»40« Pokerabend

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Danny hat zugestimmt.

Ich habe dazu nichts mehr gesagt und still gewartet, während ich mir Katzenvideos reinzog, als er plötzlich ins Wohnzimmer kam und meinte, dass er damit einverstanden sei und ich mitkommen solle. Er habe nachgedacht und ist wohl zu dem Entschluss gekommen, dass es hier tatsächlich gefährlicher wäre und er mich nicht allein lassen will.

Inzwischen haben wir beide geduscht und ziehen uns nun an. Tatsächlich hat er mir sogar ein Kleid für den Abend gekauft, denn mit normalen Klamotten kommt man in so ein Casino niemals rein - so seine Worte. Nur rechnete er eigentlich damit, ich sei noch nicht bereit für so ernste Situationen. Nun, das werden wir heute sehen. Ich denke jedoch, dass ich es ziemlich gut meistern werde und alles paletti laufen wird. Außerdem muss ich ihn noch fragen, wie genau alles geschehen wird. Wann wird die Polizei kommen, um sie dann alle festzunehmen? Wie kann er ihnen unbemerkt bescheid geben? Ob er wohl verkabelt sein wird?

Summend lege ich mir die silberne Halskette um. Das dunkelrote Kleid klebt wie eine zweite Haut, lässt meine Hüften leider genauso breit ausschauen, wie sie in Wahrheit auch sind. Ich wünschte, mein Hintern wäre nicht so groß und dass ich ein wenig mehr Speck im BH stecken hätte, doch das Leben ist kein Wunschkonzert. Auch wenn größere Brüste wirklich toll gewesen wären. Hach. Was soll's. Ich schmunzle, während ich mich still im Spiegel betrachte. Nun sehe ich tatsächlich wie Harley Quinn aus, auch wenn der schwarze Kajal, der meine Augen ein wenig herausstechen lässt, nicht verschmiert ist. Das dunkelrote Kleid und die waldgrünen Haare sind schon ein ziemlich netter Mix und dass ich mich heute etwas kräftiger geschminkt habe, lässt mich viel berückender, viel leidenschaftlicher und reizvoller erscheinen. Vielleicht liegt es auch am dunkelroten Lippenstift. Schulterzuckend streiche ich mir die Haare aus dem Gesicht. Ich habe lange dafür gebraucht, mir diese schönen Locken rein zu machen, denn hüftenlanges Haar kann nicht immer von Vorteil sein. Wirklich nicht. Doch jetzt bin ich fertig und erleichtert. Ich hoffe nur, dass alles nach Plan und nichts schief laufen wird.

Wer weiß, vielleicht können Danny und ich heute Nacht wieder ganz entspannt nach Mc Donalds.

Bei dem Gedanken, verrutscht mein Lächeln ein wenig. Irgendwie will ich noch nicht gehen. Ich weiß auch nicht... Es war einfach viel zu schön. Ich habe schon lange nicht mehr solch einen großen Spaß gehabt wie in den letzten Tagen. Dass wir gehen müssen, hinterlässt einen bitteren Geschmack in meinen Mund. Ich hoffe, dass Danny und ich uns nicht irgendwie abwenden, sobald wir wieder auf der Toshi Gakko sind.

Das wäre ein Albtraum...

Ich will nicht, dass sich zwischen uns irgendwas ändert, sobald wir Ohio wieder verlassen. Ich bin zuversichtlich, dass er auch etwas für mich empfindet! Auch wenn er nicht zugeben wollte, dass das Gedicht für mich geschrieben war - ich meine, hallo? Für wen denn sonst?

Doch es ist okay. Er ist eben kein Mann von Worten - buchstäblich - und spricht nicht gerne über seine Gefühle, was für mich in Ordnung ist.

Solange er mich nicht verlässt.

Schluckend schlinge ich die Arme um mich und umarme mich selbst. Der Gedanke erschreckt mich. Mir wird dabei ganz kalt, als stünde ich nicht in meinem Zimmer sondern unten im Fluss im eisigen Wasser. Und je länger ich in meinen Gedanken verweile, desto stärker wird das Gefühl das Schwimmen verlernt zu haben und... allmählich zu ertrinken.

