Kapitel 38

Kapitel 38

Aaron zog sich an, nahm für sie Verbandszeug mit, und schlenderte dann langsam hinter ihr her.

Dabei war er jedoch nicht entspannt, aber er wollte ihr Zeit geben.

Nach Luft schnappend versuchte sich die Dämonin zu beruhigen. Egal ob sie die Augen öffnete oder schloss, ständig war das Bild von den beiden präsent. Der Versuch, diese Erinnerung zurückzudrängen und sich auf die schönen zu konzentrieren, hatte nur teilweise funktioniert.

Aaron spürte die Panik in ihr und kam auf sie zu, um sie dann zu umarmen. Er schloss sie in seine Flügel ein, während er dort seinen Illusionsstaub nutzte, um sie etwas abzulenken.

Sobald sie die Hände um sich herum gespürt hatte, hatte sie sich losreißen wollen. In der Dunkelheit hatte sie den Engel nicht bemerkt, wie er gekommen war. In seinen Armen machte sie sich so klein, als würde sie wie Bajing in die kleine Höhle im Baum passen wollen.

Erst der Staub führte dazu, dass die Bilder weniger wurden. Hier und da sprangen kleine Hasen zwischen den Blumen umher und zogen ihre Gedanken von den Erinnerungen weg.

Aaron überlegte, ob er sie nehmen und mit ihr durch die Lüfte sausen sollte. Das würde sie vielleicht auf andere Gedanken bringen. Oder er sollte sich einfach für ein paar Wochen von ihr fernhalten. Keine Annäherungsversuche mehr, bis sie es etwas verarbeitet hatte. Aber konnte er das schaffen?

Oder lieber doch die Erinnerungen löschen. Ob sie es wirklich jemals verarbeiten konnte, war ungewiss. Schließlich hatten die Erinnerungen an ihren Vater genauso einen großen Anteil daran. Was wohl wäre, wenn er beide löschen würde? Der Tanz war in wenigen Wochen und mit der Angst würde es nicht so verlaufen, wie sie es sich wohl erhofften.

Aber ohne ihre Erlaubnis wollte er nichts in diese Richtung tun. Noch hatten sie Zeit. Er konnte verstehen vor was sie Angst hatte.

Nach einiger Zeit wurde die verkrampfte Haltung entspannter. Die Hasenillusion lenkten sie wirklich ab. Ein Lächeln zierte sogar ihre Lippen, während ihre Hand sich nach ihnen ausstreckte.

Aaron blieb bei ihr und wartete geduldig, bis sich ihre Gefühle wieder beruhigt hatten.

Leises kichern war von ihr zu hören, als die Hasen stolperten und kleine Saltos deswegen machten. Es sah so lustig aus und am liebsten würde sie mit ihnen mitmachen.

Automatisch lehnte sie sich an Aaron, der sie hielt und zeigte mit dem Finger auf die Illusion, als würde er es gar nicht mitbekommen.

Aber er sah es auch, denn er lenkte sie, um ihre Gedanken in eine andere Richtung zu bringen. Schmunzelnd sah er ihr zu und hielt sie mit einem Arm fest.

"Kann ich einen Hasen haben?", fragte Saori leise. Ihre Stimme klang nicht ganz fest, aber sie schien sich beruhigt zu haben.

"Einen richtigen oder wie den Kuschelhasen?", fragte er leise. Vielleicht war es wirklich keine schlechte Idee für sie eine Art kleinen Tiergarten anzulegen.

"Einen richtigen. Der andere ist für das Bett", lachte sie leise. Sie würde doch keinen richtigen Hasen ins Bett nehmen. Nur die Katudjalls durften darin schlafen. Die würden den armen Hasen wohl jagen, bis er tot umfiel. Das konnte sie nicht verantworten.

"Ich schaue mal, ob ich einen süßen Hasen für dich finde", flüsterte er an ihr Ohr, kam diesem aber sonst nicht zu nah.

