Vergangenheit 2

Kaito war am Boden. Die einzige Hoffnung, die er besaß, zerschmetterte schmerzvoll in dem Augenblick, als Kaede ihm erzählte, sie sei schwanger.

In dem Moment rissen alle Fäden. Sein Puls beschleunigte sich. Seine Maske fiel. Sein Blut fing an brodeln und kochte über, als die Uchiha auch noch meinte, es wäre ein Mädchen.

Denn die Macht des blauen Sharingans konnte nur an weibliche Nachfolger übertragen werden und jegliche Wirkung des Kekkei Genkais wurde wirkungslos, sobald das Kind auf dem Weg war. Sobald es existierte. Und damit gab es keine Chance, Nami zurückzuholen.

Sein Blut kochte über und er verlor die Beherrschung. Auch wenn es nichts brachte, wollte er seine angestaute Wut, seine Frustration, seinen Schmerz, einfach alles loswerden. Leider war Kaede in dem Moment der einzige Ausweg, das einzige Ventil. Er war blind vor Wut, die sich wie ein roter Schleier über seine blauen Augen legte.

Im Nachhinein war er glücklich, dass ihn die Uchihas aufgehalten haben, sonst hätte er die Schwarzhaarige womöglich noch getötet. Er hatte versagt... Es gab keine Möglichkeit, seine Frau zurückzuholen.

Kaito war verloren. Das einzige, was ihm blieb, war Nami, mit der er so viel Zeit wie möglich verbrachte und sich um sie kümmerte. Dabei zog der Uzumaki weiter durchs Land und ging Geschäfte mit Orochimaru ein, ohne seinen Namen zu verraten.

Dabei erfuhr der Braunhaarige ebenfalls von dem Angriff auf Konoha. Ein unruhiges Gefühl durchfuhr ihm, als der Sannin ihm davon nebenbei berichtete.

Ging es Kaede gut? Sollte sie nicht bald entbinden?

Irgendwie fühlte er sich schlecht, sie einfach verlassen zu haben. Dennoch spürte er jedes Mal die Wut, die Enttäuschung, die Trauer. Er verband unterbewusst Kaede mit dem Verlust seiner Frau. Sie war die einzige Hoffnung, an die er sich geklammert hatte. Die Hoffnung darauf, die Liebe seines Lebens zurückzuholen und endlich eine glückliche Familie zu sein. Sie, Nami und er...

Jedes Mal könnten ihn die Tränen überwältigen, doch er behielt seine kalte Maske, die er über die Monate aufgebaut hatte. Sie besaß Risse, welche er noch flicken musste. Und das würde er. Kaito würde stark sein, wenigstens für das, was ihm noch geblieben war: Nami.

Seine Chakrawahrnehmung zog sich langsam und düster eines Abends durch Konoha und erfasste jeden noch so versteckten Chakrafunken. Jeden Millimeter suchte der Uzumaki nach Kaedes milden Chakra ab.

Er selbst fand ihres einzigartig und ihn hatte es beim ersten Treffen umhüllt. Die Ruhe, die unverkennbare Milde, das weiche Weiß... Das alles vereinte sich zu einer Mischung, deren Geborgenheit einen einlullen konnte und sanft in den Schlaf begleitete... So hatte er sich immer gefühlt, wenn er neben ihr einschlief.

Ein Stich fuhr durch sein Herz. Nirgends konnte er dieses einzigarte Chakra fühlen... Es war weg... Abwesend, als wäre es kürzlich gegangen und würde nie wieder kommen. War sie etwa bei dem Angriff gestorben? Wo war ihre Tochter?

Für einen Augenblick fragte Kaito sich, ob er Shisui aufsuchen und ihn danach befragen sollte. Unterbewusst suchte er schon nach seinem friedvollen Chakra und fand es recht schnell auf einer Lichtung, wo es sich in Bewegung befand.

Aber er war nicht allein, sein bester Freund, dessen leicht aufgewühlten, aber dennoch besonnenen Chakra er einfach erkannte: Itachi.
Für einen Augenblick ließ er Nami bei seinem vertrauten Geist, ohne den er das Ganze wahrscheinlich nicht geschafft hätte. Dieser kümmerten sich liebevoll um die kleine fröhliche Grünhaarige.