Verschreckt hebe ich den Kopf und schüttle ihn kräftig. Komm zu dir, Lara!

Mein Blick zuckt zur Tür, als ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnehme. Mit in Furchen gelegter Stirn sieht Danny mich an, ein besorgter Schimmer in seinen Augen auffunkelnd, und vergessen sind die furchtbaren Gedanken. Ich sehe nur noch ihn.

Oh, yummy.

Wie üblich hat er sich die Haare in Wellen zurückgekämmt und trägt einen schwarzen Anzug, der ihm verflucht gut steht. Ich taste meinen Kiefer ab, um mich zu vergewissern, dass meine Kinnlade nicht offen steht. Aber nein, der ist noch geschlossen. Schluckend beiße ich mir auf die Unterlippe und seufze lautlos. Sah er schon immer so gut aus? Oder werde ich bei seinen Anblick nur so wuschig, weil ich inzwischen was für ihn empfinde - viel für ihn empfinde?

„Bist du fertig?" Erwartungsvoll starren mich die giftgrünen Augen an. Langsam nicke ich. Wieso scheint er eigentlich nicht sprachlos bei meinem Anblick? Ich ziehe die Brauen zusammen und schüttle den Kopf, um zu mir zu kommen. Ich bekomme kein Kompliment? Hallo?! Nicht einmal abscannen tut er mich. Es verpasst mir einen kleinen Enttäuschungsstich... 

„Sehe ich hässlich aus?"

Danny hält verwundert inne, denn gerade als er sich abwenden und gehen wollte, habe ich gesprochen.

„Nein, du siehst gut aus."

„Und wieso sagst du mir das nicht sofort? Du siehst mich ja nicht mal richtig an", frage ich ihn und runzle die Stirn. Er ist wirklich kein Gentleman. Und er weiß echt nicht, wie er mit Frauen umzugehen hat. Wie zum Kuckuck habe ich mich in den Mann verlieben können?

„Weil wir los müssen. Wenn ich dich anstarre, dann kommen wir nicht rechtzeitig an." Bedeutungsschwanger sieht er mich an, während ich nur ratlos die Schultern zucke.

„Was laberst du?", hake ich etwas genervt als beabsichtigt nach. Ich kann es nicht ab, wenn er so um den heißen Brei spricht.

„Dass ich mich auf dich stürzen und dich ficken würde."

Nun klappt mir die Kinnlade doch auf.

„Hast du gerade...", murmle ich leise, ehe ich zu lachen beginne.

„Bedeutet das hier wirklich ›Ficken‹?", pruste ich los und forme mit den Händen das selbe Wort. Danny nickt und atmet tief aus.

„Los jetzt, sonst halte ich mich wirklich nicht mehr zurück."

Ich grinse. Das war Kompliment genug.

„Dann wollen wir mal", flöte ich, greife nach meiner Umhängetasche und laufe grinsend auf ihn zu, während er still auf mich wartet. Doch sein Blick liegt für einen Moment nicht auf mich, sondern auf meine Jeanshose.

„Was ist? Spricht sie zu dir oder wieso siehst du meine Jeanshose so an, als wäre sie eine Kreatur, die dir schaden möchte?", lache ich leise. Danny jedoch atmet bloß leise ein, strafft die Schultern und greift sodann nach meiner Jeans, ehe er in meinen Hosentaschen zu wühlen beginnt.

„Danach hast du also gesucht?", hake ich belustigt nach, als er den kleinen Zettel in den Händen hält, den ich von Cameron - den Autofahrer - bekommen habe. Den habe ich ja ganz vergessen. Danny entgegnet nichts und weicht meinem Blick aus, ehe er den Zettel zerknüllt und in die Mülltonne wirft. Ich grinse. Grob greift er nach meinem Handgelenk und zieht mich hinter sich her.

„Los."

°°°

„Wir sind da."

Ich staune. Das Gebäude vor mir haut mich regelrecht um. Es ist wirklich groß. Tatsächlich hielt ich es auf den ersten Blick jedoch für eine Bank. Historische Eleganz und modernes Design sind hier perfekt kombiniert. Die Lichter lassen das Gebäude beinahe schon wie ein Schloss wirken.

