Kapitel 68
Kapitel 68
„Diese jedoch zu vereinen ist auch nicht richtig. Niemand kann auf Eurer Ebene stehen. Sie gebührt Euch allein", beharrte die Dämonin. Sie verstand zwar seinen Standpunkt, aber es stand Saori nicht zu, auf seiner Ebene zu stehen.
"Warum bin ich dazu verdammt, auf ewig einsam zu bleiben?", fragte er sie überrascht. "Habe ich irgendwas falsch gemacht?"
„Ihr seid nicht einsam. Auch wenn ich weit unter Euch und allen anderen stehe, bin ich Eure Geliebte. Die Ebenen sind dazu da, die Unterschiede zwischen den Personen darzustellen", erklärte sie ihm. So ganz folgen konnte sie ihm nicht. Was hatte es damit zu tun? Warum musste Saori auf einer Ebene mit ihm sein, dass er sich nicht einsam fühlte?
"Wenn es nach mir ginge, hast du einen viel größeren Wert und ich würde dich auch gern in diese Position heben", sagte er leise.
„Das mag sein, aber das ist nur ein Wunschdenken", entgegnete sie ihm flüsternd. Nie würde es soweit kommen, dass eine Dämonin bei einem Engel so einen hohen Stellenwert einnahm. Immer wieder strich sich Saori nervös über ihre Arme.
„Ich habe Angst, dass andere denken, ich hätte keinen Respekt mehr vor Euch. Und auch, dass Ihr das glaubt. Dass ich Dinge tue, die sich nicht gehören, wenn zwei so unterschiedliche Ebenen miteinander verschmolzen werden", sagte sie schließlich kleinlaut. Bis jetzt hatte sie noch nicht auf seine Frage geantwortet, vor was sie Angst hatte.
"Wenn du bei anderen Meister zu mir sagst, dann ist das in Ordnung. Wenn sie denken, dass du unter mir stehst, dann ist das gut", sagte er leise. "Aber für mich wird dein Wunsch immer ganz oben auf meiner Liste stehen. Für mich bist du die Frau, die ich liebe und die ich verwöhnen und jeden Wunsch erfüllen möchte."
Leicht schüttelte sie den Kopf. „In meiner Unachtsamkeit kann es durchaus vorkommen, dass ich Euch beim Namen nenne, obwohl andere dabei sind. Das möchte ich vermeiden. Auch, dass ich Euch in unangenehme Situationen damit bringen würde", erwiderte Saori. Es schien, als würde sie sich nur Gedanken darum machen, was andere denken würden. Dass sie Aaron in keiner Weise schaden wollte. Was, wenn ihr sein Name in Gegenwart von anderen Engeln herausrutschte? Das würde große Konsequenzen mit sich ziehen.
"Mir wäre das egal", sagte er ehrlich. Für ihn war es nicht schlimm, wenn sie nicht Meister sagte, wenn andere zuhörten. Er würde sie dafür nicht einmal tadeln, selbst wenn das erwartet wurde.
„Vielleicht ist das Euch egal. Aber mir nicht. Ich möchte kein Risiko eingehen und Euch schaden", erklärte das Mädchen mit dem silbernen Haar. Ihr war unwohl bei dem Gedanken, dass das passieren könnte. Aber Aaron hatte recht, sie war unbekannte Dinge nicht gewohnt und hatte Angst davor.
"Ich möchte einfach nur jemanden, bei dem ich nicht der Meister sein muss", flüsterte er und ließ die Schultern etwas hängen. "Wo ich einfach nur ich sein kann."
„Das verstehe ich. Oft kommt Ihr mir nicht einmal wie einer vor. So verspielt, wir Ihr seid", gestand Saori und drehte ihren Kopf endlich wieder in seine Richtung. „Ich werde Euren Wunsch erfüllen, so wie es sich gehört", sagte sie nach kurzem Überlegen entschlossen. Egal, wie sie sich dabei fühlen würde. Sie hatte sich gehen lassen und den Wunsch abgelehnt. Aus ihrer eigenen Unsicherheit, die sie dabei nicht beeinflussen durfte.
Aaron hielt sie fest, auch wenn es eher so wirkte, als wäre sie seine Stütze und nicht er ihre. "Ich kann nicht immer nur der Meister sein."
„Ihr werdet immer der Meister sein. Das könnt Ihr nicht ändern. Aber ich möchte Euch die Gelegenheit geben, Euch frei zu entfalten und einfach der zu sein, der Ihr sein möchtet", gestand die Dämonin und fuhr sich leicht zitternd mit der Hand über das Gesicht. Es gefiel ihr nicht, den Herrscher so anreden zu müssen.
