Kapitel 48
Kapitel 48
„Das seid Ihr immer noch und werdet es auch immer sein", bemerkte sie trocken, wobei sie dabei sogar lächelte. Aber es stimmte, er hatte ihr sehr viel Angst eingejagt.
Aaron drückte sie fest an sich. "Ich möchte nicht, dass du Angst vor mir hast."
"Ihr seid einfach so, wie Ihr seid. Auch wenn es oft gruselig ist", flüsterte das Mädchen und gab ihm einen sanften Kuss auf die Haare. "Was hat Euch eigentlich dazu bewegt, mich doch nicht zu töten?", fragte sie leise. Das hatte sie sich schon die ganze Zeit gefragt.
Aaron begann sie zu streicheln, um sich selbst zu beruhigen. "Deine Angst", gestand er. "Ich hatte noch nie einen Dämon, der solche Angst verspürt hat. Mir war sofort klar, dass deine Gefühle echt waren."
Nachdenklich legte das Dämonenmädchen den Kopf schief. "Wirklich? Gerade dann sollte man doch in der Lage sein, es einfacher hinter sich zu bringen, oder?", fragte sie verwundert. Sicherlich hätten andere nicht so mit ihr verfahren, wie es Aaron getan hatte.
"Stimmt, aber ein Dämon, der solche Angst hat und keinerlei böse Absichten verbarg, war mir noch nie begegnet. Ich war neugierig", gestand er leise.
"Dann ... hatte ich Glück, dass ich auf Euch getroffen bin und nicht Ethan ...", murmelte Saori, die dabei ein ganz flaues Gefühl im Magen bekam. Das, was Ethan anscheinend mit ihr vorgehabt hatte, erschütterte sie noch immer.
"Wenn du Ethan begegnet wärst, hättest du Glück haben und schnell sterben können, oder aber er hätte dich mitgenommen", flüsterte er und schauderte, bevor er sie noch näher an sich zog.
"Ihr wolltet mich doch auch ... hoffentlich schnell töten? Oder warum habt Ihr diesen einen Staub eingesetzt?", wollte das Mädchen wissen. Eine Gänsehaut hatte sich gebildet, wenn die Bilder vor ihren Augen hochkam, wie er sich vor sie aufgebaut hatte. Wie böse er sie angesehen hatte und der Staub sich in der Luft verbreitet hatte, der sie unbeweglich gemacht hatte.
Sie erinnerte sich sogar daran, wie müde sie geworden war. "Es wird schnell gehen", wiederholte Saori leise die Worte von Aaron, die er gesagt hatte. In dem Moment hatte sie eine tiefe Dankbarkeit gespürt, dass er sie nicht hatte leiden lassen wollen.
"Ja, das hatte ich vor", gestand er. "Aber deine Gefühle haben mich so aus der Bahn geworfen", murmelte er und erinnerte sich daran zurück. "Und du hast so unschuldig ausgesehen, dass ich es einfach nicht konnte. Ich wusste nicht, ob du gefährlich oder böse warst, aber du hast mich nicht angegriffen und ich habe mich gefühlt wie ein Wolf, der ein Kaninchen fressen will und nicht wie ein Löwe, der sein Rudel beschützt."
"Eure Worte ... haben mich damals berührt. Ich hatte Angst zu sterben, aber ... ich war wirklich dankbar, dass Ihr es schnell tun wolltet", gestand Saori dem Engel. Langsam rutschte sie so auf dem Bett, sodass sie nebeneinander liegen konnten, ohne ihn loslassen zu müssen.
"Ich habe es gespürt und diese Dankbarkeit hat mich verwirrt", gestand er. "Es hat sich falsch angefühlt dich töten zu wollen."
Das hieß, sie hatte ihn verwirrt und war deshalb noch am Leben? Ihr war das gar nicht bewusst gewesen. Vermutlich hätte das bei jemand anderen gar nicht funktioniert. Saori ging davon aus, dass die älteren Engelskämpfer wohl um einiges härter durchgreifen würden.
"Ich liebe Euch für das, was Ihr seid. Auch wenn es mir nicht gefällt, dass Ihr ein Krieger seid", sagte sie ehrlich und fügte hinzu, dass er aber auch ihr Meister und der Herrscher der Inseln war.
Aaron vergrub sein Gesicht in ihrem Nacken. "Ich wäre gern mehr das, was du verdienst", murmelte er leise.
Seufzend über den warmen Atem, der ihr eine erneute Gänsehaut bescherte, erwiderte Saori, dass nicht alles im Leben perfekt sein konnte. "Es gibt Dinge, die einem nicht gefallen. Entweder man akzeptiert sie und lebt mit ihnen oder ... man hält sich davon fern", räumte sie ein.
"Ich möchte nicht, dass du dich von mir entfernst", murmelte er.
"Habe ich das gesagt?", fragte Saori den Engel erstaunt. Sie hob seinen Kopf an, damit sie ihm in die Augen sehen konnte. "Ich kann damit leben und es akzeptieren", sagte sie liebevoll. Eigentlich war es egal, was er war und woher er kam. Saori hatte durch ihn gelernt, dass es keinen Unterschied machte, woher sie kamen. Das, was sie fühlten, war das, was wirklich zählte.
"Nein, aber ich habe trotzdem Angst davor", gestand er leise und zeigte so mehr von seinen Gefühlen, als er es sonst tat.
Stille breitete sich im Schlafzimmer für einige Sekunden aus, während sie nachdachte. "Genau das ist es, was mir Angst macht. Ihr werdet Euch eines Tages von mir entfernen, ohne dass ich etwas dagegen tun kann. Ihr werdet genau wie in meinem Traum stehen und je mehr ich zu Euch renne, desto mehr entfernt Ihr Euch", sagte sie bedrückt. Die schlanken, kleinen Finger der Dämonin spielten mit Aarons langen, silbernen Haaren, solange sie sprach.