Ich atme tief ein, mache mich innerlich auf alles gefasst und schnalle mich gerade ab, als Danny nach meinem Handgelenk greift. Fragend schaue ich zu ihm auf, ignoriere den Elektroschock, den er mir damit gibt. Hach, ich liebe seine Berührungen. Doch das flatternde Gefühl im Bauch wird durch ein mulmiges ersetzt, als ich das ernste Gesicht erblicke.

„Was ist?", frage ich verunsichert. Ruhig sieht er mir von einem Auge ins andere, scheint zu überlegen, als wüsste er nicht wie er anfangen soll. Dann seufzt er leise und sieht weg.

„Du sollst wissen, dass ich sicher an dich glaube. Sowie ich es heute gesagt habe, meinte ich es nicht. Ich habe nur ein schlechtes Gefühl bei der Sache und möchte dir sagen, dass ich nicht der Danny bin, der gleich aus diesem Auto aussteigen wird. Was da drinnen passieren wird, muss passieren. Alles was heute passieren wird, ist meine Pflicht. Diese Leute sind unberechenbar. Wenn wir uns nicht wehren, werden wir sterben."

Mein Herz setzt bei seinen letzten Worten einen Schlag aus. Wir würden sterben? Und was meint er mit dem Satz, dass der Danny, der gleich aussteigt nicht er ist? Schluckend folge ich seinem Blick und erstarre.

„Ist das ein Messer?", rufe ich erschrocken und zucke zurück, doch Danny hält mich eisern fest. Undefinierbar erwidert er meinen Blick. Ich kann ihn einfach nicht deuten. Schon oft sah er mich so ausdruckslos an, doch irgendwie ist es heute anders. Ich kann es mir nicht erklären, doch vielleicht interpretiere ich in seinen Worten zu viel hinein, ich kann nämlich nicht behaupten, dass es mir keine Angst eingejagt hat, was er vorhin sagte. Vielleicht liegt es ja daran und ich kann deshalb seinen Blick nicht deuten...

„Es ist etwas, womit du dich in brenzligen Situationen wehren kannst. Du kannst es hier verstecken und ich will, dass du es verdammt nochmal einsetzt, wenn dich jemand angreifen sollte, hast du mich verstanden?" Er zieht an mein Ausschnitt und befestigt die scharfe Klinge an mein BH.

„Wird sie nicht...", stottere ich bereits und spanne mich an, doch Danny tippt auf den transparenten Deckel und ich atme langsam aus.

„Ich weiß aber nicht, ob ich... Ich kann kämpfen - ja! Das werde ich tun, wenn es brenzlig wird, aber...-", beginne ich nervös, doch Danny unterbricht mich.

„Kein Aber. Du setzt es ein." Ich runzle abermals schluckend die Stirn. Bereits jetzt scheint er sich auf etwas einzustellen, dass er gleich sein wird. Meint er also das mit ›nicht der Danny sein, der gleich aussteigt‹? Denn für einen Moment bekomme ich ein ganz ungutes Gefühl. Für einen Moment glaube ich nämlich, dass Danny noch viel unberechenbarer ist, als ich zunächst dachte. Seine Augen bohren sich in meine und sein Griff scheint sich unbewusst zu verstärken, sodass ich langsam nicke.

„Okay. Okay", verhasple ich mich und will meine Hand wieder an mich ziehen, doch er lässt nicht los und starrt mich weiter an, als würde er sich vergewissern wollen, dass das ›Okay‹ ernst gemeint ist. Doch das ist es. Mir ist klar, dass diese Leute gefährlich sind und dass Danny Angst hat.

„Hey, ist okay. Mir wird nichts passieren", ringe ich mir ein Lächeln ab und streiche über seine Wange, um ihn zu beruhigen. Die wenigen Bartstoppeln hinterlassen ein kribbelndes Gefühl auf meiner Handfläche.

„Ich setze es ein. Versprochen. Sollte es brenzlig werden, werde ich es einsetzen."

