2.1 Past Ways
Eine geschätzte Woche später sitze ich tatsächlich mit meinem Arsch in einer der Fernsehanstalten in Seoul und werde in einigen Minuten mit Hoseok und Yoongi interviewt.
Das erste mal seit drei Jahren bin ich wieder in Korea, das erste mal seit drei Jahren spreche ich wieder wirklich viel koreanisch und obwohl es für mich am Anfang ein wenig ungewohnt war, bekomme ich es jetzt wieder ziemlich gut hin.
Auf dem Flug von Amerika nach Südkorea, haben wir drei die ganze Zeit damit verbracht unsere Muttersprache wieder auf den Damm zu bekommen und haben uns dabei mehr als nur amüsiert.
Es ist echt krass das die eigene Muttersprache so einrosten kann, wenn man sie Jahre nicht mehr, oder nur kaum nutzt.
Klar habe ich mit meinen Eltern auf Koreanisch geschrieben und Telefoniert, aber das waren meistens nur einfache Dinge und nie ziemlich ausgefeilte Antworten für ein Interview.
Puder wird nicht grade wenig über mein Gesicht verteilt und zwei Hände wuseln in meinen lilanen Haaren herum, um sie irgendwie zu richten und mich gut aussehen zu lassen.
Yoongi auf dem Stuhl neben mir ergeht es nicht anders.
Hoseok dagegen ist mit Maske und Frisur schon durch und lümmelt auf einem der Stühle, als gehöre ihm der ganze Schuppen hier.
Ein wenig nervös friemle ich an meinem Armband herum.
An ihm sind kleine silberfarbene Anhänger, die meinen Koja zeigen und ein kleines Schaf mit einem Schal.
Das Armband gibt es in diesem Format genau zwei mal.
Eines gehört mir, das andere meinem alten besten Freund Jin, der heute, laut den Angaben meiner Mutter tatsächlich in Seoul lebt und arbeitet.
Die Adresse wollte sie mir noch besorgen und hat mir mit einem Zwinkeremoji dazu geschrieben, dass wir uns wieder anfreunden sollten, nach dem wir so lange keinen Kontakt mehr hatten.
Sie konnte das leichter schreiben, als es für mich umzusetzen war.
Eine der Stylistinnen, die mir durch die Haare fährt, scheint ihren Job erledigt zu haben und verbeugt sich höflich, bevor sie irgendetwas murmelt, was ich nur halb wahrnehme und sie aus dem Raum eilt und nicht mehr wieder kommt.
Die andere mit dem Puder ist ebenfalls fertig und verabschiedet sich so wie ihre Kollegin.
Als auch sie weg ist, betrachte ich mich etwas genauer im Spiegel und schmunzele.
Meine Haut sah seit langem nicht mehr so ordentlich bepudert und geschminkt aus.
Ich kann keine einzige Unreinheit auf meiner Haut erkennen, sie sieht aus, als wäre ich einer dieser perfekten K-Pop Stars.
Dabei fing meine Karriere ganz anders an.
Klar war ich Koreaner und groß in der Welt der Musik, aber mit K-Pop hatte ich nie etwas am Hut, selbst wenn es eigentlich zu meiner Kultur gehören sollte.
Mein Erfolgsweg fing mit einem kleinen Casting bei Universal Music in Los Angels an. Durch Zufall sind sie an mein damaliges Soundcloud Konto geraten und haben über meine Musik drüber gehört, bevor sie mir ein Angebot geschickt haben, bei dem die Chance bestand groß raus zu kommen.
Eigentlich hatte ich bis dato nach der Schule vor mit Jin gemeinsam zu studieren und irgendwann eine Karaokebar zu eröffnen, wenn wir dann das Geld dafür zusammen kriegen würden, aber mein wirklicher und heimlicher Traum war dennoch immer berühmt zu werden, mit der Musik die ich kreierte und zusammensetzte und dem war ich schließlich auch nachgegangen.
