»34« Nur er und ich

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„Das ist Paige", hauche ich entgeistert. Das ist jetzt nicht ihr verdammter ernst! Danny's Finger sind noch tief in mir vergraben, doch er hat mit den Bewegungen aufgehört. Er lauscht still ihren Rufen, ehe er mir wieder in die Augen sieht. Langsam bildet sich ein kleines, gerissenes Lächeln auf seinen Lippen, ehe er bedächtig den Finger rauszieht. Mein Unterleib protestiert und ich beiße wütend die Zähne zusammen, als er langsam wegschwimmt und gespielt entschuldigend die Schultern zuckt.

„Jay?", höre ich wieder Paige rufen.

„Wir sind im Fluss, Paige. Gib uns bitte einen Moment und warte oben auf dem Felsen. Wir kommen gleich zu dir", rufe ich ihr zynischer als beabsichtigt zu. Aber verflucht, so sehr ich die Frau eigentlich mag, ist sie gerade zu einem wirklich schlechten Zeitpunkt hier. Ich wäre fast gekommen! Beinahe! Und genau in dem Moment wurde ich - völlig in Ekstase - zurückgelassen.

„Ich hoffe, sie hat einen guten Grund", murre ich leise, als ich ihr erfreutes ›Okay‹ vernehme. Danny sagt nichts, doch dieses diabolische Grinsen weicht nicht aus seinen Lippen, weswegen ich mir schwöre, dass er hierfür büßen wird! Ich hoffe, sie tut was ich gesagt habe und wartet oben auf dem Felsen, denn wenn sie noch immer auf meinem Grundstück steht, dann wird sie uns gleich beide nackt sehen - was mir zugegeben sowas von am Pfläumchen vorbei geht.

Doch Paige steht nicht vor der Villa, als wir dort ankommen. Also wartet sie doch oben. Verdammt, Danny hätte mich eigentlich wieder in die Villa tragen müssen, um dort sein Werk fortzusetzen, doch stattdessen muss ich nun allein rein und mich anziehen!

Seufzend begebe ich mich wieder nach unten, sobald ich mich angezogen habe, wo ich zwar auf einen angezogenen Danny antreffe, doch ich beachte ihn nicht. Er ist auch an der ganzen Misere schuld.

„Paige", ringe ich mir ein Lächeln ab, sobald ich sie oben antreffe. Danny folgt mir stillschweigend.

„Oh hallo! Ich wollte euch nicht stören, tut mir wirklich leid", begrüßt sie uns. Ich tue so als würde es mir nichts ausmachen und winke ab, während das Feuer in mir wieder zu brodeln beginnt.

Wenn sie jetzt nur hier ist wegen dem, was sie in den Händen hält, dann gnade Gott, denn ich...-

„Ich wollte euch nur selbstgebackene Croissants mitbringen."

Eins...

Zwei...

Drei...

Und einatmen.

Eins...

Zwei...

Drei...

Und ausatmen.

„Oh, so großzügig! Vielen lieben Dank, Paige. Das ist unglaublich lieb von dir", schenke ich ihr mein breitestes Lächeln.

„Gerne, meine Liebe. Ihr bringt uns auch so oft etwas, da wollte ich auch gerne mal was vorbei bringen."

„Nichts geht über Essen", erwidere ich und seufze gespielt auf, als sie mir den Teller reicht und mir der zugegeben sehr leckere Duft in die Nase steigt.

Außer ein Orgasmus.

Der mir verwehrt blieb. Nah, Essen geht dennoch über alles. Denn je länger ich dem Duft ausgesetzt bin, desto schneller verschwindet die Wut. Diese Croissants werde nur ich essen, Danny bekommt absichtlich nichts.

„Okay, dann wünsche ich euch noch einen schönen restlichen Tag. Richard und ich gehen heute wieder Mini-Golf spielen", erklärt sie erfreut. Schön für dich! Innerlich schmollend winke ich ihr zu und wünsche ihr ganz viel Spaß.

Sobald sie weg ist, spüre ich seinen warmen Körper hinter mir. Ich seufze leise und stoße ihn mit der Schulter zurück, ehe ich wieder runter zu Villa gehe.

„Hoffe nicht, Danny. Du kriegst gar nichts ab, mein Freund", rufe ich ihm zu und stecke mir nebenbei einen Mini-Croissant in den Mund. Mmh... wirklich lecker. Ich lasse mich auf die Treppe nieder und beginne zu essen. Danny geht schmunzeln in die Hocke, um mit mir auf Augenhöhe sein zu können.

