»10« Danny, die Kampfmaschine

𝕃 𝔸 ℝ 𝔸

Ohne dass Shifu mich wirklich berührt, liege ich auf den Boden.

Heilige Guacamole...

„Wie haben Sie das angestellt?", frage ich bissig und rapple mich wieder auf. Shifu hat die Hände hinter dem Rücken verschränkt und lächelt mich an, antworten tut er mir jedoch nicht. Seufzend erhebe ich mich und begebe mich ein weiteres Mal auf Position.

Ich nehme hastig drei große Schritte und hole gerade aus, da fängt er meine Faust einfach mit der Hand ein.

„Du hast gar keine Kraft", seufzt er tief und verdreht mir die Hand bis zum Rücken, bevor er mir einen kleinen Tritt verpasst, sodass ich die selben drei Schritte wieder zurück stolpere. Mit dem Oberkörper knie ich mich hin, während mein Fuß rückwärts in die Höhe schießt, doch auch diese fängt Shifu innerhalb weniger Sekunden ein.

„Ciao, kleine Italienerin", lacht er und gleich darauf verpasst er mir wieder einen Tritt, sodass ich einen guten Meter mit dem Gesicht voran auf die Erde falle. Ich stöhne leise, stehe jedoch so schnell wie möglich wieder auf.

„Alles was mir weh getan hat, war der untere Teil meines BH's, der durch den Aufprall gegen meine Rippen drückte", rufe ich Shifu zu und wische mir den Staub ab. Shifu wirft den Kopf in den Nacken und lacht herzhaft, was ich sofort ausnutze. Schnellen Schrittes komme ich ihm näher, lasse meine Faust durch die Luft sausen und treffe seine Schulter.

„Auuu! Aua! Aua! Aua! Aua!", schreie ich und halte mir die Faust, reibe sie, damit der Schmerz vergeht. Es hat sich angefühlt, als würde ich gegen Stein schlagen! Shifu sieht mich verblüfft an, bevor er noch lauter zu lachen beginnt. Dabei verschwindet der harte Zug um seine Mundwinkel und Lachfältchen erscheinen. Die bereits sehr schmale Augen sind zu Schlitzen geformt und sieht man nun gar nicht mehr. Er wischt sich die Lachtränen weg und ich mir die Tränen, die mir vor Schmerz in die Augen geschossen sind. Hoffentlich hat er sie nicht gesehen!

„Man greift niemanden an, wenn er gerade lacht, Mädchen", bringt er zwischen seinem Gelächter hervor. Ich verdrehe die Augen und kehre ihm den Rücken zu, damit ich wieder auf Position gehe, doch ein fester Schlag gegen mein rechtes Bein befördert mich zu Boden.

„Wofür war der denn?!", frage ich wütend und reibe mir das Bein.

„Verdrehe nicht so unverschämt die Augen!", entgegnet er und zwingt mich wieder auf die Beine, in dem er mir mit seinem Gehstock gegen die Schulter tippt. Entnervt und bereits müde stehe ich auf und sehe zu ihm.

Dass er mir jedoch sogleich einen Tritt gegen die Hüfte verpasst, habe ich nicht erwartet. Ich jauchze nach Luft, schwinge die Arme, weil ich das Gleichgewicht verliere und schreie, dass ich fallen werde.

Als ich den harten Boden am Rücken spüre, stöhne ich laut und rühre mich für einige Sekunden nicht. Nur Schwer kriege ich Luft, deshalb versuche ich mich zu konzentrieren. Als ich die Augen öffne, scheint mir die Sonne ins Gesicht und blendet mich, doch gleich darauf wirft eine große Gestalt einen Schatten auf mich. Ich beiße die Zähne fest zusammen und spüre, wie das Blut mir langsam wieder durch die Adern fließt. Auch das Rauschen in meinen Ohren findet ein Ende.

