Kapitel 28


Kapitel 28

„Weil ich Euch ... mit kleinen Tricks verführen wollte", stotterte Saori. Für einen kurzen Moment schwieg sie, als würde sie darüber nachdenken, ob sie es sagen sollte oder nicht. „Aber auch ... weil Ihr an einer bestimmten Stelle von jemand anderen berührt worden seid und Ihr euch dadurch schmutzig fühlt. Würde ich es tun ... fühlt es sich für mich genauso an", brachte sie einen Versuch vor, es zu erklären.

Leicht war es nicht. Aber ihn dort so anzufassen, würde die Bilder wieder hochbringen. Dabei hatte sie extra gelesen gehabt, wie man das macht. Würde sie also ihren Mund ins Spiel bringen, würde sie ihn auch beschmutzen. Auch wenn er es wollte.

Aaron schüttelte leicht den Kopf. "Ich fühle mich nur beschmutzt, weil ich es nicht wollte. Nicht von ihr", sagte er sanft. "Das sollte jemanden, der mir viel mehr bedeutet vorbehalten sein", versuchte er ihr zu erklären.

Wie konnte sie es ihm klarmachen, dass er wohl niemals von ihr das bekam, was er sich wünschte? Die Szene war widerlich gewesen. Sich in dieser zu befinden, war etwas, was sie nicht mehr wollte. Sie fühlte sich trotzdem beschmutzt, überhaupt an das zu denken.

Um abzulenken, fragte sie erneut, wohin er fliegen wollte.

Sie erhielt nicht sofort eine Antwort, sondern nur den Hinweis, das ihr Kleid einen Stein besaß, den sie berühren sollte.

Auch er berührte einen an seiner Kleidung, der dafür sorgte, dass er selbst bei Sonnenlicht im Himmel fast unsichtbar wurde.

Erstaunt berührte sie ihn und wäre wohl in Ohnmacht gefallen, wenn sie nicht gesehen hätte, wie Aaron vor ihren Augen verschwand, sie aber noch hielt.

„Was ist das?", fragte sie ehrfürchtig.

"Damit reflektiert man das Licht und es wirkt, als wäre man unsichtbar", erklärte er ihr leise und sie spürte, dass er sie noch immer hielt. "Du wirst auch gleich sehen, warum", meinte er und hoffte, dass sie nicht durchdrehte.

Er ließ sich etwas sinken und glitt so unter die Wolken, was Saori einen Blick auf eine riesige Insel offenbarte.

Der Marktplatz, wo Kutschen und Engel landeten, abflogen und die unterschiedlichsten Leute ihre Waren anboten.

Aaron landete jedoch nicht.

Vor Erstaunen blieb ihr Mund stehen. Von oben sah die Insel wie ein bunter Ameisenhaufen aus. Viele Menschen, aber auch Engel bewegten sich durch die Straßen. Auf der einen Seite war der Abflug- und Ladeplatz zu erkennen, der sich über die gesamte Längsseite zog. Kutschen waren zu erkennen, die starteten und landeten.

Größere und kleinere Stände waren auszumachen, aber der große Marktplatz, wo anscheinend Waren versteigert wurden, war der Mittelpunkt. Von überall her führten Wege dorthin, sodass es aussah wie ein Spinnennetz. Oder ein Labyrinth.

So viele Gassen und Wege waren erkennbar, obwohl sie so weit oben waren. Hörten sie sogar die Stimmen der Marktschreier, die der Wind zu ihnen trug? Es war schwer auszumachen, denn das Flügelschlagen der Pferdekutschen, die in der Luft waren, mischten sich in die Geräuschkulisse ein. Ob hier auch Sklaven angeboten wurden? Oder nur Waren?

„Der Markt", flüsterte sie tonlos, während ihr Griff an Aarons Tunika sich verfestigte.

"Keine Angst, wir landen nicht", sagte er sanft und versuchte möglichst auf der Stelle zu schweben. "Und niemand wird uns sehen", versicherte er ihr sanft.

