Kapitel 17

Demi Lovato - Heart Attack

Der nächste Tag beginnt still, genau wie der gestrige Tag geendet ist. Natürlich bin ich wieder um 03:03 Uhr aufgewacht, aber es hätte mich auch gewundert, wenn es nicht passiert wäre. Ramazans verspielte Art hat mich nur ein bisschen aufgemuntert. Wir haben recht früh gefrühstückt, woraufhin ich jetzt auf dem Weg ins Labor bin. Ich muss mich einfach ablenken. Ob Can auch im Labor sein wird? Wird Aykan da sein? Ich setze mich in die U-Bahn und seufze. Hat Can das Ganze jetzt geklärt? Ich frage einfach Ramazan. Schnell schreibe ich ihm einen Text, wo steht, ob Can schon weiß, wer es ist. Schnell kriege ich eine Antwort.

'Ja, er hat einen kleinen Text von ihm abgezogen, bevor er ihn kaputtgeschlagen hat. Can war auch schon bei der Polizei.' Okay. Kriege ich meine Unterwäsche auch zurück?

'Wer war es denn?' Ich will unbedingt den Hintergrund wissen.

'Soufian.'

'Ouh und was habe ich mit der ganzen Sache zu tun?' Ich komme an der Haltestelle an und steige aus.

'Can hat ihn übel zugerichtet, bevor wir in Spanien waren, weil er dich beleidigt hat. Soufian hat sich anscheinend gerächt und wurde wieder kaputtgeschlagen.' Ich schaue wütend auf. Behinderter Wichser.

'Hat er verdient.' Mein Handy packe ich weg, als ich an der Uni ankomme und dann im Labor bin.

Ich habe den Duft des Labors vermisst, so steril. Ich binde mir den Mundschutz um, setze die Haube auf und trage Handschuhe, bevor ich meinen Doktorvater begrüße und mir meine Krebszellen ansehe. "Okay, eine kleine Vermehrung an Karzinomzellen lateral der Ursprungszelle", murmele ich und schreibe es mir auf. "Das EBC soll nur bei Hautkrebsarten und bei Tumoren im Kopf und Halsbereich angeschlagen haben. Gegen Lungenkrebs hilft es wohl nicht", seufze ich. "Haben wir die Maus mit dem Krebs da?" Mein Doktorvater nickt und holt sie. Dämlicher Krebs, verschwinde doch einfach! Die kleine Maus mit dem Krebs an dem linken Lungenflügel wird zu mir gebracht. Irgendwie tut sie mir leid, weil sie dort quasi gefesselt liegt. Wenigstens ist sie betäubt und schläft jetzt. An einem Tier habe ich mich bis jetzt noch nicht wirklich versucht, da ich die ganze Zeit mit anderen Chemikalien auf Gewebe losgegangen bin. Langsam schneide ich die Brust auf und dann den Brustkorb. Den Krebs an der Lunge erkennt man sofort. Ich hole die kleine Lunge raus und beträufele es mit etwas Wasser. "Wie wirst du vorgehen?", fragt mich mein Doktorvater. "Ich will die Lunge in mehrere Scheiben schneiden. Das EBC soll ja bei dieser Art von Krebs und Tumor nicht anschlagen, deswegen will ich versuchen einige Chemikalien miteinander zu verbinden, sodass die Wirkung stärker wird. Davor muss ich aber genau herausfinden, wie das EBC auf diese Art von Krebs wirkt." Er nickt und lässt mich dann meine Arbeit machen. Ich höre eine Stimme, das ist Aykans Stimme. Mir läuft es sofort kalt den Rücken runter, doch ich darf mich nicht davon beirren lassen.

