Kapitel 38

Julia Michaels - Issues

Mittwoch, 5. Februar

Ich habe mir überlegt nach langer Zeit mal wieder in die Stadt zu gehen. An meiner Doktorarbeit feile ich erst nach der Hochzeit, denn ich muss sowieso noch warten, bis das Resultat steht. Ich mache mich fertig und will gerade aus der Tür gehen, wo ich mich erschrecke, als ich Can sehe. Wieso steht er dort, statt zu klingeln? "Hey, wie lange stehst du da schon?" Er zuckt mit seinen Schultern und übergibt mir eine Rose. Nach langem habe ich wieder eine Rose in der Hand und freue mich ungemein darüber. "Ich wusste nicht, wie lange zu schläfst." Er küsst meine Schläfe. Oh nein, wie süß. "Du hättest auch einfach klopfen können. Wie lange stehst du hier, Can?" Ich verschränke meine Arme vor meiner Brust und schaue ihn abwartend an. Er kratzt sich den Nacken. "Na ja, so um die zehn Minuten?" Ich verdrehe meine Augen und ziehe ihn in die Wohnung. "Bist bestimmt dehydriert." "Eigentlich muss ich aufs Klo." Die Tür des Bads halte ich hoffen und laufe in die Küche. "Wohin wolltest du?", fragt Can, als er aus dem Bad hinaustritt. "In die Stadt. Ich war lange nicht mehr dort." "Was genau brauchst du?" Ich zucke mit meinen Schultern. "Vielleicht finde ich etwas Schönes. Eine neue Hose, unsere Lieblingshose dehnt sich aus." Seine Augen weiten sich. Er rennt auf mich zu und öffnet meine Jacke, woraufhin ich umgedreht werde. "Was zum?" "Also ich sehe nichts, was niemand außer ich sehen darf. Alles in Ordnung." Can dreht mich wieder zu sich und schließt meine Jacke. "Danke für die Arsch-Inspektion", gebe ich zynisch von mir. "Kein Problem. Sie wird stündlich durchgeführt und meistens unbekleidet." Augenverdrehend sehe ich ihn an und werde in seine Arme gezogen. "Wieso so kuschelbedürftig?", frage ich. "Teil der Therapie. Oxytocin wird freigegeben." Ich schmunzele und drücke zu. "Du hast mich von meinem eigentlichen Plan aufgehalten." "Den können wir ja immer noch ausführen, du Dramaqueen." Ich äffe Can nach und werde überraschenderweise nicht an der auserwählten Haarsträhne gezogen - wie sonst immer. Liegt es immer noch an der Gehirnerschütterung oder bildet Can sich ein, dass das schon als Körperverletzung gilt?

Wir steigen aus dem Auto und laufen durch die Stadt. Es wäre um einiges angenehmer, wenn es nicht so kalt wäre. Can nimmt meine Hand und tut sie in seine Jackentasche. Er wirkt ruhig. "Alles in Ordnung?", frage ich vorsichtig. Can wirkt wie geweckt und nickt mir zu. Also nein, es ist etwas nicht in Ordnung. "Sicher?", hake ich nach. Er seufzt. "Ich würde so gerne endlich die Ringe ranmachen. Wir sind uns versprochen worden", murrt er. "Ich glaube nicht, dass man bei uns dann schon die Ringe ranmacht." Er brummt. "Wegen dem Iman eigentlich", gibt er leise von sich. Ich blinzele überrascht. "Ähm... okay, ich kann ja meine Mutter anrufen. Aber dadurch nähert sich die Hochzeit auch nicht, Can." Er geht nicht auf den letzten Satz ein und läuft mit mir sofort in den H&M rein. Was ist los mit ihm? Sonst ist er immer direkt und ehrlich. Ich hole mein Handy hervor und rufe meine Mutter an.

"Shana, wie geht's?" Ich seufze.

"Ganz gut und selbst?"

"Auch. Was ist los?"

"Na ja, also Can hat gefragt, wann der Iman kommt. Das Versprechen wurde ja gehalten und er wirkt echt ungeduldig. Er will so schnell wie möglich heiraten, aber zeitlich passt es einfach nicht." Es wird still in der Leitung, was mich fragend schauen lässt.

"Hallo?"

"Ja, ich rede mit deinem Vater, dann rufe ich dich an." Sie hört sich etwas überrascht an.