„Lass es dir schmecken. Ich möchte sowieso nicht."

„Du willst jetzt nur mein Mitleid", erwidere ich und halte in der Bewegung inne. Danny grinst schief. Ein leicht nasser Glanz benetzt seine Unterlippe, da er sich davor wahrscheinlich mit der Zunge drüber gefahren ist. Ich sehe weg.

Ich werde allmählich süchtig... nach seinen Lippen. Nach ihm.

„Nein. Du kannst ruhig essen, ich habe keinen Hunger. Also. Was willst du heute machen?"

Ich sehe rasch hoch. Hat er mich gerade wirklich gefragt, was ich heute machen will? Ich darf entscheiden? Ich?!

„Kein... Training?", hake ich vorsichtig nach, woraufhin er nickt.

„Kein Training heute. Ich dachte mir, wir gehen in die Stadt. Willst du Ohio sehen?"

„Unglaublich gerne!" Diese Unzufriedenheit weicht mit einem Mal aus meinem Körper. Lächelnd klatsche ich erfreut in die Hände. Ohio mit Danny ansehen. Dass wir endlich mal etwas anderes tun, als nur zu trainieren ist wirklich ein Geschenk.

„Ich gehe eben duschen. So in etwa zwei Stunden brechen wir auf, ja? Wir haben zwar erst 9am, doch je eher wir gehen desto besser, denn Cleveland ist groß. Wir sind wahrscheinlich erst nachmittags wieder zuhause. Zu Mittag essen wir draußen." Mit diesen Worten erhebt er sich und will gerade rein gehen, da halte ich ihn nochmal auf. Ich will es ihm schon seit einigen Tagen sagen, doch irgendwie war ich mir selbst noch unsicher und wollte mich selbst beobachten, doch jetzt bin ich mir ganz sicher.

„Ich wollte dir noch etwas geben", sage ich, weswegen er stehen bleibt. Fragend sieht er auf mich runter, während ich die Uhr um mein Handgelenk löse.

„Ich brauche sie nicht mehr. Ich verstehe eigentlich so gut wie alles und selbst wenn da etwas ist, was ich nicht verstehe, dann kann ich es eigentlich schon erraten", erkläre ich und reiche sie ihm. Danny sieht langsam runter zu Uhr, ehe er nickt und sie an sich nimmt. Dann kehrt er mir schweigend den Rücken zu und geht wieder in die Villa. Ich seufze leise. Ein kleines Lächeln wäre nett gewesen.

Doch so ist er nun mal. Irgendwie zeigt er mir nicht gerne zu viel von seinen Gefühlen und wenn er es tut, dann habe ich einfach nur Glück. Meistens ist er nur gut zu mir, nachdem er mich verletzt. Dennoch bin ich mir sicher, dass sich seit unserem Kuss etwas verändert hat.

Auch wenn ich es nicht genau sagen kann...

... irgendwas ist aber anders.

°°°

Exakt zwei Stunden später fahren wir los. Ich bin auch noch duschen gewesen und da wir ja raus gehen, wollte ich mich endlich mal nach Tagen schön machen. Ständig lief ich ungeschminkt und mit verschwitzten Trainingsklamotten rum, doch heute habe ich mich endlich wieder geschminkt, mir die Haare mit Haarspangen befestigt, sodass ich nun eine halb-offene Frisur trage und mir ein weißes Sommerkleid angezogen. Danny selbst trägt die Haare wie immer zurückgekämmt, hat sich nur eine Jeans und ein schwarzes Shirt angezogen - dennoch sieht er zum Anbeißen gut aus.

Die Fahrt über singe ich zu jedem Song das im Radio läuft mit und ignoriere dabei seinen genervten Blick.

„It might seem crazy what i'm about to say. Sunshine she's here, you can take a break. I'm a hot air balloon that could go to space. With the air, like I don't care baby by the way", singe ich und wippe mit dem Kopf mit, ehe ich in die Hände klatsche und die Musik lauter aufdrehe.

„Because i'm happy; Clap along if you feel like a room without a roof - aha - Because I'm happy: Clap along if you feel like happiness is the truth - yeah - Because I'm happy: Clap along if you know what happiness is to you: Because I'm happyyy", lache ich singend und ziehe das Wort ›Happy‹ in die Länge, als Danny ebenfalls mit dem Kopf zu wippen beginnt.