Krampfhaft versuchte sie die Panik herunterzuschlucken. Dass sie gesehen und erkannt werden würde, sorgten für Übelkeit. Würden sie wieder hierher kommen, musste sie sich verkleiden und alle Anzeichen von sich verstecken.

Da Aaron jedoch nun auf der Stelle blieb, entspannte sie sich leicht und beobachtete das bunte Treiben aufmerksam.

"Niemand wird uns hier sehen", versicherte er noch einmal. "Du kannst in aller Ruhe beobachten."

Er behielt recht. Kutschen kamen ihnen sehr nahe, aber keiner streifte sie, da Aaron sich leicht bewegte. Das zeigte ihr, dass sie wirklich nicht zu erkennen war.

„Wir können landen. Aber ich möchte unsichtbar bleiben", murmelte sie nach langer Zeit der Beobachtung. Eigentlich wollte sie nicht. Aber es war interessant. Ob sie da angerempelt werden konnte?

"Das wird nicht so einfach gehen", erklärte er leise. "Wenn uns jemand berührt fliegt die Deckung auf. Wir können näher ran, aber wir müssen in Bewegung bleiben", erklärte er ihr.

„Dann lieber nicht", beeilte sie zu sagen. Sie wollte auf keinen Fall erkannt werden. Von hier konnte sie genügend sehen.

"Ich kann näher ran, wenn du möchtest", schlug er vor.

Heftig schüttelte sie den Kopf und bemerkte, wie viel schneller ihr Herz dabei schlug. „Nein, ich möchte nicht. Von hier aus ist es in Ordnung", flüsterte Saori.

Aaron nickte zustimmend und sie blieben wo sie waren, damit Saori beobachten konnte.

„Werden dort auch ... Sklaven angeboten?", fragte sie vorsichtig. Jedenfalls waren deutliche Unterschiede zwischen Adeligen und den Armen zu erkennen.

"Nein, werden sie nicht", erklärte er ihr. "Es geht rein um die produzierten Waren", meinte er und streichelte sie sanft.

Das war gut. Auf so einen Markt würde sie niemals gehen. Sonst würde sie jeden mit nach Hause nehmen, weil ihr alle so leid taten.

Aarons streicheln beruhigte sie viel mehr als am Vorabend. Es tat gut, dass er nicht böse auf sie war.

"Siehst du da?", fragte er und deutete in die Menge. "Das ist Mals Stand."

Nicht einfach war er zu erkennen. Dabei war er relativ groß. Die bunten Kreationen waren jedoch unverkennbar. Mal war sehr talentiert und machte wirklich aus allem etwas Hübsches.

An einigen Ständern hingen die verschiedenen Kleider, aber auch Hosen, Röcke und Oberteile. Der Stand der Schneiderin war gut mit Menschen umgeben, die bei ihr kaufen wollten.

Saori entschied sich, die Spezialanfertigung zurückzuschicken, damit Mal es verkaufen konnte. Das würde sie dem Engel jedoch nicht sagen.

"Heute ist wieder viel los", lachte Aaron leise. "Wenn ich dabei bin, ist sonst nicht so viel los, weil die meisten sich nicht trauen mit einem Engel so zu handeln, wie mit ihr oder Anoshka."

„Wer legt sich schon gerne mit Euch an ...?", murmelte sie leise, beobachtete aber genau, wie es dort zuging.

Ein leises Schnauben erklang. "Man muss sich doch nicht mit mir anlegen, um mit mir zu verhandeln", sagte er, als wäre es völliger Quatsch so zu denken.

„Seid Ihr sicher? Ich habe Euch noch nie ... verhandeln sehen", bemerkte die Dämonin nachdenklich. Wenn die Menschen sich nicht trauten, schon mit ihm zu verhandeln.

"Ich komme ja auch nicht dazu", seufzte er. "Mal hat mich von ihrem Stand verbannt", erklärte er theatralisch getroffen.