"Okay, Ciao." Etwas verwirrt lege ich auf.

Ich laufe Can hinterher und sehe, dass er auf die Unterwäscheabteilung zuläuft. "Was zum?", flüstere ich. Ich laufe ebenfalls dort hin und drehe ihn um. "Kannst du mir mal sagen, was los ist?", frage ich etwas patzig. Sein Verhalten ist total komisch. "Ich gucke mir an, was du für Unterwäsche tragen könntest." Can will sich gerade einen BH nehmen, den ich ihm aus der Hand reiße. "Das ist immer noch meine Sache, Can." Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen. "Darf ich etwa keine Wünsche haben oder wie?'', fragt er leise und mit Druck. "Was für Wünsche?" Can schaut sich um und nähert sich mir. "Wenn wir Sex haben." Was zum?! Meine Augen weiten sich. "Can, wir sind nicht einmal verlobt-," "Hat doch nichts damit zu tun. Wenn die Zeremonie mit dem Iman gehalten wurde, dürfen wir es tun." Mir wird gerade alles klar. Mein Blick wird stumpf und seiner wird fragend. "Bring mich nach Hause", gebe ich trocken von mir und laufe aus dem Laden. "Shana, was ist denn jetzt los?" Er will meine Hand greifen, die ich schnell wegziehe. Ich fühle mich gerade echt komisch. Im Auto reden wir nicht und auch auf den Weg nach oben wird kein Wort ausgetauscht. Ich schließe die Tür auf, schmeiße meine Schuhe in die Ecke, genau wie meine Jacke und laufe ins Wohnzimmer. "Ficken? Darauf kommt es dir an?" Er beißt sich auf die Zähne und schaut auf den Boden. "Can, ich habe meiner Mutter indirekt gesagt, dass du nicht länger mehr darauf warten kannst, mich zu entjungfern." Ich fahre mir durch mein Haar und werde rot. Deswegen war meine Mutter so verdutzt, wie peinlich!

"Shana, ich bin auch nur ein Mann." Mit einem Blick, der indirekt fragt, ob das sein Ernst wäre, sehe ich ihn an. "Und was soll das für eine Rechtfertigung sein? Dass deine Hand für deinen beschissenen Penis nicht mehr reicht oder was?" Ich schmeiße die Hände hoch und sehe ihn entgeistert an. Seufzend fährt er sich über sein Gesicht und verspannt sich leicht. "Can, ich werde nicht mit dir schlafen, wenn dieser Iman bei uns war!" "Und wieso?", faucht er. Entgeistert sehe ich ihn an. "Warum sollte ich? Wenn ich nicht mit dir schlafen will, kannst du nichts daran ändern." "Komm mir doch einmal entgegen", zischt er. Was? "Ich? Ich komme dir nicht entgegen? Wenn ich dir nicht entgegenkommen würde, dann wäre ich nicht einmal mehr an deiner Seite!", rufe ich aufgebracht. "Ich entschuldige mich nicht dafür, dass du wirklich nur Sex im Kopf hast, Can und ich eben nicht." Er atmet tief ein und fährt sich über sein Gesicht. "Ich habe fünf Jahre auf dich gewartet und alles für dich gemacht, Shana", knurrt er. Okay, das reicht! "Ich habe innerhalb weniger Monate eine Fast-Vergewaltigung, Gewalt und Erniedrigung durchstehen müssen und bin trotzdem hier vor dir und das obwohl DU derjenige warst, der nicht mehr wollte! Wäre ich direkt gegangen, dann wärst du wahrscheinlich an Alkohol und vielleicht auch an Drogen versifft und verrottet, von deinem Studium und deiner mentalen Einstellung wollen wir erst gar nicht reden. Erzähl mir nichts davon, dass du alles für mich getan hast, denn ich war auch nicht ohne, Can! Ich versuche dich zu therapieren, ich habe dich vor Drogen bewahrt und habe vorgebeugt, dass du um dich geschossen hättest. Wäre ich nicht da, wüsste keiner, was für eine Krankheit du hättest. Ohne mich wärst du auf dem falschen Weg, Can!" schreie ich am Ende. Meine Atmung hat sich beschleunigt und in meinen Venen pocht es.