Weder ziert ein Lächeln seine Lippen, noch macht er den Eindruck amüsiert zu sein, doch das Funkeln in seinen Augen zeigt mir, dass es ihn doch belustigt. Einen kleinen Moment zieht sich mein Herz zusammen, als mir ein Gedanke in den Sinn kommt. Verspürt er je das Verlangen auch ganz laut singen zu wollen? Zu reden? Mehr zu sagen, als nur diese undeutlichen Geräusche, die ihn so verletzlich wirken lassen?

„Wieso hörst du auf?" Mit dem Finger schnippst er vor meinem Gesicht rum, bis ich aus meinen Gedanken gerissen werde. Ich tue so, als hätte ich nicht bereits auf seine Finger gesehen und schaue ihn fragend an.

„Hm?"

„Wieso hörst du auf?"

„Oh ich... kenne den Text nicht", lüge ich leicht lächelnd. Danny nickt verstehend.

„Gefällt es dir also doch, wenn ich singe?", grinse ich schief.

„Nein. Aber heute ist dein Tag. Kannst also machen, was du willst."

„Gemein", lache ich auf und schlage ihm gegen den Arm. Aber gut zu wissen, dass heute mein Tag ist. Hoffentlich wird er mir jeden Wunsch erfüllen, grinse ich hinterhältig.

Das werde ich verdammt nochmal auskosten.

„Jetzt können wir erstmal lange nach einem Parkplatz suchen", seufze ich leise. Danny schaut auch genervt aus, entgegnet jedoch nichts. Und tatsächlich brauchen wir eine ganze Stunde bis wir endlich einen Parkplatz finden. So genervt wir jedoch deshalb im Auto waren, ist es sogleich vergessen, als wir aussteigen.

„Wo willst du zuerst hin? Wollen wir erstmal essen?"

Ich nicke nur, bin zu sehr damit beschäftigt mir alles anzusehen. Obwohl die Hektik und die unerträgliche Lautstärke von New York fehlt, fühle ich mich dennoch unglaublich wohl. Lautes Gelächter dringt in meine Ohren, fröhliche Menschen wo ich auch hinsehe und selbst die Sonne scheint heute lächeln zu wollen. Musik begleitet uns auf den Weg, doch ich weiß nicht genau aus welcher Richtung es kommt.

„Es ist hier wirklich wunderschön", hauche ich, sobald wir uns draußen vor einem Restaurant an ein Tisch setzen. Danny nickt nur und schaut dann stirnrunzelnd auf sein Handy.

„Alles okay?", frage ich ihn sogleich, doch er winkt bloß ab.

„Arian. Einer der Betreuer hat mir geschrieben, dass er gestern starke Bauchschmerzen hatte."

„Dann sollen sie ihm zum Arzt bringen."

„Ja, der Meinung bin ich auch, aber er ist ein wenig schwierig und mag es nicht zum Arzt zu gehen. Naja, da muss er jetzt durch." Er seufzt leise und packt sein Handy weg.

„Er liegt dir sehr am Herzen, oder?", hake ich lächelnd nach.

„Natürlich. Jedes Kind liegt mir am Herzen."

„Ja klar! Aber Arian magst du ganz besonders", entgegne ich. Danny wendet den Blick ab und hebt die Hand, um einen Kellner aufmerksam zu machen. Ich schmunzle. Man, der Kerl kann echt nicht offen über seine Gefühle sprechen. Der Kellner kommt und wir bestellen uns etwas zu essen. In der Zeit, in der wir darauf warten, dass uns unser Essen gebracht wird, ist es still zwischen uns beiden. Fieberhaft suche ich nach einem Thema, doch Danny scheint mit den Gedanken wo anders zu sein. Macht er sich etwa so große Sorgen um Arian?

Lautlos seufzend sehe ich mich um, bis mein Blick auf ein Flyer fällt. Langsam greife ich danach und lese es mir durch. Museum of Art.

Oh, ein Kunstmuseum! Mit kostenlosen Eintritt sogar. Dann kann ich Danny auf alle Fälle darauf ansprechen, denn obwohl ich selbst Geld dabei habe, lässt er mich nichts bezahlen. Aber da hier der Eintritt kostenfrei ist...

„Danny?"

Rasch finden seine Augen wieder den Weg in meine. Fragend sieht er mich an, während ich nur aufs Flyer zeige.

