Kapitel 7


Kapitel 7

„Du bringst mir nichts, wenn du dich nur in einem Zimmer aufhalten kannst", sagte er nüchtern. „Sklaven haben zu arbeiten."

War ja klar gewesen ... Saori presste ihre Lippen zusammen, um nicht wieder zu schluchzen. Sie bewegte leicht ihren Kopf, um das ungewohnte Gefühl an ihrem Hals loszuwerden. Noch nie hatte sie ein Halsband getragen, das so eng anlag, dass sie nicht einmal einen Finger dazwischenschieben konnte.

Allerdings war das Material auch sehr angenehm und nicht so kratzig, wie der Metallring. „Und jetzt ruh dich aus. Da du die Suppe nicht gegessen hast, musst du Hunger haben. Was isst du?"

„Nichts ...", antwortete das Mädchen leise und legte sich wieder in das Bett. Dabei drehte sich Saori mit dem Rücken zu ihm, damit er den Wink verstand, dass sie weder Essen noch seine Gesellschaft wollte. Ihre kleinen Flügel lagen eng an den Rücken gepresst, sodass das Liegen bequemer war. Erneut zog sie ihre Beine an sich und umschlang diese mit den Armen.

Aaron seufzte. „Ich lasse dir Grießbrei bringen", entschied er einfach. Er hätte nicht erwartet, dass sie ihm solchen Ärger machen würde, doch er brachte es nicht übers Herz, sie hinab in die Kerker zu bringen.

„Ich esse solche Dinge nicht", murrte das Mädchen, ohne sich ihm zuzuwenden.

„Dann sag mir, was du isst", seufzte der Engel und fragte sich, wie er sie wohl ein wenig kooperativer stimmen konnte.

„Fleisch und Gemüse. Aber ich bin nicht hungrig", ertönten die leisen Worte aus ihrem Mund. Warum legte er überhaupt Wert darauf, das zu erfahren? Ein Sklave bekam das, was alle bekamen. Es wurden keine Ausnahmen gemacht. Seine Handlungsweise war für sie verwirrend.

Dass es eher Eigennutz war, weil er ihre negativen Gefühle nicht mochte und sie ihm nicht schmeckten, konnte sie nicht ahnen.

„Gekocht oder roh?"

„Beides", antwortete Saori und schloss ihre Augen. Es war egal, was er bringen würde. Sie verspürte keinen Hunger. Wenn sie nicht aß, würde sie auch nicht lange durchhalten können. Zwingen würde er sie vielleicht dazu, aber es gab noch andere Wege, nichts zu sich zu nehmen. Das behielt sie aber für sich.

„Gut", murmelte Aaron und gab Tabitha die Anweisung besagtes Essen zu holen. Dabei wies er sie sogar an, sowohl ein rohes Stück Fleisch als auch ein gekochtes mitzubringen. Dasselbe beim Gemüse.

„Ich will nichts essen", beharrte Saori trotzig. Verstand er eigentlich, was sie sagte? Sie wollte doch nur allein sein.

Tabitha reagierte auf die Anweisung und sagte, dass sie es in ungefähr fünfzehn Minuten bringen würde. Jedoch gab es Probleme bei einem Termin, denn der Mann ließ sich nicht davon abbringen, diesen wahrzunehmen.

„Tabitha wird es dir trotzdem bringen und du wirst es versuchen", wies Aaron sie an und verließ dann den Raum, nur um kurz darauf noch einmal ins Zimmer zu kommen. „Solltest du Tabitha weh tun, kannst du dich darauf verlassen, dass ich nicht mehr so freundlich zu dir sein werde."

Ein kurzes Zusammenzucken war die Reaktion von ihr. Sollte er doch machen, was er wollte. Sie war froh, endlich allein zu sein und Saori begann, ihre schmerzenden Glieder ein wenig zu strecken. Leicht neugierig ließ sie ihren Blick durch das kleine Zimmer gleiten. Es war spärlich eingerichtet, doch wohl besser als in den Kerkern. Die eine Tür führte zum Bad, aus dem Aaron das Wasser geholt hatte.

Er hatte gesagt, dass das Wasser nicht kalt war. Wenn sie ihre Flügel einsetzen konnte, würde sie es einfach kälter machen. Aber das ging nicht, da ihre Kräfte irgendwie unterdrückt wurden.

Saori setzte sich in dem Bett auf, während sie sich umsah. Der Raum besaß keine Fenster, also musste sie in einem Keller, nicht unweit von den Kerkern sein. Die Dunkelheit wurde von einem Licht an der Decke, die von einem magischen Stein ausging, gemildert. Das war auch gut so, denn in der vollkommenen Dunkelheit bekam sie oft Angst, denn sie wirkte bedrückend auf Saori.

Sie hörte, wie die Tür geöffnet wurde und schnell legte sie sich erneut hin, um so zu tun, als würde sie schlafen. Tabitha kam herein und stellte ihr das Tablett mit dem Essen auf dem Tisch ab. Dabei hatte sie das Mädchen die gesamte Zeit im Blick. Rückwärts ging sie aus dem Raum heraus, da sie sich den Dämonen niemals mit dem Rücken zuwendete. Doch Saori blieb liegen und rührte sich nicht. Erst als sie hörte, dass die Tür sich geschlossen hatte, stieß sie die Luft, die sie bis dahin angehalten hatte, wieder aus.

