Kapitel 31

Kapitel 31

Verägert schnalzte sie mit der Zunge, nachdem sie der Dämonin nachgesehen hatte. "Wie kommt sie nur auf die absurde Idee, dafür bestraft zu werden, ihrem Meister geholfen zu haben?", fragte sie ungläubig. Eigentlich war sie immer beherrscht und ließ sich vor niemanden gehen. Doch es machte sie wütend, dass jemand so viel seelisches Leid anrichtete. War Tabitha überhaupt bewusst, was sie angerichtet hatte? Nicht nur Aaron, sondern auch Saori.

"In ihrer Kindheit ist etwas Ähnliches geschehen", sagte er und begann die Geschichte zu erzählen, während er nach einer Tasse Tee griff und immer wieder kleine Schlucke nahm.

Die Sorge, die in den Augen der Königin zu erkennen gewesen war, nahm überdimensionale Formen an. Das konnte nicht sein Ernst sein. Wer würde das seinem Kind antun?

"Deswegen ist sie so verstört? Weil sie ständig bestraft worden war? Auch, als sie geglaubt hatte, ihr Vater war in Gefahr?", fragte sie tonlos.

Aaron nickte. "Ja", seufzte er und stellte den Tee wieder ab. Ihm war der Durst vergangen. "Für sie ist es schwierig zu verstehen, was für andere richtig und falsch ist, dabei ist ihr innerer Kompass sehr gut."

Nachdenklich rieb sich die Königin die Hände. "Und Tabitha war der eigentliche Auslöser, weil sie der Sklavin so ähnlich gesehen hat?", wollte sie sich noch einmal vergewissern. Das war eine sehr schwierige Situation.

"Ich schätze ja. Laut Saoris Erzählungen", murmelte er und verstand noch immer nicht ganz, wie Saori sich fühlte.

"Du hast ihre Gefühle in dem Brief ziemlich genau beschrieben Aaron. Aber auch das, wie du zu ihr stehst. Was hast du mit Tabitha nun vor?", fragte sie den Engel ihr gegenüber.

Sie nahm sich eine Tasse Tee, nachdem sie ihren Saft ausgetrunken hatte und wartete auf seine Antwort.

"Ich weiß es nicht", gestand er. "Ich möchte Saori nicht traurig machen, aber Tabitha muss bestraft werden. Ich schätze, dass der Zimmerarrest nicht ausreichen wird", murmelte er und griff nach einem Kaktusstreifen, um ein Stück davon abzubeißen.

"Sie würde ernsthaft traurig sein, wenn Tabitha bestraft wird und sogar weggeschickt werden würde?", fragte sie fassungslos. Was war nur mit der Dämonin los? Warum setzte sie sich trotz allem noch für seine Assistentin ein, obwohl sie ihr so viel Leid zugefügt hatte?

"Ja, das ist etwas, was es nur noch schwieriger macht", seufzte Aaron, der die ganze Zeit an Saori denken musste.

"Brauchst du einen Aufpasser für Tabitha?", fragte die Königin ihn nach einigen Minuten. Er selbst würde sich wohl um Saori kümmern. So wie es aussah, ließ sie keinen anderen wirklich an sich heran.

"Ich möchte keine Umstände machen", meinte Aaron, der für ihre Hilfe zwar dankbar war, aber das Gefühl hatte nichts allein auf die Reihe zu bringen.

"Raffael kann das übernehmen", erwiderte sie und wiegte nachdenklich den Kopf hin und her. Ihm vertraute sie genug, dass er das konnte. "Und du machst keine Umstände, Aaron. Du bist noch jung und man muss dir ab und zu unter die Arme greifen. Das ist keine Schande, denn du nimmst Hilfe an und möchtest lernen", beruhigte sie ihn.

Nach dem Tod seiner Eltern war sein Hof rasant geschrumpft. Viele ältere waren gegangen und hatten sich anderen Engeln angeschlossen, da man davon ausgegangen war, dass die Königin ihm einen Vormund stellen würde. Die meisten Sklaven hatten gewusst, was das bedeutete und waren gegangen, bevor sie den Schrecken der Fremdherrschaft ertragen mussten. Doch die, die geblieben waren hatten eine Überraschung erlebt.

Es gab keinen Vormund und Aaron war frei darüber, mit seinem Hof zu verfahren, wie er es für richtig hielt.

"Habt Dank, Eure Hoheit", sagte er ehrerbietig.

"Sollte Raffael wirklich herausbekommen, dass Tabitha oder wer auch immer mutwillig deine Insel und Farmen zerstört hat, musst auf jeden Fall bestraft werden", sagte sie bestimmt. Dass Aaron jetzt bereits mit sich haderte, Tabitha zu bestrafen, war eine verzwickte Situation.

"Was würde denn Saori machen, um Tabitha zu bestrafen?", fragte sie ihn dann nachdenklich.

"Sie ist zu sanft dafür", sagte er leise. "Ich habe nicht nachgefragt, weil ich wahrscheinlich keine Antwort erhalten werde."

"Also würde sie einfach so weitermachen und akzeptieren, wie es ist?", wollte die Königin wissen. Es war trotzdem interessant zu wissen, was Saori sagen würde.

"Ich denke ja", sagte er und blickte nachdenklich zur Tür. "Soll ich sie noch einmal holen, um zu fragen, wie sie Tabitha betrafen würde?"

Die Königin machte eine abwehrende Handbewegung. "Nein, noch nicht. Ich möchte mit dir zuerst über das andere in deinem Brief reden. Du möchtest also wirklich deine zukünftige Ehe annullieren lassen? Warum?", fragte sie Aaron nachdenklich. Ein Verdacht keimte in ihr auf, aber sie wollte die Bestätigung haben.