Aaron legte seine Stirn gegen ihre. "Ich danke dir", sagte er und an seiner Stimme konnte man hören, wie viel es ihn bedeutete.
Seine Stirn fühlte sie warm an. Nicht heiß, aber auch nicht sehr kühl. „Werdet Ihr krank?", fragte Saori besorgt.
"Nein, ich hoffe nicht", murmelte er leise. "Ich bin nur erleichtert."
„Wie ist das mit Tabitha? Sie spricht Euch ... mit Eurem Namen an", wollte sie vorsichtig von ihm wissen. Stand sie dann auch auf seiner Ebene?
"Ihr habe ich das nie erlaubt", stellte er klar. "Sie hat es von sich aus getan und anfangs habe ich es begrüßt", gestand er ihr. "Aber nur, bis ich verstanden habe, dass sie es nicht für mich oder meinetwillen tut, sondern weil sie sich davon erhofft, dass ich sie in den Rand hebe, der ihr ihrer Meinung nach zusteht."
Nachdenklich schüttelte sie den Kopf. Dass sich jemand das traute, war unvorstellbar. Das war respektlos und nicht in Ordnung. Bei ihrem Vater wäre sie schon längst nicht mehr am Leben. Bei ihm wurde stets kurzer Prozess mit den Leuten gemacht, die nicht gehorchten.
"Sie hat mein Bedürfnis verstanden und es ausgenutzt", seufzte er leise. "Nur habe ich das erst sehr viel später bemerkt", murmelte er und vergrub seinen Kopf an ihrer Schulter.
„Es tut mir leid, dass sie das ausgenutzt hat", flüsterte Saori, die ihre Hand zu seinem Nacken gleiten ließ und ihn dort kraulte. „Ich würde das niemals tun. Deshalb will ich Euch auch nicht beim Namen nennen. Es fühlt sich an, als würde ich Euch ausnutzen."
"Ich weiß, dass du das nicht würdest, deshalb erlaube und wünsche ich es mir auch", sagte er sanft. "Es gibt mir das Gefühl, dass du mich akzeptierst, wie ich bin."
„Ich akzeptiere Euch auch ohne das intime Anreden", beharrte Saori leise. Jemanden wegen einer Position nicht zu akzeptieren, kam für die junge Dämonin nicht in Frage. Deshalb sprach sie ausdrücklich jeden höflich an. Außer Zephyr und Ephraim.
"Und trotzdem habe ich das Gefühl zwischen uns ist dieser Graben. Diese Distanz", murmelte er leise und wünschte sich so sehr eine gemeinsame Zukunft.
„Meister ... dieser Graben wird auch nicht zum schließen sein", vermutete sie, wobei sie sogar unglücklich darüber klang. „Ihr seid ein Engel ... die höchste Rasse der Menschheit unter den Göttern. Ich bin ganz unten, ein Dämon aus den Tiefen der Welt. Dazwischen gibt es viele andere Rassen", fuhr sie leise fort. Dabei ließ sie nicht davon ab, Aarons Nacken weiter zu kraulen. Dass er nichts außer dem Handtuch um seinen Unterkörper trug, störte sie nicht.
"Und doch sind wir auch einfach nur Mann und Frau", flüsterte er leise und schluckte. Nicht nur sie hatte Angst vor dem Augenblick, wo sie vor den Engeln tanzen mussten. Es würde so viel entscheiden.
„Das mag stimmen ... und trotzdem geht es nicht immer, dass alles so läuft wie man es sich wünscht", erwiderte Saori traurig. Manche Dinge konnte man nicht ändern. „Ich bin bereit, Euch das zu geben, was Ihr Euch wünscht und was Ihr braucht", erklärte das Mädchen und küsste vorsichtig seine Stirn.
"Ich brauche dich", murmelte er und schloss die Augen. Das Gefühl bei ihr zu sein, war einfach so gut, dass er es nicht mehr missen wollte.
„Ihr dürft Euch jederzeit das nehmen, was Ihr verlangt und begehrt. Ich werde Euch nicht enttäuschen", versprach das Mädchen ihm und fuhr ihm durch die silbernen Haare.
Aaron atmete ihren Geruch ein und seufzte leise. Nur langsam entspannte er sich wieder.
Saori wusste nicht, was sie sagen sollte, weshalb sie sich darauf beschränkte, Aaron durch die Haare zu fahren. Aber auch seine Wange sanft zu streicheln.
