Kapitel 76
Kapitel 76
„Ich bin auf Euch angewiesen und das mag ich nicht. Dadurch, dass ich gerade jetzt keine Kraft für irgendetwas habe, müsst Ihr herhalten", erklärte die Dämonin schelmisch. Dabei fügte sie hinzu, dass es wohl eher für ihn eine Strafe war, Kindermädchen zu spielen.
"Ich mache das gerne", sagte er und betrat die Residenz. "Ich möchte dir immer etwas Gutes tun", erklärte er. "Und es stört mich auch nicht."
„Das merke ich", bemerkte Saori lächelnd. „Ihr braucht einen Rückzugsort von allem, wo Ihr einfach Ihr selbst sein könnt, nicht wahr? Seid sicher, dass ich Euch diesen Platz immer geben werde", versprach sie ihm. Zumindest solange, wie sie zusammen waren.
Aaron lächelte und betrat ihr gemeinsames Zimmer. "Dann lass mich jetzt meinen Beschützerinstinkt ausleben", sagte er und drehte sie auf den Bauch, damit er ihre Flügel massieren konnte.
„War nicht die Rede von Eis und Geschichte?", fragte sie harmlos, während sie ihren Kopf zu sich drehte. „Ihr habt mich doch bereits massiert", erinnerte Saori ihn.
„Aaron, die Königin ist auf einen Überraschungsbesuch vorbeigekommen", informierte plötzlich Tabitha ihn in Gedanken. Auch, wenn sie wusste, dass er nicht gestört werden wollte.
Aaron zuckte zusammen und wirkte auf einmal tief traurig. "Die Königin ist zum Überraschungsbesuch gekommen", informierte er Saori mit einem entschuldigenden Lächeln.
Auch die Dämonin war zusammengezuckt. Damit hatte sie nicht gerechnet, aber ihr war klar, dass es wichtig sein musste. „Geht. Es ist besser, sie nicht warten zu lassen", sagte sie zu ihm und warf ihm ein aufmunterndes Lächeln zu.
Aaron küsste Saori noch einmal. "Wenn etwas ist melde dich", bat er sie und rannte dann förmlich zum Balkon, um loszufliegen.
"Ist sie schon da?", fragte er Tabitha in Gedanken.
Nickend sah sie ihm hinterher und ließ ihn gehen. Sie selbst blieb noch eine Weile im Bett liegen, um nachzudenken. Jetzt hatte sie viel Zeit. Aaron würde am nächsten Tag arbeiten und es war nicht gut, wenn er noch einmal zurückkam. Es würde ihn anstrengend.
„Ja, ich habe sie in den Empfangsraum gebracht und ihr etwas angeboten", erwiderte Tabitha.
"Danke", murmelte Aaron. "Ich werde gleich da sein", erklärte er und gab sich Mühe so schnell wie möglich seine Residenz zu erreichen.
Nur wenig später landete er auf dem Balkon.
Die Königin der Engel war am Fenster des Empfangsraumes gestanden und hatte gesehen, wie Aaron angekommen war. Ihr weißes Haar glänzte wie beim letzten Mal, als wäre es von Diamanten umsetzt. Ihre weißen Flügel waren halb zusammengefaltet und in ihrem weißen Kleid hätte man sie für eine Braut gehalten.
Aaron verneigte sich sofort sehr höflich. "Mylady. Verzeiht, dass ich Euch habe warten lassen", sagte er entschuldigend.
Sie winkte lächelnd ab, aber sah neugierig hinter Aaron. „Das ist nicht so schlimm. Wo hast du deine Dämonin gelassen? Macht sie dir Ärger?", wollte sie wissen. So lange hatte sie nicht gewartet und schließlich es ein Überraschungsbesuch.
Aaron wirkte überrascht. "Sie hat sich überanstrengt und ist heute morgen zusammengebrochen", informierte er sie höflich. "Ich wusste nicht, dass Ihr sie sehen wollt."
„Es tut mir leid, dass ich so unangemeldet vorbei komme. Ich war zufällig in der Nähe und wollte nach ihr sehen, wie sie sich macht", erklärte die Königin. „Komm setzt dich zu mir. Erzähl mir, wie es läuft und warum du traurig bist", bat sie den Engel, da seine Traurigkeit gut spürbar war.
