle mich auf einmal wohler. Ich habe all das, was ich schon immer besitzen wollte: einen atemberaubenden Ehemann und meinen Studienplatz, ich habe sogar einen wunderbaren Ring. Ich schaue zu Cans schwarzen Schopf, der auf meinem Schlüsselbein liegt. Er nähert sich, unbewusst im Schlaf, meinen Brüsten, der alte Schlingel. Schmunzelnd küsse ich seinen Kopf. Ich muss an die alten Zeiten denken und fange leise an zu lachen. Damals habe ich mich davor geekelt, falls man sich Can und mich als Paar vorgestellt hat und jetzt bin ich schon auf islamischer Ebene mit ihm verheiratet, wie widersprüchlich.
Trotz Widersprüche sind wir so gleich.
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