Kapitel 79

Kapitel 79

Das wollte sie eigentlich nicht, dennoch nickte sie. Das Problem bestand darin, dass sie diese nicht von selbst weit genug ausbreiten konnte.

Aaron half ihr, indem er seine Hände nutzte, um die Flügel ganz sanft zu entfalten. So weit wie es die Position zuließ.

Dabei versuchte Saori, keine Regungen zu zeigen, doch die Erschöpfung von dem Training ließ sie zusammenzucken. Ihre Hände verkrampften sich in ihrem Schoß, aber kein Laut verließ ihre Lippen.

"Sie sehen sehr schön aus und passen gut zu dir", bemerkte die Königin mit einem musternden Blick und nickte Aaron zu, dass dieser sie wieder loslassen konnte, wenn es Saori unangenehm war. "Ich möchte eines klarstellen: Ich werde dich nicht bestrafen, Saori. Du brauchst keine Angst vor mir zu haben, denn ich möchte dir nichts böses tun", fuhr die elegante Frau fort.

Die Dämonin zuckte bei den Worten zusammen und zog sogar ihren Kopf ein.

Aaron hielt sie fest an seine Brust gedrückt und ließ ihren Flügel wieder los. "Du musst keine Angst haben", versicherte Aaron ihr auch noch einmal.

Plötzlich rannten die beiden Katudjalls von der Seite ihrer Besitzerin weg, denn sie hatten Bajing entdeckt. Verwundert darüber folgte Saori den beiden mit einem Lächeln und wirkte in diesem Moment so, als wäre die Königin gar nicht hier.

Aarons Nähe tat ihr gut. Noch immer hatte sie Angst und war nervös, weil sie nicht verstand, warum die Königin hier war.

Diese war dem Blick der Dämonin gefolgt und lächelte sanft. "Sie gehören beide dir?", fragte sie Saori direkt, die daraufhin nickte. Bei der Anrede hatte die Dämonin sofort wieder ihren Kopf gesenkt und sah auf ihre Hände, die sie in ihrem Schoss gefaltet hatte.

"Aaron hat erzählt, was passiert ist. Auch mit deinen Flügeln. Möchtest du dich dazu äußern?", fragte sie Saori, die daraufhin nur den Kopf schüttelte.

"Es ist in Ordnung", sagte Aaron sanft und streichelte ihren Rücken. "Du kannst ganz offen reden, sie wird uns nichts tun."

Die Königin wollte gerne die Sicht von Saori wissen, wie sie diese Situationen empfunden hatte. Warum sie dem Abtrennen der alten Flügel zugestimmt hatte und warum sie sich nicht gewehrt hatte.

Nur langsam und stockend begann Saori schließlich zu erzählen, wie das bei Jaromir gelaufen war. Sie gab sogar zu, dass sie das Abtrennen der Flügel ausschließlich für Aaron getan hatte. "Nur, damit ich ihn das nächste Mal besser schützen kann, falls so etwas noch einmal passiert", fügte sie leise hinzu. Die Königin dabei anzulügen war keine kluge Idee, denn das konnte schwere Strafen nach sich ziehen. Deshalb sprach Saori auch die Wahrheit aus.

Und diese spürte verblüfft, dass es die Wahrheit war. Sie hatte nicht direkt die Gabe das zu spüren, aber eine Art Sinn dafür. Daher war sie sehr verblüfft. "Weil du ihn beschützen möchtest?", fragte sie nach, als könne sie es nicht glauben.

Saori nickte langsam. "Er hat ... mein Leben beschützt, indem er sich mit Ethan angelegt hat. Dafür schulde ich ihm sehr viel", gestand sie leise. Sonst hätte sie die ganzen Strapazen niemals auf sich genommen.

Die Königin nickte nachdenklich. "Ich verstehen", murmelte sie und ließ kurz ihren Blick schweifen. "Gefällt es dir hier?", fragte sie schließlich und wechselte so das Thema.