Langsam nickt er, sieht mich jedoch noch immer so eindringlich an. Seufzend tippe ich auf seine Hand.

„So langsam tut es weh", sage ich leise und erwidere nun seinen starren Blick. Danny presst die Lippen zusammen, lässt jedoch langsam los. Also ein wenig schiebt er nun doch Panik. Lautlos seufzend schnalle ich mich ab und steige aus. Die etwas kühlere Luft schlägt mir entgegen und lässt mich aufatmen, löst den festen Knoten in meinen Brustkorb. Jetzt habe ich irgendwie Angst. Gerade weil das kleine Messer sich fest an meine Haut drückt und mich daran erinnert, wie gefährlich all das eigentlich ist.

Vielleicht habe ich mir doch selbst zu viel zugemutet... Vielleicht überschätze ich ja meine Fähigkeiten...

Denn eins weiß ich; Ich bin nicht in der Lage jemanden lebensbedrohlich zu verletzen.

Die Klänge der Spielautomaten ertönen, sobald wir die Türen aufmachen und dichter Qualm schlägt mir augenblicklich entgegen, sodass ich für einen Moment leise husten muss. Mein Gott, selbst Nichtrauchern verleiht es das Gefühl an einer Zigarette zu ziehen! Ich höre das sanfte Klirren von Glas, als zwei Frauen anstoßen und die raue Lache von Männern, welche am Pokertisch sitzen. Ich versuche meine Gesichtszüge im Griff zu behalten, habe ich doch tatsächlich das Gefühl, sie werden mir noch entgleiten. Gerade weil ich noch nie im Casino gewesen bin.

Doch vor allem, weil dies kein normales Casino zu sein scheint.

Denn in diesem ovalen, chinesischen Salon befinden sich nicht nur Spielautomaten, Pokertische und Billardtische - es gibt auch eine Strippbar, an der so gut wie vollkommen nackte Frauen sich räkeln, denn einzig ein hauchdünnes weißes Höschen und Pflaster an ihren Brustwarzen verdecken ein wenig Haut.

Nun. Wieso nicht? Strippen ist cool. Aber man hätte tatsächlich ein wenig mehr anziehen können...

Was mich noch mehr schockiert ist, wie sie von den Männern berührt werden. Darf man sowas überhaupt? Die Stripperinnen so berühren? Denn dass ihre Finger sich auch im Höschen der Frauen befinden, ist soweit ich weiß, nicht für ein normales Casino normal. Schluckend verstärke ich den Griff um Danny's Arm und folge nun seinem Blick, während er zielstrebig jedoch elegant auf irgendwen zuläuft.

Richard und Paige.

Sie sitzen am Pokertisch mit drei Männern und zwei Frauen. Und jetzt gerade sehen sie recht verwundert aus.

„Hallo! Was für ein Zufall", begrüßt Paige uns und steht auf, um uns die Hand zu reichen. Wieso reicht sie uns jetzt die Hand? Winken hätte mir wirklich gereicht. Ich hoffe, meine Hände schwitzen nur in meinem Kopf und nicht tatsächlich. Lächelnd umgreife und schüttle ich sie, was Danny mir nachtut.

„Oh, das ist ja eine schöne Überraschung", erwidere ich. Auch Richard begrüßt uns, scheint jedoch etwas verwirrt. Paige fragt uns, ob wir uns zu ihnen setzen wollen und erklärt mir augenblicklich wie man pokert.

„Das ist wirklich interessant. Aber es ist eben ein Glücksspiel und ich habe nie Glück, also lassen wir das lieber", lache ich leise. Alkohol wird uns von Männern in schwarzen Anzügen gebracht und ich staune nicht schlecht.

„Oh, so würde ich das nicht nennen. Es ist eher ein... Geschicklichkeitsspiel", grinst sie mich an, was ich leicht lächelnd zur Kenntnis nehme. Ahja. Ich lasse langsam den Blick schweifen und nehme einen Schluck aus meinem Glas, um mich ein wenig zu beruhigen. Mir ist so unglaublich warm vor Nervosität, dass ich das Gefühl habe, mein Hals sei mit roten Flecken übersäht. Mein verunsicherter Blick fällt auf Danny, der mit zuckenden Mundwinkeln auf Richard und dessen Freund sieht, welche sich in ein hitziges Gespräch verwickelt haben.