Aaron schluckte leicht und kam der Aufforderung nach. Es war immerhin die Königin und sie wollte ihm nichts Böses. Doch das Thema war heikel.
Der Engel goss ihr eine Tasse Tee ein, um sie ihr zu reichen. "Nachdem sie bei Jaromy einen Flügel eingebüßt hat, musste Ikaia ihr die Flügel komplett entfernen", informierte er die Königin, weil sie gefragt hatte.
„Wirklich? Waren die Verletzungen so schlimm?", fragte sie erstaunt und wirkte nachdenklich. „Wie geht es ihr jetzt, wenn du sagst, sie hat sich heute morgen überanstrengt?" Die Königin nippte geziert an der Teetasse und setzte sich elegant auf dem Sofa hin. Ihre eisblauen Augen lagen auf Aaron.
"Die Flügel sind nachgewachsen", erklärte er ihr, starrte jedoch in seinen Tee, statt ihn zu trinken. "Aber viel größer als erwartet. Damit kommt sie nicht klar. Ihr Körper ist sehr schwach", erzählte er weiter.
„Ist das der Grund, warum sie zusammengebrochen ist?", fragte die Königin, die ihr Kleid leicht richtete. „Und was unternimmst du dagegen?"
"Wir machen Übungen, damit sie lernt, wie sie vielleicht sogar fliegen kann", erklärte Aaron und nickte leicht. "Bei diesen Übungen haben wir es wohl übertrieben."
Die wunderschöne Frau wirkte nachdenklich, während sie nickte. „Wo ist sie überhaupt? Ich würde sie gerne sehen", sagte sie zu Aaron. Schon beim ersten Besuch war sie von der zierlichen Dämonin irgendwie fasziniert gewesen.
"Sie befindet sich auf meiner kleinen Insel", sagte Aaron leise und versuchte zu lächeln. "Wenn Ihr das wünscht bitte ich sie zu kommen", meinte er, da die Königin sicherlich nicht dorthin fliegen würde.
Das ließ die elegante Frau jedoch offen. „Wieso ist sie auf einer anderen Insel? Weg von deiner Hauptinsel? Gibt es Probleme mit ihr, dass du sie nicht bei den anderen haben möchtest?", fragte sie ihn direkt.
"Nein, das nicht direkt", meinte er leise und versuchte nicht zu seufzen. "Es gibt eher das Problem, dass sie angegriffen wurde."
Verständnislos sah sie ihn an, bevor sie den Blick leicht senkte. „Möchtest du mir davon erzählen oder bekommst du das von selbst in den Griff?", lautete ihre Frage.
"Ich bekomme es in den Griff", versicherte er ihr schnell. "Es ist nur so, dass Saori sehr ... passiv ist", erklärte er nachdenklich. "Sie hat sich nicht gewehrt und dabei noch mehr Verletzungen davon getragen. Ich möchte einfach nicht, dass ich irgendwann einmal weg bin und sie am Ende zusammengeschlagen im Garten vorfinde, weil meine Leute eifersüchtig auf sie sind", erklärte er schließlich und wirkte auf einmal niedergeschlagen.
„Eine Dämonin, die sich nicht wehrt?", wollte die Königin sicherstellen. Das war ihr in ihrem ganzen Leben noch nicht einmal zu Ohren gekommen. Dass seine Leute auf sie eifersüchtig waren, war ein anderer Punkt.
Beruhigend legte die Königin eine Hand auf seinen Arm. Dabei konnte Aaron die seidenweiche Haut der Frau spüren, die wie ein Hauch wahrzunehmen war.
Er erzitterte leicht, doch nicht, weil er Angst hatte. Es hatte etwas sehr Beruhigendes an sich und er war ihr gegenüber schon immer offen gewesen, weil er wusste, dass sie ihm mit Respekt und Verständnis entgegentrat.
„Sie scheint wirklich kein ... normaler Dämon zu sein. Ihre Angst habe ich schon gespürt. Vor was genau hat sie Angst?", fragte die Königin vorsichtig. Obwohl Saori diese damals versucht hatte zu unterdrücken, war sie spürbar gewesen.
