i'm yours
⚔︎ erzählerin
Es war mitten in der Nacht, als San sich das dreieckige schwarze Stück Stoff um sein Gesicht zuband und das riesige Schloss Géleias verließ. Sein heutiger Plan war es, in die Feuerwelt einzudringen und mehr über seine Mutter herauszufinden. All die Ereignisse in der letzten Zeit - die Infos, die er von Wooyoung bekam, das Geschehnis mit dem ,,Fremden", dessen Feuer er aus ihm unbekannten Grund aushalten konnte -, brachten ihn dazu, das Zeptar selbst in die Hand zu nehmen und nach Antworten zu suchen.
Dies, indem er in Omorfía einbrechen würde und sich als Bewohner des Volkes verkleidete. Schwarze Klamotten waren hierbei das Hauptmal, denn das schwarze Haar besaß er bereits. Ebenso übermalte er sein weißes Eismal am Hals mit einem schwarzen Kayalstift, bevor er bereits an den Toren der Feuerwelt stand und sich unbemerkt durch die Wärter hindurch schlich, die ihn in seiner Tarnung tatsächlich nicht entlarven konnten.
Somit machte er nach 16 Jahren zum ersten Mal wieder seine allerersten Schritte in Omorfía. Er spürte den warmen Kieselboden unter seinen dicken, schwarzen Stiefeln, als er den breiten Pfad entlang ging und sein Herz dabei aufeinmal pochen spürte. Es war dieser klitzekleine Moment, wo er sein Herz ihm so deutlich signalisieren fühlte, wie aufregend diese Situation gerade eigentlich war.
Nach 16 Jahren endlich wieder in der Feuerwelt zu sein, da, wo die andere Hälfte seiner Identität steckte, die seiner geliebten Mutter, nach dessen Erinnerungen er verzweifelt suchte. Doch heute hatte er nur ein Ziel. Ihre Skulptur zu besuchen.
Denn angeblich soll im Zentrum der Stadt eine große Skulptur von Choi Haru stehen, ihr zu Ehren und aus der familiären Freundschaft, die Jung Jiyeon mit Choi Haru damals pflegte. Obwohl diese Skulptur so etwas Zentrales war, wusste San über all die Jahren nicht, dass es überhaupt eine Skulptur von ihr gab. Generell wusste San so gar nichts über die Feuerwelt, sodass das Ganze für ihn gerade komplettes Neuland, beinahe schon fremd wirkte.
Doch mit jedem Schritt, den er tätigte und mit je mehr Sinnen er anfing seine Umgebung wahrzunehmen, desto familiärer und wohler fühlte er sich trotz seiner Tarnung, die kennzeichnete, dass er hier eigentlich nicht hin gehörte. Schließlich waren Feuer und Eis nicht umsonst in getrennten Welten aufgeteilt, doch dies wusste der junge Mann nicht, der zwischen den Wäldern und Feldern nach einer Weile endlich ins Städtische gelang.
,,Hier hat sie gelebt, bevor sie Vater kennenlernte.",flüsterte San sich selbst in der nächtlichen Stille der Straßen zu. Die Häuser waren alle in dunklen Farben gebaut, die Architektur wirkte modern und edel zugleich. Generell wirkte die Gegend, die er mithilfe seiner Landkarte entlang lief, reich und wohlhabend. Etwas, was typische Eigenschaften für Omorfía waren. Sie waren nicht nur reich an Literatur, Tradition und Geschichte, sondern auch in ihrer Infrastruktur und den Gegenden, in denen sie lebten.
Mit einem Mal blieb San stehen, als er plötzlich auf einem riesigen Platz stand, welches kreisförmig von mehreren Gebäuden umrandet wurde. Mittendrin stand eine schwarzfarbige Skulptur, die eine junge Frau abbildete und umrandet von goldenen und schwarzen Bodenlaternen war. Dementsprechend stockte San etwas mit seinem Atem, als er realisierte, dass er sein Ziel erreicht hatte.
