Kapitel X

Glücklich darüber, wieder hier zu sein und alles soweit überstanden zu haben, lande ich den Jet auf einer der Landeplätze des Helicarriers.
Anschließend öffne ich per Knopfdruck die Luke und reiße mir regelrecht das Headset vom Kopf.
Meine wirren Haare streiche ich mir provisorisch etwas glatt, da sie durch die ganzen Turbulenzen etwas durcheinander gekommen sind.

Die Herren hinter mir schnappen sich indes Loki und verlassen den Jet ohne ein weiteres Wort.
Pah, wie wärs denn vielleicht mal mit Danke Ella, dass du uns sicher hier her gebracht hast oder Gut geflogen, Ella.
Aber nein, nicht ein Dankeschön, nicht ein Kompliment kommt von ihnen. Gar nichts.
Herzlichsten Danke dafür, ich hab ja nicht nur total riskante Manöver hingelegt, um ihnen den Arsch zu retten.

Nachdem nämlich alle aus dem Jet gesprungen waren, sind Tasha und ich auch umgekehrt und haben mit viel Eifer versucht, zum einen diesem verfluchten Unwetter zu entkommen und zum anderen ihre Spur nicht zu verlieren.

Letztendlich haben wir sie auf einem Platz inmitten eines Waldes gefunden.
Tony und Thor bekämpften sich gegenseitig und haben sich mächtig eine reingehauen.
Tasha und ich haben uns köstlich amüsiert, weil das ganze einfach zu komisch aussah und auch Loki, den ich zufälligerweise auf einer Art Klippe entdeckt habe, hat das ganze Getue mit viel Freude beobachtet.

Nach kurzer Zeit kam aber auch der Captain an und aus Gründen, die ich nicht kenne, schlug Thor mit seinem Hammer auf sein Schild ein.
Keine gute Kombination, wenn ich ehrlich bin.
Die enorme Druckwelle haben sogar wir zwei im Jet zu spüren bekommen und sie war echt nicht ohne.

Anschließend lagen alle drei am Boden und ihr Kämpfchen war vorbei.
Ich errinere mich noch gut an das, was ich danach zu ihnen durch die Lautsprecheranlage sagte:
"Seid ihr dann da jetzt endlich mal fertig mit euren Spielchen? Wenn ja, würden wir euch jetzt nämlich ganz gerne aus dem Kinderparadies abholen und zurück zum Helicarrier fliegen."

Möglicherweise ist das der Grund, warum keiner der drei mehr ein Wort mit mehr gewechselt hat.
Vielleicht fühlen sie sich tatsächlich in ihrem Ego gekränkt.
Typisch Männer.
Naja, auf jeden Fall kamen sie tatsächlich alle relativ schnell wieder an Bord und wir sind auf dem schnellsten Weg wieder zurückgeflogen.

Und hier sind wir nun.

"Alles in Ordnung bei dir?", dringt auf einmal eine tiefe und zugleich warme Stimme an mein Ohr.
Verwundert sehe ich auf und muss zu meiner Überraschung feststellen, dass es Tony war, der gesprochen hat.
Abwartend steht er in seiner Rüstung neben meinem Sitz und sieht mich mit seinen unergründlichen, aber wunderschönen braunen Augen besorgt an.
Seine ebenso braunen Haare fallen ihm wirr ins Gesicht.

"Ja klar, alles bestens. Ich war nur etwas zu sehr in Gedanken versunken gewesen, schätze ich", lache ich nervös und schalte mit dem letzen Knopfdruck die gesamte Mechanik des Jets aus.
Anschließend stehe ich auf und angesichts seiner Nähe zittern meine Beine etwas.

"Was machst du noch hier, ich dachte, dass ihr alle bereits gegangen wärt", frage ich ihn, um zumindest irgendwas zu tun. Ansonsten besteht durchaus die Gefahr, dass ich noch anfange zu sabbern.

"Ich war auch schon draußen, doch dann kam mir Agent Romanoff entgegen und als ich sie fragte, wo du bist meinte sie nur, dass du noch im Jet wärst. Ich habe mir Sorgen gemacht und bin gekommen, um nach dir zu sehen", berichtet er mir ausführlich und mein Herz erwärmt sich bei seinen Worten. Er hat sich wirklich Sorgen um mich gemacht, wie süß ist das denn!

"Mir geht es gut. Wie gesagt, ich war mal wieder in meiner eigenen Welt. Passiert mir öfter", nervös und angespannt streiche ich mir eine Strähne hinters Ohr und spiele mit meinem Reißverschluss rum.

"Wenn du das sagst. Wir treffen uns in 10 Minuten im Hauptraum zur Versammlung und besprechen dort alles weitere", lässt er mich wissen und mustert mich noch einmal besorgt, bevor er sich umdreht und den Jet wieder verlässt.
Draußen angekommen bleibt er erneut stehen und sieht mich abwartend an.