Und wie der Zufall es wollte, waren Hoseok und Yoongi, ebenfalls Koreaner, auch in dieses Casting geraten und wir hatten uns auf anhieb verstanden und es alles andere als auf die leichte Schulter genommen es bis zum Endausscheid zu schaffen und jetzt waren wir hier.
Fast sieben Jahre später mit einer passablen Karriere an der Spitze des Musikbusiness und auf den größten Bühnen der Welt.
"In fünf Minuten geht es los."
Der Programmmanager platzte in den Raum.
Er hatte sich bei unserem Ankommen vor einer guten Stunde hier vorgestellt, aber ich hatte seinen Namen zu schnell wieder vergessen.
Die letzten Stylistinnen von Yoongi scheuchten aus dem Raum und ließen uns noch für einen kurzen Moment allein.
"So sehr ich dieses Land mag, ich hasse es, dass sie mit der Schminke übertreiben müssen."
Unzufrieden rieb sich Yoongi über das Gesicht und schimpfte grummelnd über die ganze Chemie die sich jetzt in seine Haut einzog und sie zerstören würde.
Ich lachte nur, warf dem blauen Kuscheltier rechts von mir einen Blick zu und drehte mich dann zu ihm.
"Freu dich doch, dass sie dich so jung aussehen lassen. In Amerika hattest du den Anschein ganze zehn Jahre älter zu wirken." scherzte ich und schob mich aus meinem Stuhl hoch.
Yoongi besah mich mit einem Blick, der hätte ganz Asien ausschalten können, würde er an die Öffentlichkeit geraten.
Hoseok konnte darüber nur lachen und betrachtete sein Abbild ebenfalls im Spiegel.
"Ich sehe aus wie sechzehn und nicht wie sechundzwanzig." grinste er begeistert.
"Wir sollten uns geschmeichelt fühlen, dass wir so gut geschminkt wurden." hing er an und tätschelte Yoongi die Schultern, als er ebenfalls aufstand.
"Ich sehe aus wie ein kleines Mädchen." brummte der dritte von uns und verzog säuerlich das Gesicht.
"So benimmst du dich auch manchmal." zog Hoseok ihn auf und stürzte dann an mir vorbei aus der Gaderobe in den Flur, als Yoongi ihm nachschoss.
Aber eigentlich hatte Hoseok recht. Yoongi mit ziemlich viel Schminke im Gesicht, sah aus wie ein kleines Mädchen, dass eher in die Grundschule gehen könnte, anstatt zu einem Interview bei einem der größten Sender Koreas.
Denn aufführen tat er sich ebenfalls manchmal wie ein Kind, aber das taten wir alle drei gelegentlich, wenn mal keine Kamera in der Nähe war und wir sein konnten wer wir wollten.
Obwohl wir alle um die Mitte zwanzig waren, sind wir keinen Tag älter geworden, eigentlich sind wir nur drei kleine Kinder, die es irgendwie geschafft haben sich einen Namen in der Musikbranche zu machen und dann auch noch als knallharte Rapper, zumindest war dies das Image das wir am Anfang hatten.
Spätestens nach der ersten Realityshow, die über uns gedreht wurde, bekam die Welt das Bild von uns zu sehen, wie wir wirklich sein konnten, wenn wir dachten unbeobachtet zu sein.
Ich glaube dieses gegensätzliche, dieses natürliche zu dem gestellten Rapper Image hat uns ebenfalls einen weltweit großen Sprung geschafft und die Tatsache, dass wir fast Parallel mit diesem ganzen K-Pop Trott hochgekommen sind, aber schnell klar gemacht haben, dass wir da nicht mitziehen, sondern nur weil wir Koreaner sind keinen K-Pop machen.
"Jungs bitte, in drei Minuten geht es los und ihr benimmt euch wieder wie Kinder."