Tief atmete der Uzumaki durch. Er wollte nur wissen, wo Kaede war und was mit ihrem... seinem... ihrem gemeinsamen Kind passiert war. Informationen. Er wollte nur Informationen. Wissen, wo Kaede und ihr Kind war. Irgendwie kroch eine innerliche Angst in ihm schrittweise und langsam hoch. Er mochte die Uchiha, keine Frage. Jedoch liebte er Nami über alles. Sie war die größte Liebe seines Lebens.
Kaede war lediglich... eine gute Freundin. Doch selbst, wenn es nur das war, fühlte er ein Pflichtgefühl ihr gegenüber, eine Verantwortung... Diese Worte mochte er nicht. Sie klangen zu abstrakt und distanziert. Es war kein Pflichtgefühl... Es war das innere Bedürfnis, sie wohlauf und gesund zu sehen. Sie und ihre Tochter. Er wollte sie nicht verletzen. Deswegen stand Kaito hier, vor Shisui und Itachi, die ihn feindselig musterten. „Was tust du denn hier?", fragte Kaedes Bruder.

„Wo ist Kaede? Ich kann sie hier im Dorf nicht spüren... Geht es ihr gut?", er überging einfach die Frage und starrte den Uchiha an. Dessen Augen funkelten verräterisch auf und seine Körperhaltung sackte zusammen, obwohl er es nicht wollte. Nur ganz kurz blickte er zu Boden, doch das verriet dem Uzumaki mehr als tausend Worte es je könnten...

„Nein.... Sie ist nicht...", der Braunhaarige zuckte zurück.
„Was zur Hölle interessiert dich das?", fauchte Shisui, „Du hast sie weggeschmissen, allein gelassen und wolltest sie sogar verletzen!", sein Sharingan funkelte kurz auf, „Jetzt... Nach neun Monaten kommst du an und willst wissen, wie es ihr geht? Nachdem es zu spät ist? Sie hätte überleben können, doch sie opferte sich für das Dorf und ihr Kind, das nun ohne Mutter aufwächst. Was willst du jetzt?", er trat einige Schritte nach vorn, „Es töten? Weil es dir im Weg stand? Ist es das, was du jetzt willst? Das werde ich nicht zulassen. Du wirst Takara nicht ein Haar krümmen."

Itachi griff nach Shisuis Ärmel, damit er nicht unvorsichtig wurde, oder etwas tat, was er bereuen könnte. Denn Kaito hatte den Kopf gesenkt und hob ihn erst wieder, als der Name erklang.

Takara... Der Schatz, kostbar...

Schnell schüttelte er den Kopf. „Nein... Ich werde niemanden töten oder verletzen. Ich bin damals nur aus der Haut gefahren, weil...", Kaito stoppte. Sollte er das wirklich erzählen? Nein... Das ging zu weit und garantiert den beiden Uchihas nichts an. Sie würden ihm verachten, obwohl er das selbst manchmal tat.
„Weil?", hackte Shisui nach und fixierte den Uzumaki mit seinem Blick.
„Weil... Es war ein schlechter Moment und ich war enttäuscht und wütend auf mich selbst... Ich kann das nicht sagen."

„Ein schlechter Moment, hn?", wieder funkelten die Augen des Uchihas, „Ich kenne deine Intensionen nicht und nur die Seiten, die du uns gezeigt hast. Wenn du denkst, ich sage dir den Aufenthaltsort von Takara, hast du dich getäuscht. Und jetzt verschwinde", knurrte Shisui, „Das würde ich dir raten. Unser Clan hat deinen Ausraster nicht vergessen."

Für einen Augenblick schweifte Kaitos Blick zu Itachi, der ernst und mit verengten Augen zu dem Uzumaki sah. Letztendlich gab er sich geschlagen und verschwand. Doch er würde Takara finden. Er wollte sie wenigstens einmal im Leben sehen.

Für einen Wimpernschlag kam ein grausamer Gedanke durch seinen Kopf, den er sofort wegwischte. So jemand war er nicht. Oder doch? Er würde keine Kinder missbrauchen... Schon gar nicht die, die aus seinem Blut stammten.

Die Jahre verstrichen. Die Suche nach Takara war erfolglos.
Jedoch beobachtete der Uzumaki seine Tochter beim Aufwachsen und genoss jeden Moment, sie glücklich zu sehen. Beim Spielen mit seinem vertrautem Geist. Bei einem Zusammentreffen mit Akatsuki.

