I
Die kühle Brise des Sommers lachte mir an diesem Morgen freudig entgegen, als ich das Haus verließ. Die Sonne strahlte und ihre Strahlen tanzten auf meiner weichen Haut. Es wirkte wie ein wunderbarer Frühsommertag, der nichts boshaftes mit sich bringen wollte, aber konnte auch so ein Tag eine solche Wendung nehmen?
Ich hüpfte die steinerne Einfahrt zu unseren Haus vor und starrte in die Weite meiner Heimat. Die vielen Wiesen und Bäume, die seit dem Frühling wieder vor Grün nur strotzten. Und die vielen bunten Blümlein, die die Erde bedeckten und mit freudig entgegen winkten. Mir war bewusst, welches Glück ich hatte hier leben zu dürfen, doch trotzdem war es nicht immer einfach gewesen...
Ich überwarf meine finsteren Gedanken und huschte mit flinken, kleinen Schritten auf unseren kleinen Hügel hinterm Haus. Von dort aus konnte ich das ganze Dorf beobachten. Freudig stellte ich fest, dass sich ein kleines silbernes Auto näherte. Meine Freunde. Wir hatten uns für dieses Wochenende zum Zelten in die Berge verabredet. Auch wenn nicht alle die Zeit gefunden hatten mitzukommen, freute ich mich schon sehr auf dieses Ereignis.
Es war schon zu lange her, dass ich verreist war. Zu lange hatte ich die Wälder vor den Rocky Mountains nicht mehr betrachten können, obwohl ich sie doch so liebte. Früher war noch vieles anders gewesen, aber es war auch die Zeit, in der ich keine Sorgen zu haben brauchte. Es war die Zeit vor dem jetzt, die Vergangenheit. Meine Eltern hatten es zu meinem Erstaunen problemlos gebilligt, dass ich verreisen durfte. Sonst waren sie in vielen Hinsichten sehr vorsichtig und wollten mich sehr beschützen. Aber gut. Nicht alle Eltern konnte so locker sein, wie die von Ladina, meiner besten Freundin. Ihre Eltern trennten sich, als sie noch ein kleines Kind war. Seitdem zog ihre Mutter sie alleine groß und hatte alle Hände voll zu tun mit ihrem Job.
Die Aussicht und die Wärme ließen mich alles um mich herum vergessen. Ich konnte, wenn auch nur für einen kurzen Augenblick fallen lassen, bevor ich mich schon in das nächste Abenteuer stürzte.
Das laute, dröhnende Hupen eines Autos zerstörte diesen Augenblick. Ich beeilte mich den Hügel wieder hinab zu laufen. Ladina hatte die Tür geöffnet und stand lässig an das silbrige Auto gelehnt.
,,Da bist du ja endlich." Sie wirkte amüsiert, als sie mich erblickte, was auch mich zu einen kleinen Glucksen bewegte. Hinter der großen Frontscheibe entdeckte ich den gelockten Kopf von Crispin, der lachend erneut seine Hupe betätigte, um mich dazu zu bewegen, mein Gepäck einzuladen.
,,Ich mach ja schon." Mit hastigen Schritten lief ich die Einfahrt wieder zum Haus zurück und nahm meine beiden Taschen, die ich bereits zuvor dort abgestellt hatte. Meine Arme ächzten unter dem Gewicht, doch ich war stolz auf mich, als ich es bis zum Auto schaffte. Lax machte für mich den Kofferraum auf, damit ich meine Taschen dort verstauen konnte. Allerdings war dieser schon ziemlich voll bepackt, weshalb ich alles ordentlich hinein quetschen musste.
,,Dann mal los. Ab ins Abenteuer." Ich strahlte meine Freundin an, die mit fast dem selben Lächeln antwortete.
Ihre Äuglein funkelten in einem hellen Strahlen, wie ich es sonst selten bei ihr sah.
,,Was ist?", fragte ich gespannt. Doch sie schüttelte den Kopf.
,,Später", wisperte sie und wusste ganz genau, dass sie mich dadurch auf die Palme brachte.
Sie drehte sich schwungvoll um, sodass ich nur noch ihr braunes Haar zu Gesicht bekam. Ihr Körper verschwand leise und schwebend hinter dem verbeulten Metall. Ich folgte ihrem Beispiel, drehte mich herum und lief an dem silbrigen Lack vorbei, bis ich die kleine Klinke der Autotür erreichte und in den alten Opel einstieg. Neben mir grinsten schon zwei weitere Jungen, die sich bereit erklärt hatten mit uns dieses Abenteuer zu starten.
Magnus startete vorne den grölenden Motor und bewegte mich somit hastig dazu einzusteigen. Jasper, der älteste von uns Fünfen, saß zu meiner Rechten im Auto. Crispin gleich daneben.
