Kapitel 5

Kapitel 5

Aaron ergriff sie am Arm und zog sie nach oben. Dabei bemerkte er ihr Gewicht. „Stell dich hin", wies er sie an und hielt sie unbarmherzig fest.

Saori versuchte sich von seinem Griff zu befreien, wobei sie sich sogar an die Wand presste. Sie wollte nirgendwo anders hin, wo es noch wärmer war als hier. „Lasst mich los", keuchte sie erschrocken auf.

„Hör auf zu zicken", seufzte Aaron. „Oder soll ich nachhelfen?", fragte er und hielt sie weiterhin eisern fest.

Noch ein bisschen wehrte sie sich, doch als er sie nicht losließ, ließ ihr Widerstand nach. Sein Griff war sehr fest, sodass es ihr weh tat.

Als sie jedoch aufhörte sich zur Wehr zu setzen, wurde sein Griff fast schon sanft. Dennoch schob er sie bestimmt aus dem Raum und in einen Gang, der hohe Fenster hatte. Sie waren teilweise mit Buntglas besetzt, welches wunderschöne Mosaike bildete. Dennoch konnte man nach draußen blicken und dort eine Kuppel erkennen, unter der sich ein großer Garten befand. Außerdem bemerkte Saori, dass sie sehr hoch waren.

Die Hitze war hier sogar noch unerträglicher als in dem kleinen Raum. Deshalb drehte sie sich auf dem Absatz um und wollte zurück in das Zimmer rennen. Sie wusste, hier konnte sie nicht überleben, vor allem, nachdem die Sonne hineinschien und den Flur eventuell noch mehr aufheizte.

Aaron ließ es jedoch nicht zu. Er zog sie unbarmherzig weiter den Flur entlang, sodass sie fast schon über die feinen Teppiche stolperte, die auf den Boden ausgelegt waren.

Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich zu fügen, wobei sie ihren Widerstand nicht ganz aufgab. Der Atem der jungen Frau ging hektisch, da die Hitze drohte, sie zu ersticken. Immer wieder versuchte sie, Aarons Hand von sich zu schütteln und umzukehren.

Auch wenn sie nicht wusste, wohin sie überhaupt musste, um zu fliehen.

„Jetzt hör schon auf dich zu wehren, sonst wird dir noch wärmer", seufzte er frustriert und führte sie eine Treppe nach unten und dann einen weiteren Flur entlang. Hier konnte sie durch die Fenster sehen, dass sie draußen nur Sand erwartete.

Schon jetzt lief ihr das Wasser aus allen Poren und sie spürte, wie die Kraft sie verließ. Ihre Kehle war trocken vor Angst und nervös befeuchtete sie sich ihre Lippen. Sie war unglaublich durstig, nachdem sie so viel geschwitzt hatte. Wohin führte er sie? Es wäre ihr Ende, wenn sie nach draußen gehen würde.

Jedoch führte er sie tiefer und sie spürte, wie es kühler wurde. Nicht so viel, aber mit jeder Treppe mehr. Allerdings wurde es auch dunkler. „Vorläufig wirst du mir hier zumindest nicht mehr an Hitzeschlag sterben", meinte er und öffnete eine Tür.

Das Zimmer war spärlich eingerichtet, doch es gab ein Bett und einen kleinen Tisch mit Stuhl, sowie einen Kleiderschrank. Außerdem eine Tür, die wahrscheinlich in ein Bad führte. „Setz dich", wies er sie an und drückte sie auf einen Stuhl, dann erst schloss er die Tür. Ein magisches Schloss würde dafür sorgen, dass sie nicht ausbrechen konnte.

„Warum tut Ihr das nur?", fragte sie ängstlich. Warum würde er das für sie tun? Sie war ein Dämon, deren Familie seine ausgelöscht hatte. Nur ungern setzte sie sich hin und rutschte aufgeregt hin und her. Sie verstand den Engel nicht und konnte nicht mit ihm umgehen. Die Kühle fühlte sich auf jeden Fall besser an. Doch vielleicht war das nur ein Spiel für ihn, um sie kurz darauf wieder zu foltern.

Es war ihr unangenehm, zu sitzen, weshalb sie wieder aufstand. Wieder war sie mit ihm allein, was ein unangenehmes Gefühl in ihr verursachte.

„Setzen", befahl er erneut und holte aus dem Bad ein Glas Wasser. Er hielt es in der Hand und blickte sie abwartend an. „Setzen", wiederholte er noch einmal.

Nur langsam folgte sie seinem Befehl und ließ sich auf den Stuhl gleiten. Durch ihre Nervosität allerdings verfehlte sie die Sitzfläche ein bisschen, sodass sie zur Seite kippte und auf dem Boden landete. Dabei fiel sie ungünstig auf ihre Hände, die noch immer schmerzten.

Aaron seufzte, stellte das Wasser auf den Tisch und zog Saori nach oben. „Setzen. Nicht fallen", erklärte er und verfrachtete sie auf das Bett, bevor er das Glas nahm und es mit einem Eisatem anhauchte. Dieses wurde so kalt, dass es fast gefror. Dann hielt er es ihr an die Lippen.

Zuerst wollte sie verweigern, doch ihr Körper schrie danach. Deshalb trank sie gierig das kalte Wasser, welches ihren ausgetrockneten Hals Erlösung gab. Saoris konnte nicht genug davon bekommen. Ein leises Danke kam über ihre Lippen, als sie ihren Kopf zurückzog.