„Darf ich dich etwas fragen?", höre ich Paige wieder sagen. Langsam nicke ich, ehe ich sie wieder ansehe.

„Wie genau seid ihr hier rein gekommen?" Die blauen Augen verlieren plötzlich ihren Glanz und ihre Stimme wird leise... zischelnd. Oder kommt mir das nur vor?

„Ehm. Na, durch den Eingang", lache ich verwirrt. Ich versuche mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr mir ihr Gesichtsausdruck den Boden unter den Füßen gezogen hat. Wie ihr Ton sich so plötzlich änderte... Sie schluckt und fängt dann leise an zu lachen.

„Natürlich. Ich frage nur, weil das eigentlich eine private Veranstaltung ist und man hier nicht so leicht rein kommt. Etwas exklusiver eben", erklärt sie und atmet leise aus. Als wäre sie erleichtert.

„Nun, Jay meinte, er wolle mich überraschen. Da hat er sich ja wirklich sehr viel Mühe gegeben, um hier rein zu können", lüge ich. Ich zwinge mich zu ein strahlendes Lächeln und hoffe, dass man mir nichts anmerkt.

„Oh ja, da muss er wirklich viel für getan haben, aber dann genieße ihn umso mehr", grinst sie mich an und ich lächle zurück.

Doch innerlich finde ich es überhaupt nicht amüsant. Für einen Moment wurde ihr Blick nämlich so bitter böse, dass ich nun nicht mehr daran zweifle, ob sie wirklich Kriminelle sind. Wollte sie mich mit ihrem Blick verunsichern? Und hat es nun geklappt? Hat sie irgendwas verstanden oder habe ich mich gut retten können?

Sie spricht nicht mehr mit mir und sieht nach vorn, da jetzt gerade sich jemand dazu setzt.

Ich folge ihrem Blick und halte für einen Moment die Luft an. Ein Mann etwa mittleren Alters hat sich am Kopfende des Tisches hingesetzt. Onyxfarbene Augen, die tiefer als ein dunkler See erscheinen, faltiges, ernstes Gesicht, obwohl ich ihn erst auf etwa fünfzig Jahre einschätze. Und einen Hut trägt er komischerweise auch. Es wird still, sobald er sich dazu setzt, weswegen ich etwas unbeholfen zu Danny sehe, welcher jedoch den Kerl starr wie ein Eisblock ansieht. In seinen Augen lodert ein Feuer, das ich nicht beschreiben kann und mich ratlos zurücklässt. Wieso sieht er ihn bloß so wütend an? Kennt er den Mann etwa?

Danny hatte jedoch recht. Er scheint wie ausgewechselt. Sein Gesicht schaut so streng aus, dass seine Wangenknocken als auch Kieferknochen noch viel stärker herausstechen. Seine Mundwinkel wirken eingefallen, als hätte er noch nie in seinem Leben zuvor gelacht. Ein wenig verunsichert es mich... sein Pokerface.

Denn das vor mir ist eindeutig nicht mein Danny.

„Guten Abend", ertönt die raue Stimme des Mannes und jagt mir somit einen Schauer über den Rücken. Sein Blick gleitet durch die Runde und bleibt bei Richard hängen.

„Alte Freunde. Schön euch wieder zu sehen", begrüßt er ihn und Paige.

„Wir freuen uns auch, Señor. Sehr sogar. Wir haben Sie lange nicht mehr gesehen", lächelt Paige. Der Mann nickt und sieht sich dann wieder um.

„Und wer sind die anderen? Kennt ihr euch oder habt ihr einfach nur Lust auf Poker?", fragt er uns und die anderen zwei Paare.