"Braucht der dann nicht aber Gesellschaft? Die meisten Tiere fühlen sich doch nur zu zweit wohl", meinte sie nachdenklich und wandte ihren Kopf zu ihm nach oben. Leicht wurde sein Gesicht von der Illusion erhellt, sodass sie die Konturen davon sehen konnte.

Mittlerweile hatte sich Saori wieder ganz beruhigt und schmiegte sich an Aaron genau wie zuvor.

"Das lass nur meine Sorgen sein", lächelte Aaron und küsste ihre Nase.

Daraufhin legte sie ihre Lippen auf seine. "Es tut mir leid. Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist", hauchte sie ihm dagegen.

"Ich schon und es ist in Ordnung", versicherte er, als er den Kuss löste. Dann hob er sie hoch. Gleichzeitig nahm er Kontakt mit Leika auf, damit diese ihm Abisai schickte. Er brauchte den Handwerker für eine kleinere Aufgabe am nächsten Tag hier auf der Insel.

"Ich kann selbst laufen", lächelte Saori, die ihre Arme um ihn geschlungen hatte und nicht den Anschein gab, überhaupt hinunter zu wollen.

Ein leises Lachen erklang. "Richtig, aber das macht nicht so viel Spaß", antwortete er und war erleichtert, dass es Saori besser ging.

Außerdem war es besser, wenn nicht noch mehr Schmutz in die Wunde gelang. Noch war nicht einmal sicher, ob es nur eine kleine Wunde war oder nicht.

Selbst jetzt spürte sie nichts davon, denn die kühlere Nachtluft umwehte ihren Körper und ließen sie noch ruhiger werden.

"Vielleicht ... möchte ich doch lieber die Erinnerungen gelöscht haben", nuschelte die kleine Dämonin an seiner Brust. Ihr war klar geworden, dass sie allein nicht stark genug war, das zu verarbeiten und damit klarzukommen.

"Erst einmal kümmern wir uns um deine Wunde an deinem Fuß", erklärte Aaron ihr. "Danach gehen wir schlafen und morgen früh sprechen wir noch einmal darüber."

Fragend sah sie den Engel an. Wovon sprach er eigentlich?

Aaron trug sie ins Bett und hob dann ihren Fuß an, um zu sehen, wie schlimm es mit den Scherben eigentlich war. Er schnalzte kurz mit der Zunge. "Ich erkenne bestimmt fünf Splitter", meinte er und klang nicht erfreut.

Saori zog ihren Fuß an sich heran und drehte ihn so, damit sie auf die untere Seite des Fußes sehen konnte. Stirnrunzelnd überlegte sie, wann sie sich diese geholt hatte. War vielleicht draußen etwas gelegen, was sie gar nicht bemerkt hatte?

"Gut, dass es Kakteensaft war, das hat dafür gesorgt, dass der Dreck von draußen nicht rein kommt", meinte er sanft. "Ich hole schnell ein Tuch, damit wir die Splitter herausziehen können."

"Kakteensaft? Aber ich hatte ihn doch getrunken gehabt?", kam die unsichere Frage über Saoris Lippen. Verwirrt sah sie aus, als Aaron sich aufgerichtet hatte.

"Nicht komplett", meinte er. "Was gut war, denn der wirkt schützend", erklärte er und küsste ihren Kopf, bevor er sich erhob, um ein Tuch zu holen und auch eine Pinzette zu suchen.

Nachdenklich saß Saori in der Zeit auf dem Bett und sah zu den Katzen hinüber, die sich an Lica gekuschelt hatten. Nur ganz langsam kam die Erinnerung zurück, was geschehen war und sie wurde rot vor Scham. Warum hatte sie auch nur so reagiert? Es war Aaron und kein anderer!

Der Engel kam wieder und ließ sich zu Saori aufs Bett nieder. Er breitete das Tuch aus, damit er die Splitter dorthin tun konnte und das Blut das Bett nicht versaute. "Gib mir deinen Fuß, ich hole die Splitter heraus."

