Kapitel 88
Kapitel 88
Raffael war schweigsam und las aufmerksam durch. Unterbrochen wurde er nur von Tabitha, als diese anklopfte und die Getränke brachte. Dabei wirkte sie höflich und freundlich, als wäre nie etwas vorgefallen. Ihre Gefühle jedoch sprachen andere Bände und waren selbst für Raffael sehr deutlich zu spüren.
Genau wie die von Saori. Er fragte sich, was hier los war und ob die Anwesenheit der Dämonin Teil des Problems war. Ab und an schielte er zu ihr und musterte sie.
Tabithas Gefühle ergaben Sinn, die von Saori jedoch nicht.
Das Dämonenmädchen jedoch wich jeglichem Blick aus und versuchte sich darauf zu konzentrieren, nicht gleich wieder in Ohnmacht zu fallen. Tabithas unfreundlichen Blick, den sie Saori noch zugeworfen hatte, erwiderte sie mit einem zögerlichen Lächeln. Trotz allem blieb Saori freundlich zu ihr, egal was sie getan hatte.
Raffael trank seinen Tee genüsslich und lobte Aaron für seinen vorzüglichen Geschmack. Erst, als er die Mappe durch gelesen hatte, schenkte er Aaron wieder die Aufmerksamkeit.
„So wie ich das sehe, fehlen einige Dinge darin. Sie müssten ergänzt werden, bevor festgestellt werden kann, ob Ihr wirklich in den roten Zahlen steht", begann er mit seinem Urteil. Dass ein paar zahlen nicht zusammenpassten, ließen ihn stutzig werden. Manchmal war es ihm vorgekommen, als hätte ein Kind wahllos Zahlen hingeschrieben, die zuerst Sinn ergaben, bei näherer Betrachtung und nachrechnen jedoch nicht.
Aaron runzelte die Stirn. "Darf ich bitte kurz?", fragte er und nahm sich die Mappe zurück, um noch einmal nachzusehen. "Das ist seltsam", bemerkte er, nachdem er diese auch noch einmal durchgesehen hatte. Er erhob sich und holte eine andere Mappe hervor. Die vom Jahr davor und glich beide ab. Die alte war korrekt.
„Wann hat es angefangen, dass Ihr rote Zahlen schreibt?", wollte Raffael von ihm wissen, nahm aber auch die alte Mappe zu sich, um selbst nachzusehen.
Der Engel überlegte kurz. "Ich schätze kurz nachdem Saoris hier eingezogen ist", überlegte er nachdenklich. Tatsächlich war es ihm bisher gar nicht so richtig aufgefallen, weil es beides nicht direkt zusammenhing.
Erstaunt warf der Engel einen Blick auf die beiden. „Kostet sie Euch viel?", wagte er zu fragen. Dabei sah sie nicht so aus. Und das, was die Königin gesagt hatte, würde auch nicht dazu passen.
Saori sah sehr elegant aus, aber nicht wie jemand, der gerne teure Dinge trug.
"Nicht mehr, als jeder andere auch", meinte er nachdenklich. "Auch der Bau der Residenz, der schon Jahre geplant war, hätte nicht so sehr ins Gewicht schlagen sollen, wie er ist", bemerkte Aaron nachdenklich. "Auch machen die Dinge, die früher viel gebracht habe, plötzlich weniger", bemerkte er. "Mals Kleider laufen angeblich genau so gut wie früher. Dafür ist die Kakteenplantage seltsamer Wiese viel ungepflegter, als erwartet."
„Wenn es Euch recht ist, würde ich mich gerne in den nächsten Tagen intensiv mit diesen Dingen beschäftigen. Dazu gehört das Besichtigen der Produktionsstätten", erklärte Raffael und strich sich über das feine, goldene Haar.
"Natürlich, das wäre sicherlich ein guter Start", meinte er und streichelte Saori sanft. "Ein Teil der Produktion befindet sich auch auf meiner zweiten Insel", sagte er.