Sein Geständnis hatte ihr gezeigt, dass auch er Angst davor hatte. Nur wusste er, dass es unvermeidbar war.
"Aber in deinem Traum habe ich es nicht gewollt", erinnerte er sie. "Tabitha hat mich, ohne mein Einverständnis, von dir ferngehalten."
Leicht nickte Saori. Aaron hatte Recht. In ihrem Traum hatte sie für ihn gekämpft und Tabitha damit vertrieben, damit sie zusammen sein konnten. Jedoch war es in der Realität nicht so einfach. Die Dämonin könnte niemals jemand anderen verletzen, nur um das zu bekommen, was sie selbst wollte. Aaron. Er war derjenige, den sie begehrte.
"Vielleicht wird es eines Tages auch so sein, dass sie Gründe findet, dass Ihr keine Zeit mehr habt", vermutete Saori nachdenklich.
"Ich werde mir immer Zeit für dich nehmen", versprach er ihr. "Niemand wird mich davon abhalten können."
"Doch, die Königin und ihr Gemahl", erinnerte die Dämonin ihn daran. Sanft drückte sie einen Kuss an Aarons Wange. "Lasst uns schlafen. Morgen wird sicherlich ein anstrengender Tag", bemerkte sie lächelnd. Für sie auf jeden Fall. Hoffentlich lohnten sich die ganzen Strapazen auch.
"Selbst sie würden es nicht schaffen", murmelte er leise.
"Wäre ich Eure Meisterin, würde ich Euch nun sagen, dass Ihr nicht ständig widersprechen sollt", lächelte Saori leicht, während sie sich die Seidendecke nahm und diese über sich und Aaron ausbreitete.
"Wie meine Lady wünscht", sagte er und küsste sie sanft.
"Lasst den Unsinn", tadelte Saori lachend und stupste Aaron in die Seite. "Das hört sich albern an."
"Da ich dir nicht widersprechen soll", neckte er sie und küsste sie sanft. "In Ordnung, mein Schatz."
Das Mädchen brach in lautes Gelächter aus. "Das hört sich sogar noch alberner an, wenn ich ehrlich bin. Mir ist es lieber, wenn Ihr mit mir diskutiert. Das bringt wenigstens ein bisschen Schwung", sagte Saori und befreite sich aus der Decke. Sie hatte Durst und würde sich noch ein Glas Wasser holen, bevor sie anfangen würden, zu schlafen.
"Finde ich gut", grinste er und setzte sich auf, um sie zu beobachten. Ihm wurde wieder einmal bewusst, wie schön sie war.
"Das heißt aber nicht, dass Ihr das Recht habt, Eure Geliebte jedes Mal zu Tode zu erschrecken", warnte sie den Engel, der sie beobachtete. Im Bad hörte man das Wasser rauschen, nachdem sie verschwunden war und kurz darauf kam sie mit einem Glas zurück. "Und auch, dass Ihr Euch nicht ständig über das, was ich sage und möchte, hinwegsetzt", fügte sie noch hinzu, nachdem sie einen Schluck genommen hatte.
Saori kam auf den Engel zu und setzte sich an die Bettkante, wo sie in kleinen Schlucken das Wasser genoss.
"Ich habe nicht vor mich über deine Wünsche hinwegzusetzen", sagte er leise.
Plötzlich begann sie zu husten, weil sie sich verschluckt hatte. "Darf ich Euch darauf aufmerksam machen, dass Ihr das ständig tut? Wie mit dem Fliegen?", bemerkte sie heiser und trank noch einmal, um das Kratzen im Hals wegzubekommen. Saori war ihm nicht böse deswegen, sondern eher amüsiert. Nur deshalb neckte sie ihn auch.
"Es gibt einen Unterschied zu dem, was du wir wünschst und was du zu mir sagst", erklärte er ihr.
Langsam trank sie aus und stellte das leere Glas auf den kleinen Nachttisch. "War es nicht deutlich genug, als ich an dem einen Tag nicht fliegen wollte, weil ich ... nicht gut gelaunt war?", wollte sie von ihm wissen und kam seinem Gesicht näher. Es hatte ihr wirklich nicht gefallen, weil sie nach Tabithas Angriff so viel Angst gehabt hatte, rauszugehen. Aber seine Hartnäckigkeit hatte dazu geführt, dass sie sich danach wieder besser gefühlt hatte.
"Mag sein, dass du nicht fliegen wolltest, aber du brauchtest etwas, um aus deiner Angst zu kommen", erklärte er ihr. "Vielleicht formuliere ich es anders: Das was du wünschst, ist nicht immer das, was du brauchst."
"Ihr seid unverbesserlich", seufzte Saori, die sich unter die Seidendecke kuschelte, nachdem sie nahe an Aaron gerückt war. "Und woher wollt Ihr wissen, was ich brauche?", nuschelte sie an seine Brust, an der sie ihr Gesicht vergraben hatte.
"Jeder würde in deiner Situation Ablenkung brauchen", sagte er sanft. "Und ich weiß es nicht immer."
"Ich hatte Ablenkung. Malen, Zephyr, die Katzen", zählte das Mädchen auf und hob den Kopf. Aber es war gut gewesen, dass er sie aus ihrem Schneckenhaus geholt hatte.
"Vielleicht", murmelte er und zog sie eng an sich. "Schlafen wir etwas."
Er spürte kurz darauf die weichen Lippen der Dämonin an seinen Lippen. "Gute Nacht, Meister ... erholt Euch gut", flüsterte sie sanft gegen seine warme Haut.
"Gute Nacht. Träum was schönes", murmelte er zurück und schloss dann die Augen.
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