Wir tuckerten kleine, abgelegene Straßen entlang. Der Fahrtwind pustete mir aufgeregt ins Gesicht, als ich das Fenster herunter kurbelte.
Kleine saftige Blümlein wucherten am Rande des unförmigen Feldweges. Von weiten zwitscherten lachend die kleinen Vögelein und begrüßten uns in ihrem Reich.
Weit konnte unser Ziel nicht mehr entfernt liegen, denn die hohen Bäume des dunklen Waldes tauchten schon vor unseren Augen am Horizont auf. Neben mir machten Jasper und Crispin Witze, über welche auch nur die beiden lachen konnten. Mir zauberte es nur ein amüsiertes Grinsen über die Wangen. Jedes Mal fragte ich mich immer wieder aufs neue, wie meine Freunde dies bloß immer schafften. Vorne saßen Lax und Magnus. Wäre man blind, würde man die nebelige Anspannung zwischen den beiden nicht wahrnehmen. Aber so war ich nicht. Bereits als das Auto auf der Straße vor mir gestanden hatte, hatte ich mystische Funken gespürt. Ich hatte auch Vermutungen woher sie stammen könnten, aber sicher konnte man erst sein, wenn man die Neuigkeiten selbst aus dem Munde der besten Freundin hörte.
Die kahle Landschaft, kurz vor den mächtigen Gebirgen, sauste an uns vorbei, als wären wir ein Gepard mit seiner schnellsten Geschwindigkeit.
,,Wie steht es jetzt eigentlich mit den Zelten?", erkundigte sich Jasper und grinste mit seinen typisch wackelnden Ohren. So etwas konnte auch nur er.
,,Wie geplant." Magnus raue Stimme, vermischt mit einem Klang der Heiserkeit, schien angespannt. Er wirkte, als wolle er etwas verbergen. Doch er wusste nicht, dass man diese Angelegenheit nur für die größten Dummköpfe verbergen konnte.
,,Das kann ja dann lustig werden." Crispin verdrehte die Augen. Meiner Meinung nach konnte man seine Aussage in zwei Richtungen deuten. Jedoch war ich nicht sicher welche gemeint war.
,,Wir können das doch auch noch gleich besprechen." Ich mischte mich nur ungern in Diskussionen ein, bei denen ich keine eigene Meinung hatte. Aber manchmal gelang es mir nicht meinen Körper unter der dazu notwendigen Kontrolle zu halten.
Ich lehnte meinen Kopf zurück an die Lehne und lauschte den aufgeregten Stimmen meiner Freunde.
,,Wir sind gleich da." Magnus, der noch immer hinter dem Steuer seine Augen auf die Straße gerichtet hatte.
,,Wir sind eben an einem Schild vorbeigefahren, es kann also nicht mehr lange dauern, fügte Lax hinzu und richtete ihren strahlenden Blick wieder auf die rechte Seite der Straße. Dort waren viele vereinzelte Bäume zu vernehmen, welche einsam zwischen den vielen Feldern ihre Wurzeln geschlagen hatten.
Wenn man auf der Seite aus dem Fenster blickte, an dem ich saß, konnte man die erste waldige Landschaft entdecken, die am Fuß der Rocky Mountains lag. Es wirkte alles so friedlich. Kaum ein Auto kreuzte seinen Weg mit dem unsrigen. Schon seltsam, wenn man sonst immer den vollen Verkehr gewöhnt war, aber irgendwie entspannte es auch meine Seele. Hier gab es keine, mir bekannten, Störfaktoren. Der Wald war wie ein Ruhepol. So still und gab mir eine gewisse Entspannung, wie ich sie nur selten erlebte.
Ich war wirklich froh darüber, dass meine Eltern mir diese Fahrt erlaubt hatten. Es war eine Abwechlung zu meinem Alltag, die ich dringend gebraucht hatte. Nicht, dass ich mein Leben nicht mochte, ganz im Gegenteil, ich genoss die viele Zeit, die ich dank der Farm meiner Großmutter, an der frischen Luft verbrachte. Auch mit meinen Eltern konnte ich dadurch viel Zeit verbringen, ebenso wie mit meinen beiden kleinen Schwestern, aber auf dauer war es echt anstrengend. Nebenbei arbeiteten meine Eltern schlißlich auch noch, wodurch zeitweise am Nachmittag die Farm in meinen Händen lag. Allerdings konnte ich auch meine familiären Bedingungen nur wenig Zeit mit meinen Freunden genießen. Sie verstanden es, waren jedoch auch oft enttäuscht, wenn ich mal einen Geburtstag doch kurzfristig absagen musste, weil etwas mit unseren Rinder nicht stimmte oder so.
