Kapitel 39

Kapitel 39

Neugierig beobachtete sie ihn dabei, unterbrach ihn jedoch nicht. Wäre ihr das bei ihrer Familie passiert, hätten sie nur über die Tollpatschigkeit gelacht.

"Wann es wohl mal wieder ruhige Tage geben wird ...?", fragte sie leise.

"Morgen wird es ruhiger", versprach er und küsste ihren Fuß, bevor er ihn sanft auf das Bett legt. "Da hast du Zeit zum Malen und ich werde draußen sein, weil ich etwas vorbereiten muss."

"Was denn?", wollte Saori von ihm wissen, während sie den Verband eingehend betrachtete. Gut hatte er es gemacht. Ob er wohl eine Ausbildung dazu gehabt hatte, als er seinen Kriegerpflichten nachgekommen war?

Die Dämonin richtete sich auf und umarmte den Engel von hinten, um ihm einen Kuss in den Nacken zu hauchen. "Ihr seid einfach das Beste, was mir je hätte passieren können."

Aaron schmunzelte. "Das bleibt ein Geheimnis, also auch nicht gucken", lachte er und genoss ihre Wärme an seinen Rücken.

"Dann müsstet Ihr mich wie damals anketten. Ihr wisst doch, wie neugierig ich bin!", lachte sie leise. Ihr Gesicht hatte sie nun in seinen Haaren vergraben und er konnte spüren, wie glücklich sie in dem Moment wirklich war.

"Ich bin mir sicher, dass du dich im Atelier gut beschäftigen kannst", sagte er belustigt.

"Was passiert, wenn ich trotzdem schauen gehe?", fragte sie plötzlich leise.

"Dann verdirbst du dir deine Überraschung", meinte er und schmunzelte noch immer. Eigentlich war es nicht schlimm, wenn sie schauen kam. Immerhin war es für sie.

"Für mich?", hauchte sie erstaunt. Auf ihren Knien stehend schmiegte sie sich von hinten an Aarons warmen Rücken und in die weichen Federn seiner Flügel. "Das habe ich definitiv nicht verdient."

"Ich finde schon", sagte er und ein Seufzen mischte sich unter seine Worte, als er ihre Berührungen spürte.

Eine kleine Weile blieb sie regungslos hinter Aaron, während ihr Gesicht in seinem silbernen Haar vergraben war. Leicht zog sie ihn nach hinten, um ihm zu verstehen zu geben, dass er sich fallen lassen sollte.

Aaron überraschte das sehr, doch er ließ sich von ihr dirigieren und nach hinten fallen, wie sie es wollte.

Schnell genug konnte sie reagieren, sodass er zwischen ihren Beinen lag. Mit einer Hand griff sie nach einem Kopfkissen, um es sich unterzulegen, bevor sie die Augen schloss und anfing, den Engel, der nun teilweise auf ihr lag, einfach zu streicheln. Zärtlich fuhren ihre Finger über seine Haut, spürte die Muskeln darunter, obwohl er etwas trug.

Genießerisch schloss Aaron die Augen. Das gefiel ihm sehr. Wenn es nach ihm ginge, konnte sie das ständig machen.

Da er jedoch zu schwer wurde, bat sie ihn, sich für einen Moment aufzurichten. Dafür war ihr Körper nicht geschaffen, ihn so lange auf sich zu haben. Sobald er das getan hatte, krabbelte sie an das Kopfende des Bettes, legte sich ein Kissen in den Rücken und klopfte auf ihre Beine, die sie im Schneidersitz hielt. Das hieß, er konnte zurückkommen und seinen Kopf darauflegen.

Aaron wartete geduldig und mit einem Lächeln legte er sich wieder hin. Es fühlte sich gut an, so in ihrer Nähe zu sein.

Erst, als er wieder lag, begann sie ihn wieder zu streicheln. Vorsichtig, fast schon zaghaft ließ sie ihre Hände über seine weiche Haut gleiten.

