Kapitel 4

Kapitel 4

Erschrocken kniff sie die Augen zusammen. Sie hatte nicht damit gerechnet. Griffen die Schmetterlinge sie etwa an? Um sie herum wurde es dunkel und Panik begann, in ihr zu streuen. Angst hatte Saori nicht vor Schmetterlingen, aber vielleicht hatten diese etwas dagegen, dass ein Dämon ihre Insel betrat.

Doch die Tiere flogen nur neugierig um sie herum, als würden sie die beiden begrüßen wollen. Dann lichtete sich der Schwarm und flatterte in alle Richtungen davon. "Alles ist gut", flüsterte Aaron, der die hielt. "Das machen sie immer."

Als es heller um sie herum wurde, öffnete sie die Augen und sah sich um. So schnell, wie sie eingekreist worden waren, so schnell war es wieder vorbei.

Erstaunt drehte Saori ihren Kopf in alle Richtungen, um so viel wie möglich in sich aufzunehmen. Ihr Herz klopfte noch aufgeregt, als sie beobachtete, wie die Schmetterlinge nun ihren eigenen Dingen nachgingen.

„Seid Ihr öfters hier?", wollte sie wissen, während Aaron sanft auf der Wiese landete und sie freigab.

"Ich war als Kind sehr häufig hier", gestand er. "Sobald ich alleine fliegen konnte, bin ich bis hierher geflogen, habe mich ausgeruht und bin wieder zurück", erklärte er lachend. "Anfangs hat mich aber immer jemand heimlich begleitet."

Ihr kam das Gespräch mit Anoshka vor längerer Zeit in den Sinn und sie grinste. „Ihr seid tatsächlich verzogen", bemerkte Saori trocken, konnte sich das Lachen aber nicht verkneifen. Aaron hatte wirklich all das bekommen, was er wollte. Und wenn es auch nur jemand gewesen war, der ihn begleitet hatte.

"Stimmt, aber Kinder sind so selten, dass man gut auf sie aufpasst", lachte er.

„Ob das bei Menschenkindern auch so oft?", überlegte sie. Zuerst hatte sie sich gut umgesehen, bevor sie sich niedergelassen hatte. Nun saß sie in dem warmen Gras und zog ihre Stiefel aus, um es fühlen zu können. Um sie herum flogen so viele Schmetterlinge.

Verschiedene Farben und sogar Formen waren zu erkennen. Es gab sehr viele Arten von Schmetterlinge, die sich im Aussehen unterschieden. Größere und kleinere tummelten sich auf der Insel herum, sodass es den Anschein hatte, als würden sie hier ihre eigene Insel besitzen.

"Menschen leben nicht so lange, wie wir Engel und sie bekommen in ihrem Leben auch viel mehr Nachkommen", erklärte Aaron ihr und setzte sich zu ihr. "Nehmen wir an ein Mensch wird zusammen mit einem Engel geboren, dann hat dieser schon mindestens zwei Generationen das Leben geschenkt, da werden Engel erst geschlechtsreif."

Von unten her sah sie Aaron überrascht an. „So groß ist der Unterschied?", fragte sie erstaunt. Schon immer wusste sie, dass Engel sehr lange lebten, aber nie hatte sie angenommen, dass es so ein großer Unterschied zu Menschen war.

„Trotzdem frage ich mich, ob Menschen ihre Kinder auch verhätscheln. Egal, wie viele sie ein Leben schenken", meinte sie nachdenklich. Kinder waren etwas Wertvolles.

"Das kommt drauf an", meinte Aaron. "Es gibt liebevolle Mütter und Väter", sagte er nachdenklich.

„Vermutlich. Oder zumindest hoffe ich es", lächelte Saori, doch plötzlich legte sich ein düsterer und trauriger Schatten über ihr Gesicht. Aarons Eltern hätte sie gerne unter anderen Umständen kennengelernt. Wenn sie selbst ein Engel oder ihre Sklavin wäre. Doch dazu würde es niemals kommen.

Aaron legte sanft einen Flügel über ihre. "Ich bin mir sicher, dass du eine wundervolle Mutter werden wirst", sagte er mit einem Schmunzeln.

Die Vorstellung, dass das eine Möglichkeit wäre, brachte sie zum Lachen. Es war für sie nicht möglich, in den Genuss der Mutterschaft zu kommen. „Ihr kommt wirklich manchmal auf seltsame Ideen", kicherte Saori, die einen Schmetterling beobachtete, der sich auf ihrem Knie niedergelassen hatte. Rot und orangene Farben zierten die kleinen Flügel, die so zerbrechlich wirkten. Ihn anzufassen wäre tödlich, denn dadurch wurde die Staubschicht von ihren Flügeln entfernt, die es ihnen ermöglichte, zu fliegen.

"Hättest du denn gern Kinder, wenn du die Möglichkeit dazu bekommen würdest?", fragte er neugierig und beobachtete den Schmetterling auf ihrem Bein.

Darauf konnte sie keine Antwort geben. Als Todesbringerin war sie nicht in der Lage, Kinder zu gebären. Sie würden in ihrem Bauch sterben, noch bevor sie geboren wurden. Die Bilder von Aarons Kindheit jedoch hatten in ihr den Wunsch geweckt, dass Aufwachsen eines Kindes erleben zu können.