„Sie ist eine Katastrophe, aber mutig, das muss ich sagen", höre ich Shifu's Stimme. Zu wem spricht er? Als ich mich aufsetze, tanzen bunte Farben vor meinen Augen.

„Sie werden noch sehen, wie mutig ich bin!", erwidere ich und stehe langsam auf. Doch gleich darauf möchte ich nicht nur wieder zu Boden versinken, sondern unter die Erde. Zu meiner größten Beschämung steht nämlich Danny neben Shifu.

Oh, nein...

Dort steht er. Trägt wieder diesen japanischen Anzug, diesmal jedoch in dunkelgrau und sieht mich aus unergründlichen Augen an. Die Hände hat er auf den Hüften abgesetzt. Ich seufze leise und hebe dann erwartungsvoll die Augenbrauen. Was glotzen die mich jetzt so an?

„Wir haben ein langes Training vor uns...", seufzt Shifu und greift nach seinem Gehstock.

„Was uns beiden hätte erspart bleiben können, Shifu", erwidere ich genervt und sehe dabei nur Danny an. Das dunkelblonde Haar schimmert im Licht der Sonne golden und fällt ihm leicht in die Stirn - die Spitzen berühren sogar seine Wimpern. Er sieht mich an, als suche er etwas in mir.

„Wieso zeigt uns Danny eigentlich nicht mal, wie er kämpfen kann?", frage ich und lege den Kopf schräg. Je länger ich ihn mir nämlich ansah, desto stärker wurde das Bedürfnis ihm beim Kämpfen zuzusehen. Danny hebt eine Augenbraue, wobei ich ihm wieder so gerne ins Gesicht schlagen würde, damit er mich nicht so ansieht. Er sieht dabei immer so unglaublich arrogant aus!

„Oh, das würde ich auch gerne wieder sehen. Wäre das in Ordnung, Danny? Du beherrschst des Shaolin's Kung Fu ausgezeichnet", stimmt Shifu mir zu. Danny nickt langsam, wendet den Blick jedoch nicht von mir ab, während er plötzlich die Schnüre seines Oberteils löst. Mein Hals wird ganz trocken, als er sich zuerst die eine- und dann die andere Hälfte des Hemdes vom Oberkörper abstreift und ich einen unbezahlbaren Anblick geschenkt bekomme. Ich knirsche mit den Zähnen und versuche den Blick abzuwenden, doch es klappt nicht. Die schwarze Tinte auf seinem Oberkörper lässt nicht zu, dass ich den Blick abwende. Was er sich da wohl alles tattoowieren lassen hat? Es ist nicht viel, sodass es zum Kontrast der gold-braunen Farbe seiner Haut nahezu ästhetisch erscheint.

Als er sich umdreht und mir somit den Rücken zukehrt, sehe ich zwei Feder, wie man sie aus der griechischen Mythologie kennt, rechts und links unter seinem Nacken. An den Enden dieser Feder ist jeweils ein Buchstabe zu erkennen.

L...

...und K.

Wofür diese zwei Buchstaben wohl stehen?

Ich werde aus den Gedanken gerissen, als Danny sich in Bewegung setzt. Er hat etwas Abstand von uns genommen, befindet sich nun zwischen den ganzen Holzbalken - oder sind es Äste? -, die hier in den Boden gesteckt wurden, sodass sie in die Höhe- und ihn somit um gut drei Köpfe überragen. Er nimmt tief Luft, bevor er die Fäuste hebt und die Arme bewegt. Er macht zunächst langsame Bewegungen und wenn die Faust nach vorn schießt, geschieht es schnell und geschmeidig. Die Venen erscheinen an seinen Armen, immer wenn die Faust in Bewegung kommt. Genauso wie Shifu zuvor geht er etwas auf die Knie und berührt mit den nackten Fußspitzen den Boden.

Kurz ist es still.