"Warum reagieren manche Menschen so aggressiv mit etwas? Ich meine Tabitha. Sie will mit allen Mitteln ihren Kopf durchsetzen, damit sie das bekommt, was sie möchte. Aber warum? Was hat sie davon, wenn es Euch nicht gefällt?", fragte sie nach einiger Zeit leise.

"Das weiß ich nicht", gestand er ehrlich. "Vielleicht glaubt sie, dass es mir irgendwann gefallen wird und ich sie dann so verwöhne, wie ich dich verwöhne?"

"Ob sie damit aufhören würde, wenn Ihr Tabitha das gebt, was sie möchte ...?", fragte sie vorsichtig. Zwingen konnte man das nicht, aber vielleicht würde es helfen.

"Das werde ich nicht können", seufzte er leise. "Ich kann sie nicht behandeln wie dich. Ich möchte sie nicht küssen oder berühren."

"Ich verstehe ... vielleicht", versuchte sie zu lächeln. Ihr Blick lag musternd auf Aarons und sie fragte sich, warum den Dämonen das alles anscheinend egal war. Wer sie berührte und wie. Hauptsache, sie hatten ihren Spaß.

"Es gibt Engel, die keine Probleme damit haben", murmelte er. "Solange sie die entsprechenden Gefühle zum Essen haben. Aber ich war noch nie so. Für mich sind meine eigenen Gefühle auch wichtig."

"Wirklich? Hat das mit dem Krieg angefangen? Oder war das schon immer so?", wollte sie wissen. Nachdenklichkeit, aber auch Ratlosigkeit standen in ihrem Gesicht geschrieben.

Sie schien sich seit dem Vorfall wirklich wieder beruhigt zu haben. Es gab in dem Moment keinen Hinweis darauf, dass sie Angst hatte oder sich unwohl fühlte.

"Ich glaube das war schon immer so", überlegte Aaron laut. "Ich mochte es noch nie von fremden Leuten angefasst zu werden. Es muss sich für mich richtig anfühlen."

"Wenn ich ... Euch wirklich so berühren würde wie sie ... glaubt Ihr denn wirklich, dass es Euch helfen würde, das schmutzige Gefühl wegzubekommen?", fragte Saori noch leiser. Das lag ihr wirklich im Magen.

"Ich denke schon. Weil es sich bei dir richtig anfühlen würde. Und du würdest mich nicht zwingen", murmelte er leise.

"Aber ... ist denn Verführen nicht etwas wie zwingen?" So richtig konnte sie sich das nicht vorstellen, wie jemand anderes ein Gefühl einfach überdecken konnte.

"Nein." Aaron schüttelte den Kopf. "Verführen heißt, dass du lediglich zeigst, dass du Interesse hast. Zwingen wird es erst, wenn du weiter machst obwohl ich nicht möchte."

Das war also ein Unterschied. Saori begann zu verstehen, dass verführen in einem guten Sinne gemeint war. Dass jemand Interesse hatte und einem etwas Gutes tun wollte.

Langsam nickte sie. "Ich glaube, ich verstehe", murmelte sie nun. Ob sie jemals darüber hinweg kommen würde und Aaron das geben konnte, was er sich vielleicht wünschte?

"Ich verführe dich auch, wenn ich beginne dich zu küssen. Aber ich zwinge dich nicht", erklärte er ihr. "Zumindest hoffe ich, dass du nicht das Gefühl hast, dass ich dich zwinge."

Heftig schüttelte sie den Kopf. "Nein, Ihr habt mir noch nie das Gefühl gegeben, gezwungen zu werden. Außer zum Tanzen, zum Essen ...", begann sie lächelnd aufzuzählen.

Aaron grinste. "Solange es nur das Tanzen und das Essen ist, bin ich beruhigt."

Sanft stupste Saori mit dem Finger gegen seine Nase und schnalzte mit der Zunge. "Manchmal seid Ihr wirklich seltsam", seufzte sie theatralisch, aber ihr Gesicht zeigte ein verschmitztes Aussehen. "Achso, ich habe massieren vergessen!", lachte sie leise und erinnerte sich daran, wie er sie gebeten und auch nicht wirklich locker gelassen hatte, bis sie es getan hatte.