Was möchte er denn noch?
Fragend hebe ich die Augenbrauen und stemme meine Hände in die Hüfte.

"Was ist? Willst du dort Wurzeln schlagen oder mit hineinkommen?"
Er grinst mich etwas neckisch an und hebt belustigt eine Augenraue.
Schnell hopse ich ebenfalls nach draußen und verschließe den Jet.
Sofort machen sich zwei Angestellte daran, ihn wieder ordnungsgemäß zu sichern.

Ohne ein weiteres Wort zu wechseln gehen Tony und ich nebeneinander in den Helicarrier. Doch schon allein seine Nähe und sein männlicher Geruch lassen mich ganz schummerig werden. Nur zu gerne würde ich mich in seine Arme schmeißen und nie wieder von ihm lösen.

Als wir an einer Abbiegung ankommen gehe ich ohne weiter darüber nachzudenken zu den Gängen mit den privaten Räumen, während Tony hingegen den Gang zu den technischen Räumen und Lagerräumen wählt. Doch bevor ich ganz hinter der Wand verschwinden kann, lässt mich seine angenehme Stimme noch einmal hellhörig werden und allein, wie er meinen Namen ausspricht, lässt mein Herz höher schlagen.

"Hey, Ella, du bist überings nicht schlecht als Pilotin. Natürlich bin ich noch um Längen besser, aber du machst dich echt gut."

Erneut drehe ich mich aufgrund dieser Worte zu ihm um und blicke direkt in sein grinsendes Gesicht.
Etwas ironisch lache ich über diese Aussage.
"An ihren Komplimenten müssen sie aber nochmal dringend arbeiten, Mister Stark!"

Und dann gehe ich einfach, ohne dass er noch etwas erwiedern kann.
Keine Ahnung, wie ich das geschafft habe. Doch sobald ich in meinem Zimmer ankomme merke ich die verdammte Kühle, welche gnadenlos Besitz von mir ergreift. Sie umringt mich und ich kann nichts dagegen tun.

Ich bin und bleibe ein Gesellschaftsmensch und die Einsamkeit und Stille bringen mich irgendwann noch einmal um.
Natürlich trägt mein Job nicht gerade dazu bei, viele Menschen kennenzulernen und sicher war ich bis gerade in bester Begleitung, aber so bin ich nunmal.
Am liebsten wäre ich niemals alleine.
Alleine zu sein ist der blanke Horror und meine größte Angst.

Ich habe keine Angst vorm Tod, vor Folter oder sonst was in dieser Art.
Die Einsamkeit ist es, was mich beängstigt. Für immer allein zu sein, nicht mehr mit anderen lachen und reden zu können.

Oh man, diese Gedanken müssen weg.
Schnell husche ich ins Bad und klatsche mir eine handvoll kaltes Wasser ins Gesicht.
Mit meinem weichen Handtuch trockne ich es wieder etwas und sehe mich anschließend im Spiegel an.

Vor mir steht eine erschöpfte junge Frau, welche mich traurig lächelnd ansieht.
Einige Strähnen meiner langen, haselnussbraunen Haare haben sich aus dem Zopf gelöst und hängen mir mir ins Gesicht.
Gedankenverloren streiche ich über die Narbe an meinem Hals.
Ich trage sie seit meiner Kindheit und sie erinnert mich immer wieder an diesen einen, furchtbaren Tag.

Damals saß ich als Zehnjährige mit meinen Eltern in einer kleinen Eisdiele und habe das kühle Erdbeereis an einem warmen Sommertag genossen, als plötzlich ein Mann mit einem Messer hereingestürmt kam.
Er bedrohte den Verkäufer und forderte Geld, das ihm angeblich zugestanden habe.
Als er jedoch kein Geld bekam, nahm er mich als Geisel und hielt mir das elende Messer so nah an den Hals, dass es mir einen langen, tiefen Schnitt verpasste.

Ich verlor so viel Blut, dass ich es beinahe nicht überlebt hätte.
Eine sehr lange Zeit kämpften die Ärzte um mein Leben und wie man sieht, hat es sich gelohnt.
Ich lebe noch und genau da habe ich mir geschworen, dass ich später einmal Menschen helfen werde, damit sie nicht in solche Situationen geraten wie ich einst.

Das war der Grund, warum ich mit Sechzehn zu Shield ging und ich bereue meine Entscheidung bis heute kein Stück.

Okay, das reicht jetzt mit den Erinnerungen.
Kurzerhand pfeffere ich das Handuch wieder beiseite, binde mir meinen Zopf neu, wische mir noch einmal kurz übers Gesicht und mache mich dann auf den Weg zum Hauptraum.

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