Mahnte ich Yoongi und Hoseok, die noch immer durch die Gänge in die Richtung des Studios tobten, in das wir unser Interview in den viel zu Frühen Morgenstunden halten sollten, damit es am Nachmittag im TV laufen konnte.
Yoongi brummelte unverständlich in seinen nicht vorhandenen Bart und Hoseok grinste nur breit und dämlich, fing sich aber dennoch, bevor ich die Tür aufstieß und wir uns an den ganzen Kameras zu den drei Sessel begaben, die für uns vor gedacht waren.
Hinter den ganzen Kameras saß irgendwo unser Manager und telefonierte was das Zeug hielt munter herum.
Dabei fuchtelte er immer mit seinen Händen herum, während das Headset in seinen Ohren drohte einen Abgang zu machen.
Chase hatten wir, seit wir es durch das Casting in Amerika geschafft hatten und bis jetzt konnten wir uns in allen sieben Jahren nicht einmal über ihn beschweren, wenn es um seine Arbeit ging, an seinem Charakter war eine Menge auszusetzen.
Er schaffte es tatsächlich unsere Zeitpläne so einzutakten, dass wir am Abend punkt sieben im Hotel saßen und gechillt Abend essen konnten, wenn wir nicht grade auf Tour waren oder in unserer WG in New York gammelten und die Freie Zeit genossen, von der wir wirklich wenig hatten.
Seiner Arbeit ging er großartig nach.
Nur legte ich mich manchmal mit ihm an, wenn ich etwas vor laufender Kamera sagte, was so nicht abgemacht war.
So sehr ich ihn schätzte, so sehr hasste ich ihn auch dafür, dass er dafür zuständig war uns in Rollen und Worte zu pressen, an die wir uns halten mussten, da dies angeblich zu unserem besten war.
Doch nicht selten überschritt ich diese Rollen und plauderte tatsächlich mal die ein oder andere Wahrheit darüber aus, wie es in unserem leben wirklich aussah, was natürlich ein totales No-Go war.
Aber nicht für mich.
Für mich stand Ehrlichkeit an erster stelle und dies war ich unseren Fans schuldig, wenn sie so schon nur die Hälfte meiner eigentlichen Persönlichkeit zu sehen bekamen.
"Seit drei Jahren seit ihr nun also heute für ein Konzert mal wieder in Korea." fing der Moderator an, als die Kameras angingen und wir anmoderiert wurden.
"Wie fühlt es sich für euch an, nach all den Jahren wieder zu euren Wurzeln zurück zu kehren, in eurem Heimatland zu stehen und zu zeigen, dass ihr es geschafft habt?" stellte er gleich die erste Frage.
"Es ist unbeschreiblich wieder hier zu sein. Ich denke ich spreche für uns drei, wenn ich sage, dass es eine Ehre ist wieder zu Hause zu sein und die heimische Bühne zu rocken."
Charmant, jedoch mit ernster Miene meisterte Hoseok diese Frage und lächelte in die Kamera.
Ich dagegen war mit meinen Gedanken in diesem Moment ganz wo anders.
Noch immer spielte ich an meinem Armband und stellte mir vor was wäre, wenn Jin dieses Interview heute Nachmittag sehen würde.
Wusste er überhaupt, dass ich wieder im Land war?
Interessierte er sich überhaupt für das was ich in den letzten Jahren erreicht hatte?
Bestimmt nicht.
Er hatte andere Ziele, als eine Gruppe Stars zu verfolgen.
Im Gegensatz zu mir war Jin schon immer ein Realist gewesen und hielt nur wenig von großen Schwärmereien und Träumen.
Als ich ihm in letzter Sekunde gebeichtet hatte, dass ich nicht mit ihm zur Uni gehen würde, hat er mich aus großen und verständnislosen Augen angestarrt und meinte, dass ich doch nicht an so einem dummen Traum hängen sollte, sondern realistisch handeln müsste.
