Kapitel 3
Ariana Grande - Just a Little Bit of Your Heart
Donnerstag, 4. Juli
Eine Woche ist es her. Wir sind seit einer Woche getrennt. Eine Woche und es kommt mir trotzdem so surreal vor. Ich kann es nicht akzeptieren, dass wir kein Paar mehr sind. Ich kann es nicht wahrhaben. Ich bin vor mir selber verängstigt, da ich einen Mann so sehr liebe, dass ich wegen dem Verlust auf der Intensivstation liegen musste. Wie kann das nur gehen? Wieso können andere nur ein bisschen weinen und sind dann auf dem besten Weg wieder froh und munter zu werden? Wieso kann ich das nicht? Bin ich zu schwach? Ich wollte nie schwach sein, doch konnte niemals vorhersehen, dass ich mich so unsterblich in einen Mann verlieben kann. Seitdem ich vor drei Tagen entlassen worden bin, rede ich gar nicht mehr. Ich habe Can die zwei Tage auch nicht gesehen. Ich bin froh, dass jetzt keine Klausuren drankommen, da ich sie sonst verhauen würde. Wenn nicht übermorgen schon der letzte Tag vor den Semesterferien wäre, bin ich mir ziemlich sicher, dass ich das Semester hätte nachholen müssen. Ob Can es wohl auch tun müsste? Ich weiß es nicht. In dieser einen Woche habe ich weder Nachricht, noch Anruf erhalten von ihm. Ich will ihn so gerne wiedersehen. Ich werde es ja, aber habe Angst. Ich will ihn berühren, habe aber Angst. Ich esse nicht mehr richtig, hatte aber bis jetzt das Glück, dass ich mich nicht übergeben musste. Die meiste Zeit bin ich in meinem Zimmer oder im Bad. Ich wache fast immer 03:03 Uhr auf - ironischer Weise. Ich fange dann immer an zu beten, was anderes bleibt mir nicht. Ramazan besucht mich immer und auch Malik kommt vorbei, was ich sehr schätze. Aber rausgehen wollte ich nicht, weswegen wir einfach stumm in meinem Zimmer saßen und etwas aßen. An Schlaf kann ich seit Tagen nicht denken. Wir haben schon 04:34 Uhr und ich liege monoton im Bett, wobei ich mich frage, was passiert wäre, wenn Can nicht dabei gewesen wäre. Ich schaue auf meinen Nachttisch, auf der seit Tagen diese schwarze Rose liegt. Sie bedeutet für mich Tod und Unglück. Wünscht Can mir das etwa? Oder wollte er mir damit verdeutlichen, dass unsere Liebe gestorben ist? Was wäre passiert, wenn Aykan mich geküsst hätte und Can danach gekommen wäre? Was wäre passiert, wenn ich ihm erzählt hätte, was passiert ist? Wäre Can immer noch enttäuscht und hätte Schluss gemacht? Das zehnte Mal schaue ich auf mein Handy, in der Hoffnung, irgendein Zeichen von Can zu bekommen, aber Fehlanzeige. Geschwächt stehe ich auf und laufe zu meinem Schrank. Wenn ich schon nicht schlafen kann, dann kann ich meine Kleidung für später zurechtlegen. Bei meiner Suche stoße ich auf ein schwarzes T-Shirt. Das ist Cans T-Shirt. Vorsichtig streiche ich mit meinen Daumen über den Stoff und halte ihn mir unter die Nase, wo mir sein vertrauter Duft aufsteigt. Ich atme ihn tief ein und fange an zu zittern. Meine Unterlippe genau sowie meine Brust beben und ein Schluchzer entkommt mir. "Can", flüstere ich weinerlich und lasse mich den Schrank runter gleiten. "Can, bitte komm mich heute besuchen." Ich weine leise und schüttele den Kopf. Ich habe heute sooft gebetet und hoffe so sehr, dass Can zu mir kommt, auch wenn ich nicht so stark daran glaube. Er ist doch auch ins Krankenhaus gekommen, ist aber dann wieder gegangen. Langsam rappele ich mich auf und hole mir schnell Kleidung raus, woraufhin ich mich in mein Bett lege und das T-Shirt an mich schmiege. "Can, komm zu mir", weine ich leise und atme wieder sein Parfüm ein. Ein kleines Wimmern entkommt mir, woraufhin ich mich klein mache. Ich lege meine Arme um mich und stelle mir vor, wie es seine wären, die mir sanft über den Rücken streicheln. Für einen Moment fühlt es sich gut an, doch das schöne Gefühl verschwindet wieder. Ich will keine Brustschmerzen haben, aber die Tatsache schmerzt einfach viel zu sehr. Aber der Schmerz hat sich zum Glück minimiert. Ich glaube, es ist jetzt der Schmerz, den andere bei einer Trennung fühlen. Ich muss am Samstag wieder ins Krankenhaus, damit meine Herzfrequenz kontrolliert wird. Man sagt, dass die Betroffenen, dieses Syndroms nach Wochen wieder geheilt sind. Ich hoffe, dass ich dann auch geheilt bin. Zitternd nehme ich mir mein Handy und ignoriere meinen Stolz, als ich auf Cans Namen tippe. Schniefend halte ich mir das Handy ans Ohr und höre das Tuten. Einmal, zweimal, dreimal. Nach dem vierten Mal, kommt die Mailbox. Er drückt mich weg. Ich will aufhören zu weinen, aber ich kann nichts. Zu sehr hängt unsere Trennung an mir, zu sehr schmerzt sie. Ich weine und weine mit Cans wunderbar duftenden T-Shirt in der Hand, bis ich irgendwann mal einschlafe.