Can schaut zur Wand, sein Kiefer ist angespannt und seine Ader sticht hervor. Er sieht mich an, die Umrandungen um seine Augen sind intensiver. "Bin ich nicht gut genug für dich?!", ruft er mit geöffneten Augen. Meine Augen zeigen Verwirrung. "Can, das hat doch nichts damit zu tun." Ich drücke seine Arme nach unten, woraufhin seine Hände sich in meine Oberarme krallen. "Dann erkläre es mir", knurrt er. Er ist wieder dabei auszurasten. Ich nehme sein Gesicht in meine Hände und fahre mit meinen Daumen über seine Wangen. Seine Züge werden sofort weicher. "Can, ich fühle mich einfach gestört, weil du so schnell wie möglich mit mir schlafen willst. Mag sein, dass wir das sowieso eines Nachts oder Tags machen werden, aber..." Ich schüttele meinen Kopf. "Ich fühle mich sowieso nicht bereit dazu. Ich brauche mich eigentlich nicht rechtfertigen." Ich seufze und gebe ihm einen kurzen Kuss. Can sieht mir nicht in die Augen, sondern schaut auf den Boden. Ich kraule seine Kopfhaut und lege meinen Kopf in seine Halsbeuge. Den Streit habe ich gut gelöst, Hut ab an mich. "Komm, willst du etwas?", frage ich, was er verneint. "Can", seufze ich. "Shana, bitte", gibt er knirschend von sich, während er seine Jacke auszieht, die ich an mich nehme. Ich seufze und hebe kapitulierend die Hände. Nachdem ich auch meine Jacke genommen habe, laufe ich ins Zimmer. Nachvollziehen kann ich seine Wut nicht, aber ich muss es hinnehmen. Tolerieren, aber nicht akzeptieren. Can tritt ebenfalls ins Zimmer und gibt mir einen Pudding und ein Glas Wasser. "Nimm dein Medikament ein, bevor du es isst." Ich nicke und esse, nachdem ich die Tablette geschluckt habe, den Pudding.

Aus meinem Regal nehme ich mir Fifty Shades Darker raus und will ein Kapitel weiterlesen. Ich habe echt lange nicht mehr weitergelesen. Mir sticht eine Zeile ins Auge, die mich zu Can schauen lässt. Er löffelt gerade die letzten Reste aus dem Becher. "Can?" Abwartend sieht er mich an. "Hast du auch mit dem Klavierspielen angefangen, weil du somit das Trauma verdrängen oder verarbeiten konntest?" Er zuckt mit seinen Schultern. "Ich habe ja einen Mann im Fernseher spielen sehen und wollte es. Zwar hat mich das Spielen wirklich abgelenkt, aber... ich weiß es nicht. Vielleicht ja, aber dann unbewusst." Ich nicke und schmeiße den Müll weg. Es herrscht eine bedrückende Stille. Ich fühle mich etwas unbehaglich und nähere mich Can etwas, der trocken auf meine Bettdecke schaut. Ich lege meine Hand auf sein Knie, woraufhin er seine Stirn gegen meine Schläfe stößt. "Du hast recht: Berührungen sind eine gute Therapie." Leicht überheblich grinse ich. "Ich habe immer recht." Can stöhnt genervt auf und lässt sich auf meine Schenkel fallen. "Was denn?" "Du bist eine Dramaqueen, eine quengelige Sirene und ein sprechendes Feuer." Ich schmunzele, wegen seinen Vergleichen. "Danke, du sprechende Feuerleiter." Warnend sieht er mich an. "Was, Putenrolle?" "Nichts, Käsebrötchen." Ich huste auffällig. "Laktosefreies Käsebrötchen." Lobend tätschele ich seine Stirn. "Rollmops", gibt er schmunzelnd von sich, ehe er in meinen Bauch beißt.