„Ist das Kunstmuseum weit weg von hier?", frage ich ihn. Er schüttelt den Kopf.

„Willst du hin?"

„Also wenn es nicht weit ist und wir nicht wieder mit dem Auto fahren, sondern laufen können, dann ja! Unglaublich gerne. Schau dir nur die Bilder an... einfach wunderschön und scheint auch sehr beliebt zu sein", nicke ich aufgeregt.

„Dann gehen wir nach dem Essen dahin."

Und das war's dann auch. Er sagt nichts mehr, was mir nun doch ein kleines wenig die Laune runterzieht, da er nicht einmal ein kleines bisschen gelächelt hat. Das Essen wird uns serviert und still beginnen wir damit unsere Bäuche zu füllen.

„Ist alles okay? Du siehst nicht mehr so gut gelaunt aus", murmle ich irgendwann und spiele mit meinem Essen teilweise nur rum. Es zieht mich runter, dass er so in Gedanken schwelgt und nicht mit mir redet. Gerade weil ich die Gespräche mit ihm mag.

„Tut mir leid. Ich denke grad einfach nur zu sehr an Arian." Entschuldigend sieht er mir in die Augen, schüttelt den Kopf und lächelt mich nun doch ein wenig an, was meine Laune sogleich anhebt. Was tut dieser Mann nur mit mir?

„Also. Wollen wir?"

Langsam nicke ich. Irgendwas sagt mir jedoch, dass es gar nicht an Arian liegt...

°°°

„Hier werden über 45.000 Kunstobjekte aus mehr als 6.000 Jahren Geschichte ausgestellt. Bereits die  Ptolemäer und die Könige von Pergamon unterhielten große Kunstsammlungen aus historisch-humanistischen Interessen. Das moderne Kunstsammeln entstand in der Frührenaissance. Sammlungsschwerpunkte sind die präkolumbische Zeit, die Kunst Asiens und das europäische Mittelalter. Das Cleveland Museum of Natural History nimmt euch mit auf eine Reise durch die Welt und den Weltraum – mit Knochen aus der Urzeit, Edelsteinen und einem Planetarium. Kinder sind vor allem vom Greater Cleveland Aquarium, vom Great Lakes Science Center und natürlich vom Cleveland Metroparks Zoo begeistert. Freunde der Militärgeschichte sollten das USS COD Submarine Memorial ansteuern. Besichtigt dort das U-Boot, das im Zweiten Weltkrieg zwölf japanische Schiffe versenkt hat." Begeistert führt uns ein Museumsführer umher. Er wirkt auf anhieb sympathisch, nur ist er ein wenig zu laut bei seinen Erzählungen. Er scheint mittleren Alters, ist recht klein und trägt eine viel zu große, schwarze Brille auf der Nase, die er ständig mit der Hand an Ort und Stelle zurückschieben muss.

„Das sieht wirklich unglaublich aus", hauche ich und zeige auf ein Bild. Auf dem Bild ist einzig ein großer Esstisch zu sehen, um diesen Esstisch eine Frau, drei Kinder und etwa zwei junge Männer. Am Tisch jedoch sitzt bloß ein Mann, der genüßlich zu essen scheint.

„Ich verstehe die Bedeutung nicht", murmle ich Danny zu, welcher sich hinter mich stellt. Ich sehe fragend zu ihm auf, doch sein Blick liegt auf das Bild.

„Es zeigt, wie sehr man früher die Älteren und besonders den Mann im Haus respektiert hat. Zuerst aß der Mann und dann erst Mutter und Kinder, was einfach nur bescheuert ist. Ich finde gut, dass es hier hängt. Es erinnert uns, dass die Welt sich ins Positive verändert hat. Auf dieses Thema jetzt bezogen."

Oh, da muss ich ihm recht geben. Es ist wirklich bescheuert. Aber ob ein Vater seine Kinder hat stehen und zugucken lassen, wie er selbst genüßlich das Essen verschlingt, während ihre Mägen knurrten? Wahrscheinlich zeigt das Bild einfach nur etwas, das ungefähr so gewesen ist.

„Hm. Lass uns weiterziehen", erwidere ich und greife nach seiner Hand. Still folgen wir den anderen Gästen, die noch immer gespannt den Worten des Museumsführers lauschen. Das Museum ist einfach atemberaubend und so unglaublich groß! Als bewegte Raumvolumen mit geradezu tänzerischer Choreographie verwandelt die Architektur jede Ausstellung in ein besonderes Raumerlebnis, sodass man sich gar nicht langweilen kann!