"Ich glaube nicht, dass ich in der Lage bin, diese Frau, die ich nicht kenne zu lieben und zu respektieren", gestand er ihr. "Meine Liebe und mein Herz gehört jemand anderen. Und für diese Person würde ich es auch in Kauf nehmen, niemals zu heiraten, solange ich sie glücklich sehen kann."

"Es ist Saori, stimmt es?" Ihre Frage klang mehr wie eine Feststellung, als sie ihn genau beobachtete. Es war sehr selten, wenn ein Engel darum bat, denn die Frauen waren sehr rar unter ihnen gesät. Jedoch würde seine Zukünftige jemand anderen heiraten können, sollte sie wirklich annulliert werden.

Aaron nickte. "Ja, es ist Saori. Ich könnte es nicht ertragen ihre Traurigkeit zu sehen, wenn es wirklich zu einer Hochzeit kommen sollte."

"Wäre sie wirklich traurig? Oder wäre sie glücklich für dich?" So wie sie Saori einschätzte, ging ihr das Glück der anderen immer vor.

"Sie wäre beides. Glücklich für mich, weil ich eine Frau an meiner Seite habe, die augenscheinlich gut für mich ist, aber auch traurig, weil sie gehen würde", erklärte er nachdenklich und mit einem deutlichen, traurigen Unterton.

Langsam stieß die Königin die Luft aus und ließ ihren Kopf für einen Moment zum Fenster gleiten. Saori war dort zu sehen, was eigentlich nicht verwunderlich war. Sie konnte sich hier frei bewegen. Doch warum ging sie auf die Kutsche der Königin zu?

Die elegante Frau stand auf und nickte nach draußen, sodass Aaron den Grund für ihre Aufmerksamkeit verstehen konnte.

Einige Meter von der Kutsche entfernt, ging Saori in die Knie und blieb dort mit gesenktem Kopf sitzen. Als würde sie warten, dass die Königin kam und sie mitnahm. Ihr Gesicht war von hier nicht zu erkennen, doch die Welle der Trauer schlug ihnen entgegen.

Aaron betrachtete das Ganze. "Sie erwartet bestraft zu werden", wiederholte Aaron noch einmal. "Wahrscheinlich glaubt sie, dass Ihr sie mitnehmen und einsperren werdet."

Seufzend fuhr sie sich durch die langen, weißen Haare. "Sie wird niemals aufhören, oder? Für sie wird es vermutlich ein Leben voller ständiger Angst sein", vermutete sie traurig. Zumindest konnte sie die Dämonin nun ein bisschen verstehen, warum sie so reagierte.

"Ich mache dir einen Vorschlag", wandte sie sich an Aaron und drehte sich zu ihm um. "Wenn du dir immer noch sicher bist, wenn das Fest stattfindet ... wenn du deine versprochene Verlobung annullieren willst, werde ich es tun."

Für einen Moment musste er über ihre Worte nachdenken und dann breitete sich ein Lächeln auf seinen Lippen aus. "Habt vielen Dank, Eure Hoheit", sagte er und neigte respektvoll den Kopf. Zumindest konnte er ihr so die Sicherheit geben, dass sie nicht ersetzt werden würde und an ihrer Seite bleiben konnte.

"Wenn Saori dir so am Herzen liegt, ist es vermutlich die einzig richtige Entscheidung", nahm sie an. "Ich hoffe, dass du aus ihr ein fröhliches Mädchen machen kannst. Sie verdient es wirklich, jemanden wie dich zu haben", sagte sie ehrlich.

"Sie verdient jemand, der besser ist als ich", meinte er. "Aber ich werde mein bestes geben, damit sie glücklich ist."

Sie legte eine Hand auf die Schulter des Engel und schüttelte den Kopf. "Ganz sicher nicht. Wenn du mich fragst, bist du genau der Richtige für sie, der ihr das Verständnis entgegenbringen kann, was sie braucht. Deine Geduld und Liebe ... ist spürbar. Sie wird sich auf dem Fest nicht verhindern lassen", meinte sie nachdenklich und beobachtete Saori, die noch immer gekniet wartete.

"Ich würde deine Verlobung bereits annullieren, aber ich möchte, dass du ihr zuerst verständlich machst, dass ihr nichts passieren und sie bei dir bleiben wird. Ich nehme an, du wirst dann nicht heiraten? Oder nur Saori?"

"Ich wünschte es könnte Saori sein", sagte er gedankenverloren und wusste nicht, wie er Saori beibringen sollte, dass nichts passieren würde. Dass sie bei ihm sicher war.

"Erinnerst du dich, als ich dir das letzte Mal gesagt habe, dass sie vielleicht eine Wende bringen wird?", fragte sie ihn musternd. Er wollte als überhaupt keine Ehe eingehen, nur um Saori nicht traurig zu machen. Es war eigentlich die Pflicht eines männlichen Engels, zu heiraten und Nachkommen zu zeugen. Aber in dieser Situation ... wären die Folgen wohl fatal.

"Ja", murmelte er und blickte zu Saori. "Aber ob sie diese Wende überleben würde, steht auf einem anderen Blatt."

"So meinte ich das nicht, Aaron. Sieh sie dir doch an. Saori soll eines Todesbringerin sein. Ihr Wesen ist jedoch nicht, wie es erwartet wurde. Sie liebt einen Engel, ein Engel liebt sie. Das ist die Wende. Sie könnte die Zeit verändern, die Beziehungen beider Rassen verbessern", korrigierte sich die Königin selbst. Vielleicht würde dann auch endlich der Krieg aufhören.

"Hol sie bitte her", bat sie ihn. "Wir sollten uns noch einmal mit ihr Unterhalten. Weiß sie überhaupt, dass du für sie deine Verlobung annullieren willst?"

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