"Dich muss man manchmal eben zu deinem Glück schupsen", lachte er leise.

Erneut machte Saori ein leises, tadelndes Geräusch. "Ist das wirklich so? Ihr seid Euch sehr selbstsicher. Aber selbst das mag ich an Euch", gab sie zu. Blaue Augen fixierten Aarons entspanntes Gesicht und der Engel konnte eine erneute Welle von Glück auf ihn zurollen spüren. Anscheinend war sie wirklich glücklich, bei ihm zu sein.

Er hob die Hand und streichelte ihre Wange. Ein Lächeln auf den Lippen. "Es ist wundervoll, wenn du glücklich bist."

"Es tut mir gerade richtig leid, dass die schöne Zeit im Bad so plötzlich abgebrochen ist", seufzte sie traurig. Es war so schön gewesen und sie hatte es wirklich genossen, Aaron so zu fühlen.

"Das ist schon in Ordnung", meinte er sanft. "Wir können auch anders schöne Zeit miteinander verbringen."

"Ich weiß, und trotzdem ...", seufzte sie erneut. Kurz hielt sie mit dem Streicheln inne und sah nach draußen in die Dunkelheit. "Ich hatte wirklich Angst in dem Moment. Nicht vor Euch, sondern vor Tabitha. Genau kann ich es nicht erklären, aber ihre Erscheinung ... hat mich wirklich verstört."

"Weil sie das getragen hat, was du auch tragen wolltest?", fragte er leise.

Nickend bestätigte Saori das. Aber auch, weil sie genau das getan hatte, was sie selbst hatte tun wollen.

"Ich glaube nicht, dass du mich gefesselt hättest", meinte Aaron nüchtern und streichelte noch immer ihre Wange, während er von unten zu ihr aufblickte. "Deine Intuition war sicherlich, mir mit den Sachen eine Freude zu machen."

Ihre Augenbrauen wanderten nach oben, als sie den Kopf schüttelte. "Um Himmels willen ... ich wüsste nicht einmal, wie ich Euch überhaupt festbinden kann. Ihr seid doch viel zu stark", meinte sie. Dennoch hatte er mit einem Recht: Sie hatte ihm eine Freude bereiten wollen.

Ein liebevolles Lächeln war auf seinen Lippen zu sehen. "Ich glaube nicht, dass du in der Lage bist, dir etwas zu nehmen. Du bist eher der Typ, der darum bittet."

"Mhm", bekam er als Antwort zu hören. Und selbst wenn sie es tun wollte, könnte sie es nicht. Es verbot sich ihr einfach, weil es für sie nicht richtig erschien, so etwas zu tun. Halt, so richtig war das auch nicht. Sie bat auch nicht um etwas, weshalb sie den Kopf schüttelte.

Aaron hingegen nickte. "Doch, du bist durchaus in der Lage nonverbal darum zu bitten", korrigierte er sie schmunzelnd. "Denn wenn du dieses Dress getragen hättest, wäre das einer Frage gleichgekommen."

"Wirklich? Was bedeutet denn nonverbal in dem Zusammenhang?", fragte sie vorsichtig.

"Das bedeutet, dass du es mit deiner Körpersprache ausdrückst", erklärte Aaron ihr sanft und fuhr mit dem Daumen über ihre Lippen.

Seine Worte brachten sie wirklich zum überlegen. Darüber hatte sie noch gar nicht nachgedacht. Ihr war das gar nicht klar gewesen. "Das wusste ich nicht", sagte sie peinlich berührt. Das Mädchen hatte nicht vorgehabt, ihn um etwas zu bitten, denn das stand nur Aaron selbst zu.

"Es ist nichts Schlimmes", sagte er mit einem leisen Lachen. "Du darfst um alles bitten, was du möchtest. Das ist in Ordnung."

"Warum dürfen es andere dann nicht?", wollte die Dämonin vom ihm wissen, während ihre schlanken Finger noch immer zärtlich sein Gesicht mit unsichtbaren Mustern zierte. Auch sein Hals bekam die gleiche Behandlung zu spüren.

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