Wider seinen Worten habe ich mich dann dennoch gegen das Studium entschieden, da ich bereits hinter seinem Rücken die Zusage für Amerika geschickt hatte und es kein zurück mehr gab.
Meinen Platz an der Uni hatte ich auch gekickt.
Yoongi trat mir auf den Fuß und ein wenig neben der Spur kam ich wieder zu der Erkenntnis wo ich war, und was meine Aufgabe im Moment war.
Ich hatte mitbekommen, dass mir eine Frage gestellt wurde, aber sie ist vollkommen an mir vorbei gerannt.
"Wie war die Frage nochmal? Mein koreanisch ist ein wenig eingerostet über die Jahre."
Eine vorsichtige Rückfrage gepaart mit einem charmanten lächeln und einfach so tun, als wäre ich dem koreanischen ein wenig unfähig geworden.
So war es ein leichtes zu verstecken, dass man eigentlich gar nicht zugehört hat.
"Wo genau würdest du dich jetzt in deinem Leben sehen, wenn du damals nicht nach Amerika gegangen wärst?" Stellte mir der Moderator mit einem freundliche Blick die Frage erneut.
Ich überlegte einen Moment und dachte an die Absurde Idee mit der Karaoke Bar zurück.
"Ich glaube, ich hätte mit einem guten Freund von damals eine Karaoke Bar eröffnet, die wir bestimmt gerockt hätten." antwortete ich einen kurzen Moment später und lehnte mich auf dem Sessel zurück, in dem ich saß und von dem aus ich in die Kamera lächelte.
"Wieso genau eine Karaoke Bar?" harkte der Mann nach.
"Ich mag Musik und mein Kumpel von damals wollte immer etwas mit Gastronomie machen und da dachte ich mir das wäre die perfekte Zusammensetzung davon." gab ich zurück.
Jin konnte wunderbar Kochen und Backen und ich hoffte das hatte sich über die Jahre nicht geändert.
Vielleicht hatte er heute sogar schon sein eigenes Cafe und würde von dort aus heute Nachmittag dieses Interview sehen und sich an unseren Plan aus vergangenen Zeiten erinnern, nachdem uns das mit dem großen Haus doch etwas zu unrealistisch erschien.
Danach wurden noch ein paar allgemeine Fragen zu unseren vergangenen Jahren gestellt und wie wir einige der Tiefs in ihnen gemeistert haben.
Bewusst nahmen mir da Yoongi und Hoseok die Worte aus dem Mund und redeten alles schöner als es eigentlich war.
Denn kaum einer wusste, dass Yoongi grade am Anfang unseres Weges mit starken Depressionen und Alkoholproblemen zu kämpfen hatte, da ihm der Druck einfach zu viel war.
Auch war es der Öffentlichkeit verschwiegen worden, dass wir manchmal tagelang nichts zu Essen hatten, weil uns die ersten Bezahlungen nicht wirklich gereicht haben und wir zum Anfang von Universal Music nach dem Casting mit Füßen getreten wurden.
Doch nach den ersten Erfolgen fingen sie an uns wie Götter zu behandeln und wir bekamen das, was wir verlangten und brauchten.
Mein Ding dagegen waren die Fragen unserer Fans.
Bei denen konnte ich ausholen und zu viel erzählen, ohne dass man es mir krumm nahm, da musste sogar Chase sich im Nachhinein zurück halten mich dafür nicht anzuprangern.
"Eine Frage von einem deiner Fans: Namjoon, gab es in deinem Leben je Jemandem, der dir unendlich viel bedeutet hat und hast du noch Kontakt zu ihr?"
Richtete sich die erste Fanfrage an mich.
Ich seufzte.
Eigentlich war es nicht wirklich eine Sie, die mir unendlich viel bedeutet hat, oder noch immer bedeutet.
Aber würde ich das so im koreanischen TV herumplärren, wäre ich in diesem Land unten durch, denn offen für Homosexualität war dieses Land noch nicht wirklich und deshalb würde man meine eigentliche Antwort vielleicht in den falschen Hals bekommen.