"Weißt du, was wir jetzt machen?" Ich hole zwei Blätter, zwei Unterlagen und jeweils einen Stift raus und gebe jeweils eins von den Dingen Can. "Nein." Ich spitze schmunzelnd die Lippen. "Wir schreiben jetzt auf, was uns beim anderen stört. Egal wie wenig es uns stört, sei es Duft, Laune oder Gewohnheiten." Ich wackele mit meinen Augenbrauen. Can sieht weniger begeistert aus. "Willst du einen Streit anzetteln oder was? Wir hatten vorhin einen." Meine Augen verdrehen sich. Can will an meiner Haarsträhne ziehen, wobei seine Hand in der Luft stecken bleibt. Er lässt sie sinken und räuspert sich nackenkratzend. "Lass uns anfangen", meint er dann. Ich lasse den Kugelschreiber klicken und überlege. Was stört mich an Can? Also sein Duft, sein Körper und seine Stimme nicht. "Wehe du schreibst etwas Gemeines", warne ich Can, der mich anschmunzelt. Er hat irgendetwas aufgeschrieben, pff! Arschloch, riesiges Arschloch! "Das ist schon schwer", sagt er. "Pff, also ich habe echt viel", lüge ich. Was hat er aufgeschrieben?! Can seufzt. "Mir fällt nichts mehr ein. Ich habe nur eine Sache", seufzt Can. "Lass hören", gebe ich leicht hochnäsig von mir. "Deine Faulheit." Ich ziehe empört die Luft ein. "Ich bin nicht faul! Und das soll daran so störend sein?" Can grinst. "Dich kriegt man schwer aus dem Bett-," "Ich bin immer motiviert und voll dabei!", unterbreche ich Can. Can seufzt schmunzelnd. "Du bist faul! Du lungerst vor meiner Tür herum, weil du zu faul bist zu klopfen. Ja, fass dir mal an die eigene Nase!" Ich nicke bekräftigend und verschränke die Arme vor der Brust. Can verkneift sich ein Lachen, prustet aber. "Jetzt fällt mir noch ein Punkt ein. Er stört mich zwar nicht wirklich, aber es ist echt anstrengend." "Was denn, Herr Ich-Bin-So-Perfekt-Und-Muss-Immer-Meckern? Los, sag es!" Wieso bin ich überhaupt so reizbar? Verflucht sei mein Temperament!

"Deine Sturheit und dein Temperament." "Gar. Nicht!", knirsche ich, woraufhin Can auf mich zeigt. "Siehst du?" Schnaubend sehe ich zur Seite. "Okay, fein! Deine Eifersucht und deine Stimmungsschwankungen stören." Ich nicke mit aufgerissenen Augen. "Ich bin... na und, du gehörst mir." Ich lache auf. "Ich darf keine Kleider anziehen, die mir bis zu den Knien gehen. Das nervt." "Es nervt, dass du mir immer widersprechen musst", haut Can schnippisch raus. "Wenn ich es nicht tue, wäre dein Ego größer als der Mount Everest, also sei mir lieber dankbar, dass du so etwas Tolles an deiner Seite hast." "Etwas sehr Selbstverliebtes." Ich schnaube. "Selber selbstverliebt." Ich strecke ihm die Zunge raus und mache ein Furzgeräusch. "Shana", mahnt er, was mich dazu veranlagt ein weiteres Furzgeräusch zu erzeugen. "Mich stört es, dass dich andere Frauen ansehen. Ändere das." Can lacht kurz. "Was soll ich machen? Mich mit Säure beschütten?" "Ja", säusele ich. "Das kann ich ja übernehmen", füge ich hinzu. "Mich stört es auch, dass dich andere Männer angaffen. Mach dich hässlich." Ich muss schmunzeln. "Vor allem deine Brüste. Steck die nicht in enge Oberteile, sonst kriegt man alleine vom Hinsehen eine Latte." "Dann hör du auf, einen so definierten Körper zu haben, bei dem werden sonst zu viele feucht." "Du zum Beispiel?" Er grinst dümmlich und verschränkt seine Arme vor seiner Brust. "Machen dich meine Brüste etwa hart oder was?" Can nickt erfreut. Super, Can! "Und hab nicht einen so großen Arsch." "Hab nicht so einen großen Penis!" Ich schaue verdutzt, während Can lauthals anfängt zu lachen. Eigentlich wollte ich das ja nicht sagen. Toll, jetzt habe ich sein Ego noch weiter wachsen lassen. "Shana, daran kann ich leider nichts ändern und wenn er in dir ist, willst du auch nichts daran ändern." Ich murre und stehe auf. "Wir akzeptieren einfach die... Makel unseres Gegenübers", sagt Can. Ich gehe in die Hocke, um mir Kuschelsocken rauszuholen, als ich spüre, wie meine Hose reißt.