Wieder bekam sie ein Nicken von der Dämonin zur Antwort. Ihr war klar, dass diese elegante Person vor ihr der Meinung war, dass Dämonen Engel nicht beschützen würden. Doch das war das, was Saori wollte. Aaron beschützen, wenn es sein musste auch mit ihrem Leben.

"Warum hast du solche Angst vor uns Engel?", fragte sie sanft, als wäre Saori kein Dämon, sondern eine verstörte Menschenfrau.

"Der Krieg. Jeder jagt jeden, ungeachtet davon, wer er ist. So wie ... meine Familie Aarons zerstört hat. Es ist kein Wunder, wenn die Engel die Schuldigen deswegen jagen und nach ihrem Leben trachten", antwortete Saori ihr wahrheitsgemäß. Nicht nur, dass es so war. Es waren auch die Gefühle und das Wissen von ihr selbst.

"Du fühlst dich schuldig für etwas, das deine Familie getan hat?", fragte sie. "Du selbst hast nicht getötet?"

Aus den Augenwinkeln erkannte Saori, wie die Katzen versuchten, das Eichhörnchen zu bekommen, das fröhlich durch die Baumkronen flog. Es schien Bajing nichts auszumachen, gejagt zu werden. Vielleicht war es aber auch nur ein Spiel zwischen den dreien. So ganz genau konnte man das nicht sagen.

Auf die Fragen der Königin nickte sie zuerst, bevor sie den Kopf schüttelte. "Ich bin eine Akilah. Das allein ist ein Grund, mich tot sehen zu wollen", sagte sie leise und offenbarte ihr Familienzeichen auf der Stirn, welches unter ihrem Pony gelegen hatte.

Die Königin blickte kurz zu Aaron, der eine Geste machte, die der Königin bedeutete, dass die Dämonin in seinen Armen unschuldig war. Etwas, was diese schon an ihren Gefühlen erkennen konnte.

Das bemerkte Saori jedoch gar nicht. Sie ließ ihre Hand sinken und legte sie wieder auf den Schoß. Konzentriert starrte sie auf ihre Hände, die noch immer zitterten. Für sie stand fest, dass alle Mitglieder der Akilah Familie gern tot gesehen wurden.

"Würdest du gern hierbleiben wollen?", war die nächste Frage, welche die Königin ihr stellte.

"Ja", antwortete Saori mit einem Kopfnicken. Sie fühlte sich hier wohl, auch wenn sie nur hierhergekommen war, weil sie gewollt hatte, dass Tabitha wieder auf der Hauptinsel war. Bei dem Gedanken an die wütende Frau erschauderte sie und ein merkliches Zittern ging durch ihren Körper.

Die Königin musterte sie nachdenklich. "Vor was hast du Angst?", fragte sie Saori noch einmal, meinte aber dieses Mal den Grund ihres jetzigen Zitterns.

Saori warf Aaron einen unsicheren Blick zu, denn sie wollte Tabitha nicht verraten. Schließlich war sie schon lange bei ihm und sie wollte nicht dafür verantwortlich sein, dass Tabitha und Aaron nicht mehr zusammen arbeiten und leben konnten.

"Sie hat gefragt. Es ist in Ordnung, wenn du ehrlich bist, auch wenn du sie nicht verraten willst", sagte er leise. "Ich bin mir sicher, dass sie sich nicht einmischen wird", erklärte er leise an ihr Ohr.

Also begann Saori, den Vorfall mit Tabitha zu schildern. Wie alles abgelaufen war und wie die Katzen, aber auch Zephyr sie hatten schützen wollen. Ihre Stimme zitterte dabei, als sie über den Zorn des Dienstmädchens sprach und welche Worte Tabitha ihr entgegengebracht hatte. Die Worte hatten sich in ihr Gedächtnis gebrannt, weshalb sie diese so gut wiedergeben konnte.

Es war ihr unangenehm darüber zu reden, denn nicht einmal Aaron hatte sie das bis jetzt erzählt.