Nach drei Stunden und neuen Ergebnissen, beschließe ich mich dazu, in die Mensa zu gehen. Mein Rücken und meine Schulterblätter tun etwas weh, weil ich die ganze Zeit in ein Mikroskop geguckt habe und gesehen habe, dass das EBC bei dieser Art von Krebs nur oberflächlich angreift. Ich verstehe nicht, wieso es nicht hilft. Seufzend hole ich mir etwas zu Essen und setze mich dann. Als ich den Sauerkraut aufspieße, setzt sich ein Mädchen zu mir - vermutlich eine Kommilitonin. Da sie sich aus dem Nichts zu mir setzt, kommt sie mir sympathisch vor. "Ich dachte mir, zu zwei ist besser als allein?" Sie lächelt, was ich erwidere. Die Studentin wirkt mit ihren kurzen blonden Haaren, die zu einem Side-Cut geschnitten sind wie eine Rebellin. "Ich habe gesehen, dass du eine Maus seziert hast. Worum geht es in deiner Doktorarbeit?", fragt sie mich. Ich erkenne beim Reden ein Zungenpiercing. "Um ein Heilmittel für Krebs und bei dir?" Ihre Augen weiten sich. "Wow, das ist ein riesiges Thema, was du behandelst. Ich bin in der Anästhesie und teste ein Schmerzmedikament. Hoffentlich wird das was, denn bis jetzt sehe ich nichts", murrt sie am Ende. "Na ja, ich sehe bis jetzt auch nichts. Das dauert halt", sage ich und esse dann meine Fritten. "Du bist Shana, richtig?" Ich nicke, wenn auch etwas verdutzt. "Ich bin Jessica." Sie hält mir die Hand hin, die ich schüttele. Ich sehe an ihrem Finger ein schwarzes Kreuz. Wir reden noch etwas über die Doktorarbeit und gehen dann zurück ins Labor. "Ja super, was ist das denn?" Mein Lungenkrebs hat sich vergrößert. Ich bette den Teil der Lunge in Paraffin ein und lege es in eine Art Sarg, woraufhin es aufbewahrt wird, genau wie die restlichen Stücke der Lunge. Meine Gedanken schweifen zu Can und diesem Soufian ab. Wieso beleidigt dieser Bastard mich, obwohl er mich nicht kennt, geschweige denn gesehen hat? Ich schaue hoch und sehe, wie Aykan sich etwas aufschreibt. Ob er noch an seinen Fehler denkt? Als er hochschaut, schaue ich weg. Ich will keinen Blickkontakt aufbauen. Er hat dafür gesorgt, dass dieser Krieg beginnt.

Als es 18:45 Uhr ist, verlasse ich etwas genervt das Labor. Wer hätte gedacht, dass das Herstellen eines Heilmittel so schwer sein kann? Kann man nicht einfach das EBC-46 mit anderen Säuren zusammenmischen können und fertig ist? Nein, natürlich nicht. Die einzelnen Bestandteile würden sich ja angreifen und am Ende wäre es für den Wohlstandsmüll. Ich laufe über die Straße, als ein Auto neben mir stehenbleibt und das Fenster runterfährt. Misstrauisch blicke ich den Typen an. Schwarzes Haar, Vollbart. Er wirkt irgendwie bedrohlich. Er tut nichts, sagt nichts und fährt einfach weiter. Ich schaue mir das Kennzeichen an und schreibe es mir auf. Was zum Teufel sollte das jetzt werden? Am besten sage ich Ramazan Bescheid. Am Ende stellt sich heraus, dass es etwas mit diesem Soufian zu tun hatte. Während ich zur Bahn laufe, rufe ich ihn an.

"Ja?"

"Hier war grad ein Auto. Der Typ auf dem Beifahrersitz hat das Fenster runtergefahren, mich gemustert und ist dann weitergefahren."

"Wie?", fragt er entsetzt.

"Keine Ahnung. Der Typ sah irgendwie südländisch aus."

"Beschreib mir das Auto, Kennzeichen. Can, komm her!", ruft er am Ende.

"Es war ein schlichter, schwarzer Mercedes Benz. Das Kennzeichen war Hamburg AK 147. Die hinteren Fenster waren getönt", sage ich und warte auf eine Reaktion.

"Der Typ hat nichts gesagt?" Ich verneine es und versuche genau zuzuhören, als Can etwas sagt, aber der Idiot murmelt.

"Bist du gleich alleine?"

"Ja, wieso?"

"Komm zu uns." Ich steige in die U-Bahn und verneine es.

"Shana, mach jetzt bitte keinen Scheiß und komm hier her."

"Ramazan, ich werde nicht kommen." Ich will nicht da sein, wo Can ist.

"Außerdem kommen doch heute sowieso Cihan und Elif zu mir." Ich höre ihn seufzen.

"Shana, du bist so stur."

"Bin ich nicht", murre ich.