Dann stößt er einen Schrei aus den Lungen, bevor es ganz schnell geht. Mein Kinnlade klappt auf, als er den Fuß hebt und mit einer Drehung alle fünf Äste, oder was auch immer es ist, zerbricht. Mit den Fäusten schlägt er gegen die Blöcke, wobei Blut aus seinen Fingerknöcheln spritzt. Ich reiße entsetzt die Augen auf, doch Danny scheint es entweder nicht zu spüren oder er ignoriert es.

Als die Blöcke und die Äste - ja, ich habe mich für Äste entschieden - zerbrochen oder eben durchbrochen auf dem Boden liegen, hebe ich langsam den Kopf. Der muskulöse Rücken ist mir zugekehrt. Danny atmet schwer und hat den Kopf gesenkt.

„Jetzt folgt Wushu...", höre ich Shifu zu mir sagen, doch ich wende den Kopf von Danny nicht ab.

Doch bevor es wirklich losgehen kann, applaudiert jemand. Als ich mich verwirrt umdrehe, was Shifu mir nachtut, stellen wir zu unsere Verwunderung fest, dass gute fünf Männer hinter uns stehen und Danny ebenfalls dabei zugesehen haben. Der Mann, der vor mir steht - und der, der applaudiert hat - sieht grinsend zu Shifu.

„Wow, das war großartig", sagt er, doch irgendetwas an ihm stört mich. Ist es der Blick, den er aufgesetzt hat, während er zu Danny sieht? Tatsächlich. In den dunkelbraunen Augen funkelt Spott auf. Als ich kurz zu Danny sehe, wird mir eiskalt. Er hat nur den Kopf zu uns herumgedreht und einen Mundwinkel in die Höhe gehoben, wobei ihm die verschwitzten Haare in die Stirn fallen. Doch die Kälte in seinen Augen bestätigen mir, dass der Kerl nicht geheuer ist.

„Was suchst du hier, Khalee?", fragt Shifu und hebt fragend die Augenbrauen. Khalee. So einen Namen habe ich ja noch nie zuvor gehört. Woher er wohl kommt? Der riesige Kerl schüttelt den Kopf und sieht plötzlich mich an.

Und anscheinend hat er auch nicht vor wegzusehen. Ich runzle die Stirn, während er die Brauen zusammenzieht und mich von oben bis nach unten betrachtet. Niemand sagt etwas; ich sehe ihn an und er sieht mich an.

Doch dann spüre ich eine dunkle Präsenz hinter mir und sogleich einen Atem, der mich am Nacken streift und mich kurz erstarren lässt. Danny ist vielleicht still, doch das bedeutet nicht, dass er ungefährlich ist. Seine Aura lässt einen spüren, dass er alles andere als nett ist.

„Nun gut. Ich muss jetzt auch gehen. Ich freue mich auf Samstag, Kingston", sagt Khalee plötzlich und reißt mich somit aus den Gedanken. Danny reckt bloß sein Kinn und sieht ihm nach, als er auf sein Bike steigt und davonfährt. Seine Freunde tun es ihm nach.

Oh, nein...

Danny braucht keine Worte, um seine Macht zu demonstrieren. Seine Ausstrahlung, die funkelnde Dominanz in seinen Augen und der breitbeinige Stand, mit den er sich vor mir aufbaut, reicht, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Und das muss wohl auch Khalee gespürt haben.

Er greift schmerzhaft grob nach meinem Handgelenk und hält es mir vor den Augen. Mein Herz setzt einen Schlag aus vor Schreck und ich verziehe das Gesicht.

„Wir sprechen nicht mit Feinden", lese ich. Ehe ich darauf etwas erwidern kann - zum Beispiel, dass ich doch gar nicht mit ihm gesprochen habe! - lässt er bereits mein Handgelenk los und kehrt mir den Rücken zu. Und das so schwungvoll, dass mir ein angenehmer Geruch nach Moschus in die Nase steigt.