Dieser hörte zu und spürte, wie er wirklich wütend auf Tabitha wurde. Er hatte das gesamte Ausmaß des Angriffs unterschätzt. So viel Wut und Zorn hatte er ihr nicht zugetraut.

Die Königin nickte langsam und nachdenklich.

"Bitte bestraft sie nicht dafür", bat Saori flehend und hob sogar ihre Hände bittend über den Kopf. "Tabithas Reaktion war natürlich, ich kann sie verstehen", sagte sie leise.

Die Königin wirkte überrascht. "Ich habe nicht vor, sie zu bestrafen, auch wenn sie etwas abscheuliches getan hat und bestraft werden müsste. Aber es ist Aarons Entscheidung, nicht die meine. Ich mische mich nur sehr selten in die Probleme meiner Engel mit ihren Haushalten."

"Bitte bestraft Tabitha nicht, Meister!", bat Saori nun auch Aaron eindringlich. Ihr war bewusst, dass Aaron wohl nicht erfreut über die Worte von ihr gewesen war. Wahrscheinlich hatte sie diese deshalb auch für sich behalten und Tabitha somit nicht verraten. Saori hatte das Dienstmädchen sogar vor einer Strafe schützen wollen.

In ihren blauen Augen lag ein Flehen, denn sie hatte wirklich Angst, dass Tabithas Zorn ihr gegenüber noch größer wurde.

"Ich habe dir versprochen, dass ich sie nicht bestrafe", brachte Aaron zähneknirschend hervor. "Und ich halte mein Versprechen. Aber das gilt nur so lange, wie sie sich benimmt", erinnerte er sie. "Sollte sie sich noch einmal daneben benehmen, kann ich sie auf meiner Insel nicht mehr dulden. Dann ist sie eine Gefahr."

Erleichtert darüber, dass Tabitha nichts geschehen würde, ließ sie wieder ihren Kopf senken und starrte erneut auf ihre Hände. Sie würde auf Aarons Versprechen dabei vertrauen.

Die Königin beobachtete die Szene wirklich interessiert. Es war wirklich nichts, was man alle Tage sah. Diese Dämonin machte sich mehr Sorgen um andere, als manch Engel um seine Geliebten.

"Wenn sie allerdings Ronny umgebracht hätte ... hätte ich ihr das nie verziehen", brachte Saori leise hervor. Das Quietschen und Maunzen des jungen Katers, welches sich in ihr Gedächtnis gebrannt hatte, ließen Tränen in ihr aufsteigen. Sie hatte sich wirklich solche Sorgen um ihn gemacht. Dank Ikaia hatte der Kater jedoch überlebt.

Die Königin nickte. "Katudjall sind sehr besondere Katzen", sagte sie.

Saori hoffte, dass die Fragerei bald ein Ende haben würde. Sie fühlte sich nicht wohl unter dem Blick der Königin, obwohl diese sie sanft und musternd ansah. Nicht wie jemand, der sie bestrafen wollte. Aber die Dämonin schaffte es nicht aufzusehen, um das zu bemerken.

"Hast du Angst vor dem Tanz?", fragte sie sanft und beobachtete Saori neugierig. Ihr war bewusst, dass ihre Frage wahrscheinlich Panik hervorrufen würde.

Sofort krallte Saori ihre Hände in das Kleid, welches sie sich schnell angezogen hatte und nickte. Das Zittern, welches die Frage ausgelöst hatte, ließ sich nicht unterdrücken. Das versuchte sie auch gar nicht erst.

Die Königin hob die Hand und fuhr ihr sanft über die Wange und strich eine Strähne zurück. "Du musst dich nicht fürchten", sagte sie sanft. "Die Engel wollen dich nur sehen. Keiner möchte dich töten."

Nur sehen? Das klang nicht wirklich beruhigend für sie, weil sie wusste, dass sie von allen angestarrt werden würde. Warum war sich die Königin nur so sicher, dass keiner sie lieber tot sehen wollte?

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