„Oh wow", raune ich, als wir bei den Statuen stehenbleiben.

„Das muss Adonis sein. Rrrr, hallo mein Schöner", knurre ich leise und lache, als ich in Danny's entsetzte Gesicht sehe.

„Schau mal, wie er sie gepackt hat und sie küsst", seufze ich verträumt, verflechte meine Finger ineinander, platziere sie unter meinem Kinn und lege den Kopf schräg. Hach, so wundervoll.

„So herkulisch! Mmh... Du solltest dir was abgucken", mache ich und sehe Augenbraunwackelnd zu Danny. Dieser sieht sich um, dass mich auch ja keiner hört, greift nach meinem Ellenbogen und formt mit einer Hand seine Sätze.

„Dios, bist du peinlich." Seufzend zieht er mich weiter hinter sich her, während ich nur erheitert lachen kann.

°°°

Etwa vier Stunden später verlassen wir das Museum wieder. Es ist einfach zu groß gewesen, um schneller alles sehen und wieder gehen zu können. Allein das Gebäude ist unglaublich. Am Rande der Innenstadt gelegen, besteht es aus einer einfachen weißen Fassade. Teil eines größeren, in manchen Bereichen bewohnten städtischen Ensembles, das auf einer Seite von einem Fluss, auf der zweiten von einer belebten Straße und von der dritten durch einen felsigen Berg begrenzt wird, der von einer palastartigen Burg beherrscht wird. Von einer Seite sieht das Museum wie das weiße Haus des Präsidenten von Amerika aus. Von einer anderen Seite sieht es wie eine moderne Hochschule aus. Der Eingang ist hier offen und führt in eine große Halle. Von einer dritten Seite hat das Museum die Anmutung eines antiken Bauwerks mit einem Portikus, der von verschiedenen Statuen bekrönt wird; und tatsächlich spricht vieles dafür, dass das Museum auf einer antiken Tempelanlage errichtet wurde. Der Eingang hinter einer Doppelreihe von acht mächtigen Säulen führt in den Fels gehauene Räume, die nur mit einem Führer betreten werden dürfen. Von einer wiederum anderen Seite wird seine Fassade von einer ausladenden Freitreppe mit über 50 Stufen bestimmt; die unterste Treppenstufe schließt eine steil abfallende Felswand ab; von der Treppe aus hat man eine weite Aussicht in die Landschaft.

Doch Danny blieb geduldig, riss hier und dort einen obszönen Witz bei sinnlichen Bildern und ließ mich das ganze Museum sehen. Jetzt gehen wir zurück, müssen leider jedoch laufen, da das Auto am anderen Ende der Stadt steht. Doch das macht nichts, denn das Wetter ist schön und jetzt so kurz vorm Abend leuchtet die Stadt heller, denn die Lichter wurden angemacht.

„Oh, schau mal! Wie schön sie tanzen", rufe ich und zeige mit dem Finger auf einige Leute, die einen Straßenmusiker umzingelt haben und seine Musik mit einem Tanz begleiten.

„Das ist nichts im Gegensatz zu Spanien. Dort tanzen sie noch heftiger, noch lauter. Dort müsstest du mal hin."

„Heftiger? Also so richtig spanische Tänze wie zum Beispiel Tango und Salsa?", hake ich begeistert nach. Danny nickt.

„Die Frauen schwingen ihre Hüften im Licht der untergehenden Sonne und die Männer tun es ihnen mit offenen Kinnladen nach."

„Ich habe einmal für mein Leben gern getanzt...", murmle ich leicht lächelnd und beobachte die tanzenden Menschen, die gerade den Spaß ihres Lebens zu haben scheinen. Danny legt den Kopf schräg und ich spüre seinen Blick auf mir, kann den meinen jedoch nicht von den anderen abwenden.

„Du kannst die spanischen Tänze?" Seine Handbewegungen reißen mich aus der Starre. Schmunzelnd nicke ich.