"Das kann nicht wahr sein!" Ich renne zum Spiegel und sehe, dass unter beiden Pobacken zwei Risse entstanden sind. Scheiße, meine Lieblingshose! Can schaut mich überrascht an und fängt dann an zu lachen. "Ich mag die Hose doch so sehr. Hollister hat sie nicht mehr", schmolle ich. "Ich auch", lacht er. Er kommt auf mich zu und inspiziert meinen Hintern. "Wehe", warne ich. Murrend stößt er seinen Kopf gegen meinen Hintern. "Can", gebe ich leicht empört von mir. Wieder macht er es. "Befriedigt dich das?" "Airbags", murmelt er und rammt diesmal seinen Kopf gegen meinen Hintern, was mich aufschreien lässt. "Au, Can", murre ich und halte ihn fest. Ich bin fast weggeflogen. "Du bist ja ein Schafbock." "Lässt du mich einen Finger in eins der Löcher stecken?", fragt er ganz liebt. "Can", seufze ich. "Komm schon, einmal." "Nein", gebe ich belustigt von mir, als er seinen Zeigefinger anhebt. Wow, der ist echt lang. "Einmal", fleht er und pikst mir in den Schenkel. "Nein, Can." Er macht Piksbewegungen und schmollt. Ich nehme seinen Kopf und drücke ihn gegen meinen Bauch. "Du kannst mit meinem Bauch kuscheln." Can brummt zufrieden und kneift in meinen Hüftspeck. "Ich hätte niemals gedacht, dass mich Körperfett so anturnen würde." "An mir ist alles anturnend." Er hebt mein Oberteil an und steckt seinen Kopf rein. "Warm und weich?" "Wie das Innere eine eines frischen Brötchens." Ich lache, wegen des Vergleiches und kraule Cans Ohren. "Shana, ich bin kein Hund." "Benimmst dich aber manchmal so." Er beißt mir in meinen Bauch, was mich aufschreien lässt. "Aus!" Er sieht mich belustigt an. Eine Strähne fällt vor seine Augen. Wow, sieht er gut aus. "Deine Haare." Ich frisiere seine Haare neu, da sie durch mein Oberteil etwas durchgewuschelt aussehen und schmeiße mich dann auf Can. "Wieso können wir spätestens nach der islamischen Zeremonie keinen Sex haben?" Ich brumme. "Weil ich es nicht will, diskutier nicht wieder darüber, Can." Er schmollt leicht. "Can", mahne ich. "Ich will endlich Sex haben", murrt er. "Hochzeitsnacht, Can. Werde nicht penetrant." "Oralsex-," Ich halte ihm den Mund zu und lege meinen Kopf auf seiner Brust ab. "Sollen wir etwas Essen gehen?", frage ich. Can stimmt mir zu.

"Wie stellst du dir einen Heiratsantrag vor?" Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. "Ich glaube, wir sollten uns erst die Menükarte ansehen." Er greift nach meiner Hand. "Sag", fordert er sanft. "Ich weiß es nicht", sage ich wahrheitsgemäß. "Irgendetwas bestimmtes?" Lippenschürzend sehe ich ihn an. "Nein, es soll nur schön sein." Ich schaue ihn schulterzuckend an und muss grinsen. Der Gedanke, dass Can mir einen Heiratsantrag machen will, lässt mich grinsen. Trotzdem ist es zu früh. "Aber genug davon. Was willst du haben? Ich nehme nur einen Dönerteller." "Nur", höhnt Can. "Ich nehme dasselbe wie du, du kleiner Fettsack." Ich lache. Ein Kellner kommt und nimmt unsere Bestellung auf. "Wie wäre es, wenn wir eines Tages nur Scheiße bauen?" Ich lege den Kopf schief. "Machen wir das nicht immer irgendwie?" Can schmunzelt. "Mehr auf spaßiger Basis." Meine Augenbrauen zucken. "Für sowas bin ich immer zu haben." Gleichzeitig grinsen wir. "Gut, gut, aber das kann noch etwas dauern. Der Tag wird dir gefallen und sehr deinem Geschmack sein." Ich lächele. "Das ist aber nicht nötig, Can und das weißt du." Unsere Teller kommen, der wunderbare Duft von Dönerfleisch steigt auf. "Ich weiß und trotzdem tue ich es. Glaub mir, es wird nicht Aufwendiges sein diesmal." Skeptisch sehe ich ihn an. "Kriege ich ein Schiff geschenkt, dass du sagst, es sei nichts aufwendiges?" Can lacht leise. "Du findest aufwendiges eben nicht aufwendig. Das ist dir doch bewusst, nicht wahr?" Can schüttelt amüsiert den Kopf. "Iss, Rollmops." Das lasse ich mir kein zweites Mal sagen. Wie gut, dass Can weiß, dass ich alles draufhaben will. "Wirst du mich danach noch küssen? Hab Zwiebeln im Salat und du auch." Er schmunzelt. "Wieso nicht? Wenn ich mein Leben mit dir und deinen Unverträglichkeiten teilen will, dann kann ich das auch mit deinem Mund, der nach Zwiebel schmeckt." "Ich hätte niemals gedacht, dass du so viel Akzeptanz in einer Beziehung besitzt, was sowas angeht. Du kamst mir ja immer so scheiße arrogant rüber und als ich dich und Aleyna gesehen habe, oh Gott", seufze ich am Ende und würge gespielt. "Sie ist ja nicht wirklich pummelig oder kurvig. Da dachte ich mir auch, dass du nur auf ganz dünne stehst, du arroganter Wichser." "Shana", ermahnt er mich. "Ist doch so. Wart ihr im selben Kindergarten? Hast du da schon Mädchen begrapscht?" Ich schmunzele und nehme einen großen Bissen.