„Es geht ja doch", sagte Aaron überrascht und holte ihr ein weiteres Glas, um es ihr an die Lippen zu halten.

Auch dieses trank sie gierig leer. Wie lange sie wohl schon nicht mehr getrunken hatte? Die kühle Flüssigkeit ließ sie wiedererwachen und die unerträgliche Hitze, die sie gespürt hatte, verschwand langsam aus ihrem Körper.

„So ist es gut. Noch eines?", fragte er und klang fast schon belustigt.

Zögernd schüttelte sie den Kopf und senkte den Blick. Sie würde mehr brauchen, doch sie wollte ihn nicht noch länger in der Nähe haben. Während sie getrunken hatte, war sein eisblauen Blick auf ihr gelegen. Dieser hatte sie unbehaglich fühlen lassen.

„Das Wasser im Bad ist nicht kalt", sagte er und stellte das Glas auf den Tisch, bevor er ihr ein Zeichen gab, dass sie sich erheben sollte.

Da sie mit solchen Zeichen nicht vertraut war, reagierte sie auch nicht. Hinter ihrem Rücken versuchte sie, die Fesseln abzubekommen, doch es ging nicht, weil ihre Finger diese nicht einmal berühren konnte.

Saoris Blick war auf den Boden gerichtet und hoffte, dass er einfach verschwand.

„Aufstehen", sagte er seufzend, weil sie nicht reagierte.

Ungeschickt richtete sich das Mädchen mit dem silbernen Haar auf, sodass sie stand.

Aaron nickte und musterte sie von oben bis unten. „Rumdrehen", forderte er weiter.

Erneute Angst kroch in ihr nach oben. Warum sollte sie sich umdrehen? Sie wollte nicht mit dem Rücken zu diesem Engel stehen. Vielleicht würde er sie auch einfach ermorden und wollte ihr ersparen, den Moment kommen zu sehen.

Zitternd und in Zeitlupe drehte sich Saori um, auch wenn sie nicht wollte.

Erneut wanderten Aarons Augen über ihren Rücken, bevor er seine Hand auf ihre Handgelenke legte und so die Verankerung der Ringe an ihrem Rücken löste. „Du darfst dich hier frei bewegen", erklärte er ihr.

Die Freiheit an den Armen veranlasste sie dazu, diese unwohl zu reiben. Noch nie zuvor war sie gefesselt gewesen, sodass sie ein paar Spuren davon trug.

Saori hatte ihre Hände nach vorne zu sich gezogen, weil sie Angst hatte, er würde sie gleich wieder fesseln. Dabei traute sie sich nicht, sich zu bewegen und umzudrehen.

„Die Ringe bleiben dran, bis ich mir ganz sicher bin, dass du keine Gefahr für meine anderen Angestellten bist", sagte der Engel entschieden und man hörte ein leises Rascheln, als er seine Flügel richtete. Dabei lag sein Blick auf ihren Flügelchen, die ein wenig in Mitleidenschaft gezogen worden waren. „Wenn du brav bist, darfst du dich bald im Schloss frei bewegen", meinte er, auch wenn er noch nicht genau wusste, was er gegen ihre Empfindlichkeit der Hitze gegenüber tun sollte.

Sie hatte gar nicht erst vor, das Haus zu erkunden. Hatte er etwa wirklich Schloss gesagt? Eigentlich wunderte es sie nicht, denn seine Familie musste wohl reich gewesen sein. Sonst hätte ihre Familie diese nicht getötet.

Wir beschmutzen unsere Hände nicht mit armen Engelsblut", hatten sie einmal gesagt. Damit hatten sie gemeint, dass sie keine Engel aus den unteren Schichten töteten, da diese es nicht wert seien.

Noch immer drehte sie sich nicht um, doch sie hatte das Bedürfnis, zu fliehen oder sich irgendwo einzusperren. „Warum tut Ihr das?", wiederholte sie ihre Frage leise.

„Du bist nicht diejenige, die meine Eltern getötet hat. Daher hast du den Tod nicht verdient. Aber ich kann dich auch nicht frei lassen, damit du vielleicht doch noch jemanden tötest", erklärte Aaron, als wäre es etwas völlig Normales. Was es bei den Engeln auch war.

„Ich ...", begann sie, doch sie vollendete den Satz nicht. Stattdessen rieb sie sich die Arme und versuchte, das ungute Gefühl loszuwerden.

Sie verstand nicht, warum er sie verschonte. Er müsste sie umbringen, um sich zu rächen!

Seine Finger fuhren durch ihre Haare. „Mir ist es wichtig, dass deine Eltern leiden und das werden sie, wenn sie denken, dass du tot bist."

Sie erschauerte bei seiner Berührung und trat zwei Schritte zur Seite, da sie nach vorne nicht ausweichen konnte, nur um sich ihm zu entziehen. Fast schon zärtlich hatte er das getan. Ihre Eltern würden nicht so reagieren, wie er es sich wohl erhoffte, doch das sprach sie nicht aus.

Solange er es glaubte, schien es, als würde er sie leben lassen. Ob das jedoch gut war, konnte sie nicht sagen. Was würde er mit ihr tun? Dämonen und Engel lebten sehr lange.

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