Kapitel 46
Kapitel 46
"Natürlich ... was denn sonst", schnaubte die Dämonin leicht. Allerdings hielt sie ihre Kleidung fest, damit er sie nicht auszog. Vermutlich würde sich das auch nie ändern. Dass er ihr half, in die neue hineinzukommen, konnte sie gerade noch akzeptieren.
Aaron drehte sie herum, so dass sie mit dem Rücken zu ihm stand, dann hielt er ihr das Kleid vor die Nase. "Ich sehe nichts", sagte er lächelnd und wartete.
Überrascht davon seufzte sie erneut und ließ es geschehen. Er würde wohl immer seinen Kopf in irgendeiner Weise durchsetzen. Vorsichtig stieg Saori in das Kleid und zog es nach oben.
Aaron konnte es nun an ihrem Rücken schließen.
Doch das war gar nicht so leicht. "Lege bitte deine Flügel an", bat er sie, da er den Stoff über ihre Flügel legen würde. So würde man denken, dass sie eine Engelsfrau war, die sich nicht zeigen wollte.
"Mhm", erwiderte Saori und gehorchte. Mittlerweile fiel es ihr leichter, das zu tun, doch nicht immer funktionierte es gut.
Aaron legte den Stoff so um, wie es sein sollte und schloss das Kleid. "Ich weiß, es ist für den ersten Moment etwas unangenehm", sagte entschuldigend und drehte sie dann zum Spiegel.
Damit hatte er auf jeden Fall recht. Saori fühlte sich eingeengt und hatte das Bedürfnis, ihre Flügel zu breiten. Es war selten, wenn sie ihre Flügel so eng anlegte. Meistens dann, wenn sie Angst hatte. Sonst waren sie teilweise geöffnet.
Ausgiebig musterte sie sich in dem dunkel violettem Kleid. Auch dieses bestand aus weichen Seidenstoff und betonte ihre Figur. Gleichzeitig kühlte es sie. Ihre Schultern und ihre Arme waren teilweise bis zum Ellenbogen verdeckt. Da das Kleid erst unter den Knien aufhörte und damit nicht so lang war, würde sie hoffentlich nicht darüber fallen.
Ihre Augen verengten sich und beinahe vorsichtig versuchte sie zu atmen. Hoffentlich platzte es nicht auf, denn genau dieses Gefühl hatte sie in diesem Moment.
"Du kannst ganz normal atmen", meinte Aaron und küsste ihren Nacken. "Der Stoff ist dehnbar, so dass du auch deine Flügel ein klein wenig öffnen und schließen kannst", erklärte er ihr und beobachtete sie im Spiegel.
"Würde ein Mantel es nicht einfacher machen?", fragte sie vorsichtig. Ihr gefiel der Stoff und das Kleid, doch irgendwie schien es ihr nicht so ganz zuzusagen, dass ihre Flügel eingeengt waren.
"So wird jeder denken, dass du ein Engel bist", erklärte er leise und küsste noch einmal ihren Nacken. "Mit einem Mantel würdest du auffallen."
Knirschend nickte sie. Gefallen musste es ihr nicht. Aber so war die Möglichkeit, erkannt zu werden, wohl um einiges geringer. Nur deshalb nickte sie murrend.
Sie und ein Engel ... allein dieser Gedanke war absurd.
Aaron streichelte sie, bevor er sich von ihr löste und mit dem Tuch zurückkehrte. Dieses lege er vorsichtig über ihre Nase, bevor er es um ihren Kopf wickelte. Dabei klingelten die Glöckchen vor sich hin.
Wenigstens würde dann ihre Glocke nicht so auffallen. Saori fand es gut durchdacht. Und es war gut, dass ihr Zeichen damit ebenfalls verdeckt wurde.
Man erkannte nur ihre Augen und sonst wirkte sie, wie jede andere Frau auch. "Was denkst du?", fragte er leise und streichelte ihre Arme.
Da selbst das Tuch kühlend wirkte, konnte sie nicht anders, als zu nicken. Eine Möglichkeit, dem Besuch auf dem Markt zu entkommen, gab es nicht mehr. Dazu kannte sie Aaron einfach zu gut.
"Nicht unbedingt das Bequemste ... aber es wird hoffentlich gehen", murmelte sie leise.
"Ich bin mir sicher, dass der Ort, an dem ich dich führe, dir sicherlich gefallen wird", meinte er und reichte ihr die Handschuhe.
Diese nahm sie dankbar entgegen und seufzte leise. "Manchmal seid Ihr unmöglich. Ich erinnere mich daran, dass Ihr etwas von ruhigen Tagen gesprochen habt", bemerkte Saori, während sie die weißen Seidenhandschuhe anzog.
"Danach", versicherte er und konnte nicht verhindern, dass er aufgeregt klang. Er war wirklich neugierig darauf, wie ihr das gefiel.
"Ihr hört Euch wie ein kleiner Junge an, der das erste Mal dorthin geht", neckte die Dämonin ihn und stupste ihn in die Seite. Sie war soweit fertig. Durch ihre Stiefel würde man so gut wie nichts von ihr erkennen können.
"Was sind das eigentlich für Muster auf der Rückenseite?", wollte sie wissen und versuchte sich so zu drehen, damit sie es selbst im Spiegel ansehen konnte.
"Sie sind lediglich modisch", meinte er und drückte sie kurz an sich, um ihre Nase zu küssen. Durch den Stoff hindurch. "Komm, wir gehen zu der Kutsche."
„Ihr habt aber auch an alles gedacht", stellte Saori mit hochgezogenen Augenbrauen fest. Das sah er allerdings nicht. Mit einem letzten Blick in den Spiegel folgte sie dem Engel hinaus. Hoffentlich reichte die Verkleidung aus, dass niemand sie erkannte.