Can legt den Kopf schief. "Was?", frage ich kauend. "Du hast da... weiße Soße", raunt er und lächelt schief. Ich verdrehe schmunzelnd die Augen und lehne mich etwas vor, bevor ich das Tsatsiki mit meinem Daumen wegwische und ihn ganz langsam ablecke. Can lockert seine Schultern und lehnt sich zurück. "Du willst unbedingt auf diesem Tisch entjungfert werden, nicht wahr?" Ich schüttele lachend den Kopf. "Doch, das willst du. Genau hier." Er zeigt auf den Tisch und nähert sich mir. "Hände weg." Ich schlage lachend seine großen Hände weg und esse weiter. "Wieso hast du keine weiße Soße am Mundwinkel?" Can verzieht das Gesicht. "Darauf stehe ich nicht. Außerdem steht es dir mehr, als mir." "Woher weißt du das? Hast du es schon mal ausprobiert?" Ich pruste und halte mir die Hand vor den Mund. "Iss weiter, Fettsack." Während ich esse, schaue ich Can die ganze Zeit an. Nebenbei mache ich meinen Gürtel und meinen Reißverschluss auf. "Dadurch kannst du mehr essen?" Ich nicke. "Gut, wie wäre es, wenn wir ganz nackt essen?" "Psht!", zische ich und schaue mich um. Zum Glück sind hier nicht viele. "Was?", fragt Can belustigt. "Es hätte dich jemand hören können", murre ich. "Shana, ich pass schon auf, wenn ich rede, nicht so wie du. Zurück zum Wesentlichen: Shana und Can, nackig und mit viel Essen?" Anzüglich wackelt er mit seinen Augenbrauen. Ich habe Can noch nie so verspielt gesehen, glaube ich. Das gefällt mir. "Nein, danke", gebe ich mit gerümpfter Nase von mir. "Sicher? Wir können das Essen auf bestimmte Körperteile-," "Nein, Can und jetzt iss dein Essen."