Mir tat es manchmal selbst im Herzen weh, wenn ich etwas lang geplantes absagen musste, umso froher war ich natürlich für die jetztige Zeit und die kommenden fünf Tage, an denen wir nur unter uns waren. Nur wir fünf. Mein Handy hatte ich auch extra zu Hause gelassen, um nicht ständig erreichbar sein zu müssen und das war heute noch die beste Entscheidung. Auch die anderen hatten ihre Handys zuhause gelassen, einzig und allein hatte Ladina ihres dabei. Aber auch dass war auch nur eine Notfall möglichkeit für unsere Eltern und zu erreichen, ebenso auch für uns, falls etwas schlimmes passieren sollte.
Anfangs war mir der Gedanke ganz fremd gewesen, mein Handy einfach zu Hause liegen zu lassen. Ich konnte mich ganz genau an meine reaktion erinnern, als Jasper den Vorschlag dafür gemacht hatte. Mir wären beinahe die Augen aus dem Kopf gefallen, so geschockt war ich davon. Mich störrte eigentlich auch gar nicht der Gedanke nicht erreichbar zu sein, sonder viel mehr, dass ich nicht wusste, was um mich herum passierte.
Deshalb stimmte ich auch nur widerwillig zu und bestand darauf, das wenigstens ein Handy für den Notfall mitgenommen wurde. Und an diesem Punkt waren wir gerade. Ich saß auf der Rückbank eines alten, schäbigen Opels und versuchte mir nicht allzu viele Sorgen zu machen und meine Gedanken auf die kommenden tage zu richten.
Auch wenn der wald sich schon mächtig vor den eisamen Straßen aufbaute, war mir der Gedanke etwas fremdlich. Irgendwie hatte ich es im Bauchgefühl, dass wir besser nicht heirher gekommen wären. Heute morgen hatte ich diesen Gedanken und das mulmige Gefühl einfach beiseite geschoben, doch jetzt, wo wir gleich die schwelle des Gehölzes passierten, war dieses ungewöhnliche Kribbeln wieder da. Es breitete sich auf meiner ganzen Haut aus, sodass ich etwas zuckte.
Jasper neben mir hob verwundert die Braue, sagte aber gott sei dank nichts. Jedoch sprach sein Blick Bände. Er hatte bemerkt, dass mit mir etwas nicht stimmte. Vielleicht sgate er nichts, weil er es auf die Aufregeung schob, aber normal war das komplette Gegenteil davon.
Die einstige Straße hatte sich in einen wilden Trampelpfad verwandelt. Alle zwei sekunden stolperte der Wagen durch die nächste große Wurzel eines Baues, die über den Weg ragte oder ein kleines Loch, das sich aufgrund von Erusionen gebildet hatte. Würde man diese Strecke schlafend langfahren, war man spätestens heir wieder glockenhell wach.
Auch wenn es ein wenig beruhigend wirkte, sorgte das ganze gewackel, das sich mein Kopf drehte und mir leicht schlecht wurde. Verflucht, wann waren wir endlich da und konten aussteigen? Neben uns, zu beiden Seiten, eröffnete sich der dichte Bewuchs der Bäume, der durch die hohen Baumkronen kaum Licht abbekamen. Es wirkte fast etwas unheimlich deswegen. Aber gut, ich hatte diesen Ort zum Zelten schließlich nicht ausgesucht.
,,Sind wir endlich da?, fragte Chrispin etwas mürrisch und reckelte sich am anderen Ende der Rückbank. ,,Ich muss mal pissen, fügte er noch hinzu. ,,Oh man Chris, musste das jetzt sein?, fragte Lax mit einem genervten Unterton. Ich sah sie zwar nicht, aber mit sicherheit konnte ich sagen, dass sie in diesem Moment die Augen verdrehte.
,,Wir müssten eigentlich gleich da sein, meldete sich Magnus hinter dem Steuer zu Wort.
,,Ja, da vorne sieht es auch so aus, als würden wir an eine Lichtung kommen. Ladina reckte den Hals nach vorne und deutete mit der Hand auf eine kleine, helle Öffnung zwischen den vielen Bäumen. ,,Stimmt. sagte auch Magnus und ich hätte schwören können, dass ich in seiner Stimme ein Lächeln hören konnte. Wobei soetwas war doch gar nicht möglich.
,,Da wird dann bestimmt auch ein Empfang oder so sein, fügte ich grinsend hinzu, ehe ich meinen Blick wieder auf die prächtigen Stämme zu meiner linken widmete.
,,Endlich", stöhnte Chris sichtlich erleichtert. Er lehnte seinen Kopf entspannt zurück und atmete laut und schnaufend aus. Naja, für ihn war die Fahrt wohl nicht so angenehm, wenn er die halbe Zeit auf Toilette musste.