Zögernd sah sie ihn an. Angst davor hatte sie nicht. Aber sie wollte etwas sagen. "Es tut mir wirklich leid", begann sie zögernd. "Es war wirklich schön, nur konnte ich es nicht ganz zurückhalten, als ich so entspannt gewesen war. Davor habe ich versucht, die Bilder mit den schönen zu verdrängen. Aber plötzlich kamen sie zurück, als ich zu entspannt war."

Aaron streichelte sie etwas. "Das ist in Ordnung", sagte er sanft. Dabei legte er ihren Fuß auf sein Bein. "Es ist nicht gut, wenn du sie verdrängst", sagte er leise. "Vielleicht ist es besser sich ihnen zu stellen?", fragte er und setzte die Pinzette an. Vorher nutzte er jedoch seinen Staub, um ihr die Schmerzen an der Stelle zu nehmen.

Stirnrunzelnd sah sie ihn an. "Ich spüre keine Schmerzen", bemerkte sie und fand, dass es unnötig war, den Staub zu benutzen. "Wie kann man sich ihnen denn stellen?", wollte sie wissen, während sie Aaron neugierig beobachtete.

"Das ist gut, dass du keine Schmerzen spürst", sagte er und versuchte sich Mühe zu geben, die Splitter herauszuholen. Sie hatte sich diese teilweise sehr tief eingetreten. "Sich ihnen zu stellen heißt die Erinnerungen zuzulassen und trotzdem weiter zu gehen."

"Und wie geht das?", fragte sie weiter. Ruhig und geduldig saß Saori auf dem Bett und sah ihn zu.

"Schwierig", meinte er nachdenklich. "Vielleicht hilft es dir, wenn du das tust, vor dem du Angst hat? Da ich leider nicht genau weiß was dir an der Sache Angst macht, ist es schwer dir das zu sagen."

Seufzend ließ sich Saori mit dem Rücken zurückfallen und starrte an die Decke. Sollte sie es ihm sagen? Unentschlossen fühlte sie sich dabei. Dennoch war es vielleicht besser.

"Ich habe Angst vor ... dem Moment, in dem ich Euch mit dem Mund verwöhnen will. Es fühlt sich schon so groß genug an, wie soll das denn mit dem Mund gehen? Aber auch, dass es Euch nicht gefällt. In den Büchern war es so einfach geschrieben", seufzte sie schließlich.

Aaron küsste ihre Schläfe. "Es ist lieb, dass du darüber nachdenkst, aber das musst du nicht machen. Ich bin sicher, dass es mir gefallen würde, aber es soll ja nicht nur mir gefallen."

"Aber Ihr wolltet doch, dass ich Euch verwöhne und ... die Initiative ergreife", sagte sie überrascht.

"Ja, aber nicht, wenn es dir dabei nicht gut geht", sagte er sanft. "Aber vielleicht könnte es dir helfen, deine Angst zu überwinden. Es kann nicht viel schiefgehen."

Würde es wirklich helfen? Unschlüssig starrte Saori an die Decke, während Aaron ihren Fuß verarztete. Ab und zu spürte sie ein kleines Ziehen, aber keine Schmerzen.

Sollte sie es wirklich wagen? Es selbst zu tun, Aaron von dem unangenehm Gefühl zu bereinigen und für sich selbst hoffen, dass die schlimmen Erinnerungen davon weniger wurden?

"So. Fertig", meinte er und räumte Pinzette und Tuch zur Seite. "Soll ich es verbinden?"

Die Dämonin richtete sich wieder auf und sah auf ihren Fuß, der noch blutete und nickte. "Wäre vielleicht besser", murmelte sie. Für sie sah es nach gar nichts aus.

Aaron nickte und griff nach dem Verbandszeug, das er schon mit draußen hatte. Vorsichtig und konzentriert begann er damit, ihren Fuß zu verbinden.

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