Das ganze Essen und den Weg über haben wir geredet. Den Streit haben wir schon längst vergessen. "Lass mich dich mal küssen. Ich habe noch nie jemanden geküsst, der nach Zwiebel schmeckt." Can seufzt und lässt es über sich ergehen. "Wenn man ein Fan von Zwiebeln ist, ist es gar nicht so schlimm, trotzdem würde ich Minze präferieren." Seine Hände legen sich unter mein Oberteil und kneten an meinen Speckrollen herum. "Du bist Wissensdurstig." Ich nicke schulterzuckend. "Wenn ich schon einmal die Gelegenheit habe, einen Freund zu haben, der noch hübsch ist-," "Könntest du das Letzte wiederholen?", fragt er grinsend. "Schweig, ich rede. Jedenfalls möchte ich mich auf bekanntem Territorium befinden und Dinge tun, damit ich nicht langweilig sterbe. Ich habe dich mit Zwiebelgeschmack geküsst und ich bezweifle, dass jemand anderes dieses Privileg hatte. Und jetzt iss ein Kaugummi." Unter meinem Kissen hole ich zwei Kaugummis hervor und gebe ihm eins davon. Verträumt sieht er mich an und streichelt meine Wange, als er sich gegen das Kopfteil des Bettes lehnt. Ich muss wegen seines hinreißenden Lächelns ebenfalls lächeln. Es ist so ansteckend. Die Harmonie wird zerstört, als Cans Gesicht sich verzieht und er schreiend nach seinem Kopf greift. Ich springe von seinem Schoß runter und verfalle in leichte Panik. "Scheiße!", ruft er. Sein linker Arm zittert, sein Kopf schmerzt. Ich spüre seine Angst und kann nichts dagegen tun. "Es soll aufhören!" Zitternd helfe ich ihm hoch. Ich weiß nicht, was ich dagegen tun kann. Ich spüre, wie sich Druck auf meinen Nacken legt und wie sich ein Klos in meinem Hals bildet.

Ich laufe ahnungslos ins Bad und versuche Can zu beruhigen. Mein Oberteil ziehe ich aus. Hätte ich kein Unterhemd an, wäre es mir gerade auch egal. Schnell und vorsichtig versuche ich Can von seinem Oberteil zu befreien und steige mit ihm in die Wanne. "Can, ich weiß, dass es wehtut, aber du musst versuchen ganz ruhig zu bleiben." Meine Stimme bricht am Ende, weil ich Can in dieser Lage nicht sehen kann. Seine Brust hebt sich schnell, sicher schlägt sein Herz auch schnell. Das Wasser schalte ich an, warte bis es warm genug ist und stecke es in die Halterung. Ich weiß nicht, ob Can das Umarmen hilft, aber er benimmt sich viel ruhiger. Sein linker Arm zuckt noch etwas, weswegen ich ihn mit meinen Armen festhalte. "Ganz ruhig, Can. Alles wird wieder gut." Ich küsse seine Brust, genau da wo sein Herz ist und fahre langsam über seinen Rücken. Das warme Wasser beruhig uns beide und hüllt uns ein. Eine Träne verlässt mein Auge, und trotzdem spüre ich den Druck im Nacken, obwohl wir uns wieder beruhigen. Vorsichtig massiere ich seinen Hinterkopf und sage das Gebet auf, was ich wirklich in und auswendig kenne. Can wurde dadurch früher immer beruhigt, vielleicht klappt es wieder. Es fühlt sich so an, als ob er zusammengesackt wäre, weil er leicht fällt. "Can, alles in Ordnung?", frage ich etwas ängstlich. "Sag das Gebet wieder auf", flüstert er. Plötzlich krallt er sich fest und drückt kurz so feste zu, was ich mir ein Ächzten unterdrücken muss. Das Al-Fatiha sage ich wieder leise und langsam auf und gehe danach vorsichtig mit Can auf die Knie. Den Duschkopf nehme ich ab und lege ihn zwischen uns.

Cans Blick ist gekränkt und trübe. Ich kann mir sein Leid nicht vorstellen und wünsche mir so sehr, dass es endlich aufhört. "Hattest du solche Anfälle öfters?" Er verneint es. "Wenn dann nur einzeln, aber das erlebe ich zum ersten Mal", erzählt er flüsternd. "Sollen wir ins Krankenhaus?" "Was bringt mir das Krankenhaus, wenn mir niemand seit Jahren eine gescheite Begründung geben kann?", ruft er erzürnt. Ich senke meinen Blick und halte seine Hand. Er ist aufgebracht, er ist verängstigt und traurig. Seine Wut toleriere-, nein, ich akzeptiere sie gerade. "Ich verstehe", flüstere ich. "Lehn dich gegen mich. Stress ist das Letzte, was du jetzt brauchst, Can." Ich rutsche an die Wand, woraufhin sich Can mit dem Rücken auf meine Vorderseite legt. Den Duschkopf legt er auf seine Brust. Der Druck, der sich durch Trauer auf meinen Nacken gelegt hat, ist nicht verschwunden. Sein Leid bedrückt mich so sehr. So sehr, dass es sich manchmal so anfühlt, als ob ich selber davon betroffen wäre. "Soll ich dich einseifen oder etwas für dich holen?", frage ich vorsichtig. "Kopf", murmelt er und setzt sich langsam auf. Ich nehme mein Head and Shoulders Shampoo und verteile ein bisschen davon auf seinem Kopf. Den Duschkopf lege ich in seine Arme und massiere sanft seine Kopfhaut. Hat er noch Schmerzen? Pocht sein Kopf? Ich will ihn fragen, aber ich will ihn nicht in eine missliche Lage bringen. Ich will nicht, dass er weiter daran denkt, auch wenn er es gerade tun könnte.

