i need your love before i fall

⚔︎ erzählerin

Wooyoung befand sich wie so oft an einer der Orte, wo er immer wieder her kam, wenn er Schutz suchte. Es war ein friedlicher, ruhiger Ort, der wie die meisten Gegenden ein Naturgebiet bildete. Ein riesiger Fluss, der umrandet von waldgrünem, dunklen Rasen sowie einzelnen Unkräutern und riesigen dunklen Tannenbäumen war. Alles Anzeichen, die darauf hindeuteten, dass sich hier selten bis nie, ein Mensch befand.

Auch jetzt genoss Wooyoung die Stille an dem Ort. Das Rascheln der einzelnen Tannennadeln, das Sausen des Windes, das langsame Fließen des tiefen Wassers. Wie tief das Wasser war, wusste keiner, jedoch konnte Wooyoung von der Klippe, an der er stand, keinen Untergrund erkennen. Schließlich stand er nicht gerade unabsichtlich hier, starr blickend in das trübe Wasser und benommen von den Geräuschen der Natur, die nur noch nach ihm riefen eins mit ihm werden zu wollen.

,,Jetzt nicht...",flüsterte der Schwarzhaarige seinem Feuerdrachen entgegen, dieser verzweifelt versuchte, Wooyoung von seiner schlimmen Lösungsidee abzuhalten. Jedoch scheiterte auch sein loyalster Begleiter, so verloren, wie sich der junge Mann seit Jahren fühlte. Es war eine Leere und unerträgliche Masse, die mit immer mehr vergehenden Jahren schwerer und riesiger wurde. Seit kleinauf schien sein Schicksal zu einem unglücklichen Leben besiedelt zu sein, und je älter er wurde, desto müder und rücksichtsloser fühlte er sich.

Er nahm mittlerweile gar keine Rücksicht mehr auf sich selbst, vergaß zu essen und zu trinken, vernachlässigte sein Training und verbrachte die meiste Zeit zwischen seinen eigenen vier Wänden. Selbst die Schule vernachlässigte er immer mehr und mehr, sodass er genug Zeit im Alltag hatte, darüber zu reflektieren, was bloß alles bei ihm im Leben falsch lief.

Doch er hatte keine Kraft mehr, keine Energie mehr. Er spürte, wie jeder einzelner Muskel seines Nackens ihn nieder drückte, wie sein Magen ständig durch die Leere verkrampfte und wie er im Alltag seine Augenlider kaum richtig aufbekam durch die konstante Trägheit, die er mit sich trug.

Es war schwierig auf eine Person zu achten, die man zeitgleich unfassbar liebte. Gleichzeitig versunk er in seiner Erinnerung, wie er San letztens auf die Wange küsste und wie sehr ihn allein dies schon befriedigte. Allein der Moment, wo der Jüngere ihn trug und an den Baum lehnte, ließ seine Herzfrequenz verdreifachen, sodass er nicht anders konnte, als ihn gefühlsgeleitet zu küssen.

Am liebsten hätte er sich an seiner Brust gekrallt, sein Gesicht in dessen Halsbeuge vergruben und sich in dessen Armen eingekuschelt. Er hätte ihm am liebsten stundenlang seine Hand gehalten und seine Stirn an die San's gelehnt.

Allein jetzt merkte Wooyoung; je älter er wurde, desto schwächer wurde er mit seiner Tarnung. Vielleicht wollte ein Teil von ihm auch entdeckt werden. Doch er spürte, wie er lange nicht mehr so geschickt und vorsichtig mit seiner Tarnung war wie vor paar Jahren, wo er noch energiegeladen geladen war, was aber auch nur resultierend aus seinem Selbsthass und der Lebensmüdigkeit kam.

Lebensmüdigkeit.

Etwas, woran Wooyoung länger schon drüber nachdachte und dabei völlig vergaß, wie wichtig er für diese Welt eigentlich war. Oftmals waren es die Menschen, die ihren eigenen Wert nicht sahen, die sich am Ende des Tages ein Strich durch das Leben ziehen wollten.

Somit hob Wooyoung mit einem starren Blick auf das Wasser sein Bein leicht an und ließ sich im nächsten Moment von der Klippe ins Wasser fallen. Dabei schloss er die Augen befriedigt von dem Gedanken, dass das Ganze gleich ein Ende haben würde.

Aber er spürte, wie sich zwei Arme von hinten um ihn schlungen und eine weitere Person mit ihm ins tiefe Wasser sprang. Dadurch öffnete er seine Augen erstmals panisch, bevor er sich noch im Wasser aus den Armen der Person löste und hastig wieder auftauchte.

Die Person machte ihm dies direkt nach, sodass er die Augen weitete, als er San entdeckte, dieser ihn aber wie so oft durch seine Tarnung nicht erkennen konnte.

Ohne zu zögern, schwamm dieser langsam auf ihn zu und blieb vor ihm stehen. Dabei blickte San mit einer herzzerreißender Mimik zu dem Jungen, den er für eine Weile schon beobachtet hatte und realisierte, was dieser vorhin eigentlich vor hatte. Deswegen war er es auch, der leise sagte:,,Auch wenn du mir nicht helfen willst..."

Wooyoung konnte diese Worte in dem Kontext erstmal nicht einordnen, bis San seine Hand hob und ihm mit einem Mal die Kapuze vom Kopf runter zog, dabei seinen Satz vollendete:,,...werde ich dir helfen, Jung Wooyoung."