Durch Orochimaru stellte Kaito Kontakt zu der Verbrecherorganisation her und trat ihnen sogar als verdecktes, informationsbeschaffendes Mitglied bei. Seine Aufgabe war es, nach jeder noch so kleinen Information zu suchen. Damit waren der Schutz und die Aufsicht seiner Tochter für einige Zeit gesichert.

Nami entwickelte sich zunehmend mit einem sehr guten Geschick für drei Chakranaturen und Taijutsu, weswegen sie gerne mit den Akatsukimitgliedern, vor allem mit Konan und Pain, trainierte. Amegakure wurde damit zu ihrem zweiten Zuhause und sie liebte den Regen. Die Leute. Die Skyline der Stadt, die sie jeden Abend gerne beobachtete.

Vor allem heute. Heute... Der meist traurige Tag im ganzen Jahr: Ihr Geburtstag. Sie war mittlerweile sieben Jahre alt und beherrschte am besten die Chakranatur Suiton. Es gefiel der Grünhaarigen, wie ruhig, aber dennoch stürmisch das Wasser sein konnte und wie erstaunlich einfach, es sich kontrollieren ließ.
Innerlich zählte sie die Minuten, bis ihr Vater von seiner heutigen Mission zurückkommen würde. Sie in die Arme nehmen und ihr zum Geburtstag gratulieren würde. Ihr Vater, der keine Geheimnisse vor ihr hatte und ihr absolut alles erzählt hatte. Von Takara...
Die Grünhaarige mochte sie nicht. Sie hätte alles glücklich werden lassen können. Wäre sie nicht da, würde sie jetzt mit ihrer Mutter im Wellenreich sitzen und dem Sonnenuntergang entgegen sehen.

Sie könnten es immernoch erreichen. Es war noch nicht zu spät, doch... Namis Vater wollte nicht. Er sagte immer, dass er Takara finden wollte, aber sie nicht ausnutzen möchte.

Und genau das gelang dem Uzumaki nach so vielen Jahren. Zuerst hatte er die kleine Schwarzhaarige mit den unverkennbaren blauen Augen nur von weitem gesehen, aber er war sich zu hundert Prozent sicher. Auch nachdem er heimlich im Labor von Orochimaru einen DNA-Test gemacht hat.

Natürlich hatte er Namis Geburtstag nicht vergessen und er würde auch sofort zu ihr gehen, aber erst wollte Kaito seiner Tochter gegenüberstehen. Vorsichtig betrat er die Lichtung, auf der die Schwarzhaarige in der Morgensonne spielte und fröhlich Blumen sammelte. Ihre Großmutter war in der kleinen Hüte. Das hatte er vorher selbst verständlich geprüft.

Die Anwesenheit dieser änderte seine Meinung schlagartig. Er konnte sie nicht länger bei der Uchiha lassen. Und als Vater nahm er sich das Recht, seine Tochter zu sich zu nehmen.

„Takara?", flüsterte er, doch die Uchiha zuckte schon zusammen, als er auf dem grünen Gras auftauchte. Mit großen blauen Augen blickte sie ihn an und rutschte etwas nach hinten, als er näher kam.

„Wer bist du?", sagte sie leise und beobachtete ihn genau bei seinen Schritten. Sobald er sie angriff, würde sie rennen. Das wusste sie und das hatte ihre Oma ihr beigebracht beziehungsweise eindringlich befohlen. Doch die Tränen in den Augen des unbekannten Mannes hielten sie davon ab. „Warum weinst du?"

„Weil ich dich endlich treffen", flüsterte Kaito und ging in die Hocke, „Ich habe dich gesucht", langsam streckte er seine Hand auf, indessen Blau auf Blau traf, „Ich bin..."

Weiter kam er nicht. Seine Finger berührten die Wange des Mädchens und alles um ihn herum explodierte. Hart wurde er zurückgeschleudert, krachte durch mehrere Bäume. Blut spuckend kam er auf. Sofort stand er ruckartig auf. Woher kam die Explosion? Was ist passiert? Wo ist Takara?