"Tatsächlich ja." antwortete ich und schmunzelte an den Gedanken wie Jin und ich als Kinder den lieben langen Tag nur MTV und VIVA geschaut haben.
Das MTV und das VIVA in dem der Fokus noch auf guter Musik und nicht auf schlechten Reality TV lag, was keinen interessierte.
"Ich habe sie lange nicht mehr gesehen, seit ich nun soviel mit der Musik zu tun habe, aber diese Person war mir wirklich von ganzem Herzen wichtig und ich hasse mich dafür den Kontakt zu ihr vor fast sieben Jahren verloren zu haben." hing ich schuldbewusst ran und spielte wieder an meinem Armband, was mir im Moment einen unglaublichen Halt zu geben schien.
Würde Jin merken, dass ich ihn damit meinte, oder würde er denken ich meinte irgendeines der Mädchen, die ich damals aus heiterem Himmel gedatet habe, nur um den Gedanken zu verdrängen, dass ich ihn vielleicht mehr gemocht habe, als ich es als bester Freund tun sollte.
Aber ich glaube dafür hatte ich mich zu wage ausgedrückt.
Sollte er es sehen, würde er sich bestimmt nicht angesprochen fühlen und sein tun in diesem Moment ungestört weiter verrichten.
"Das ist schade. Ich hoffe du wirst sie mal wieder sehen." bedauerte mich der Moderator und betrachtete mich ein wenig mitleidig.
Ich seufzte und zuckte mit den Schultern.
Vielleicht würde Jin mich auch gar nicht wieder sehen wollen. Gründe genug hätte er dafür immerhin.
"Ich denke sie hat mich über die Jahre vergessen und jemanden gefunden, der besser zu ihr passt." spielte ich die zuversichtliche und muntere Karte aus und hob meinen Blick mit einem breiten Lächeln zur Kamera.
Hoseok und Yoongi blickten mich von der Seite an, als hätte ich ihnen einen Schlag ins Gesicht verpasst.
Sie wussten von der ganzen Geschichte um Jin nichts und bis eben hatte ich bei solchen Fragen auch immer etwas ganz anderes verbreitet.
Doch hier in meinem Heimatland, mit der Wahrscheinlichkeit dass Jin oder Seoji dieses Interview sahen, wollte ich so ehrlich wie nur möglich sein, selbst wenn ich dafür eine Schelle im Nachhinein kassieren würde.
"Wie sieht es mit dem LGBT Support bei euch aus?" Wohl wieder eine der Fragen, wie sie nur von Fans stammen konnte.
Uns dreien war bewusst, dass nicht grade jugendfreie Fanfictons und Fanarts von uns im Internet die Runde machten und wir untereinander geshippt wurden, aber wir sahen das nicht so.
Klar auf solchen Bildern bei Instagram getaggt zu werden nervte zwar mit der Zeit, aber immerhin sahen wir es positiv, unsere Fans sind tolerant und offen für Sexualität.
Doch sicherlich würden ihnen die Schuppen von den Augen fallen, würden ich von heute auf morgen Posten, dass ich tatsächlich schwul bin.
Angst davor hatte ich nicht, oft hatte ich mit dem Gedanken gespielt dass ganze Thema erst vor Yoongi und Hoseok auszurollen, bevor ich mich auf Instagramm, Twitter, etc. geoutet hätte.
Aber eine Gewisse Blockade hielt mich davon ab und wollte genau diese Seite an mir verdrängen.
In meine Welt gehörte es nicht Männern hinter her zu sehen, sondern einer Frau auf den Arsch zu schauen und genau dieses Image aufrecht zu erhalten war etwas, was mir ziemlich an die Nieren ging.
"Stehen da vollkommen dahinter. Schließlich ist es doch im großen und ganzen egal wen man liebt.
