Kapitel 33
Kapitel 33
Ihr stieg ein Kloß im Hals auf, den sie versuchte, herunterzuschlucken. Es tat ihr sogar weh, weil Aaron anscheinend wirklich versucht hatte, ihren Bedürfnissen zurecht zu werden. Und sie fühlte sich, als würde sie abgeschoben werden, obwohl es ihr eigener Wunsch war, dass Tabitha zurückkam. Wenn er meinte, dass es auch für ihre eigene Sicherheit war, musste sie ihm vertrauen.
Aaron zog sie fest an sich und küsste sie beruhigend. "Ich spüre noch immer dein Unwohlsein", bemerkte er und blickte ihr tief in die Augen.
"Mhm", erwiderte Saori nur und wich seinem Blick sogar aus. Sehr viel hatte sie nicht gesprochen, seit sie hier angekommen war.
"Bitte verrat mir warum", bat er sie, weil er wissen wollte, was sie störte.
Saori befreite sich vorsichtig aus seinem Griff und stellte sich an das dunkle Fenster, aus dem sie sah. Von hier konnte sie einen Teil vom See erkennen. Der Rest war von den Bäumen verdeckt.
Langsam erzählte sie Aaron die Gefühle, die sie hatte. Saori versuchte, diese zu beschreiben. "Versteht mich nicht falsch, Meister. Es ist mein Wunsch, dass Tabitha glücklich ist und ihrer Arbeit wieder nachgehen kann. Dass sie in Eurer Nähe sein kann", sagte die Dämonin langsam zu Aaron. "Und trotzdem fühle ich mich, als würde ich abgeschoben werden. Aus einem Teil Eures Lebens entfernt werden, wenn ich nicht mehr in Eurem Palast bin. So seltsam es sich anhört. Ich habe Angst, dass sich dadurch alles ändert."
Aaron trat wieder an sie heran und legte ihr sanft den Flügel auf ihren. "Es wird sich etwas ändern", stimmte er zu, weil er sie nicht anlügen wollte. "Aber das muss nichts Negatives sein", erklärte er. "Du darfst jederzeit zu mir kommen. So, wie du es bisher auch durftest. Wenn du das Bedürfnis verspürst, in meinem Zimmer zu schlafen, dann bist du dort weiterhin herzlich willkommen. Nur hast du jetzt einen Rückzugsort, wo dich wirklich niemand verfolgen kann. Außer mir versteht sich."
"Ich bin mir nicht sicher, ob es eine gute Idee ist, Euch besuchen zu kommen. Es würde Euch nur ... wieder in eine schlechte Situation bringen. Das möchte ich nicht", erwiderte Saori, die ihre Hand sogar vor den Mund hielt, um das Schluchzen, dass sich in ihr aufgebaut hatte, zu dämpfen.
"Nein, das wird es nicht", versicherte er ihr. "Es wird mich sogar freuen", flüsterte er an ihr Ohr. "Am liebsten würde ich die ganze Zeit, die ich habe, mit dir verbringen."
Natürlich würde es eine schlechte Zeit mit sich bringen. Wenn Tabitha wusste, dass Saori da war, würde es von vorne losgehen. Das würde die Dämonin vermeiden, denn sie wollte Aaron nicht schaden. Diese Worte sprach sie nicht aus, da sie davon ausging, dass der Engel es durchaus selbst wusste.
"Es ist besser, wenn Ihr jetzt geht", sagte sie kläglich, nachdem sie mehrere Male tief durchgeatmet hatte. Sein Flügel hatte ihr Trost gespendet.
Aaron zog sie eng an sich. "Du willst mich los werden, warum?", fragte er und klang geknickt.
"Weil ich das Gefühl habe, gleich so in Tränen auszubrechen, dass ich ohnmächtig werde. Ich möchte nicht, dass Ihr das seht", gestand Saori ehrlich. Ihre Hände ballten sich zu Fäuste, um sich noch kontrollieren zu können. Schon jetzt spürte sie die Welle, die über sie hereinbrechen würde.
Aaron hob sie hoch und drückte sie fest an sich, bevor er mit ihr durch die Gänge lief. "Ich bin hier, bei dir", versicherte er ihr mit einem Lächeln.
