Kapitel 60

Kapitel 60

"Du bist die Frau an meiner Seite", sagte er sanft. "Indem sie dich so ansprechen, zollen sie mir ihren Respekt", versuchte er zu erklären. "Es wäre, als würden sie mich beleidigen, wenn sie dir nicht genug Respekt gegenüberbringen."

„Es passt aber nicht zu mir ...", gestand sie leise. Und es hörte dich an, als sei sie eine alte Frau.

"Sei ihnen deshalb nicht böse", bat Aaron. "Ich bin mir sicher, dass sie dich nicht mehr so ansprechen, wenn du allein bist. Zumindest dann nicht, wenn du sie darum bittest."

„Bis jetzt hat Caius mich immer so angesprochen. Auch wenn ich allein war", murmelte Saori. Mit einem kräftigen Sprung begab sie sich in die Höhe, wobei sie nicht annähernd an Aarons Sprungkraft herankam.

So brauchte sie viel mehr Kraft in den Flügeln, um hochzusteigen. Ihre Muskeln brannten und sie spürte das Ziehen am Rücken, doch sie kämpfte sich hinauf in die Luft. Aaron folgte ihr.

Wann würde das Brennen je aufhören? „Könnt Ihr bitte die Schachtel nehmen?", bat sie den Engel. Diese machte es ihr noch schwerer, richtig zu fliegen. Von der Insel her hörte sie die Katzen maunzten, die mitkommen wollten. „Ich bin am Abend wieder zurück, versprochen!", rief sie ihnen zu. Je höher sie flog, desto weniger konnte sie die Katzen sehen. Auch das Maunzen war verstummt und nur noch die Flügelschläge von Aaron und ihr waren zu vernehmen.

Der Engel hielt die Schachtel fest und war bereit sie fallen zu lassen, wenn Saori Probleme hatte.

Dadurch, dass sie die Schachtel nicht mehr halten musste, hatte sie keine Probleme mehr und sie konnten in Ruhe den Weg fortsetzen. Er konnte spüren, wie ihr der Wind und die Freiheit gefiel, die ihre Haare durcheinander brachten. Diese würde sie wieder richten müssen, sobald sie ankamen, aber das war in Ordnung.

„Ich bitte Euch Abisai zu sagen, dass er nicht noch mehr Gehege bauen soll. Es reicht, was jetzt dort ist", begann sie leicht keuchend zu sprechen.

"Das wurde bereits besprochen", meinte Aaron. "Wenn dort keine anderen Tiere reinkommen, dann haben die Häschen zumindest Platz für eine große Familie", erklärte er schmunzelnd.

„Gut. Ich möchte nämlich nicht noch mehr Tiere", erwiderte sie lächelnd. Dabei versuchte sie sich den Weg einzuprägen, weil sie das Gefühl hatte, es beim nächsten Mal wieder zu vergessen.

"Wirklich nicht?", fragte Aaron und flog etwas um sie herum, als hätte er zu viel Kraft. "Ich möchte aber Meerschweinchen haben", bemerkte er.

Schmunzelnd sah sie ihm dabei zu. Aaron wirkte wie ein Kind, welches zu viel Energie hatte und die loswerden wollte. „Dann ist es Eure Aufgabe, auf sie aufzupassen", stellte Saori klar.

Aaron schmunzelte erneut. "Sie können sich selbst beschäftigten, es reicht wenn man sie füttert und ab und an streichelt."

„Reicht das bei Euch auch?", fragte sie neckend. Da sie noch nicht so geübt war, konzentrierte sie sich darauf, ihre Flügel gleichmäßig zu bewegen, ohne irgendwelche Flugmanöver zu versuchen.

"Nein, ich brauche viel mehr Aufmerksamkeit", lachte er.

„Nein wirklich?", stellte Saori gespielt entsetzt fest. Wie kam er nur darauf. „Dann passen die Meerschweinchen auch nicht zu Euch."

