13-He loves people in general, not me, not you, everyone

Ich musterte einen Ausweis, den ich in meinen Händen hielt. Ich stand in einem kleinen Badezimmer, kleiner als das letzte. Meine nassen Haare tropften auf das Handtuch, was auf meinen Schultern lag. Meine Haare waren länger geworden.
Ich wohnte nun schon seit fast drei Monaten hier bei Izaya. Die Ermittlungen wegen meiner 'Entführung' kamen langsam zum Stillstand. Shizuo Heiwajimas Verdacht wurde schnell verworfen. Erst hatte ich die Befürchtung, die Polizei würde mich nun finden, aber Izaya wäre nicht Izaya, wenn er es nicht vorausgesehen hätte.
Zu aller erst waren wir zu Shinra gegangen. Er war nicht sonderlich überrascht, da Izaya ihn schon eingeweiht hatte. Der braunhaarige meinte, ich solle ihm folgen. Sein Gästezimmer, das ich ein paar Mal schon betreten hatte, wurde umstrukturiert. Darin waren nun eine Liege und viele ärztliche Gegenstände.
»Ich habe schon alles vorbereitet.«
Izaya verabschiedete sich, da er einen Auftrag hatte und ließ mich mit dem braunhaarigen allein, der mich darum bat, mich auf die Liege zu setzen. Ich setzte mich also. Überraschenderweise schnappte sich Shinra einen Hocker und setzte sich vor mich.
Mit ernstem Ausdruck musterte er mich.

»Du weißt, dass es dein echtes Gesicht nie wieder geben wird?«

»Ehrlich gesagt, will ich mein wahres ich loswerden, denn ich sagte dir, dass am Morgen jemand neues geboren wird, doch...dieses Gesicht verfolgt mich seit Jahrhunderten. Dieses Gesicht hat viel erlitten. Dieses Gesicht wurde sehr oft ignoriert, gehasst, verabscheut, und die Menschen in den Dörfern hatten Angst vor mir. Vor uns.«Etwas unschlüssig blickte ich auf meine Beine, auf denen ich meine Hände zu Fäusten geballt gelegt hatte. Da ergriff Shinra meine Hand und sprach mir Mut zu. Dafür war ich ihm unendlich dankbar. »Du bist dir zu unsicher.«
»Ich kann mich nicht verstecken.«
»Nein. Das nicht, das stimmt. Irgendwann wirst du gesehen, und es wird einen großen Aufruhr geben. Einen ziemlich großen.«
»Verändere mich, Shinra. Gib mir ein neues Gesicht. Gib mir mein wahres Gesicht.«

Ich erinnerte mich, während ich das Ausweisfoto betrachtete, an die Schmerzen, die diese OP mit sich gezogen hatte. Währenddessen hatte ich mir mehrmals ausgemalt, wie ich Izaya dafür ins Nirwana schicken würde. Schließlich waren die Schmerzen größer, als angenommen.
Das Mädchen auf dem Foto des Ausweises hatte sehr kurzes, Pech schwarzes Haar. Ich hatte mir einen Pony geschnitten, es war ungewohnt. Ich blickte mich im Spiegel an. Mit den Fingern ging ich durch meinen neuen Haarschnitt, über meinen Augen. Ich musterte meine Augen zuerst. Ich hatte ewig nicht mehr meine Augenfarbe gemustert. Ich fühle mich, wie jemand anderes, nicht mehr ich. Meine Augenfarbe war noch immer dieselbe. Sie hatten einen hellen Stich, der in ein seltsamen grau Ton reicht. Meine Gesichtszüge wirkten etwas anders und auch der Pony betont mein Gesicht völlig anders. Ich drehte mein Kopf etwas und sehe dennoch in den Spiegel. Seufzend schloss ich meine Augen und dachte an dem Moment, als Izaya mit einem Daumen nach oben gegrinst hatte und dann, als wäre nichts gewesen, gehen wollte. Wirklich eine Qual, wirklich. Er hatte sich die ganzen Wochen kein einziges Mal blicken lassen, Shinra nur das nötige Geld überwiesen und mich mir selbst überlassen.

