Kapitel 46

Kapitel 46

Ihr Mund war staubtrocken und sie wünschte sich sehnlichst zurück zur Residenz. Es war ein Fehler gewesen, mitzukommen.

Die Weißhaarige hielt ihr eine kleine Plastikblume hin, als würde sie sich entschuldigen wollen. Auron tätschelte ihren Kopf. "Macht dir nichts draus, Yuki", sagte er sanft und küsste ihre Stirn.

Die Weißhaarige ließ etwas die Schultern hängen, doch sonst sah man ihr nichts an, was sie fühlte.

So leid es Saori auch tat, aber sie konnte nicht mehr vertrauen. Dass sich Yukiko Mühe gab, sah sie und es schmerzte die Dämonin, dass sie ablehnte. Übelkeit stieg in ihr auf, weil sie sich deswegen schlecht fühlte. Die kleine Blume nahm sie trotzdem nur vorsichtig an, obwohl sie hinter Aaron stand. Da sie Handschuhe trug, war sie sich sicher, dass sie ihr nicht schaden würde.

Dann bemerkte sie, dass sie nur verblüffend echt aussah, aber es gar nicht war. Dennoch duftete sie leicht, wie eine richtige Blume.

Erstaunt zupfte sie an Aarons Tunika und fragte ihn flüsternd, was genau das denn sei. Der junge Engel konnte spüren, dass Saori unsicher war. Was, wenn etwas in der Blume war, das ihr schaden würde?

"Das sind Blumen, die man für Dekorationen verwendet", erklärte ihr Auron freundlich. "Yuki macht sie selbst und da sie nicht echt sind, schadet man den Pflanzen nicht und sie verwelken nicht."

In den Händen drehte sie die Blume hin und her und roch noch einmal an ihr. „Sie sieht sehr schön aus und sie riecht gut. Ich mag sie", gestand Saori schüchtern.

"Das freut mich sehr", lächelte Auron und auch Aaron freute sich, dass es ihr gefiel.

"Wirst du mit uns reisen oder eine eigene Kutsche nehmen?", wollte Aaron von seinem Mentor wissen und beobachtete Yukiko, wie diese Abisai und Tabitha in die Kutsche verfrachtete. Dabei legte sie genug Stärke an den Tag, damit die beiden nicht gegen sie ankamen.

Den beiden schien das gar nicht zu gefallen. Sie wehrten sich mit allen Kräften und kamen trotzdem nicht dagegen an. Als sie Aaron und Saori erblickten, schwappte eine richtige Hasswelle zu ihnen hinüber.

Ihre Augen sprühten Funken, so sehr hasste Tabitha es, Saori sehen zu müssen.

Gegen Yukiko kam sie jedoch nicht an, genauso wie Abisai. Energisch trieb die Vampirin die beiden in die Kutsche und verschloss sie mit einem speziellen Schloss, bevor sie zu Auron zurückkam.

„Sie sind verladen", erklärte sie mit kühler Stimme. Auron nickte ihr dankbar zu.

„Wie ihr zwei möchtet. Solltet ihr unsere Anwesenheit ertragen, können wir zusammen reisen. Ansonsten nehmen wir eine eigene Kutsche", schlug Aarons Mentor vor.

Aaron blickte zu Saori und dann zu Yukiko. "Ich schätze eine eigene wäre besser. Drei Personen mit Flügeln wird eng", bemerkte er.

Doch Saori überraschte ihn, indem sie den Kopf schüttelte. „Nein, zwei Personen mit Flügeln", korrigierte sie. „Ich lege meine an", flüsterte sie leise.

Als sie Yukiko gesehen hatte, wie sie die Schultern hatte hängen lassen, tat es ihr richtig weh. Das war der Grund, warum sie es wieder gut machen wollte.

Es war nicht Yukikos Schuld, dass Saori so unsicher war.

"Sicher, dass du das die ganze Fahrt über erträgst?", wollte Aaron besorgt wissen. "Du kannst auch auf meinen Schoß, dann ist es bequemer."

Entschlossen nickte sie. Sie würde es schon schaffen. War nicht das erste Mal, dass sie lange Zeit ihre Flügel anlegte.

Aaron nickte. "Gut, dann gehen wir zuerst und Auron und Yukiko kommen dazu", schlug Aaron vor.

Daraufhin nickte sie und stieg in die Kutsche, in dessen Richtung Aaron sie brachte. Als sie jedoch in dem Gefährt war, bereute sie ihre Entscheidung zugleich. Mit so vielen Menschen auf so engem Raum zu sitzen, gefiel ihr nicht.

Hoffentlich war die Fahrt nicht so lange. Dann war es sicherlich zum Aushalten.

Saori drängte sich an den Fensterplatz und machte sich so klein wie möglich.

"So wird das nichts", meinte Aaron und hob sie auf seinen Schoß, damit sie die Flügel wenigstens etwas ausbreiten konnte.

„Lasst mich bitte runter. Es geht wirklich", bat sie Aaron leise. Auron und Yukiko waren bereits dabei, einzusteigen. Schon jetzt lagen Saoris Flügel eng an ihrem Körper an. So, als hätte sie keine. Für sie war es kein Problem so zu sitzen.

Aarons Arm half ihr sogar dabei. "Wir saßen vorhin auch so, also zier dich nicht", flüsterte er ihr leise zu und auch Yukiko wurde von Auron auf dessen Schoß gezogen.

Erst als Yukiko auf Aurons Schoß saß, gab Saori den Widerstand auf. „Es wäre wirklich kein Problem für mich gewesen", sagte sie gedanklich zu Aaron.