"Vielleicht sollte ich mir einen großen Hund holen", schlug er lachend vor.

Kopfschüttelnd beobachtete sie den Engel, der noch immer wilde Kapriolen in der Luft vollführte. „Ihr habt schon so viel und trotzdem ist es nicht genug?", fragte sie erstaunt.

Aaron zuckte die Schultern. "Ich mag es Kleintiere zu haben. Als Kind hatte ich noch viel mehr."

„Ist ja Eure Entscheidung. Mir reichen die Katudjalls und die Hasen", stellte die Dämonin fest. Seine Hauptinsel kam bereits in Sicht, was sie seufzen ließ. Durch das Reden war die Zeit viel schneller vergangen, doch sie fühlte sich auch erschöpft.

"Schaffst du es bis hin?", fragte er, da es doch sehr anstrengend war.

Saori nickte ihm zu. Das würde sicherlich noch gehen, doch die Nervosität machte sich breit, Raffael und vielleicht auch Tabitha wiederzusehen.

"Hast du Angst?", fragte er sanft und machte sich offensichtlich Sorgen.

„Ja", kam die kleinlaute Antwort aus ihrem Mund. Vor dem Zorn der Frau. Aber such vor Raffael.

Von weitem hörte man Flügeschlagen, was die Ankunft von Abisai ankündigte. Also waren sie ungefähr gleich schnell gewesen. Wobei Aaron sicherlich ohne sie schneller gewesen wäre.

Der Engel setzte zum Landeanflug an, beobachtete aber Saori genau, damit diese sich nicht verletzte.

Weniger elegant kam sie zu Boden und stolperte ein paar Schritte. Jedoch fiel sie nicht hin. Manchmal funktionierte es sehr gut und manchmal, wenn sie nicht konzentriert genug war, fiel sie hin.

Saori wischte sich den Sand vom Kleid und sah, dass Abisai in der Kutsche gelandet war.

Aaron kam zu ihr und fuhr ihr mit dem Flügel über den Rücken. "Das hast du gut gemacht", lächelte er. "Möchtest du dich im Badezimmer waschen?"

Nickend und leicht lächelnd fragte sie ihn, ob er auf sie warten würde. Sie hatte Angst, allein hier herumzulaufen. Schlimme Erinnerungen begannen, für eine Übelkeit zu sorgen, die sie beinahe nicht unterdrücken konnte.

"Ja, ich werde mich auch noch einmal frisch machen", meinte er.

Saori hakte sich bei ihm ein, damit sie zusammen in seinen Palast gehen konnten. Das angenehme Lachen der Haremsfrauen war zu vernehmen, genau wie das Plätschern des Brunnens.

Auf dem Weg zum Badezimmer wurde Saoris schlimmster Albtraum wahr. Raffael und Tabitha kamen ihnen entgegen.

Der Engel beherrscht wie immer, Tabitha jedoch kleinlaut und nicht wirklich glücklich. Anscheinend war sie ständig unter seiner Aufsicht und wurde von ihm oder jemand anderen bewacht.

Sofort versteckte sich Saori hinter Aarons muskulösen Körper.

Dieser legte einen Flügel um sie, um sie zu schützen. Raffael nickte ihm zu und führte Tabitha sofort in eine andere Richtung, damit sie ihn nicht mehr sehen konnte. Sofort spürte der Engel ihren Unmut.

Wie eine üble Welle schlug ihr Unmut darüber zu. Aber Raffael hatte die Kontrolle über sie. Der Engel brachte sie in einen Raum, bevor er zurückkam und vor Aaron und Saori trat. „Meister Aaron, Mylady Saori. Schön, Euch zu sehen. Wenn Ihr heute ein bisschen Zeit habt, würde ich gerne mit Euch reden", begann er mit einer tiefen Verbeugung zu sprechen.

Saori knickste sehr tief, sobald er vor ihnen stand, wobei sie noch immer leicht hinter Aaron stand.