Mit ein bisschen Nahrung im Magen, steige ich aus dem Auto und laufe monoton durch den Campus. Ich blende jeden aus und will eigentlich gar nicht hier sein. Ich liebe die Pathologie, aber seit meinem Geburtstag, hasse ich es, da ich mit Aykan in einer Gruppe bin. Ich will ihn nicht sehen. Gestern habe ich ihn nicht gesehen, er war nicht da. Vielleicht habe ich ja Glück und sehe ihn heute auch nicht. Vielleicht habe ich ja so starkes Glück und sehe ihn nie wieder. Ich laufe durch die Flure und versuche mich zu orientieren. Den Saal für die Pathologie habe ich mir etwas eingeprägt. Langsam schlürfe ich durch die Flure und laufe in den Saal. Früher hat Can mich immer begleitet, auch wenn er frei hatte, als ich hier erscheinen musste. Kurz bilde ich mir ein, wie Can an der Wand angelehnt ist, doch es ist nur ein anderer Junge. Ich lege meine Sachen ab und will weiterlaufen, als Aykan gegen mich stößt. Ich schaue hoch und stelle schockiert fest, dass er ein blaues und blutunterlaufendes Auge hat seine Lippe ist total aufgeplatzt. Schnell laufe ich weiter und setze mich an meinen Platz. War das das Can? War er deswegen nicht da? Aber als ob Can einen ganzen Tag die Vorlesungen schwänzen würde, nur um Aykan zu schlagen. Das hätte er auch danach machen können. War er vielleicht zu schwach, um zu kommen? Wie sehr ich jetzt seine Kinnlinie nachfahren würde, statt das Gewebe zu untersuchen. Neben mir setzt sich ein Mädchen bin, der ich innerlich sehr dankbar bin. Kurz schaue ich vom Mikroskop auf und sehe, wie sich Aykan weiter weg hinsetzt. Sein Auge sieht gar nicht gut aus. Ein Wunder, dass Can nicht noch fester zugeschlagen hat. Wann war das? Ich denke jetzt lieber nicht weiter nach, weil ich das Studium nicht komplett vernachlässigen will. Ich kann einfach in der Pause weiterdenken.