Trotz des leichten Geruchs nach Schweiß, riecht er fantastisch. Gerade so verkneife ich es mir, die Augen zu schließen und den Duft tief einzuatmen.

„Das war wirklich sehr gut, Danny. Du überraschst mich immer wieder, dabei ist es verständlich, dass du so gut kämpfen kannst, wo dein Vater dir doch von kleinauf schon alles beigebracht hat. Wieso gehst du nicht auf die Tōshi Gakko in China oder Japan? Dort wärst du ein Meister! Du wärst kein einfacher Trainer, denn du kämpfst wie ein ›Großmeister‹, des erst 7. Duan's. Würde man nach Farben gehen, wie die chinesische Dynastie, hättest du das blau, weiß und goldene Drachen-Symbol, die so genannte Oberstufen-Duan, der nur an sehr erfahrene Lehrer beziehungsweise Meister mit überdurchschnittlichen Leistungen vergeben wird. Du solltest es tun, mein Junge", sagt Shifu. Er klingt total aufgeregt und hat vertrauenswürdig eine Hand auf Danny's Schulter abgelegt.

Danny dagegen senkt bloß den Kopf und schüttelt ihn ganz leicht. Er erwidert etwas mit den Händen und ich verfluche mich nun dafür, dass ich nicht auch die Gebärdensprache beherrsche, bis mir einfällt, dass ich ja noch die Uhr trage.

„Für mich wurde etwas anderes bestimmt."

Ein Schauer jagt mir den Rücken runter, als ich das lese. Was wurde für ihn bestimmt? Und wieso kann er sich nicht einfach für das entscheiden, was sein Herz scheinbar will? Denn für eine kurze Zeit hingen seine Augen an Shifu's Lippen, was mir zeigt, dass es ihn doch brennend interessiert hat, was der alte Mann von sich zu geben hat.

Shifu nickt verstehend und zieht sich dann kopfschüttelnd zurück.

„Das war's für heute, Lara. Du kannst jetzt verschwinden", sagt er noch in meine Richtung, bis er sich in seine Hütte verzieht. Seufzend sehe ich auf meine Uhr. Ich müsste noch etwas Zeit haben, um zu essen, bevor ich in den Unterricht muss.

„Deine Knie bluten", erscheint plötzlich ein Text auf meiner Uhr, der mich aufsehen lässt. Danny zieht sich das Hemd wieder an - wobei ich mich diesmal ermahne, nicht hinzusehen - und sieht auf meine Knie.

„Wieso hast du solch eine kurze Hose an? Das ist kein Kinderspiel, du musst dir etwas vernünftiges anziehen, damit das nicht passiert!", erscheint auch schon der nächste Text auf meiner Uhr. Danny verzieht das Gesicht zu einer wütenden Fratze und kommt mir näher, sobald er die Schnur wieder um seine Mitte gebunden hat. 

„Das bekomme ich auch allein hin", entgegne ich, als er nach meinem Handgelenk greifen möchte und ziehe dieses zurück. Danny hebt spöttisch eine Braue in die Höhe, wobei ich wieder das Verlangen verspüre ihm in die Fresse zu schlagen!

„Wenn, Lara, dann heißt es ›Nein, danke‹. Du hast wohl keine Erziehung genossen."

Ich schlucke und betrachte für einige Momente zu lange die Buchstaben auf meiner Uhr. Mit meiner Hand bringe ich Platz zwischen uns, hebe sie zur Abwehr, ehe ich an ihm vorbei gehe.

„Nein, Danny. Anscheinend hast das nur du", knurre ich zwischen zusammengebissenen Zähnen und verschwinde.

Dieses beschissene Arschloch!
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Hallöchen, ihr Lieben 🖖🏼

Ich hoffe, das Kapitel hat euch gefallen!

Ungefähr so wie im Video vollführt Danny die Bewegungen (:

Das war gemein von Danny, oder? 🥴

Bis demnächst ❤️

SevenTimes-

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