Das war der Grund, warum Saori sich nun noch mehr an ihn krallte. Sie wollte nicht, dass der fremde Engel dort sein würde. Ihr Herz begann zu flattern, was ihr den Atem raubte.
„Ich bin mir sicher, dass ein Fehler in den Dokumenten steckt. Vielleicht nur ein Flüchtigkeitsfehler, der behoben werden kann. Mehr kann ich Euch in den nächsten Tagen sagen. Es wäre nett, wenn Ihr mich herumführen und mir die Dinge zeigen würdet", bat er den Engel. Dabei warf er einen verwunderten Blick auf Saori, die anscheinend Panik hatte. Vor was?
Aaron nickte und gab Saori zu verstehen, dass sie gleich gehen konnte. "Dann werde ich Tabitha beten uns zu begleiten. Sie hat einen Überblick über die Dinge. Bei manchen sogar mehr als ich", sagte er und erhob sich. Er reichte Saori die Hand. "Danke, dass du mich begleitet hast. Wenn du möchtest kannst du in den Garten gehen. Tabitha wird bei mir sein", flüsterte er sanft.
Saori nahm seine Hand und stand zitternd auf. „Könnt Ihr ... mich bitte zu Mal bringen?", fragte Saori so leise, dass es Raffael nicht hören konnte. So dachte sie zumindest. Seine Ohren waren jedenfalls sehr gut und er hörte es. Raffael ließ sich jedoch nichts anmerken.
Stattdessen nickte er der Dämonin sogar freundlich zu, was sie dazu brachte, ihren Kopf einzuziehen.
"Dann kann ich Raffael gleich zeigen, wo unsere Schneiderin sitzt", stimmte Aaron lächelnd zu und legte beschützend den Flügel über ihren.
„Richtig. Mal ist diejenige, die Kleider herstellt? Diese verkaufen sich recht gut, habe ich in den Zahlen gesehen", stimmte der neue Engel zu. Er spürte, dass etwas nicht in Ordnung war. Diese Dämonin agierte ganz anders als alle anderen, die er in seinem langen Leben gesehen hatte.
Aber davor hatte ihn die Königin bereits gewarnt. Und jetzt verstand er auch die Anweisung sie nicht zu sehr zu drängen. Sie wirkte, als würde sie gleich vor Angst zusammenbrechen.
"Richtig. Sie ist wirklich gut", stimmte Aaron zu, der Saori sogar mit einer Hand im Rücken sanft stützte.
„Ich bin gespannt", lächelte Raffael, der mit einem Lächeln ganz anders wirkte. Verschmitzt und jünger.
Saori ging dicht neben Aaron, als würde sie mit ihm verschmelzen wollen. Die Hand, welche in ihrem Rücken lag, half ihr tatsächlich, sich gerade noch zu halten, während sie die Flure entlanggingen.
Aaron warf ihr ab und an einen besorgten Blick zu, erklärte sonst aber Raffael, wo sie sich gerade befanden.
Starr hielt Saori den Blick geradeaus, aber auf dem Boden gerichtet, während sie zuhörte.
Raffael schien ebenso sehr interessiert zu sein, denn er stellte einige Fragen.
Gemeinsam kamen sie schließlich bei Mal an, die gerade dabei war ein Kleid an einer Kleiderpuppe fertigzustellen.
„Meister Aaron, Saori!", begrüßte sie die beiden und verbeugte sich höflich vor Raffael. „Was kann ich für Euch tun?", fragte sie fröhlich die Anwesenden.
"Das hier ist Raffael. Er wird mich bei den Verwaltungstätigkeiten unterstützen", stellte Aaron den Engel erst einmal vor, bevor er Mal als Schneiderin vorstellte.
„Es freut mich, Euch kennenlernen zu dürfen Mal", grüßte Raffael die Schneiderin freundlich und reichte ihr sogar die Hand.
Diese erwiderte die Geste mit einen Lächeln. "Möchtet Ihr Euch gleich ansehen, wie ich arbeite?", fragte sie und Aaron erklärte kurz, dass Saori noch mit Mal sprechen wollte.