"Vor sehr vielen Dingen", gestand Aaron ihr. "Sie hat Angst bestraft zu werden, vor unbekannten Situationen und auch vor anderen Engeln", versuchte er zu erklären. "Und nach ihrer Aussage auch davor, mich zu enttäuschen oder Schande über mich zu bringen."
Nachdenklich legte die Frau ihren Finger an ihr Kinn. Das hörte sich nicht sehr einfach an. „Eines ist sicher: Sie ist im falschen Körper geboren. Diese Reinheit bringen nur Engel zustande", bemerkte die Königin und stand auf, wobei sie Aaron mit einer Handbewegung bedeutete, dass er sitzenbleiben konnte.
Eine Dämonin, die Angst davor hatte, Schande über einen Engel zu bringen, war durchaus ungewöhnlich. Langsam und mit eleganten Schritten ging die Königin erneut zu dem großen Fenster, der ihr einen Blick auf die Pferdezuchten bot. Dort spielten zwei Pferde ausgelassen Fangen miteinander.
„Warum hat sie Angst vor anderen Engeln? Wie stellst du dir das vor, wenn das Fest stattfindet?", fragte sie den Engel nachdenklich.
"Das weiß ich noch nicht. Wir haben gerade damit zu kämpfen, dass sie nicht vor Angst zusammenbricht, wenn sie anderen begegnet", erklärte er ehrlich. "Ich habe überlegt auf den Marktplatz anzufangen. Damit sie sich an die Massen gewöhnen kann", erklärte er ihr und meldete sich gedanklich bei Saori, dass die Königin vielleicht Interesse daran hatte, sie zu sehen.
Die Königin stimmte seinem Plan zu. Sie begrüßte es, dass Aaron sich ihr angenommen hatte und versuchte, Saori an ein normales Leben zu gewöhnen. „Brauchst du Hilfe dabei?", fragte sie ihn. „Ich wäre bereit, dir zu helfen."
Wenn Aaron gedacht hatte, dass Saori wohl Angst hatte und aufgeregt war, dann hatte er recht. „Mich? Wieso? Was habe ich getan?", fragte diese geschockt und brach in Panik aus. Dabei war sie gerade dabei gewesen, Eis zu essen. Doch dieses wurde hektisch im Gefrierschrank wieder verstaut.
"Es ist alles in Ordnung", versicherte er Saori gedanklich. "Sie ist neugierig, mehr nicht", beschwichtigte er die Dämonin, bevor er seinen Blick zu seiner Königin wandern ließ. "Danke für das Angebot", sagte er mit einem schiefen Lächeln. "Aber im Moment wüsste ich nicht, wie Ihr mir helfen könntet", sagte er ehrlich, wenn auch entschuldigend. Es war immerhin nicht so, dass er ihre Hilfe ablehnte.
Die Königin nickte. „Solltest du jedoch Hilfe benötigen, zögere nicht, dich an mich zu wenden. Dein Dämon ist etwas besonderes. Wie jemand, der die Welt ändern könnte", meinte sie nachdenklich. „Ich würde sie gerne sehen und mich von ihr überzeugen." Damit war das Schicksal gefallen, welches sie einige Zeit heraus gezögert hatte.
"Saori, sie möchte dich sehen", erklärte Aaron Saori gedanklich. "Soll ich sie herholen?", fragte Aaron die Königin leise und erhob sich bereits.
„Nein. Ich würde gerne sehen, wo sie ist und ob sie sich dort wohler fühlt", sagte die Königin entschieden. „Ich denke, es wird nicht weit sein, oder?"
Währenddessen bekam Saori einen ihrer Panikanfälle. Sie hatte nicht erwartet, dass diese elegante Frau, welche die höchste Position der Engel einnahm, sie noch einmal sehen wollte.
"Saori, bitte beruhige dich", bat Aaron sie. "Wir sind auf den Weg zu dir. Es ist nichts Schlimmes", versicherte er ihr noch einmal und nickte der Königin zu. "Wenn es Euer Wunsch ist, werde ich Euch den Weg weisen", sagte er und bemerkte schon jetzt Saoris Panik, obwohl diese so weit weg war.
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