◇Saal der Klänge◇
Nach zwei Stunden in den Fängen von EU, der eigentlich bloß organisatorisches für das neue Jahr geklärt hatte, war Amerika ihm endlich entkommen. Sein sogenannter ,,Meisterstreich" hatte jedenfalls dafür gesorgt, dass dieser Lehrer seine volle Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet hatte, und das war nicht positiv gemeint! Doch EU sollte nicht der einzige bleiben, der Amerika genauestens in Auge behielt...
Die Schüler kamen an einer weiß gestrichenen Flügeltür mit goldenen Griffen an. Sie strahlte edle Dominanz aus, im Vergleich zu allen anderen Türen dieses Ganges...
Serbien war der Erste, der sie öffnete und als sie hereintraten begrüßte sie ein Raum in scheinbar göttlicher Schönheit...
Die Wände waren weiß, der Boden heller Marmor mit seinen dunklen Mustern und durch die Bleiglasfenster, gefertigt aus Glas in vielen verschiedenen Blautönen, warf das Sonnenlicht blaue Lichtspiele im Zimmer umher...
Die Fenster, zwölf an der Zahl, zeigten eine Geschichte. Das bunte Mosaikglas spiegelte UN's Aufstieg unter den Countryhumans, der verbunden war mit Rechtmäßigkeit und Ehre.
Es war eine Tradition der Schule, denn bevor diese Macht in UN's Hände fiel, hatten die Fenster seinen Vater dargestellt. Seltsamerweise hatte niemand einen Einfluss auf diese Bilder, denn sie hatten sich vor Jahren von alleine verändert und es war nicht möglich, sie auszubauen oder zu zerstören, es sei denn, der Schulleiter selbst würde es tun...
Von der Decke hing ein Kronleuchter aus purem Kristall, er brach das blaue Licht in all seine Bestandteile und warf weitere Strahlen durch den Raum.
In der Mitte des prächtigen Saals stand ein schneeweißer Konzertflügel, lediglich die schwarzen Tasten zogen einen Kontrast. Goldene Details waren in das Instrument eingearbeitet und es passte perfekt in die Atmosphäre dieses Zimmers.
Einzeltische standen perfekt in Reihen in einem Halbkreis um den Flügel herum, goldene Beine zierten die Stühle.
Deutschland liebte diesen Saal, es wirkte so edel, beinahe magisch und durch seinen Urgroßvater beherrschte der junge Mann sowohl das Klavier als auch die Querflöte perfekt.
Alle Schüler suchten sich ihre Plätze, Serbien und Tschechien landeten in der ersten Reihe, nicht unbedingt ihr favoritisierter Sitzplatz, aber okay, man konnte damit leben.
Amerika auf der anderen Seite versuchte, sich irgendwie in der letzten Reihe zu verstecken, vielleicht entdeckte UN ihn dort nicht? Hoffentlich!
Doch kaum war eine Stille im Saal eingekehrt, tauchte der Lehrer, der gleichzeitig auch der Leiter dieser Schule war, direkt vor seinen Schülern auf.
Die Fähigkeit der Teleportation ermöglichte ihm das überraschende Erscheinen, welches ihm auch den Beinamen ,,Mr. Secret" verschafft hatte. Naja das und die Tatsache, dass dieser Mann stets geheimnisvoll wirkte, seine Gesichtszüge höflich aber unleserlich, niemand wusste, was wirklich in ihm vorging.
Der blaue Glitzerstaub schwebte noch immer in der Luft, er entstand wann immer UN seine Fähigkeit nutzte. Die kleinen Partikel sanken langsam zu Boden, wo sie nach einigen Augenblicken verblassten.
UN selbst erleuchtete mit seiner Präsenz alles um sich herum, sein makelloser, schneeweißer Anzug saß perfekt und die Brosche in Form eines Notenschlüssels daran glänzte im Licht.
In seinem kurzen, pastelblauen, beinahe weißem Haar saß der typische, versilberte Olivenkranz, der seine Ausstrahlung nur noch göttlicher Machte.
Sechs Flügel ordneten sich hinter seinem Rücken, verschwanden plötzlich, als seien sie nie dagewesen, genauso wie das dritte Auge auf seiner Stirn...
Man munkelte, dass dieser Mann eine Verbindung zu den Seraphim hatte, göttlichen Engeln mit vielen Flügeln und Augen.
Dies würde zumindest erklären, warum Vatikan, der Priester der Schule, dessen Gottesdienste jeder freiwillig besuchen konnte, nie über UN und seine weltliche Macht sprechen wollte, wenn man ihn danach fragte.
Die Antwort selbst kannte bloß UN selbst.
Eine einzige Feder glitt zu Boden, ihre Spitze leicht hellblau, ansonsten war sie ebenso weiß wie die Präsenz ihres Besitzers.
UN's silbriger Blick glitt durch die Reihen, seine Schritte leise und elegant.
,,Nun, ich sehe bekannte Gesichter...gut. Wir kennen uns bereits und ihr kennt auch meinen Unterricht, was wiederum bedeutet, dass wir keine Zeit damit verschwenden müssen."
Sein ruhiger Blick fiel auf Amerika und für den Bruchteil einer Sekunde schien ein wenig Frust sein Lächeln zu brechen.
,,Mr. America...Well, I haven't forgotten your little...prank."
Der Schüler legte genervt den Kopf zurück, verschränkte die Arme und blickte dem Schulleiter frech ins Gesicht;
,,Sie klingen schon wie EU."