Als würde er um sein Leben rennen, erreichte er die Stelle, wo die Schwarzhaarige vor einer Minute noch saß. Doch nichts. Kaito sackte auf die Knie und stützte sich auf seinen Händen ab. Tränen flossen über seine Wangen. Versanken trostlos im Boden. Ein Zitteranfall überschwemmte seinen Körper. Das durfte nicht wahr sein.
War Takara tot? Er konnte ihr Chakra nicht mehr spüren. Und er schrie. Er schrie. Er hatte noch jemanden verloren. Er hatte seine Tochter verloren, die er so lange gesucht hatte. Nur das Bild in seiner Erinnerung flammte auf.

Seine Hände krallten sich in die Erde. Sein Körper erzitterte. Restqualm benebelte seine Nase, während seine Unterlippe zitterte. „Was wollt ihr?", fragte er, ohne sich aufzurichten. Das hatte ihn gerade noch gefehlt. Eine Horde Uchihas, die ihn umzingelte. Der Uzumaki sackte zurück und blickte in den Himmel. Wunderschön. Strahlend blau. Wolkenlos.

„Was willst du? Wo ist Takara?", die brüchige Stimme der alten Hexe vor ihr drang zu ihm herüber. Er hasste diese Frau, die Mutter von Kaede. Ihr Chakra war Gift in seinen Augen, auf seiner Haut, in seinem sechsten Sinn. So grün, giftig, grässlich und garstig. Er wusste nichtmal, warum er es so empfand, nichteinmal ein kleines bisschen. Sie war ihm unsympathisch auf den ersten Blick.

Etwas Kühles legte sich an seine Kehle. Kaito wusste genau, dass es das schwarze Katana der Alten war, welches jederzeit bereit war, seine Kehle zu durchschneiden und sein Leben zu beenden. „Ich frage nochmal: Wo ist Takara, du Dreckskerl."

Tränen liefen weiterhin über seine Wangen und tropften auf die nachtschwarze Schneide. Sein Leben zog an ihm vorbei und der Moment machte ihn so fertig. Takara war tot. Kaede war tot. Und letztendlich seine größte Liebe: Nami.

Nami... Sie musste jetzt wahrscheinlich allein auf diesen Planeten verweilen, während er zu seiner Liebe zurückkehrte, aber sie bewachen wird. Der Uzumaki war umzingelt von fünf Uchihas mit aktiviertem Sharingan, dessen Augen sich in seinen Körper wie zehntausend Katanas bohrten.

Sein Körper wollte ihm nicht mehr gehorchen. Seine Seele brach. Alles, was ihn belastete floss in den Moment wie ein Sturzbach auf ihn hernieder. Erinnerungen fluteten sein inneres Auge wie ein gebrochener Damm. Seine Tränen flossen unaufhaltsam.

Das einzige, was ihm in dem Moment beruhigte, als die Uchihas auf ihn einstachen, dass Nami nicht allein war... Sie würde bei Konan aufwachsen, einen der liebsten Menschen, die er je getroffen hatte. Sie hatte definitiv ein weiches Herz und würde sich um die Grünhaarige kümmern. Das wusste er. Und Pain würde auf sie aufpassen. Sie hatten die Kleine ins Herz geschlossen.

Blut rauschte in seinem Ohr, während er nach vorne kippte und sein Gesicht auf dem Boden aufschlug. Die eisenhaltige Flüssigkeit rann aus seinem Mund. „N...", versuchte er, ohne etwas zu hören. Auf einmal wurde alles stumm. Die Welt verblasste um ihn herum. Regen von irgendwoher war das letzte Gefühl auf seiner Haut.

Regen... Nami liebte den Regen. Er würde sie beschützen.

Die Dunkelheit umschlang ihn. Sie war so schwarz wie Takaras und Kaedes Haare. So ruhig wie die Leere nach Namis Tod. So anziehend wie die Liebe. Letztendlich verlor Kaito sich selbst mit den letzten Gedanken an Nami, die er zurückließ.

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An dieser Stelle muss ich sagen, wie stolz ich auf dieses Kapitel bin und wie zufrieden es sich anfühlt.

Irgendwie hatte ich mir Kaitos Tod vor meinem inneren Auge anders vorgestellt, doch meine Finger sprachen und wählten einen "besseren" Tod, der mein Inneres unglaublich berührt 🥺

Ich hoffe, ich konnte euch Takaras Vater etwas näher bringen und euch seine Person eröffnen :)

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