Wir haben 02:47 Uhr, und eigentlich sollte ich schon lange schlafen, aber ich kann nicht. Cans Anfall macht mir Sorgen und lässt mich trauern. Ich habe Angst, dass er durch seine Schmerzen aufsteht, ich will ihn beschützen. Wenn ich allein an seinen Schrei heute denke, kommen mir die Tränen hoch. Ich atme tief durch und ignoriere die Verspannung in Brust und Rücken. Ich hoffe, er kriegt kein Fieber. Ich taste vorsichtig seinen Rücken ab, woraufhin er sich umdreht. Er ist auch wach. "Wieso schläfst du nicht?" Langsam setzt er sich auf und macht das Licht an. "Wieso schläfst du nicht?", stelle ich ihm die Gegenfrage. "Ich weiß es nicht", seufzt er. "Du bist bedrückt. Dich bedrückt das, was heute mit dir passiert und das bedrückt auch mich." Meine Augen werden glasig, aber ich kann daran nichts ändern. "Gibt es irgendetwas, was du sehr magst, was dich immer beruhigt? Ich hole es dir jetzt. Du brauchst Schlaf, Can. Schlafentzug ist nicht gut." Ich schniefe, obwohl ich nicht einmal weine. Can schaut mich einfach nur an, statt mir zu antworten. "Du weißt nicht wie schlimm das für mich ist, Can. Ich habe noch nie so etwas für jemanden gefühlt, diese Empathie besitze ich nur durch dich und nur bei dir. Hat jemand mit mir über seine Probleme geredet, dann saß ich einfach nur stumm da, weil ich mich nicht in seine Lage versetzen konnte, aber bei dir fühle ich es mit. Ich hasse es so sehr, dass du leidest. Ich will am liebsten die Zeit vorspulen, nur damit ich das nicht sehen muss und..." Ich schaue seufzend an die Decke und wische mir die Tränen weg. "Es ist wirklich die Hölle für mich, dass du Ängste und Schmerzen hast. Gott weiß, wie es ist, so etwas zu haben, und es begleitet dich schon fast dein ganzes Leben." Meine Stimme wird am Ende etwas schrill, weil ich so emotional bin. Mein Gesicht tut etwas weh, weil sich der Druck nach vorne ausbreitet. "Es sind so viele Sachen vorhanden, die dich quälen und du... du schaffst es trotzdem. Ich weiß gerade selber nicht, was ich da von mir gebe, es kann sein, dass die Sätze keinen Sinn machen, aber..." Ahnungslos zucke ich mit meinen Schultern und schniefe.

"Ich will einfach, dass du weißt, dass ich den Scheiß mit dir durchstehe, bis das der Tod uns scheidet." Ich massiere meine Wangenknochen, weil der Druck echt nervig ist, und schniefe wieder. Kurz wische ich mir über die Nase und sehe mit Tränen in den Augen zum benebelten Can. "Nach langem habe ich wieder das Gefühl, dass es vielleicht doch wieder gut wird. Nach einem Regen soll doch auch die Sonne scheinen oder wie der Spruch auch immer heißt. Wieso sollte es bei einem komplizierten Paar, wie wir es sind, nicht so sein?" Ich nehme seinen kleinen Finger in meinen und rutsche ein Stück auf. "Wir wurden uns versprochen und dieses Versprechen führt zu Ehe und vielem mehr. Nur ein Stück Geduld und vielleicht öffnet sich das Paradies für uns." Ich nähere mich ihm vorsichtig, weil mir seine Mimik nicht sagt, und lege meine Lippen auf seine.

"Du bist das was mir gefehlt hat, Shana. Du wurdest geschickt, um mich aus diesem schwarzen Loch zu holen."

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Ikarus-Phänomen...

- Helo

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