Es gab einen kleinen Ruck, bevor die Kutsche anfuhr und Saori krallte sich in Aarons Tunika. Nicht weil sie Angst vor der Fahrt hatte, sondern weil sie sich unwohl fühlte. Die Begegnung mit Tabitha war nicht angenehm gewesen und sie wusste, dass sie die Frau mindestens noch einmal sehen würde.

"Das weiß ich", antwortete Aaron ihr gedanklich. "Aber so traut sich auch Yukiko bei ihrem Mann auf dem Schoß zu sitzen."

„Ist Auron ihr Mann?", fragte sie erstaunt, aber auch nachdenklich.

"Ja, er ist einer der wenigen Engel, die sich gegen eine Hochzeit mit einer Engelsfrau entschieden haben", erklärte Aaron ihr noch immer in Gedanken. "Weil es so wenige Frauen gibt, wird das allgemein sogar gern gesehen, wenn Engel zurücktreten. Damit verlieren sie jedoch einen Teil ihres Status, weshalb es wirklich selten gemacht wird."

Aaron konnte ein leichtes Schnipsen an seinem Nacken fühlen. Dort hatte Saori ihre Finger vergraben und tadelte ihn leicht. Also würde auch er einen Teil seines Status verlieren, wenn er sie heiratete.

Dass ein Engel einen Vampir heiratete, verstand sie genauso wenig, wie ihre eigene Hochzeit. Ihren Kopf hatte sie an Aarons Schulter gelegt und starrte vor sich hin. Sie plagte ein schlechtes Gewissen, weil sie so unhöflich zu Yukiko gewesen war.

"Status ist nicht allen Engeln wichtig", meinte er auf ihren Schnipser. "Manche möchten auch einfach die Person, die sie lieben um sich herum haben", erklärte er ihr und streichelte ihren Rücken beruhigend.

Veränderte sich etwa die Welt so sehr? Früher war das gar nicht denkbar gewesen. Bei Dämonen gilt noch immer das Reinheitsgebot. Nur Dämon mit Dämon. Status spielte eine sehr große Rolle.

"Früher gab es noch mehr solche Paare", seufzte Aaron gedanklich. "Aber seitdem der Krieg geht, ist es wichtig, dass unsere Rasse Nachkommen zeugt und das können nur zwei Engel. Früher war es in Ordnung, wenn in einem halben Jahrhundert ein Kind gab. Engel leben so lange, dass viel weniger sterben, als geboren werden. Aber durch den Krieg hat sich das geändert."

Damit hatte er Recht. Der Krieg hatte alles verändert. Und zwar nicht zum Positiven. Zumindest konnte Saori dem Ganzen nichts Positives abgewinnen.

Es war ruhig in der Kutsche, während sie fuhren. Tabitha und Abisai waren genau hinter ihnen, sodass Auron sie im Blick behalten konnte.

Das Schweigen war Saori unangenehm. Aber etwas zu sagen traute sie sich auch nicht wirklich, weshalb sie mit Aaron in Gedanken sprach.

„Ich habe Angst", gestand sie ihm. Hoffentlich ging alles gut und Tabitha konnte ein glückliches Leben haben.

"Ich bin da und passe auf dich auf", versicherte Aaron ihr sanft und zog sie etwas an sich. Dabei beobachtete, wie auch Auron Yukiko streichelte.

Diese ließ in ihrer Hand kleine Schneeflocken tanzen, mit denen sie scheinbar spielte.

Schüchtern, aber auch neugierig warf Saori ihr einen Blick zu. Was waren die weißen Teile auf ihrer Hand?

Flocke für Flocke begannen diese eine kleine Knospe aus Schnee und Eis zu bilden.

Sie konnte ihren Blick davon nicht losreißen. „Was ist das?", fragte Saori plötzlich schüchtern.

"Es wird eine Eisblume", erklärte Yukiko ihr mit leiser Stimme, weil sie so hoffte, dass sie nicht zu abschreckend wirkte.

„Eis wie das aus dem Gefrierschrank?", fragte sie erstaunt. „Wie macht Ihr das, Mylady?", wollte sie wissen. Dabei beugte sie sich sogar ein Stück weit vor, um besser sehen zu können.

"Das ist meine Fähigkeit", sagte sie leise. "Ich kann alles einfrieren", erklärte sie. "Das hier", begann sie und eine Schneeflocke erschien in ihrer freien Hand, "ist ein gefrorener Tropfen Wasser aus der Luft."

„Wie schön sie aussieht", bemerkte Saori begeistert. Dieses Bild würde sich in ihr Gedächtnis brennen. Ein gutes Motiv für ein Bild war es. Da Yukiko so hübsch war, würde Saori sie gerne zusammen mit einer Schneeflocke malen.

"Jede Schneeflocke ist einzigartig", erklärte Yukiko ihr. "Keine sieht wie die andere aus und sie sind so winzig", schwärmte sie.

Das hatte es bei ihr nicht gegeben. Deshalb war es das erste Mal, dass sie so etwas sah. Doch damit hatte Yukiko ihr Interesse geweckt.

„Es tut mir leid, dass ich ... unfreundlich gewesen bin", sagte Saori entschuldigend. Ihre Worte waren mehr gehaucht als wirklich gesprochen.

"Ich weiß, dass ich durch meine kalte Art sehr ... abschreckend wirkte, Ihr müsst Euch nicht entschuldigen", versicherte sie und modellierte die Eisblume weiter.

Vorsichtig warf Saori Aaron einen fragenden Blick zu, ließ es aber dabei bleiben. „Wie lange dauert die Fahrt?", fragte sie ihn in Gedanken, während ihre Augen auf Yukikos Hand gerichtet war.

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