Draußen wartete bereits die Kutsche, an denen einige Pferde gespannt waren. Gleichzeitig fragte sie sich, was er wohl dort wollte.
Aaron öffnete ihr die Tür und ließ sie einsteigen. Dabei wirkte er noch immer aufgeregt und erfreut darüber, dass er mit ihr den Markt besuchen konnte. Er war als Kind so gern dort gewesen.
Ob es ihn wieder in seine Kindheit zurückversetzen würde? Mit den gleichen Gefühlen wie damals?
Was würde Saori dazu sagen? Bis jetzt hatte sie ihn nur einmal und von weiter entfernt gesehen. Dass sie nicht gern unter vielen Leuten war, wusste er nur zu genau. Dennoch war es wichtig, dass sie sich daran gewöhnte. Das Fest rückte unaufhaltsam näher und dort würden mit Sicherheit einige Leute sein. Vor allem Engel.
Saori setzte sich ihm gegenüber und sah hinaus. Nervosität machte sich in ihr breit, weil sie nicht genau wusste, was sie erwarten würde.
Aaron lenkte sie ab, indem er einen Tisch hinunterklappte und ein Schachspiel aufbaute. Sie würden eine Weile fahren und diese wollte er überbrücken, sonst würde ihre Nervosität ins unermessliche steigen.
Dass sie nicht ganz bei der Sache war, spürte er jedoch an ihren Zügen. Mehr Fehler als je zuvor brachte sie hinein. Das allerdings störte sie nicht wirklich. Nur hin und wieder seufzte sie, denn ihr war übel vor Nervosität, die sich durch die Ablenkung zwar ein bisschen gebessert hatte, doch nicht so, dass sie ganz weg war.
Saori hasste so viele Menschen um sich herum. Gerade, weil sie eine Todesbringerin war und somit nur Chaos und Tod brachte. Eigentlich sollte sie es lieben, sich in die Menschenmassen zu stürzen und dort so viele Leute wie möglich zu ermorden.
Aaron begann ihr eine Geschichte zu erzählen und sie somit noch mehr abzulenken. Er wusste jedoch nicht, ob es etwas brachte.
Es funktionierte teilweise, doch so richtig hörte sie nicht zu. „Muss ich da wirklich durch?", fragte sie nach einer Weile unglücklich.
"Du schaffst das", versicherte Aaron ihr. "Du wirst wie jede andere Frau auch sein", meinte er und strich ihr über das Tuch.
„Ihr habt mehr Vertrauen in mich als ich selbst", seufzte sie. Selbst wenn sie wie jede andere Frau war, sie hatte Angst, dass die Tarnung aufflog.
„Was wollt Ihr eigentlich dort?", fragte sie deshalb noch einmal. Bis jetzt hatte er es ihr noch nicht verraten.
"Das ist noch ein Geheimnis", sagte er sanft und lächelte, während er auf seinen Schoß klopfte.
Gehorsam kam Saori zu ihm auf die andere Seite und ließ sich auf seinem Schoß nieder. „Macht doch nicht so ein Geheimnis draus ...", tadelte sie ihn leicht.
"Ich möchte doch deinen unverfälschten Gesichtsausdruck sehen", meinte er leise und küsste die Haut ihres Gesichts, die noch frei war.
„Ihr sprecht in Rätseln", meinte die kopfschüttelnd, sah aber ein, dass er nichts sagen würde. Also würde sie wohl warten müssen.
Die Kutschfahrt dauerte lange und war doch zu schnell schon wieder vorbei.
Es war später Nachmittag, als die beiden auf einem offiziellen Landeplatz hielten und Aaron als erstes ausstieg, bevor er ihr eine Hand reichte.
Schon bei der Landung hatte sich die kleine Dämonin klein gemacht. Stimmen von der Insel wurden lauter, je näher sie gekommen waren. Fröhliche Rufe, aber auch nicht immer nette Worte fielen.
Von diesem Blickwinkel sah alles so anders aus. So groß und ... massig.
Dafür konnte sie nun gute Gerüche wahrnehmen, die durch die geöffnete Tür der Kutsche wehten. Nicht nur die Düfte von den Blumen war zu erkennen, sondern auch Speisen, die sie wohl auf dem Markt anboten.
Auf dem Landeplatz war sehr viel los. Neben ihnen hielt gerade eine weitere Kutsche, aus denen mehrere Männer und Frauen kamen. Kurz darauf war die Kutsche verschwunden, weil sie den Platz freimachen musste.
Obwohl Saori wusste, dass auch andere noch kommen würde, brachte sie es nicht fertig, Aarons Hand zu nehmen und sich auf den Weg in die neue, unbekannte Welt zu machen.
Aaron nutzte seinen Staub, damit es ihr etwas leichter fiel und trat noch einmal in die Kutsche rein, um ihr gut zuzureden.
Dabei konnte er sehen, dass sie zitterte und ihre Augen geweitet waren. Selbst sein Staub konnte das nicht ganz verhindern.
Immer wieder schüttelte sie den Kopf, egal was er auch sagte.
Bis jemand wütend rief, dass sie endlich Platz machen sollten. Der Mann, der an das Kutschenfenster gekommen war und sogar mit seiner Faust drohte, brachte sie dazu, fluchtartig die Kutsche zu verlassen, wobei sie beinahe die kleinen Treppenstufen heruntergefallen wäre.
Der Engel fing sie auf und zog sie eng an sich. Dann richtete er einen bösen Blick auf ihn und mit einer Bewegung staubte er ihn ein, ohne dass er es wirklich wahrnahm. Stattdessen beruhigte er sich sofort wieder und entschuldigte sich sogar.
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