Es quietschte ein wenig, als der Reifen auf dem feuchten Gras zum Stehen kam. Da standen wir also vor einer großen, modrigen Hütte, die uns unseren Zeltplatz zuweisen sollte. Niemand war zu sehen. Nicht im Haus und auch nicht auf dem weitläufigen Gelände, auf dem wir gerade standen.
Chris huschte hastig aus dem Auto und rannte geradewegs hinter den nächsten Busch, obwohl es überall stand, dass man die Wege in dem Waldstück nicht verlassen sollte.
Auch ich tat es ihm gleich und hievte mich aus dem Auto. Meine Füße sackten etwas nach unten, da der Boden größtenteils mit Moos überwuchert war. Ein kleiner Schrei entfloh meiner Kehle. Ich hätte nicht damit gerechnet, dass der Boden so leicht nachgab. Lax, Magnus und Jasper drehten sich erschrocken um, doch als sie mich sahen, wie ich in komischer Haltung vor der geöffneten Tür stand, zauberte es ein Lächeln auf ihre Lippen.
,,Sei doch kein Angsthase", lachte der Junge, der auf mich zugekommen war und mir charmant seine Hand reichte, um mich aus meiner Unsicherheit zu lösen.
,,Ganz der Gentleman." Ich kicherte und nahm die Hand von Jasper dankend an. Einen kurzen Moment sah ich in seine großen, dunklen Augen, die mich fixierten. Meine Haut begann zu kribbeln. Nervös wendete ich meinen Blick ab und folgte Ladina und Magnus, die bereits einige Schritte auf das Häuschen zugegangen waren.
In mir tobte ein Sturm von Gedanken. Ich konnte das von eben gar nicht richtig zuordnen.
Also hechtete ich mit hastigen Schritten den beiden hinterher, einfach um auf andere Gedanken zu kommen.
Jasper folgte meinem Beispiel und verhielt sich verdeckt. Auch Chris stieß wieder zu uns noch ehe wir die klapprige Veranda betreten konnten.
,,Was macht ihr da?", rief eine krauzige Stimme hinter uns. Ich zuckte erschrocken zusammen und fühlte mich so, als wäre ich eine Diebin, die auf frischer Tat ertappt wurde. Mein Körper begann zu zittern.
Dann drehte ich mich herum und sah vor uns einen älteren Herren betrachten, der nicht gerade sehr gepflegt aussah. Sein graues Haar hing in Franzen von seiner Stirn. Auch der lange Bart schien ziemlich verknotet...
,,Sie müssen Mr. Delarius sein", entgegnete Magnus und lief geradewegs auf den Mann zu und wollte ihm die Hand reichen. ,,Ich bin Magnus Akoola. Wir hatten miteinander telefoniert. Meine Freunde und ich würden sehr gerne die freien Tage auf ihrem Zeltplatz verbringen..."
,,Ja ich erinnere mich", blaffte er und ging weiter auf mich zu. Ich stand dicht hinter Ladina, doch als der alte Mann mich zu sehen schien, blieb er abrupt stehen.
,,Das kann nicht sein...", murmelte er und scannte mich mit seinem Blick nochmals von oben bis unten ab. ,,Hätte ich gewusst, dass Sie vorhaben zu kommen, hätte ich einen angenehmeren Empfang vorbereitet, eure Durchlaucht." Einen Moment starrte ich ihn völlig überrascht an. Was wollte dieser Mann. Ich kannte ihn noch nicht einmal und außerdem warum zum Teufel nannte er mich 'eure Durchlaucht'. Stellte sich gerade meine Welt auf dem Kopf und ich bekam es nicht mit? Oder war ich plötzlich im Himmel? Es gab keine logische Erklärung, außer der, dass sich der Mann nicht richtig erinnern konnte und mich mit irgendjemanden verwechselte.
,,Schon gut", sagte ich, als ich mich aus meiner Starre gelöst hatte. Auch meine Freunde schienen sichtlich verwirrt. ,,Ich hatte mit keinem großen Aufgebot gerechnet. Wären sie dann so freundlich und würden uns unseren Platz zeigen, an dem wir das Zelt aufbauen können?" Egal welches Spiel dieser alte Herr hier spielte, ich konnte auch spielen. Sehr gut sogar. Warum ihn nicht etwas in dem Glauben lassen, schließlich war seine Laune binnen Sekunden umgeschlagen. Vielleicht würde er sich dann auch von uns fern halten und sich nicht beschweren, wenn wir noch bis tief in der Nacht wach waren.
,,Aber natürlich Miss. Ich kann es immer noch nicht glauben, Sie hier vor mir zu sehen..."
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