,,Herr EU für dich Ame, vergiss nicht die Regeln des Respekts. Außerdem wäre ich an deiner Stelle sehr vorsichtig, denn ich verstehe mich sehr gut mit meinen Kollegen. Ich weiß auch, dass du diesen Geschichtstest nachschreiben wirst, noch dazu beauftrage ich dich hiermit dazu, den Abstellraum im Keller zu sortieren, in drei Wochen soll das fertig sein, also teil dir die Arbeit gut ein."
,,A-Abe-"
,,Weiter geht's!"
Und dann ließ UN nicht weiter mit sich diskutieren. Der Rest der Stunde verging mit zarten Tastenklängen und der Lehre der Kunst der Musik.
Polen ließ sich erleichtert ins Gras fallen.
,,Drei Stunden überstanden!"
Kanada ließ sich neben ihm nieder und seufzte tief, bevor er sich die roten Strähnen aus dem Gesicht strich.
,,Es ist jetzt schon wieder anstrengend, aber ich glaube Ame hat mehr Pech."
Mit einem verschmitzten Grinsen betrachtete er seinen Bruder, der bereits Deutschlands Aufzeichnungen von EU's Unterricht im letzten Jahr studierte.
,,Shut up Nada, ASEAN hat sich sicher auch noch was überlegt und der Typ macht mir Angst!"
Japan, die sich mit ihrem Sushi befasste und nebenbei zeichnete, hob nun auch den Kopf.
,,Hättest du sie nicht alle so übel reingelegt, müsstest du jetzt nicht schon am ersten Tag lernen."
Amerika schnaubte bloß, musste ihm heute jeder auf die Nerven gehen?
Tschechien derweil hörte bloß schüchtern zu, er traute sich nicht, etwas zum Gespräch beizutragen.
Stattdessen beschäftigte er sich mit Serbiens langen, grau-weißen Schwanzfedern, sortierte und kämmte sie vorsichtig.
Er mochte das Gefühl der weichen Federn zwischen seinen Fingern und es machte ihn ruhiger.
Der Serbe selbst wusste dies auch und er ließ Tschechien gewähren, genoss das Gefühl der sanften Aufmerksamkeit.
Auf der Wiese saßen zahlreiche Schüler, aßen, redeten und genossen ihre Pause.
EU und UN teilten sich die Aufsicht über den Hof, die beiden Lehrer standen etwas abseits, vertieft in ihr Gespräch.
Japan grinste: ,,Die würden doch gut zusammen passen!"
Polen verzog das Gesicht, und daran war nicht der Apfel schuld, in den er soeben gebissen hatte.
,,Ihh Japan, ship doch nicht unsere Lehrer! Außerdem passt es nicht zu UN, überhaupt mit irgendwem zusammen zu sein."
Deutschland, der dieses Thema ebenfalls etwas fragwürdig fand, wechselte es lieber schnell:
,,EU hat eine Schwester, wusstet ihr das?"
Nun ergriff auch Amerika das Wort, nachdem er sich, als die Lehrer gerade nicht hinsahen, mit seinem Handy Fotos vom Heft des Deutschen gemacht hatte, ehe er es diesem zurückgab.
,,Ne, woher sollten wir das auch wissen? Ich bin froh, dass die nicht viel von ihrem Privatleben erzählen."
,,Ich habe gehört, sie und EU haben keine so gute Beziehung..."
Tschechiens Stimme war leise, aber bestimmt.
Deutschland, der mittlerweile seine Brille zum Putzen abgenommen hatte, nickte. ,,Hab ich auch gehört. Naja, wir werden sie sicherlich noch kennenlernen...
Später an diesem Tag passierte EU gerade die Gänge des Hauptgebäudes, als ihm ausgerechnet seine ,,geliebte" Schwester entgegenkam.
Die beiden sahen sich ähnlicher, als es dem Europäer lieb war;
Der gleiche, dunkelblaue Hautton, eine ähnliche Haarfarbe, die goldenen Sterne...all das teilten sie sich. Alles, was sie sich auf das Äußere bezogen nicht teilten, war die Tatsache, dass seine Schwester schön war. Ihr langes, welliges Haar besaß golden schimmernde Spitzen, ihr Körper war kurvig und ihr stand praktisch alles.
EU währenddessen fühlte sich neben ihr unscheinbar, so war es immer schon gewesen. Ihre Eltern hatten sie gleich behandelt, das war wenigstens etwas, doch COE war immer besser angekommen. Bei Lehrern, bei gemeinsamen Freunden, bei seinem festen Freund!
Er schien in ihrem Schatten zu stehen, egal was er tat, egal wie er aussah.
Er war Lehrer geworden, um besser zu machen, was seine Lehrer damals falsch gemacht hatten und er war angekommen. Die Schüler mochten ihn wegen seinem Charakter und nun?
Nun war sie zurück und würde um ein weiteres Mal seinen Platz einnehmen...
Er spürte Neid, Zorn und das Verlangen, UN zu überreden, sie wieder zu feuern, doch all das wäre falsch, das wusste er. Tief im Inneren war sie seine Schwester und ihr Verrat ein Teil der Vergangenheit, den er zumindest zu ignorieren versuchte.
Doch war es so falsch, für das gemocht werden zu wollen, was ihn ausmachte? Wer er tatsächlich war? Jemanden finden zu wollen, der ihn liebte?
Jemanden der ihn von seiner Schwester unterscheiden konnte?
Doch der Sturm seiner Gedanken blieb in seinem Kopf, denn alles was COE sah, war ein unberührtes Pokerface, ausdruckslos und kalt wie Eis.
Er ging an ihr vorüber, doch sie griff sein Handgelenk;
,,Warte! ...Können wir reden?"
EU verzog das Gesicht, seine Worte ruhig, beinahe verächtlich.
,,Ich spreche nicht mit Verrätern"
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