„Das hat Zeit, Meister Aaron", flüsterte Saori ihm aufgeregt zu. Sie wollte nicht diejenige sein, die alles aufhielt. Auch wenn sie das gerade tat, indem sie den Engel gebeten hatte, sie zu Mal zu bringen.
Aaron blickte zu Raffael, als Frage, ob er wollte oder nicht.
„Ich denke, ich werde morgen zu Euch kommen, damit wir uns in Ruhe unterhalten können", sagte der blonde Engel freundlich. Er sah, dass Saori sich nicht wohl fühlte. Aus welchen Gründen auch immer.
Mal nickte. "Dann werde ich sämtliche Unterlagen für Euch bereithalten", lächelte sie und reichte Saori eine Hand. "Komm", bat sie mit einem Lächeln und schenkte auch Aaron eines, der Saori sanft küsste und dann zu Mal schob.
Beinahe stolperte sie dabei über ihre Füße und fiel sogar mehr gegen Mal.
Der neue Verwalter hob seine Augenbrauen und sah sich die Situation schweigend an.
„Ich kümmere mich um sie", versprach Mal Aaron.
Noch einmal fuhr Aaron ihr mit den Flügel über ihren, bevor er sich mit Raffael wieder in die Flure begab. Dort wartete bereits Tabitha auf sie.
„Wo gehen wir zuerst hin?", fragte Raffael an Aaron gewandt. Die Gefühle von Tabitha Waren sehr gut spürbar, selbst als sie die zwei Männer begleitete.
Aaron stellte zuerst Tabitha als seine Sekretärin vor und dann erklärte er Raffel, dass es wahrscheinlich am sinnvollsten war, bei den Plantagen anzufangen, da dort die Probleme begannen.
Der Engel nickte Tabitha freundlich zu und reichte ihr die Hand, bevor er sich Aaron zuwandte. „Sehr gute Idee. Wenn sie die meisten Probleme zurzeit machen, sollten wir da anfangen", bestätigte Raffael nickend.
Tabitha schwieg in dieser Zeit und schien ihren eigenen Gedanken nachzuhängen.
Währenddessen bekam Saori von Mal eine Tasse Tee, welche sie sich mit Hilfe von Aarons stein herunter kühlte. Nur langsam beruhigte sich die Dämonin, die bis dahin gezittert hatte.
"Was war denn los?", fragte Mal besorgt. So hatte sie Saori noch nie gesehen und was machte dieser seltsame Engel hier?
„Keine Ahnung. Die Königin ... hat ihm einen Berater zur Seite gestellt", erwiderte Saori leise und trank einen Schluck des Kräutertees.
Das sie nicht auf das andere einging, zeigte Mal, dass sie nicht darüber sprechen wollte. Das war in Ordnung. "Verstehe."
Oder sie hatte die Frage nicht ganz verstanden, weil sie unter Stress stand. Das war bei Saori nicht ganz ersichtlich. Oft verstand sie eine Frage ganz anders, als sie gemeint war.
„Aber er macht mir Angst", sagte Saori kleinlaut.
Mal kam auf sie zu und legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. "Weil er ein Engel ist?", fragte sie besorgt.
„Ja", kam die leise Antwort von Saori, die den Kopf hängen ließ. Auch wenn er nicht mit ihr gesprochen hatte, so hatte sie sich doch sehr eingeschüchtert in seiner Gegenwart gefühlt.
"Ich bin mir sicher, wenn du ihn erst einmal kennenlernst, wird er gar nicht mehr so angsteinflößend sein", versuchte Mal sie aufzumuntern.
„Engel bleibt Engel ... noch dazu von der Königin selbst geschickt", kam die kleinlauter Erwiderung von Saori. Die Tasse hielt sie in der Hand und nippte leicht daran.
"Aber Aaron ist doch auch ein Engel", merkte Mal an, die ebenfalls an ihrer Tasse nippte.
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