"Wir machen uns eben frisch und sind dann für eine Besprechung breit", informierte Aaron ihn und wollte Saori so noch etwas Zeit geben, um sich zu beruhigen.

„Natürlich. Ich bringe Tabitha in einen Nebenraum, solange wir das Gespräch führen. Sie möchte mit Euch sprechen", informierte er den Engel. Allerdings würde Raffael das erst nach seinem Gespräch zulassen.

"In Ordnung", nickte Aaron. Er hatte keine Lust mit Tabitha zu sprechen, aber es ging wohl nicht anders.

Raffael kehrte um, damit er Tabitha holen konnte, wartete jedoch, bis die beiden vorbei waren.

Erleichtert erreichte Saori das Badezimmer und spritzte sich Wassers ins Gesicht. Musste das unbedingt sein? Sie musste doch noch zu Mal und die Kleider abgeben!

Aaron tätschelte ihren Kopf. "Das mit Raffael wird nicht so lange dauern", versicherte er. "Dann darfst du den Palast unsicher machen, während ich mit Tabitha spreche."

„Ich möchte nur zu Mal und komme dann zurück. Abisai will ja noch mit Euch sprechen", erinnerte sie ihn daran und seufzte tief auf. Ihr war jetzt schon die Lust vergangen, hier zu sein.

"Du musst nicht dabei sein, wenn du nicht möchtest", sagte er sanft. "Taste dich heran und übertreibe es nicht gleich."

Doch Saori beharrte darauf. Schließlich hatte sie ihm versprochen, mitzukommen und bei ihm zu sein. Da gehörte das dazu.

Aaron nickte und küsste ihr Ohr. "Du bist zu lieb zu mir."

Lächelnd gab sie ihm einen Kuss auf die Wange und hielt ihm dann ihre Hand hin, um ihm zu symbolisieren, dass sie gehen konnten.

Aaron wusch sich kurz noch das Gesicht, bevor er ihre Hand nahm und sie sich auf den Weg machten. Er wollte Raffael auch nicht zu lange warten lassen.

Dieser wartete bereits in seinem Arbeitszimmer, den er von Tabitha kurzerhand übernommen hatte. Glücklich war sie mit den ganzen Entscheidungen gar nicht gewesen. Doch sie hatte diese akzeptieren müssen.

Gemeinsam mit Saori betrat Aaron das Zimmer und führte die Dämonin zu den Sesseln, die vor dem Schreibtisch standen. Es war besser, wenn sie sich dort besprachen.

Raffael war aufgestanden, als sie eingetreten waren und verbeugte sich erneut sehr tief. Er wartete, bis sie sich gesetzt hatten und faltete seine Hände vor sich zusammen. Er beobachtete Saori und auch Aaron. Beide waren nervös, wobei es sehr unterschiedlich war. Aaron eher wegen der Sache, die Dämonin wegen etwas anderem, was er nicht verstand. Außer wegen Tabitha natürlich.

„Es war Tabitha gewesen, die Eure Dokumente absichtlich gefälscht hat", brachte er ohne Umschweife hervor.

Das überraschte Aaron nun doch und man sah es ihm an. Er hatte es irgendwie vermutet, aber trotzdem nicht geglaubt. "Gibt es dafür einen Grund?", fragte er. Dass sie seinen Hof aufs Spiel gesetzt hatte, behagte ihn gar nicht. Er hatte ihr vertraut.

„Sie hatte gehofft, dass Ihr alles aufgeben müsst. Euch für das Wichtigste, was ihr behalten wollt, entscheiden müsst. In ihren Augen war das sie", begann Raffael zu erklären. Er hatte sehr lange, ernste Gespräche mit ihr geführt. Dabei hatte er herausgefunden, dass Aaron ihr erzählt hatte, sie stände ganz oben auf der Liste, wer als Erstes gehen würde. Das hatte der Schwarzhaarigen nicht behagt.

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