Demnach waren es nur 'fast' drei Monate. Denn die restliche Zeit verbrachte ich eben bei dem Brillenträger.
Ich packte den Ausweis zurück in mein Portmonee und knöpfte mir meine Bluse richtig zu. Meine Gedanken in der Anfangszeit der Mittelschule. Ich finde es echt seltsam, wie sich alles geändert hat, seitdem ich ihn getroffen habe. Meine Hand griff routinemäßig meine blaue Krawatte und ich band mir diese schnell um. Ich trug noch eine teure Hose und zog mir die passende Jacke über. Meine Haare föhnte ich dann schnell.
Da öffnete sich die Badezimmertür. Ich beachtete die Person nicht. Plötzlich berührten fremde Finger meine Hand, die den Föhn hielt, und nahm mir diesen ab.

»Komm, ich mach das.« Ich murmelte ein leises 'Danke' und beobachtete ihn im Spiegel dabei, wie er meine Haare föhnte.
Ich frage mich, was er im Moment denkt. Seine rostroten Augen schauten in den Spiegel trafen auf meine. Seine Lippen formten ein Grinsen. »Siehst tatsächlich erwachsener in dem Outfit aus~«
»Klappe.« Kichernd schaltete der schwarzhaarige das Teil aus und schnappte sich meine Haarbürste.
Jedes Mal kam er mit diesen oder ähnlichen Sprüchen, in den letzten vier Wochen. Izaya hatte mir eine Arbeit als Putzaushilfe in einem Hotel besorgt. Anfangs war ich panisch. Wusste nicht, was ich tun sollte. Izaya machte es nicht besser, ließ mich ganz allein vor dem Gebäude zurück.

Seufzend erinnerte ich mich an meinen ersten Arbeitstag, der ziemlich aus dem Ruder gelaufen war. Trotz dessen, wurde ich nicht gefeuert. Das hatte mich beruhigt, weshalb ich dann konzentriert meiner Arbeit nachgehen konnte.

Während Izaya mir meine Haare zu einem professionellen Zopf band, fragte er nebenbei: »Diese Tachibana. Gibt es etwas Neues?«
Er sprach von einer Kollegin. Ich wusste nicht genau, weshalb er oft nach ihr fragte, dachte mir nicht wirklich was dabei, und erzählte ihm alles, was sie mir privat anvertraut hatte.
Es passierte zufällig. Es gab viele Besucher, weshalb wir mehrere Schichten zusammen machen mussten. Da lud sie mich zu einem Drink nach der Arbeit ein. Ich hatte vorerst abgelehnt, da ich mir keinen Alkohol zutraute. Izaya hatte mich dann doch dazu überredet, das nächste Mal zuzusagen, was ich dann auch tat.

Während ich mich immer nur mit anderen Getränken begnügte, stürzte Tachibana sich eher in den Alkohol, interessierte sich nicht einmal wirklich für mich. Im betrunkenen Zustand war sie sehr redebedarf. Da hatte sie mir beschwipst erzählt, ihr Freund sei in gefährliche Dinge verwickelt, weshalb sie sich nie sahen. Die Frau stellte dann komische Vermutungen an, kam sogar mit Fremdgehen an.
Ich fand nicht wirklich etwas Besonderes dran.