"Dann sag mir Bescheid, wenn du daheim bist und ich werde dich jede Stunde anschreiben, bis Cihan und Elif kommen. Can ist schon weg. Er weiß anscheinend etwas." Ich nicke.

"Okay, ich bin gleich zuhause."

"Gut, pass auf dich auf."

"Mache ich", flüstere ich und lege auf.

Als ich aussteige, schaue ich mich vorsichtshalber um und das, bis ich oben in der Wohnung bin. Jetzt habe ich schon Gewissensbisse, weil ich alleine bin aber ich muss es jetzt einfach durchstehen. Mit einem Messer und einem Skalpell sitze ich im Wohnzimmer und schlage die Zeit bis zum Abend tot. Gerade läuft Die Simpsons, als es dann klingelt. Anscheinend sind Cihan und Elif da. Ich tapse durch den Flur und stelle fest, dass es Can ist. Er sieht wütend aus, was mich verängstigt. Ich schlucke und spüre, wie warm mir ist. Er hält etwas in der Hand. Das ist... meine Unterwäsche. "Nachdem du mit anderen rummachst, lässt du dich auch noch ficken?" Ich rieche Alkohol und seufze genervt. Wie oft muss er noch auf einer Lüge herumreiten? "Habe ich nicht, Can. Das war ein schwules Paar! Kannst du nicht rational denken?", rufe ich aufgebracht. Ich bin seine Anschuldigungen leid. "Schwul?", murmelt er. "Ja, Can. Tom und Marcel sind schwul und du Kranker musst dann fast auf mich einschlagen." Er sieht mich finster an. Die innere Streitschlichterin kommt aus mir. "Can, lass uns doch das Ganze ein für alle Mal bereden. Du hast Albträume und bist verängstigt. Du weißt nicht einmal, was genau passiert ist, Can." Ich nähere mich ihm vorsichtig. Zum Glück tritt er nicht zurück. "Komm rein", sage ich vorsichtig, woraufhin er durch die Tür tritt. Er folgt mir aber nicht weiter, sondern schaut auf die Unterwäsche, die er in der Hand hält. Seine Knöchel sehen gar nicht gut aus. Wow, die sehen richtig misshandelt aus.

"Ich kann nicht ohne Schuldgefühle einschlafen", knurrt er. Ohne den Alkohol intus hätte er das nie gesagt. "Ich habe die Weiber aus dem Club gefickt." Mein Herz zieht sich zusammen. Ich muss stark bleiben. Er darf nicht sehen, wie sehr es mich trifft. "Aber ich musste die ganze Zeit an dich denken!", brüllt er und schmeißt die Unterwäsche nach mir, die ich auffange. Sein Ton macht mich panisch. Mein Rücken wird kurz von einer kalten Welle empfangen. "Wieso musst du mich überall verfolgen, huh?" Ich gehe langsam nach hinten, da mir das Herz bis zum Hals schlägt. Meine Atmung hat sich beschleunigt und mein Instinkt sagt mir, dass ich aufpassen muss. "Ich kann nichts mit anderen Weibern machen, ohne von Schuldgefühlen geplagt zu werden. Ich kann kein Weib ficken, wegen dir!" Das ist doch gut? Er soll das nicht tun, auch wenn er es schon getan hat. Er schaut auf die Unterwäsche in meiner Hand und mustert dann meinen Körper. Mir ist heiß und kalt zu gleich, eine Gänsehaut ummantelt mich und mein Rücken beginnt zu prickeln. "Gib mir das, was ich nicht bekomme!" Was? Ich werde von Can an die Wand gedrückt. "Can, hör auf!", schreie ich und versuche ihn von mir zu entfernen. Panik steigt hoch. Can will mit mir schlafen. Ich versuche hektisch gegen ihn anzukommen, doch er ist viel stärker als ich. Mein Herz rast wie wild. "CAN!" Er reißt mir mein T-Shirt auf, weswegen ich schon zu weinen beginne. Lieber Gott, ich flehe dich an, bitte lass das Ganze ein Ende haben. "Hör auf, bitte!", weine ich und trete dann mit meinen Knie zwischen seine Beine. Er krümmt sich und geht humpelnd zurück.