Er weitete seine Augen, als er realisierte, was der Jüngere soeben getan hatte und schluckte nun etwas. Still beobachtete er San dabei, wie dieser ihm nun auch seinen Mundschutz achtsam vom Gesicht zog und wie dieser nun einen kompletten Ausblick auf sein Gesicht hatte. Sein Gesicht, welches nichts außer Hoffnungslosigkeit, Schock und Müdigkeit ausstrahlte.

San wusste bereits durch seine Recherchen, dass es Wooyoung war, den er letztens im Wald verarztete, dass es Wooyoung war, der ihm seit Jahren zur Hilfe zur Seite stand und dass es Wooyoung war, der ihm an dem einem Tag die Wange küsste. Somit sprang er dem Älteren direkt hinterher und verweilte nun mit ihm im strömenden Wasser.

Vertieft schauten sie sich beide nun in die Augen, während San dann doch eher damit beschäftigt war, seine Augen über dessen Gesicht entlang fahren zu lassen.

Es war das erste Mal, dass er mal eine andere Emotion als Gleichgültigkeit und Hass in Wooyoung's Mimik sah. Schließlich kannte er ihn nur von der Schule und hätte niemals gedacht, dass dieser ,,Miesepeter", wie er ihn oft nannte, der Junge war, mit dem er doch mehrere wichtige Erinnerungen teilte.

Nichtsahnend darüber, wen er denn tatsächlich vor sich gerade hatte - undzwar seinen Beschützer, sein Gegenstück - , konzentrierte sich San allein nur auf die Gefühle, die der Ältere gerade in ihm mit seinem Anblick auslöste. Sorgsam hob er seine Hand wieder, um seine Finger sanft durch Wooyoung's schwarzes Haar fahren zu lassen und sich letztendlich wieder in seinen Augen zu verlieren.

Und es war die Art und Weise, wie Wooyoung's Augen ihn gerade anschauten, was San so sprachlos ließ. Es war diese Verletzlichkeit, die er zum ersten Mal sah, sodass er etwas schlucken musste. Diese glasigen Augen, die ihm verrieten, wie hoffnungslos der Junge sich wohl fühlen musste.

Dementsprechend rückte San noch näher an ihn ran, als er sein Arm vorsichtig um dessen Taille legte und ihn somit näher an sich ranzog, dabei sagte:,,Weine, wenn du weinen musst, Wooyoung. Du bist sicher bei mir."
Vorsichtig versuchte er sich gerade an Wooyoung ranzutasten, da er bereits wusste, wie dieser normalerweise auf seine Nähe reagierte.

Doch als dieser sich ohne weitere Worte mit seinem Kopf an dessen Brust lehnte und in dessen Griff fallen ließ, ließ dies selbst San erstmal überrascht aufatmen. Dennoch raffte er sich schnell und legte auch seinen zweiten Arm um den kalten Körper des Älteren, den er nun in eine warmherzige Umarmung an sich drückte.

Wooyoung schloss die Augen. Zwar kamen keine Tränen, da er es nicht kannte zu weinen, doch er merkte, wie er in San's Armen zur Ruhe kam. Für einen Moment vergaß er all seine Verantwortungen und genoss einfach die seelische Ruhe, die er für paar Sekunden bei dem Jungen fühlte, für den er so viel empfand.

Im Moment konnte er nichts sagen. Er war nicht in der Lage dazu, etwas von sich zu geben, sodass er sich einfach durch die Situation hindurch schwelgen ließ. Solangsam hob er aber seinen Kopf wieder an und schaute vorsichtig auf das Gesicht des hübschen Mannes, welcher ihm vorhin ohne Rückhalt hinterher sprang.

Vielleicht waren es San's katzenartigen und doch so freundlichen Augen, die ihn gerade so empfänglich für seine Zuneigung machten, oder vielleicht war es dessen warme Hand, die sich wieder auf seiner Wange befand und womit er ihm vorsichtig über die Haut entlang streichelte.

Wooyoung beobachtete, wie er ihm immer näher kam, sodass er San's Atem ab einem Punkt an seinen Lippen spüren konnte. Er vernahm seinen Eigenduft, der ihm die Sinne förmlich vernebelte, sowie dessen so zarte Griffe um seinen Körper, die ihn dahinschmelzen ließen, seinen eigenen Körper schwach gegen den San's lehnen ließ und letztendlich dessen weichen Lippen, womit er ihn beinahe geküsst hätte.

Doch panisch drückte Wooyoung ihn im nächsten Moment von sich, als ihm die Panik und Angst in den Kopf stieg. Er war Zuneigung nicht gewohnt, sodass allein San's Blicke ihn bereits verrückt machten. Würde er ihn jetzt auch noch küssen, würde er wahrscheinlich eine Panikattacke erleiden.

Dementsprechend reagierte er gerade auch, als er den Knoten in seiner Brust spürte und wie sich sein Atem erschwerte.

,,E-Es tut mir leid. Ich muss los.",waren die einzigen Worte Wooyoung's, die an dem Tag noch erklungen, bevor er sich von seinem Feuerdrachen aus dem Wasser hinausziehen ließ und mit diesem in windeseile davon flog. San beobachtete ihn still dabei, ließ ihn aber davongehen, verständnisvoll bezüglich seiner Reaktion.

Denn mittlerweile konnte sich San sehr gut vorstellen, was für ein Bindungsmuster der Ältere wohl hatte und was für eine Angst und Widerstand sich in ihm befand.

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