„Habt Ihr etwa in ihre Geschäfte gepfuscht?", fragte Saori leise kichernd. Eine andere Ursache konnte sie sich nicht denken.

"Nein das nicht, aber durch meine bloße Anwesenheit kamen kaum noch Kunden", seufzte er. "Engel sind hier eher selten anzutreffen. Zumindest wenn sie etwas verkaufen."

„Ich sagte doch schon oft genug, wie einschüchternd Ihr sein könnt", bemerkte sie trocken. Kein Wunder warum. Und da wollte er tatsächlich, dass sie dorthin ging? Die Menschen würden in Panik ausbrechen, wenn sie Saori sahen.

"Als Kunde ist das kein Problem", murrte er. "Aber als Verkäufer. Zumindest, wenn nicht gerade die Engel einkaufen. Nur die wenigsten machen das noch selbst."

Leicht lächelte die Dämonin, was er nicht sehen konnte. „Lasst die Geschäfte lieber die zwei machen", meinte Saori leise lachend.

Aaron seufzte. "Ja, das habe ich auch vor", meinte er, klang aber bedauernd.

Vorsichtig tastete Saori nach seinem Nacken und streichelte ihn dort. „Wenn Euch so viel daran liegt, dann solltet Ihr einfach öfters mitgehen und beim verkaufen helfen", schlug sie leise vor. Die Menschentraube um Mals Stand nahm überhaupt kein Ende. Das hieß, ihre Kleider liefen wirklich gut.

"Das möchte Mal nicht", meinte er. "Und ich kann es auch verstehen. Eigentlich haben Engel Leute, die ihre Dinge verkaufen", murmelte er und seufzte. "Ich hatte gedacht, dass du vielleicht dabei sein möchtest, wenn wir dein erstes Bild verkaufen", sagte er und bewegte sich nun etwas über den Markt.

„Was? Ich? Auf keinen Fall", wehrte Saori mit der Begründung, überhaupt nichts von Kunst zu verstehen hab. Woher sollte sie denn wissen, wie viel ein Bild brachte? Das sollten lieber erfahrene Leute machen.

"Es soll versteigert werden", meinte er. "Und es geht nur darum, dass wir zusehen. Von hier oben", sagte er und schwebte nun an einer anderen Stelle. Dort befand sich eine kleinere Bühne, wo unterschiedliche Dinge versteigert wurden. Darunter auch Kleider von Mal und einige besondere Stoffe von Anoshka.

Versteigern? Dabei wurde sie leicht nervös. Versteigerung hieß, dass es im schlimmsten und wohl wahrscheinlichsten Fall nur wenig bringen würde.

Gespannt sah sie auf die Dinge, die versteigert werden sollten und fragte sich, wie viel Mals und Anoshkas Waren brachten.

„Woher wusstet Ihr, wann es versteigert wird?", fragte sie leise.

Aaron lachte leise. "Was denkst du denn?", fragte er. "Ich werde natürlich informiert."

Doofe Frage ... die hätte sie sich sparen können. Welches Bild wohl verkauft werden sollte? Die Engelsfrau und den Mondtanz würde Aaron behalten, aber auch die, wo sie nur ihm gemalt hatte. Also blieben nur noch die Bilder mit den spielenden Katudjalls, dem Abendhimmel, wo ein Engel als Schatten flog und einen glitzernden Schweif hinter sich herzog. Aber auch noch ein Bild vom See und der Natur.

Aaron flog etwas näher heran und gab ihr so eine bessere Sicht. Aktuell waren es andere Dinge, die versteigert wurden. Unter anderem eine sehr edel wirkende Vase.

Der Preis dafür war nicht zu verachten. Menschen überboten sich immer wieder, sodass Saori den Kopf schütteln musste. Sie waren verrückt, so viel Geld dafür auszugeben. Auch wenn die Vase hübsch aussah.

"Sie steigern für ihre Engel", erklärte Aaron ihr. "Manche von ihnen sind richtige Sammler."

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