Als die Pathologie für mich heute vorbei ist, laufe ich zur Mensa und sehe Can. Mein Herz pocht sofort und in mir bilden sich leichte Hoffnungen. Als ob Can meinen Blick, meine wachsenden Hoffnungen und meine Sehnsucht gespürt hat, hebt er seinen tristen Blick an und schaut zu mir. Er wendet den Blick sofort wieder ab, was mir einen Stich versetzt. Es war ein wunderschöner Augenblick, der zu schnell beendet wurde. Wieder einmal lege ich meinen Stolz zur Seite und laufe mit einem sehr schnellen Herzschlag auf ihn zu. Er ist immer noch mein Freund. Es ist nur ein... Streit. Ein großer, gewaltiger Streit. "Can, bitte", flüstere ich. Ich atme tief seinen Duft ein, bevor er zurücktritt. "Can, es war nicht so. Can, hör auf so stur zu sein." Er hört nicht auf mich und läuft stur an mir vorbei. Verzweifelt halte ich mir die Stirn und gehe ebenfalls in die Mensa rein, wo ich mich zu Saliha setze, die schon auf mich gewartet hat. "Malik wird gleich wieder mit ihm reden." Ich nicke. Zwar habe ich keine Hoffnung, dass es etwas bringen wird, aber trotzdem wäre es doch wunderbar. Malik und Ramazan haben es diese Woche sooft versucht, aber es hat nichts gebracht, laut ihren Aussagen. Wieso zum Teufel ist Can so verdammt stur? Wieso ist er so dämlich? Hat Aykan ihm nicht gesagt, dass ich nichts von ihm wollte? Frustriert seufze ich und spüre, dass ich langsam Kopfschmerzen kriege. Ich schaue abwartend zu Malik, der mit Can redet. Can hat Augenringe, seine Augen sind gerötet. Erst jetzt sehe ich, dass sein rechter Wangenknochen etwas geprellt ist. Die Schlägerei muss wohl sehr stark gewesen sein. Seine Augen schauen zu mir und blicken mich vernichten an. Ich senke den Blick nicht, ich bleibe standhaft. Ich will den Moment genießen, auch wenn er wieder so kurz war, da Can den Blick wieder gesenkt hat. Malik redet, doch Can hört nicht hin und steht auf. Ich hatte eine winzige Hoffnung, dass er zu mir kommt, aber er geht raus. Wieso will er es nicht klären, verdammt noch mal?! Es brennt in meiner Brust, dass er mich so abstößt. Ich habe doch rein gar nichts getan! Meine Unterlippe bebt wieder und meine Augen füllen sich mit Tränen. Saliha nimmt mich sofort in den Arm und streichelt meinen Rücken. Mein Bauch bebt und ein Schluchzen entkommt mir. Es ist so niederschmetternd, dass die Liebe des Lebens es nicht einmal versuchen will. Sie ist so ignorant und stur, um zu akzeptieren, dass ich nichts getan habe. "Iss etwas, du isst zu wenig." Ich schüttele den Kopf. Das erinnert mich an ihn. Can wollte immer, dass ich eine ausgewogene Ernährung habe. "Ich will doch nur ihn." Ich wische mir die Tränen weg und stehe auf, weil die nächste Vorlesung gleich beginnt. Deprimiert laufe ich einigen Kommilitonen nach und setze mich im Saal in die Ecke ganz vorne. Wieder setzt sich ein Mädchen neben mich, und wieder einmal bin ich ihr so dankbar, dass sie es tut, damit Aykan nicht bei mir ist. Can läuft mit geröteten Augen hoch und setzt sich weiter oben hin. Es wäre ja auch zu schön gewesen, wenn Can sich auch in dieselbe Reihe wie ich gesetzt hätte. Seufzend fahre ich mir über meine Stirn und versuche mich auf die Vorlesungen zu konzentrieren.
"Sicher, dass keiner bei dir bleiben soll?" Ich nicke müde. Wenn Ranja zu Nadim möchte und Saliha mit Malik sein will, aber keiner wegen mir gehen will, will ich umso mehr, dass sie gehen. Außer neben mir zu sitzen oder zu liegen, können sie nichts anrichten. Ich bin bis kurz vor Mitternacht im Labor geblieben und verabschiede mich von Ranja, die gleich zu Nadim fährt. Müde steige ich die Treppen hoch und schließe seufzend die Tür auf. Ich streife mir die Schuhe ab und nehme eine Winzigkeit zu mir, bevor ich mich umziehe und bettbereit mache. Ich habe nur zwei Stunden Schlaf bekommen und bin deswegen müde. Mit einer Schüssel voller Wasser gehe ich Shelly gießen. Ich schaue wieder auf mein Handy und dann auf die schwarze Rose. Wenn Can seinen Eltern von unserer Trennung erzählt hätte, dann hätte meine Mutter mich doch angerufen oder nicht? Ich hoffe