"Ich bin froh dich zu haben", murmelte er. "Du gibst mir ein gutes Gefühl."
„Ich bin froh, wenigstens zu etwas zu gebrauchen zu sein", erwiderte Saori leise.
"Es mag sein, dass andere dich nicht wollen oder glauben du bist wertlos, aber für mich bist du das wertvollste", murmelte er leise an ihren Hals.
Dazu sagte sie nichts. Seine Meinung konnte sie im Moment nicht teilen. Stattdessen streichelte sie den Engel im Nacken. Aber Aaron war für sie das Wertvollste. Etwas, was ihr Leben bereicherte und viele Erfahrungen einbrachte. Und etwas, was eines Tages nicht mehr für sie existieren würde.
Schließlich löste sich Aaron sanft von ihr. "Möchtest du schlafen?", fragte er, da er davon ausging, dass sie einen anstrengenden Tag gehabt hatte.
„Ja ...", gestand sie. Saori fühlte sich nur allein vom Singen und dem Gespräch erschöpft. Dinge gingen ihr durch den Kopf, die nicht ein angenehmes Gefühl auslösten.
Aaron wollte, dass sie ihn mit Namen ansprach, aber sie fühlte sich nicht wohl dabei. Es würde ihren Status heben und seinen gleichzeitig senken. Es machte ihr Angst, was passieren würde, wenn sie anfing, ihn Aaron zu nennen.
Andererseits musste sie ihm die Wünsche erfüllen. Es führte kein Weg daran vorbei.
Aaron löste sich von ihr, nur um sie kurz darauf hochzuheben und zum Bett zu bringen. Dprt schlug er die Decke zurück. "Komm, leg dich zu mir", bat er sie und hielt die Arme und Flügel auf, sodass sie sich beide hinlegen konnten.
Saori kroch zu ihm und ließ sich neben ihm nieder, um von ihm in den Arm genommen zu werden.
Aaron hielt sie fest und gab ihr noch genug Freiraum, dass sie sich legen konnte, wie es für sie bequem war.
Das Mädchen kuschelte sich an seine Brust und vergrub ihr Gesicht daran. Warum war alles so kompliziert? Sie war traurig, dass die Umstände nicht besser waren. Unter anderen Umständen hätte sie vielleicht eingewilligt, ihn so zu nennen, ohne groß zu hinterfragen. Doch nun hatte sie einfach Angst, dass sich dadurch alles änderte.
Aaron spürte sie und fragte deshalb noch einmal vor was sie Angst hatte.
„Vor allem. Es wird sich alles ändern. Es wird nicht mehr wie davor sein. Selbst Euer Kuss hat sich anders angefühlt", murmelte Saori leise.
"War es denn schlecht?", fragte er leise. Er bekam ein wenig die Angst, dass sie, nun da sie mehr Freiheiten besaß, vielleicht gar nicht mehr mit ihm zusammen sein wollte. Dass sie es nur getan hatte, weil es der Wunsch ihres Meisters war.
„Ich weiß nicht. Es war ... einfach anders. Ungewohnt und neu", antwortete das Mädchen ihm. Sie hatte nicht gedacht, dass eine Kleinigkeit etwas gravierend verändern konnte.
"Verstehe", murmelte er und küsste ihre Haare, weil er nicht an ihre Lippen herankam, so wie sie lag.
Als sie den Kuss spürte, hob sie ihren Kopf und drückte ihn einen vorsichtigen auf sein Kinn. „Gute Nacht ... Aaron", brachte sie unter größter Anstrengung hervor. Dabei hatte sie eine Pause gehabt, bevor sie seinen Namen über die Lippen gebracht hatte.
Aaron lächelte sanft und küsste sie innig und liebevoll.
Es war anders. Anders als zuvor. Das spürte das Dämonenmädchen. Es fühlte sich nicht schlechter an, doch es war ein neuer Lebensabschnitt für sie. Ein weiterer innerhalb weniger Tage. Ob sie das verkraften konnte?
Saori versuchte herauszufinden, ob es schlechter oder besser war. Eine Antwort konnte sie darauf nicht finden. Noch nicht. Vielleicht, wenn einige Tage verstrichen und sie sich daran gewöhnte, ihn anders zu nennen. Denn es fühlte sich auch anders für sie an. Nicht mehr wie Meister und Frau, sondern Mann und Frau. Das war beängstigend.
Vor Erschöpfung schlief Saori nach kurzer Zeit ein, wobei diese Gedanken sie bis in die Träume verfolgten.
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