Cihan stürmt in die Wohnung und haut Can eine rein, der dann zu Boden fällt. Beschämt und voller Angst halte ich mir die Hände vor die Brust und fange stärker an zu weinen. "Du kleiner, ehrenloser Hund!" Ich sehe zu, wie Cihan Can aus der Wohnung schmeißt und die Tür schließt. Can muss wohl so viel getrunken haben, dass er sich nicht ganz wehren konnte. "Shana, was hat er dir angetan?", fragt Cihan hektisch und schaut mich nervös an. Ich weine noch stärker, weil Can gerade etwas gegen meinen Willen machen wollte. Gott, wieso müssen mich die ganzen Schicksalsschläge treffen? Wieso muss Can immer betrunken sein und dann Gewalt an mir ausüben? Wieso muss ich so lange leiden? "Hol mir bitte eine Decke", flüstere ich und schließe gequält die Augen. Wäre Cihan nicht gekommen, wäre es wahrscheinlich die Hölle. Hätte Can wirklich weitergemacht? Wäre er immer noch so, wenn er betrunken wäre? Soll ich das Ramazan erzählen? Cihan legt mir die Decke über und hilft mir hoch. "Shana, das kann so nicht weitergehen", seufzt er. Langsam lege ich die Unterwäsche zurück und setze mich zu Cihan ins Wohnzimmer. "Was soll ich denn machen?", kommt es brüchig von mir. Can war derjenige, der mir niemals ein Haar krümmen wollte. Jetzt wird er gewalttätig und will bestimmt zuschlagen. Vielleicht hätte er doch aufgehört, wenn ich gesagt hätte, dass er mir Angst macht. Vielleicht ist Can tief im Inneren immer noch der gute alte Can, der mich immer beschützen wollte. Er tut es jetzt ja auch.

"Shana, was wollte er tun?" Ich schüttele den Kopf und schlinge die Decke fester um mich. Das T-Shirt muss in den Müll. Vielleicht verbrenne ich es auch, damit ich irgendwie etwas Ballast dadurch loswerde. Die Erinnerungen werde ich jedoch niemals los. Wie kann ich diesen Mann nach all diesen unverzeihlichen Fehlern noch lieben? Wie kann ich immer noch Sehnsucht zu ihm fühlen? Wieso muss Liebe so fesselnd sein? "Shana, hat er dich angefasst?", will Cihan erzürnt wissen. Wie paradox: Cihan und Can haben jetzt irgendwie die Rollen getauscht. In der Oberstufe hat Cihan solch ekelerregenden Aktionen abgezogen und jetzt tut Can es - und dass viel schlimmer. "Nein", flüstere ich. Er wollte es und das nur, weil er verzweifelte Sehnsucht zu mir hatte und Schuldgefühle. Nur ein Teil von mir ist sauer auf ihn, der andere Teil kann nicht sauer sein, so sehr ich es auch möchte. Ich kann diesen Mann nicht loslassen, egal wie scharf die Messer sind, die er gegen mich verwendet. "Wieso liegen hier ein Messer und ein Skalpell?", will er seufzend wissen. "Zur Verteidigung." Einsetzen konnte ich sie gerade nicht und auch wenn: ich hätte Can nichts antun können. Wieso muss ich mich so erniedrigen lassen? "Wann kommt Elif?", frage ich. "Sie meinte, dass sie in einer Stunde ankommen wird. Dann holen wir kurz unsere Sachen und bleiben hier. Wie lang möchtest du, dass wir bleiben?" Ich zucke mit meinen Schultern. "Bis die Sache mit diesem Jungen geklärt ist", murmele ich und wechsele im Zimmer das T-Shirt.