Aaron streichelte sie sanft mit seinen Flügeln. "Viele Dinge, die du dachtest, dass sie nicht gehen, haben sich nicht bewahrheitet. Du hast mich nicht getötet, als ich dich geküsst habe, vielleicht bist du dann ja auch in der Lage Kinder zu bekommen?", schlug Aaron vor, der davon ausging, dass ihre negative Stimmung sich darauf bezog, dass sie glaubte keine zu bekommen oder niemals einen Mann zu finden, mit dem sie diese bekommen konnte.

„Ich gebe zu, bei ein paar Dingen habe ich falsch gelegen. Aber könnt Ihr Euch vorstellen, wie es sich anfühlen würde, ein Kind zu erwarten und es dann ohne jegliches Zutun zu töten?", wollte Saori von ihm wissen. Das könnte sie nicht ertragen, das Leben eines ungeborenen Kindes auf dem Gewissen zu haben.

Außerdem brauchte es wohl einen Dämonen dazu, um Kinder zu gebären und das wollte sie ganz sicher nicht. Sich einem grausamen Mann hingeben, nur um Nachkommen zeugen zu können.

Eine Todesbringerin musste alles töten. Durch Berührungen jeglicher Art. Das bezog sich auf alles. Sie wurde aus Zufall geboren. Niemand konnte eine einfach zeugen.

Und die Blumen und Obstbäume starben, wenn sie diese ohne Handschuhe anfasste.

Aaron zog sie an sich. "Tut mir leid, darüber habe ich nicht nachgedacht", gestand er, denn das wäre sicherlich schrecklich.

Sie gab ihm zu verstehen, dass es in Ordnung war. Dadurch, dass sie so viele Dinge tun konnte, was sie eigentlich nicht sollte, konnte man leicht vergessen, was sie wirklich war.

"Wie gefällt es dir hier?", fragte er und blicke hinauf in die Baumwipfel, die teilweise von Schmetterlingen besetzt waren.

„Es ist wunderschön", antwortete Saori ehrlich. Was sie am meisten verwunderte war, dass das Fliegen und Flügelschlagen der kleinen Tiere hörbar waren. Wie ein durchgängiges Geräusch, was sie nicht in Worte fassen konnte. Ihr Blick folgte Aarons und sie lächelte.

„Wenn ich jedoch die Wahl hätte, dann wäre es schön, ein Kind zu haben."

Aaron lächelte sanft. "Es freut mich, dass es dir gefällt."

„Dass Ihr hier gerne als Kind wart, kann ich nachvollziehen. Es beruhigt", meinte die Dämonin. Sanft entwand sie sich seiner Umarmung und ließ sich nach hinten in das Gras fallen, nachdem sie sichergestellt hatte, dass keine Schmetterlinge zerdrückt wurden.

"Ich habe immer Schmetterlinge gejagt", lachte Aaron. "So wie die Katzen Bejin jagen."

Bei der Vorstellung prustete die Dämonin los und konnte sich vor Lachen nicht mehr halten. „Habt Ihr sie je bekommen? Oder war das Jagen genauso erfolglos?"

"Ich wollte sie nicht fange", gestand er. "Weil ich weiß, dass es ihnen schadet. Aber es hat Spaß gemacht, es zu versuchen."

Verschmitzt nickte sie. „So ist das also. Ihr jagt gerne Unschuldige, um Euren Spaß zu haben. Ich bin enttäuscht von Euch", seufzte sie spielerisch.

Aaron drehte sich zu ihr und begann sie an den Seiten zu kitzeln.

Dass sie kitzelig war, hatte er vor einiger Zeit herausgefunden. Anfangs hatte sie sich nichts anmerken lassen, weil sie ihm nicht wirklich vertraut und gewusst hatte, wie er es meinte.

Mittlerweile wusste Saori, dass er sie damit nur neckte. Quietschend rollte sie sich auf dem warmen Untergrund und konnte gar nicht mehr aufhören zu lachen.

Aaron liebte es, wenn sie lachte, doch er versuchte es nicht zu übertreiben. Er wollte, dass sie Spaß hatte und nicht, dass es ihr irgendwann weh tat.

Trotzdem ließ er sie regelmäßig dabei außer Atem kommen, bis sie abwehrend ihre Hände hochhob, als Zeichen, dass sie entweder aufgab oder nicht mehr konnte.

Unter das süße Quietschen der Dämonin mischte sich der Schluckauf, den sie immer wieder mal hatte. Entweder, wenn sie viel weinte oder lachte.

Aaron ließ von ihr ab und lächelte. Er mochte diese Geräusche und er wollte sie nie wieder missen müssen.

„Ihr habt Euch gerade etwas eingebrockt", keuchte sie nach Luft schnappend. Durch das Lachen hatte sie so viel Energie verbraucht, dass sie wohl nicht mehr fliegen konnte.

"Ach so?", fragte Aaron grinsend. "Was denn?"

„Ihr könnt mich zurückfliegen", bemerkte sie nüchtern. „Ihr habt meine gesamte Energie geraubt", klagte Saori ihn mit einem verschmitzten Seitenblick an.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top