Wenn ein Mann einen Mann liebt und eine Frau eine ihresgleichen, wieso nicht?" zuversichtlich wie mit so ziemlich allen Fragen in diese Richtung grinste Hoseok in die Kamera und legte den Kopf schief.
Ich überlegte einen Moment über meine Worte und gab dem meinen Senf mit dazu.
"Liebe ist in meinen Augen etwas was nur der für sich definieren kann, den es betrifft.
Für jeden ist es etwas oder jemand anderes, auch wenn er oder sie vom gleichen Geschlecht ist.
Jeder soll Lieben wen er will, solange er sich mit dem gewähltem Partner wohlfühlt." bestätigte ich meine Sichtweise und versuchte ebenfalls zu lächeln.
Eigentlich könnte ich jetzt ganz Korea und meine beiden Freunde schocken und mich outen, aber dann könnte ich riskieren meinen Job zu verlieren, ein weiterer Grund wieso ich diese Wahrheit über mich in meinen eigenen Kreis behielt und bisher an keinen weiter getragen hatte, seit ich es vor Jahren für mich selber so erkannt hatte.
Die folgende Frage richtete sich wieder an uns alle und beschäftigte sich damit, wie wir es eigentlich geschafft hatten uns in unserem Sein so zu akzeptieren, wie wir sind.
Selbstakzeptanz war ein weiteres Thema was wir oft mit unseren Songs und unseren Ansprachen auf Konzerten ansetzten und dementsprechend fragten uns auch eine Menge, wie wir es geschafft hatten mit uns klar zu kommen, über Hate hinwegzusehen und mit Kopf nach oben durchs Leben zu gehen.
Ich musste mir ein Auflachen verkneifen und bevor es mir doch noch hervortrat, war ich diesmal derjenige der sich als erstes an eine Antwort traute und irgendeinen Mist zusammenlaberte, von wegen es sei das wichtigste erstmal alle Fehler an einem zu erkennen und sich mit diesen auseinander zu setzen, sie sich bewusst machen, aber nicht zu beheben, da grade diese Macken einen ausmachten.
Mein Kopf jedoch lachte mich aus und war der Meinung das meine Worte mehr als nur blanke Ironie und Doppelmoral mir gegenüber waren.
Ich meine sieht mich an.
Ich bin schwul, verlange von meinen Fans alles an sich zu akzeptieren, aber bekomme diese Seite an mir selber nicht in den Griff und versuche sie zu verleugnen und zu verstecken, so gut es mir gelingt, was damit endet, dass ich tatsächlich schon mit einigen Frauen im Bett gelandet bin um zu versuchen irgendetwas daran zu finden.
Doch Fehlanzeige.
Im nachhinein hasste ich mich dafür nur noch mehr und meldete mich bei diesen Frauen nie wieder, die ich mit den Jungs in irgendeinem Club irgendwo auf dem Globus aufgeschnappt hatte.
Das konnte man jetzt sehen wie man wollte und darüber urteilen wie man wollte.
Sicherlich sollte ich zu dem stehen, was ich bin, aber das ist schwer, wenn die ganze Welt auf einen als Vorbild blickt und man sich dann mit einem Schlag als Schwul outet.
Obwohl da ja nicht viel passieren kann.
Immerhin ist Adam Lambert noch immer Sänger und das obwohl er auf der Bühne und vor laufender Kamera seinen damaligen Gitaristen geküsst hatte, der mit seinen blonden Haaren und den Hundeaugen schon irgendwie etwas attraktives an sich hatte.
Colton Haynes ist, wie Wenthworth und Neil Patrick Harris noch immer Schauspieler.
Die wurden nicht aus ihrer Karriere gekickt, nur weil sie sich geoutet haben, dann müsste ich eigentlich nichts zu befürchten haben, eigentlich...
Wäre da nicht meine persönliche Einstellung zu dem ganzen Thema.