"Wisst ihr jetzt, wer der Bastard war?" Ich nicke. "Soufian." Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen. "Weißt du welcher?" Ich verneine es. "Auf jeden Fall kennt Can ihn. Hört sich marokkanisch an." Cihan nickt und fährt sich seufzend über sein Gesicht. "Du weißt, dass du jederzeit zu mir kommen kannst und auch in der Wohnung übernachten kannst, Shana?" Ich nicke und spüre, wie mir die Tränen aufkommen. "Tut dir Can irgendetwas an? Gegen deinen Willen?" Ich zucke mit meinen Schultern. Can hat ja nicht zugeschlagen, er hat mich nur etwas herumgeschleudert. Und das von gerade... ich habe es ja mit dem Tritt beendet. Erst jetzt spüre ich, dass ich zittere. Meine Knie und meine Finger hören nicht auf, sich zu bewegen. "Er hat irgendetwas. Das ist nicht typisch für Can. Er muss eine Krankheit haben, anders kann ich es mir nicht erklären", erzähle ich brüchig und wische mir über meine Augen. "Wieso habe ich jetzt so viel Pech?", frage ich und schaue hoffnungslos zu Cihan. "Wieso wird mir so etwas angetan? Wieso tut es innerlich so sehr weh, Cihan?" Ach, was soll er mir da schon antworten? "Ich weiß, wie es ist, wenn das Herz sich krampfhaft zusammenzieht. Aber nicht sowie bei den anderen, wenn sie Liebeskummer haben, sondern wie bei einem Herzinfarkt", flüstere ich am Ende zitternd. "Du kennst diesen vernichtenden Schmerz in der Brust, nicht wahr?" Er sieht mich etwas schockiert an. "Was ist passiert, Shana?" "Wie viel Angst hattest du vor dem Tod, Cihan?"

Sein Handy klingelt, es ist Elif. "Ich hole sie kurz ab. Willst du mit? Es wäre besser." Ich weiß nicht so recht. Ich würde mich fehl am Platz fühlen, wenn ich die beiden vollkommen verliebt sehen würde. "Ich bleibe lieber. Ich muss sowieso Ramazan anrufen." Widerwillig erhebt Cihan sich und holt Elif ab. Sofort rufe ich Ramazan an und nehme das T-Shirt, woraufhin ich ins Bad laufe und nach einem Feuerzeug suche.

"Was ist passiert? Geht es dir gut?" Ich schließe meine Augen und tue das T-Shirt in die Wanne. Mit ein bisschen Nagellackentferner beträufele ich es und seufze dann.

"Can war hier", flüstere ich.

"Und dann?"

"Ist er bei euch?", will ich leise wissen.

"Ja." Es könnte gleich eskalieren. Mein Handy stelle ich auf laut und zünde ein Streichholz an.

"Er wollte sich an mir vergehen." Das Streichholz lasse ich fallen und höre Ramazan im selben Moment aufschreien, als die Flamme das T-Shirt berührt.

"WAS HAT-," Ich höre wie er aufsteht. Ich höre Geschrei, während ich mir die Flammen anschaue.

Es fallen einige Beleidigungen, wie: krank, gestört oder abartig. Was Can dazu sagt, höre ich nicht. "Willst du mich verarschen? Wie du erinnerst dich an nichts?" Was? Can erinnert sich nicht. Ich schaue auf mein Handy und bemerke, dass ich wieder geweint habe, als dann eine Träne meine Wange kitzelt. Ich höre von Ramazans Seite wieder laute Vorwürfe und etwas gegen irgendeinen Gegenstand prallen. Malik kommt dazu, es wird wild herumgeredet, während ich wieder auf die Flamme gucke. Langsam dreht sich alles, weswegen ich die Flamme mit dem Duschkopf lösche. Ich will wieder der Auseinandersetzung zuhören, als jemand an Ramazans Handy geht und auflegt. Was jetzt wohl passiert? Wird Gewalt mitspielen? Can erinnert sich nicht mehr daran? Also war es unbewusst? Kann es sein, dass Can an Schizophrenie leidet? Nein... oder doch? Aber seit wann verspürt man ein Stechen oder Ziehen im Hinterkopf bei dieser Krankheit? Das kann nicht sein, irgendetwas spielt in seinem Gehirn falsch. Frustriert seufze ich und lege mir die Hände vors Gesicht. Ich könnte wieder anfangen zu weinen, weil diese Situation ein emotionales Wrack ist. Ich weiß gerade nicht einmal, ob ich es Can als Fehler vermerken soll, weil er mich ausziehen wollte, wenn er von nichts mehr weiß und dazu noch betrunken war. Vielleicht stimmt etwas in seinem Hippocampus und mit seiner Amygdala nicht. Mein Gott, sind diese Ärzte dumm! Ich entsorge das T-Shirt, woraufhin es an der Tür klingelt. Vorsichtshalber schaue ich durch den Spion und sehe Elif und Cihan dastehen.