Ihr lag nichts daran, andere zu verletzen. Weder hier noch zu Hause. Verstehen würde sie allerdings niemand, weil sie ein untypischer Dämon war. Obwohl der Raum sich mit dem Geruch von Essen füllte, blieb sie liegen und ihr Glöckchen, welches noch ein wenig geläutet hatte, legte sich auf ihrer Hüfte ab, als sie erschöpft einschlief. Die Kühle in dem Raum tat ihr um einiges besser als die Hitze, sodass es ihr einfacher fiel, sich ein kleines bisschen zu entspannen.

Sie spürte auch die Magie, die von dem Stein an ihrem Hals ausging, der ihre Körpertemperatur regeln sollte. Zumindest laut dem, was der Engel gesagt hatte. Ob das wirklich so war, konnte sie noch nicht genau sagen und wusste auch nicht, ob sie es demnächst herausfinden würde.

Vermutlich hatte das Halsband noch eine bittere Nebenwirkung, die er ihr verschwiegen hatte. Ob sie es herausfinden wollte, war fraglich. Dennoch war sie sich sicher, diese bald zu spüren bekommen. Was wohl die Ohrringe getan hätten?

Sie waren hübsch, aber auch unauffällig gewesen. Dennoch wollte Saori diese nicht. Immerhin hatte sie keine Löcher in den Ohren und die Vorstellung, dass er ihr welche machen würde, ließ sie erschaudern.

Vermutlich war er dabei nicht wirklich sanft. Eigentlich hätte sie schon welche haben sollen, doch sie hatte sich immer geweigert. Ihre Mutter und sogar ihre Brüder trugen Ohrringe.

Saori stand am Rand der Insel, wo Aaron sie gefunden hatte. Es war Nacht und die angenehme Kühle des Meeres umspielte ihren zierlichen Körper. Sie hatte die Arme ausgebreitet und ließ den Dunst, der wie so oft in der Nacht auftauchte, auf ihre Haut gleiten. Dabei atmete das Mädchen tief ein und fühlte sich befreit. Befreit aus der Enge ihres Zuhauses. Die Wiese gab einen würzigen Duft von sich, genau wie die spärlichen Blumen, die hier wuchsen. Eine leise Melodie ertönte von ihrer Glocke, die sich in dem sanften Wind wiegte. Sie fühlte sich das erste Mal richtig glücklich und es war, als konnte sie nach dem Mond, der weit entfernt von ihnen lag, greifen. Ihre Hand streckte sie in den Himmel, um die helle Kugel symbolisch in die Hand zu nehmen. Doch als ihre Hand sich wieder öffnete, kam ein schwarzer Fleck immer näher auf sie zu. In einem rasanten Tempo vergrößerte sich dieser Fleck und sie hörte die Schreie in den Kerkern, aber auch eine Stimme, die ihren Namen immer wieder rief. Saori hielt sich die Ohren zu, damit die Stimmen endlich aufhörten. Dafür blitzten die Bilder der grausigen Taten vor ihren Augen auf. „Nein ... nein ... hört doch auf", wimmerte sie flehend. Sie spürte einen Wind, der von oben zu ihr hinabwehte und sah auf. Die Dunkelheit des schwarzen Fleckes umhüllte sie wie eine Decke, aus der sie sich nicht befreien konnte. Schreie von den Gefangenen wurden lauter und die Übelkeit setzte erneut ein, während sie verzweifelt versuchte, die Stimmen zu unterdrücken. Dafür wurde aber die Stimme lauter, die ständig ihren Namen sagte. Zuerst sanft, dann eindringlicher, bis hin zu einem befehlsartigen Ton.

Aaron hielt sie fest und streichelte sie beruhigend, während er immer wieder den Namen der jungen Frau sagte, die sich vor Angst und Panik in seinen Armen wand.

Ihre Gefühle taten ihn fast weh und wenn sie nicht bald erwachte, würde er gehen müssen, bevor ihm schlecht wurde. Doch noch wollte er versuchen sie aufzuwecken, damit sie sich beruhigen konnte. Heute stand immerhin eine Menge auf dem Plan.

Mit einem Ruck setzte sich das Mädchen auf und keuchte. Die Dunkelheit hatte sie beinahe erdrückt und schweißgebadet war sie aufgewacht. Die Stimmen hallten noch immer in ihrem Kopf, die sie wahnsinnig machten.

Als sie jedoch spürte, dass jemand sie berührte, stieß sie mit voller Kraft die Person von sich weg. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals. Sie hasste solche Albträume, wenn man aufwachte, nur um gleich in dem nächsten gefangen zu sein.

Aaron ließ von ihr ab, auch wenn ihr Angriff nicht der Grund dafür war. „Gut, dass du jetzt wach bist", sagte er und hielt ihr ein großes Glas kaltes Wasser entgegen.

Noch immer halb gefangen in ihrem Traum schlug sie erneut nach ihm, wobei sie das Wasserglas traf, welches dadurch verschüttet wurde. Saori hatte ihre Beine an sich gezogen und ihren Kopf so weit wie möglich nach unten gesenkt, um sich von den Stimmen und Erinnerungen zu schützen. Die Freundlichkeit, die Aaron ihr in dem Moment entgegenbrachte, nahm sie nicht wahr. Zu sehr konnte sie Traum und Realität nicht unterscheiden.

Aaron hob eine Augenbraue, ging ins Bad, um das Glas aufzufüllen und sorgte dafür, dass es schön kalt wurde. Danach trat er wieder in ihr Zimmer und überschüttete sie mit eiskaltem Wasser.

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