„Das sind unsere Nachbarn Jay und Susan. Sie wollten uns Gesellschaft leisten. Außerdem meint Jay, er sei ein verdammt guter Spieler. Ich habe die Herausforderung natürlich angenommen", antwortet diesmal Richard und grinst Danny süffisant an, dessen Mund nun ein gefährliches Lächeln schmückt. Ich nehme einen Schluck aus meinem Glas Sekt um ja nicht aufzufallen. Danny verunsichert mich noch viel mehr. Jetzt gerade scheint er wirklich der Joker zu sein, wie welcher er aussieht. Für die anderen ist es ein völlig normales Lächeln.

Doch ich weiß wie er aussieht, wenn er lächelt. Wenn er ehrlich lächelt.

Das jedoch, was er gerade auf den Lippen trägt, ist ein irres Lächeln und kein ehrliches.

Wieso nur guckt er so?

„Wirklich? Dann wollen wir mal beginnen", jubelt der Mann und klatscht euphorisch in die Hände. Entspannt lehnt Danny sich zurück. Jeder Spieler bekommt zwei Karten und ich gerate sogleich in leichte Panik. Ich weiß nicht, wie man das verdammte Spiel spielt! Und als der alte Mann Danny auch noch auffordert sich gegenüber von ihm am anderen Kopfende des Tisches zu setzen - und somit weiter weg von mir - scheine ich innerlich zu hyperventilieren.

Alles wird gut. Er ist noch da. Zwar etwas weiter weg, doch noch immer da.

Das Spiel beginnt.

„Die Pokerregeln, nach denen gespielt wird, sind die von Texas Hold'em", ertönt Richards Stimme. Und was zum Teufel soll mir das nun sagen? Ich habe keine Ahnung, wie diese Regeln lauten! Egal. Danny weiß schon, was er tut.

Und er gewinnt. Mehrmals.

Es werden über 4 Runden gespielt. In jeder Runde können die Spieler setzen oder passen. Falls kein Spieler setzt, beginnt automatisch die nächste Runde. Im Uhrzeigersinn müssen alle Spieler entweder Chips in Höhe des Blinds einsetzen, erhöhen oder passen. Wenn jemand erhöht, müssen alle Spieler denselben Betrag setzen, wenn sie im Spiel bleiben möchten. Nun, da dies meine Chance war auszusteigen, tue ich es augenblicklich und atme zunächst erleichtert auf. Sollen die mal machen. Das Spiel geht weiter. Wenn ein Spieler passt, nimmt er nicht länger an der Hand teil und kann weder setzen noch gewinnen. Nachdem alle Spieler die Chance hatten, zum aktuellen Einsatz mitzugehen oder zu erhöhen, endet die Setzrunde. Alle Einsätze werden in die Tischmitte geschoben. Die Gesamtanzahl der Chips auf dem Tisch wird „der Pot" genannt.

Am Ende ist nur noch ein Spieler bei der Hand dabei und das ist Danny, denn alle anderen haben gepasst. Die Spielregel lautet, dass die Hand sofort beendet wird und der letzte verbliebene Spieler den Pot gewinnt.

Drei Mal. Drei Mal gewinnt er, sodass der Mann mit dem Hut aus zu Schlitzen geformten Augen zu ihm aufsieht. Danny schmunzelt und lehnt sich zurück.

„Sowas habe ich noch nie erlebt. Wo hast du gelernt so zu spielen?", fragt der Mann ihn. Danny bleibt still und starrt ihn einfach nur an, legt den Kopf dabei schräg und trägt dieses... komische Lächeln auf den Lippen, dass mir das Blut in den Adern erfrieren lässt.

„Bekomme ich noch eine Antwort? Du warst bereits den ganzen Abend über still. Sprichst du nicht gerne?", fragt der Mann ihn und zieht die Augenbrauen verärgert zusammen, als Danny ihn einfach anlächelt. Wieso lächelt er so? Wir alle starren die Beide an, spüren die Anspannung, die von ihnen ausgeht. Ich hoffe, das endet jetzt nicht im Streit. Ich befeuchte meine Lippen mit der Zunge, ehe ich zum Sprechen ansetzen möchte, um zu erklären, dass er stumm ist, während einer der Kellner wieder kommt und dem Kerl ein neues Sektglas überreicht. Doch da ertönt bereits Richards Stimme.