Plötzlich brach sie in Tränen aus und weinte hemmungslos. Warum, das konnte sie selbst nicht ganz verstehen. Er war doch nur auf der anderen Insel! Aaron würde nicht aus ihrem Leben verschwinden. Auch wenn es sich in diesem Moment so anfühlte.
Aber Zephyr und ihr Bruder würden auch noch da sein. Nur war das im Moment kein Trost für sie. Egal wie Saori versucht hatte, ihre Gefühle zu erklären, es war nichts richtiges dabei rausgekommen. Einfach, weil sie selbst so unsicher darüber war, was genau sie fühlte.
Ihr Gesicht versteckte sie hinter den Händen und ließ sich einfach tragen, obwohl sie lieber wollte, dass Aaron ging. Sie wusste ja, dass er keine negativen Gefühle mochte.
Aaron betrat das neue Schlafzimmer und setzte sich mit Saori zusammen auf das Bett, um sie einfach nur zu halten. Er wollte bei ihr sein, wenn es ihr so schlecht ging, doch sie hatte auch verdient, sich auszuweinen.
Normalerweise hätte er versucht sie aufzuheitern, doch die Gefühle, die sie hatte, ließen sich nicht so einfach wegwischen.
Die Dämonin hatte es gar nicht gemerkt, wo sie sich in dem Moment befand. Aber sie fühlte, dass das Weinen sie erschöpfte. Eine Müdigkeit breitete sich in ihren Gliedern aus, als sie einfach auf dem Bett saß und weinte. Das Weinen wurde erst nach längerer Zeit schwächer. Als hätte sie jegliche Flüssigkeit aus ihrem Körper geweint. Ihr Gesicht hatte sie in der gesamten Zeit an Aarons Brust vergraben und sank schließlich gegen ihn, als sie in einen unruhigen Schlaf fiel.
Aaron blieb bei ihr. Er hatte Zeit. Tabitha war abgereist, kurz bevor sie hier angekommen waren und würde jetzt erst einmal auf der Hautpinsel ankommen. Offiziell war Aaron noch bei einen Termin, daher würde sie hoffentlich nicht meckern. Und wenn doch, dann war das eben so. Heute war nicht ihr Tag, sondern der von Saori. Außerdem wollte er die Tage wieder kürzen, die er mit Tabitha verbrachte. Immerhin hatte sie bald wieder etwas zutun.
Unruhige Träume verfolgten Saori. Diese, wo die Dunkelheit sie wieder umhüllte und sie sich nicht daraus befreien konnte. Schon lange hatte sie diesen Traum nicht mehr gehabt. Die Enge, welche die Dunkelheit auslösten, war sehr bedrückend. Aber nicht wie sonst versuchte sie sich daraus zu befreien, sondern einfach es zu lassen. Das beklemmende Gefühl, welches in ihr dadurch aufstieg, ließ sich nicht verhindern.
Der Engel spürte ihre unruhigen Träume und streichelte sie sanft. War sogar versucht, sie zu wecken. Aber war das eine gute Idee? Er wusste es selbst nicht. Vielleicht sollte er sie wieder zurück bringen. Sie war noch nicht bereit von jetzt auf gleich umzuziehen.
"Saori ...", sagte eine weibliche Stimme, die dem Dämonenmädchen bekannt vorkam. Sie öffnete langsam ihre Augen und hob den Kopf. Durch die beengende Dunkelheit hatte sich das Mädchen mit dem silbernen Haar eingerollt und die Flügel eng an sich gelegt, um sich zu schützen.
Die weibliche Stimme war nicht zuzuordnen, denn es war noch komplett schwarz um sie herum. "Saori ... vertraue ihm. Er wird dich nicht enttäuschen", war die Stimme erneut zu hören. Ganz langsam wurde es um sie herum heller. Die Dämonin schwebte in einem Raum, der sichtbar wurde. Saori hatte nicht gespürt, dass sie in der Luft hing.