"Verdammt Namjoon, was ist denn heute los mit dir?"
Yoongi holte mich aus meinen Gedanken, als er mir diesmal wirklich heftig auf den Fuß trat und ich erschrocken aufschrie.
"Sag mal hast du sie noch alle!" plärrte ich ihn an und sah mich panisch um, da die Kameras bestimmt noch an waren, aber so gechillt wieder Moderator in seinem Sessel lümmelte wirkte nichts mehr als würde es noch aufgenommen werden.
"Du hast die ganze Zeit wie ein geisteskranker vor dich hin gestarrt." hielt Hoseok mich auf dem laufenden und tätschelte mir die Schultern, als er aufstand.
"Wir dachten schon die verlässt uns jede Sekunde und kippst um." merkte Yoongi an und schüttelte den Kopf seufzend.
"Nein... mir geht es gut." murmelte ich und stand ebenfalls auf, um das Studio auf schnellstem Wegen wieder zu verlassen.
Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass ich mit meinen Gedanken wieder auf Abwege geraten bin und das restliche Interview verträumt hatte.
"So hat es aber nicht den Anschein."
Chase tauchte vor mir auf.
Ich hatte ja nicht mal mitgeschnitten, dass wir uns eben auf englisch unterhalten hatte.
So neben der Spur war ich echt schon lange nicht mehr.
"Denn seit du von deiner kleinen geheimen Freundin angefangen hast, warst du wie auf einem anderen Stern." erkannte der Manager und sah mich besorgt an.
Ich zuckte mit den Schultern.
"Daran ist doch nichts.
Es gibt nen Haufen kram, den ihr nicht über mich wisst."
Wie zum Beispiel, dass ich in meinen damaligen besten Freund verliebt bin und die damit Verbundene Tatsache, dass ich schwul bin.
Oder dass ich sowas wie eine ziemlich feminine Seite hatte und vielleicht mal etwas Eyeliner und Lidschatten an mir ausprobierte, wenn ich allein in meinem Hotelzimmer bin, nur um zu sehen, wie es mir steht.
Beides Macken mit denen ich nicht fertig werde und die mich innerlich zerrissen und die ich an mir hasste, aber gegen die ich, egal wie ich mich sträubte, nichts tun konnte.
Würden die Jungs und Chase das wissen, wäre ich ganz weit unten durch!
"Aber das hättest du doch mal ausplaudern können, Namjoon." Hoseok sah mich mitleidig an, als wir wieder unseren Weg in die Garderobe einschlugen.
"Es hat sie nie eine Gelegenheit dazu geboten." wehrte ich ab und wollte das Thema so schnell wie nur möglich vergessen.
Generell wollte ich dieses Interview, was Jin ganz sicherlich sehen würde, vergessen und aus diesem Gebäude rennen.
Denn bis zum späten Nachmittag hatten wir frei und ich wollte meine Zeit sinnvoll nutzen, in dem ich die Adresse, die meine Mutter mir in der Zeit des Interviews geschickt hatte, aufsuchte.
Sie war die in der Jin zur Zeit wohnte und ich dachte ich würde ihm oder zumindest seiner kleinen Schwester Seoji eine kleine Freude mit ein Paar Sonderkarten für das Konzert heute Abend machen, die ich natürlich ganz feige nur in den Briefkasten schmeißen würde.
Allein das würde bei ihm bestimmt schon für Verwunderung genug sorgen.
Danach wollte ich mich mal nach dem Café umsehen in dem Jin arbeitete und vielleicht wäre er ja da und ich könnte ihm eilig alles erklären, wie es dazu kam, dass ich plötzlich den Kontakt abgebrochen hatte und dass es alles auf meiner eigenen Dummheit beruhte und es mir mehr als nur leid tat, dass ich seine Nummer und seine E-Mail verloren und vergessen hatte, als ich mit komplett neuer Technik für meinen Privatgebrauch ausgestattet wurde.
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