Verlegen lasse ich sie rein und hoffe, dass meine Augen nicht gerötet sind. "Hast du irgendetwas angezündet?", fragt Cihan mich mit zusammengezogenen Augenbrauen, was ich bestätige. "Wenn ihr wollt, könnt ihr die Betten zusammenschieben", nuschele ich. Ich weiß nicht, was ich jetzt tun soll. Ich fühle mich so fremd bei Paaren. Jetzt kommt meine introvertierte Seite wieder zum Vorschein, herrlich! "Pizza?" Beide nicken. "Warte, ich bestelle", sagt Cihan und ruft an. Nachdem bestellt wurde, sitze ich etwas steif bei den beiden und schaue auf den kleinen Tisch. "Shana, wieso verspannst du dich so?", fragt Cihan, was ich mit einem Schulterzucken beantworte. "Kann ziemlich langweilig werden hier", murmele ich. Ich fühle mich total unwohl. Ich kann nicht bei Paaren sitzen, ohne mich zu verkrampfen und das nur, weil ich an Can denken muss. Ich will ihn zurück. "Wie läuft es bei euch so?", erkundige ich mich und rutsche etwas auf dem Platz herum. "Ganz gut. Das Studium habe ich endlich hinter mir und Arbeite jetzt in einer Firma", erzählt Elif mir. "Hab mich dazu entschieden den Bachelor zu machen. Nur noch dieses Jahr und dann bin ich fertig." Also ich habe da noch ein paar Jährchen vor mir. Hoffentlich komme ich in diesen Jährchen mit Can wieder zusammen. Die Pizza kommt an, woraufhin eine Diskussion entsteht, die ich gewinne. Gerade als ich mir ein Stück nehmen will, fällt mir meine Unverträglichkeit ein. Ich nehme also schnell eine Tablette ein und schreibe Can dann an. Das habe ich lange nicht mehr getan.

'Habe meine Medikamente genommen.' Es wundert mich immer noch, dass er mich nicht geblockt hat. Was schade ist, ist, dass Can die Nachrichten nie liest.

"Wann wollt ihr... heiraten?" Dieses Wort gehört zu einen der dunkelsten Wörter in meinem Wortschatz zurzeit. "Cihan soll das Semester beenden und dann sehen wir weiter. Vielleicht nächstes Jahr im Mai, das hört sich doch schön an." "Ja, das tut es", flüstere ich. Ich muss Shelly gießen. "Hast du auch vor zu heiraten?" "Elif", sagt Cihan gedämpft. Mein Herz zieht sich zusammen. So gerne, Elif. "Sie kann es ja nicht wissen", flüstere ich verständnisvoll. Ihre Augen weiten sich. "Tut mir leid. Das wollte ich nicht", murmelt sie peinlich berührt. "Nicht schlimm." Ich nage an meinem Pizzastück und seufze. Ich muss ja auch alles mit Can assoziieren. Die Pizza verbinde ich mit langen Gesprächen, zwei Menschen mit dem unterschiedlichen Geschlecht verbinde ich mit Can und mir. Ich bin sogar so verzweifelt, dass ich die Luft mit uns verbinde, weil ich leichte Atemnot hatte, als Can mich das erste Mal ins Restaurant seines Vaters gebracht hat. Ich bekomme einen wohligen Schauer. Nachdem wir zu Ende gegessen haben und ich so kompetent war, was das Praktizieren von Konversationen anbelangt, liegt jeder um 00:47 Uhr im Bett. Cihan und Elif wollten zwar nicht, dass die Betten zusammengeschoben werden, aber es ist doch schöner für beide. Shelly habe ich auch gegossen und besprüht, sodass sie bald wieder besser aussieht. Ich nehme mir mein Handy zur Hand und gehe die Bilder von Can und mir durch. Mein Geburtstag, wie schön wir da aussahen. Als ich uns Masken aufgetragen habe und das passende Video dazu, welches ich nach fünfzehn Sekunden wegschalte, weil mir Tränen aufkommen. Ich fange wieder an zu beten und wünsche mir wie jedes Mal, dass es bald vorbei ist und dass wir endlich wieder zusammenkommen. Das wäre wunderbar. Can und ich als Paar, neckend, lachend und liebkosend.

Was muss ich opfern, um all das wieder zurückzubekommen?

_____________________________________

Was haltet ihr von Cans Aktion?

Ich versuche einfach an Kommentare zu gelangen, weil ich keine Hobbys habe und mich eure Gedanken interessieren.

- Dr. Dom Helan Salih

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top