„Oh, Señor Diego. Jay kann nicht sprechen. Er ist nämlich stumm", erklärt Richard ihm und lacht verunsichert, während der Mann bloß einen kräftigen Schluck nimmt und grunzt. Augenverdrehend stellt er das Glas wieder ab, hält jedoch plötzlich in der Bewegung inne - das Glas fixiert er nun mit den Augen. Langsam und bedächtig hebt er wieder den Kopf und starrt aus großen Augen zu Danny, auf dessen Lippen noch immer dieses leichte Lächeln liegt.

Der Mann beginnt zu husten.

Und er hustet immer lauter, fasst sich urplötzlich am Kragen und bohrt seine Finger in sein Fleisch. Seine Augen werden so groß, dass ich Angst bekomme, sie fallen ihm gleich raus. Alle am Tisch spannen sich an, während Richard bereits aufsteht und dem Mann, der anscheinend Señor Diego genannt wird, am Arm zu fassen und ihn zu fragen, ob alles gut sei.

Dieser jedoch scheint zu krepieren.

Laut schnappt er nach Luft, hustet jedoch nur wieder los und plötzlich erscheint auch Schaum an seinen Mundwinkeln. Ich fasse mir erschrocken ans Herz, welches mir so hart gegen die Brust schlägt, dass ich mich am Tisch festkrallen muss. Was hat er denn? Señor Diego schlägt das Glas weg und packt Richard am Kragen.

„K-K-K..."

„Was ist denn nur? Was haben Sie, Señor?"

„K-K-K-K... King... ston." Nur stockend kommt das Wort über seine Lippen, ehe er krächzend einatmet und erstarrt. Seine Augen bleiben weit aufgerissen, während sein Körper nun urplötzlich zu zittern beginnt und aus seinem Mund noch mehr Schaum kommt. Die wenigen Gäste fangen an zu schreien, Paige schreit, Richard schreit, während ich nur wie erstarrt zu dem nun toten Mann sehe.

Er ist tot.

Und alles, was er zuletzt sagte, war ›Kingston‹.

„Nein", haucht Richard fassungslos und lässt Señor Diego augenblicklich los, ehe er wie vom Geist getroffen zu Danny sieht.

„D-Danny Kingston...", keucht Paige und erhebt sich hastig, um sich mehrere Schritte von uns zu entfernen. Die anderen rennen raus und verlassen das Gebäude.

Dieser nippt völlig entspannt an sein Getränk und sieht aus unschuldigen Augen zu Richard.

„Ups", formt er mit den Händen, ehe seine Mundwinkel sich zu einem schiefen Grinsen in die Höhe heben.

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HALLI HALLO, ALLERLIEBSTE SCHNEEFLOCKEN ❄️

Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen!

DAS DRAMA GEHT LOS Triander hier hast du es. Btw möchte ich mal sagen, wie sehr du mich immer umhaust. Du merkst dir seeehr viele Dinge. Und ich bewundere es. Behalte sie trotzdem für dich und hör auf sie in den Kommentaren zu schreiben, sonst checken die anderen noch was 😑

Außerdem möchte ich einmal WARNEN! Bisher schien die Geschichte ziemlich süß zu sein, ich möchte jedoch mitteilen, dass sie noch immer unter der Kategorie „Thriller" gefunden werden kann. Heißt also: Auch Gewalt kommt vor. Die nächsten Kapitel sind etwas härter. Ich weiß zwar nicht, wie einige auf einiges reagieren, aber ich behaupte jetzt mal, dass einige Themen und Szenen nichts für schwache Nerven sind. Und eventuell auch triggernd.

Hiermit seid ihr gewarnt.

Schnuppert doch mal bei themaryseries Geschichten rein, wenn ihr etwas süßkribbelndes sucht 😍😏 als Abwechslung zu Agonía Silenciosa 😊

Ich werde noch auf alle Privatnachrichten antworten! Danke für die Links zum Thema Name und Gebärdensprache! Die schaue ich mir noch an, versprochen ❤️

Ich überlege echt das nächste Kapitel heute noch hochzuladen. Mal sehen. Ansonsten bis Freitag 🤪

SevenTimes-

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