so sehr, dass er es nicht getan hat. Es ist nur eine Prüfung, die wir bewältigen müssen. Gerade lege ich mich hin, als es an der Tür klingelt. Ich stehe langsam auf und nehme den Hörer der Sprechanlage in die Hand. "Ja?" "Mach auf." Seine raue Stimme dröhnt in mein Ohr und sorgt für eine kräftige Gänsehaut. Vorsichtig drücke ich auf den Knopf, damit sich die Tür unten öffnet und warte ungeduldig vor der Tür. Hat er es sich doch noch überlegt? Wird er mit mir reden und alles ausdiskutieren? Ich schaue durch den Spion, erkenne aber nichts, da das Licht im Flur nicht abgeschaltet ist. Erschrocken zucke ich zusammen, als es klopft. Mein Herz pocht wieder und als ich zitternd die Tür öffne, gehe ich einen Schritt zurück. Langsam tritt er herein und schaut mich ausdruckslos an. "Ha-, hallo", flüstere ich. "Du warst im Krankenhaus." Can ist betrunken, das rieche ich. "Bist du betrunken Auto gefahren?" Er schüttelt den Kopf und läuft durch den Flur. Ich will ihn so lange es geht hier haben. Am liebsten würde ich tausend Schlösser an die Tür befestigen. Wie verzweifelt ich doch bin. "Hast du Hunger?", frage ich flüsternd, da ich gleich wieder anfangen werde zu weinen. Can schaut mich kurz an und nickt. Ich nehme ein Stück Lasagne aus dem Ofen und wärme sie auf. "Du hast dich geschlagen mit Aykan?" Er nickt. "Das hat er verdient." Finster blickt er mich an. "Can, du musst mir glauben, bitte!" "Nein!", knurrt er. "Can", flüstere ich fassungslos. "Ich wusste nicht, dass du so hinterlistig bist." Seine Wörter schmerzen so sehr. "Was hat er erzählt?", flüstere ich fragend. Mir laufen die Tränen runter, weswegen Can wegsieht. Langsam werde ich wütend. "Willst du mich eigentlich verarschen, Can?", zische ich. Er steht schnaubend auf und geht in mein Zimmer, was ich ihm nachtue. "Was machst du da?" Er zieht ein T-Shirt aus meinem Schrank und greift nach meinen Parfüms. "Can!" Er hört nicht auf mich und riecht so lange an den Parfüms, bis er Crescent Bay von Hollister nimmt und das T-Shirt vollsprüht. "Gib mir das T-Shirt." Er zeigt auf das blaue T-Shirt, das ich gerade trage. "Bist du völlig gestört?" Sein Blick verfinstert sich. "Gib mir das T-Shirt!" "Nein!" Stur setze ich mich auf das Bett und schaue auf den Boden. "Shana, gib mir das T-Shirt!", knurrt er. "Wieso sollte ich?!", rufe ich wütend. "Weil ich nachts nicht schlafen kann!", ruft er zurück und rauft sich seine Haare. Meine Augen weiten sich. Er kann nicht schlafen. Er ist verängstigt. Seine Verlustangst macht ihm zu schaffen. Can tritt geschockt zurück und flüchtet aus der Wohnung.
Verwirrt bleibe ich an Ort und Stelle stehen und fahre mir durch meine Haare. Ich bemerke erst jetzt mein Zittern. Er leidet ebenfalls, er kann ebenfalls nicht ohne mich schlafen. Can braucht ebenfalls meinen Duft. Also liebt er mich immer noch? Ein verzweifeltes Lächeln ringe ich mir ab und lege mich hin. Gott, was war das? Wäre Can nicht betrunken, wäre er nicht gekommen. Er versteckt seine Gefühle wieder. Das hat man gerade sehr gut bemerken können. Er hat mir gebeichtet, dass er nicht ohne mich schlafen kann und als er es realisiert hat, ist er geflüchtet. Er will mir nicht zeigen, wie sehr es ihn mitnimmt. Ist er so verloren mit seiner Angst? Ich kann ihn gerade nicht hassen, da ich doch auch so war. Verzweifelt halte ich mir meinen Kopf. Dieser Junge hat solche Angst verletzt zu werden, dass er wegrennt. Er will nicht verlieren und hat eine so starke Angst jetzt, dass er nur noch wegrennt. Ich muss ihm helfen. Er hat fünf Jahre um mich gekämpft. Can hatte Angst vor mir, weil ich ihn verlassen könnte und das ist passiert. Dieser Junge kriegt wieder Albträume, er wird noch verrückt. "Was soll ich bloß machen?", flüstere ich seufzend. Was soll ich unternehmen, wenn dieser Junge wegrennt? Meine einzige Stütze neben meinen Freundin, ist Allah.
Was kann ich bloß unternehmen, Allah?
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Ein gesegnetes Opferfest an alle 🐑🐏✨
- Helo
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