„Inzwischen sicher nicht mehr so gut. Ich war einmal in einer Tanz AG, aber das ist nun einige Jahre her. Es ist so ein schönes und befreiendes Gefühl. Sieh dir nur die Leute an, wie viel Spaß sie zu haben scheinen! Was würde ich dafür geben so mutig sein zu können und einfach zu tanzen", erwidere ich. Danny senkt langsam den Kopf und seufzt leise, mein Blick jedoch bleibt an einer brünetten Schönheit hängen, die so laut zu lachen beginnt und sich an ihrem Mann festkrallt, dass ich ebenso schmunzeln muss. Sie alle verströmen positive Energie. Die Straßenmusiker scheinen auch ihren Spaß zu haben. Auf den ersten Blick würde ich sagen, dass sie Kubaner sind. Die bronzefarbige oder schokoladendunkle Haut, die Strohhütte und die einzigartige Kleidung, lassen es einen schon erahnen, doch sicher bin ich mir nicht.

„Na komm, lass uns weiter", lächle ich leicht und bekomme endlich den Blick von den Leuten ab, ehe ich zu Danny sehe - der jedoch gar nicht mehr neben mir steht.

„Danny?", frage ich verwundert und sehe mich schleunigst um. Ich finde ihn bei den Straßenmusikern. Wann ist er dorthin gegangen? Stirnrunzelnd verfolge ich seinen Bewegungen, wie er mit Händen und Füßen versucht zu erklären was er haben will, doch die Musiker verstehen es anscheinend, denn sie nicken ihm lachend zu. Joggend kommt er wieder auf mich zu und greift nach meiner Hand, ehe die spanischen Klänge ertönen.

„Was tust du denn?", frage ich verwundert und lasse mich mitziehen.

„Du wolltest tanzen. Jetzt tanzen wir Tango, aber nach spanischer Art." Eine kribbelnde Aufregung macht sich in mir breit, als er mich an sich zieht und seine Hand fest auf meine obere Rückenseite legt.

„Du kannst Tango tanzen?", hake ich verblüfft nach. Ein breites Grinsen ziert meine Lippen.

„Bisher habe ich es nur gesehen, nie getanzt. Aber ich glaube, ich kriege es hin."

Ich kann nichts mehr zu sagen, denn es beginnt schon, als er mich plötzlich an sich presst. Wir beginnen mit der Wiederholung eines Vor-Rück-Schrittes am Platz mit Achsendrehung. Er ist mir so nah, dass seine Nasenspitze beinahe meine berührt und wir die selbe Luft einatmen. Leicht grinsend lasse ich die Hüften gemächlich kreisen und setze ebenso einen Schritt voran, während er automatisch einen zurückgeht. Mit dem linken Fuß zeichne ich das Bild des Fächers auf den Boden, ehe ich meinen Arm fester um ihn schließe, sodass wir nun in der Tanzhaltung die Umarmung drin haben. Mit der Nasenspitze streift er meine Wange, während wir für einen Moment in der Bewegung verweilen. Er führt eine Molinete und stellt mir beim Vorschritt die Fußspitze des freien Beins neben die Ferse des Standbeins und dreht nur den Oberkörper, sodass bei meinem Seitschritt meine Hüfte sich schnell dreht und die Drehung des Oberkörpers überholt. Er drückt mich am Oberkörper zurück, dreht mich in die eine Richtung, ehe er wieder an meiner Hand zieht und ich gezwungen bin die Richtung wieder zu wechseln. Ich schiebe seinen Fuß mit meinem Fuß weg und gehe einen Schritt auf ihn zu, was jedoch nur eine Illusion ist, denn sein Fuß begleitet eigentlich meinen.

Ich lache. Nicht weil es mich belustigt, sondern weil es mir unglaublich viel Spaß macht und selbst sein viel zu ernstes Gesicht ändert nichts daran. Ich schätze es sehr wert, dass er nur tanzt, um mir eine Freude zu bereiten.

Vielleicht bedeutet ich ihm ja genauso viel, wie er inzwischen mir...

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Guten Morgen, meine Schneeflocken ❄️

Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen!

Lange habe ich auf den Tango-Tanz gewartet und endlich darf ich ihn veröffentlichen 😍 Tango gehört einfach zu den Kingstons ^^ Hättet ihr je einfach so auf der Straße getanzt?

Hier will ich einmal anmerken, dass ich keinen blassen Schimmer habe was in Wahrheit im Museum of arts (Cleveland) ausgestellt wird. Ich habe ein wenig googeln müssen - klar - aber auch einfach mal meiner Fantasie freien Lauf gelassen.

Bis wahrscheinlich morgen!

SevenTimes-

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