"Er wird dich nie enttäuschen. Aaron liebt dich." Verwirrt sah sich das Mädchen um. Ihr Griff um die dünnen Beine wurde weniger, sodass sie sich strecken und aufrichten konnte. Sie konnte erkennen, dass der Raum, in dem nichts gestanden hatte, sich öffnete und Wolken zum Vorschein kamen. Sie hatte Angst, dass sie fallen würde. Aber es geschah nichts. Noch immer blieb sie auf der gleichen Stelle schweben und bemerkte, dass ihre schwarzen, samtigen Flügel der Grund waren, dass sie nicht fiel. Sanft und im gleichmäßigen Takt schlugen sie und erzeugten einen angenehmen, leichten Wind, welcher sich durch ein leises Rascheln bemerkbar machte.
Erstaunt darüber wandte sie ihren Kopf nach links und recht, als könnte sie es nicht glauben. "Vertraue ihm ... Er hat nur auf dich gewartet", erklang erneut die Stimme.
Plötzlich öffnete sich der Raum und Saori fand sich in den Wolken wieder. Das war aber nicht der Grund, warum sie keuchte. Der Engel, der ihr vor langer Zeit im Traum erschienen war, stand vor ihr. Wie aus dem nichts war sie gekommen. Sofort wich das Unwohlsein und die Beklommenheit aus dem Körper der Dämonin.
Hinter ihr erkannte Saori, dass eine Wolkentreppe zu etwas hinaufführte. "Er wartet dort auf dich", sagte die liebliche Stimme. Ihre Augen strahlten, als sie nach oben zeigte.
Dort stand Aaron und wartete mit offenen Armen auf Saori. Sein sonst so spöttisches Lächeln war liebevoll und umhüllte die Dämonin, deren Herz sofort anfing, schneller zu schlagen.
"Lauf. Du wirst für immer ein Teil von ihm sein", sagte die wunderschöne Engelsfrau zu Saori. Sie hatte sich umgedreht und war einen Schritt zur Seite gegangen, damit die Dämonin einen freien Blick zu Aaron hatte.
So schnell sie konnte, rannte sie die Treppen nach oben. Sie wollte in Aarons Armen liegen und ihn küssen. Doch egal wie viele Stufen sie erklomm, es wurden nicht weniger. Im Gegenteil, Aaron entfernte sich sogar von ihr. "Nicht ... bleibt da!", rief sie verzweifelt und keuchte, weil sie durch das Rennen außer Atem gekommen war.
Jedoch konnte sie in der Ferne plötzlich Tabitha entdecken, die von hinten einen Arm um den Engel legte und Saori herablassend ansah. "Du wirst ihn niemals bekommen. Er gehört zu mir", sagte Tabitha warnend. "Lass die Finger von ihm, oder dir wird etwas Schreckliches passieren."
Das Mädchen war auf den Treppen stehen geblieben und wusste nicht, was sie tun wollte. "Befreie ihn von ihr", sagte die Engelsfrau hinter ihr, die ihr gefolgt war. Ihr Blick glitt zu den beiden nach oben, bevor sie wieder zu Saori blickte.
Ohne nachzudenken bewegte die kleine Dämonin ihre Flügel, denn sie wusste, sie würde Aaron niemals erreichen können, wenn sie versuchte, zu rennen. Seltsamerweise konnte sie diese plötzlich richtig bewegen und flog so schnell sie konnte, auf die beiden zu.
"Ach, du hast fliegen gelernt? Wie niedlich", ertönte Tabithas gemeine Stimme, doch sie wurde blass, als Saori ihre Flügel einsetzte und einen eisigen Wind erzeugte, der Tabitha von Aaron wegblies. Das Schreien von ihr war zu hören, je mehr sie von ihm gedrückt wurde. Erleichterung breitete sich auf Aarons Gesicht aus und dankbar schloss er sie in die Arme. "Danke, meine Geliebte", flüsterte er ihr an die Lippen.
Erschrocken erwachte Saori schweißgebadet auf und atmete hektisch.
Aaron lockerte die Arme etwas um sie und blickte sie fragend an. "Du hast ganz schön mit den Flügeln geschlagen. Hattest du Angst zu fallen?", fragte er, weil er nicht genau wusste, was sie geträumt hatte.
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