Er atmete tief durch, steckte seine Karte zurück in die Tasche, die er ablegte und anschließend in langsamen Schritten auf die Skulptur zulief. Die Stille, die seine vorsichtigen Schritten trotzdem zum Schallen brachten. Kein Leben um sich herum zu erkennen, sondern nur der vor Frieden und Ruhe wehender Ort, mit dem dunklen Nachthimmel und den eleganten Lichtern, die die Skulptur in ihrer Schönheit beleuchteten.
Und als er dann nur noch paar Centimeter von der Skulptur entfernt stand, seine Augen auf das Gesicht der jungen Frau gerichtet waren, geschah alles andere wie automatisch.
San kullerten die Tränen unwillkürlich über die Wangen, durchnässten das schwarze Tuch, welches sein Gesicht bis zur Nase bedeckte, als er leise wimmerte:,,M-M... M-Mama?"
Die Frau stand in keinerlei mächtigen Ausstrahlung dort, sondern bildete man ihre Herzlichkeit und Lieblichkeit in der Skulptur ab. Mit ihrem breiten, sanften Lächeln, den glatten und langen Haaren sowie der schlanken Figur, die in einem edlen Kleid mit dem Wappen Omorfías abgebildet war. Das Kleid war schulterfrei. Sie trug eine Kette, die ihr Dekolleté betonte, und ihr Lächeln unterstrich ihre bildliche Schönheit.
Genauso trug sie eine Krone mit dem Wappen Géleias, welches eine ausdrucksstarke Abbildung war und die damalige, ewige Freundschaft zwischen Géleia und Omorfía darstellte. Selbst die kleinen Muttermale an den Wangen wurden zärtlich eingemeiselt. Dieselben, die San ebenso von seiner Mutter geerbt bekam.
Dementsprechend wandelten sich die einzelnen Tränen des Schocks solangsam in ein lautes Schluchzen der Verzweiflung um, sodass San letztendlich weinend vor der Abbildung seiner Mutter stand, der er so ähnlich war. Denn er sah die optische Ähnlichkeit, die er zu seiner Mutter hatte. Woher er sein schwarzes Haar, die Muttermale auf seinem Gesicht, die Gesichtsform und die kleine Stupsnase nun her hatte.
Mit einem Mal legte er seine zitternden Armen um den Hals seiner Mutter, warf seinen ganzen Körper gegen die Skulptur und drückte die kalte Skulptur an seinen erwärmten Körper, so, als würde er gerade tatsächlich seine Mutter umarmen. So, als würde er ihre Liebe und Präsenz tatsächlich für einen Moment gerade spüren können.
Unendlich dankbar darüber, endlich eine Abbildung seiner Mutter gefunden zu haben, ließ er allein den Klang seiner verzweifelten und trauernden Tränen für sich sprechen. Es war nicht fair.
Es war nicht fair, dass man ihm alles über seine Mutter vorenthielt, ihn anlog und den armen Jungen in seiner Unwissenheit ersticken ließ. So, als würde man einem verdursteten Kind den letzten Tropfen einer Wasserflasche hinhalten, krallte er sich an die Skulptur und der Freude, endlich etwas über seine Mutter herausgefunden zu haben.
,,E-Es ist nicht fair...",hauchte er sich leise selbst zu, als er seine Hand an ihren Hinterkopf ablegte, ihr über den Kopf strich und sein Gesicht in ihrer Halsbeuge drückte, dabei den metallischen Geschmack der Skulptur an seinen Lippen spürte. Doch je länger er hier stand, sich an seine Mutter klammerte, desto ruhiger wurde er und spürte seinen Puls langsamer und seine Augenlider schwerer werden.
Und am Ende der Nacht spürte und wusste es nur Haru selbst, wie sehr ihr Sohn in dieser Nacht für sie weinte, trauerte und all seine verzweifelte Liebe für sie hingab.
Ihre Seele, die all dies in dieser einen Nacht fühlte.
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