»Ihr Freund hat sich nur gemeldet. Sie treffen sich wohl diesen Samstag.« Izaya hielt kurz inne und kicherte. Etwas verwirrt musterte ich ihn.
»Dann nimm dir am Samstag frei.« Ich hob verwirrt eine Augenbraue.
»Warum?« Izaya band mir die Haare fest zusammen und legte seine Hände sanft auf meine Schultern, schaute über die rechte in mein Gesicht.
»Zuerst musst du da eine wichtige Kleinigkeit für mich erledigen. Und dann noch... Sie müsste dann für dich einspringen, hab ich Recht? Da du viele Überstunden gemacht und sogar oft für sie eingesprungen bist, weil sie verkatert war, wird es wohl so sein.«
»Warum soll ich ihr Treffen behindern?«Izaya legte seinen Kopf spielerisch schief und betrachtete mich erwartungsvoll.

»Du führst irgendwas im Schilde... Aber warum die zwei? Was hast du davon, die Beziehung von zwei willkürlichen Leuten zu behindern?«
»Das wirst du sehen, Misa-chan«
Ich hatte sie dringlichst darum gebeten. Hatte gemeint, es sei ein wichtiges familiäres Problem und hätte fast gekniet. Mit der Einigung, dass ich sie kurz vor Feierabend ablösen würde, gab sie sich dann schließlich zufrieden. Seufzend ging ich wieder. Musste für den schwarzhaarigen Mistkerl etwas erledigen, der es wohl toll fand, Beziehungen zu zerstören.

Selbst wenn er fremdgehen würde, wir hatten uns nicht einzumischen. Und gerade wenn er in etwas verwickelt war. Ich dachte an Drogen oder einer Bande. Da tat mir Tachibana doch etwas leid, aber verwarf den Gedanken, sie zu warnen, schnell. Ich hatte kein Recht dazu.
Ich kam erneut an einer, mir mittlerweile ganz bekannte, Wohnsiedlung an. Izaya hatte mich öfter hierher geschickt, um für ihn Pakete abzuholen. Doch dieses Mal war es eine mündliche Nachricht, die ich überbringen sollte. Was auch immer diese zu bedeuten hatte. Eine Vorahnung hatte ich schon, da sich die zwei aus der Mittelschule zu kennen scheinen.

Ich zog mir die Kapuze herunter und Handschuhe über und klingelte dann. Bei dem, was Izaya trieb und bei dem, in dem der Junge verwickelt sein könnte, wollte ich keine Fingerabdrücke hinterlassen. Die Tür wurde relativ schnell geöffnet, doch es stand ein Mann mittleren Alters vor mir. Über seine Lippe war ein fettes Muttermal. Seine Haare waren hoch gegellt und seine Mimik streng.

»Was wollen Sie?«, seine Stimme klang kratzig.
»Guten Tag. Ich bin eine bekannte von Nakura- kun. Ich müsste etwas Dringendes mit ihm besprechen.«
»Aha. Und was haben Sie mit meinem Sohn zu schaffen? Ich kann mich nicht erinnern, dass er Sie erwähnt hätte oder er etwas mit Erwachsenen Frauen zu tun hätte.«
Ein neugieriger und nervender Mann. Ich war kurz davor, ihn einfach von der Sache aus der Mittelschule zu berichten, um ihm sein Bild seines guten Sohnes zu versauen. Doch ich beruhigte mich und blieb höflich.

»Entschuldigen Sie vielmals. Ich bin ihren Sohn vor einiger Zeit begegnet und wir haben uns angefreundet. Ich helfe ihm beim Lernen, da er unbedingt besser werden und Sie nicht enttäuschen möchte. Er ist ein fleißiger Junge und hat hohe Ziele. Ich möchte ihm dabei unterstützen wo...«, ich machte absichtlich eine traurige Miene und wand den Blick kurz gespielt beschämt ab, »... wo mein eigener kleiner Bruder doch nicht die Möglichkeit dazu hatte.«
Plötzlich schien der Mann schuldbewusst hochzuschrecken.
»Verzeihen Sie. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.«
»Entschuldigen Sie sich bitte nicht!«, ich wank mit der Hand ab, »Es ist Ihr gutes Recht, mich das zu fragen!«

Nun bat mich der Mann herein und fragte mich nach meinem Namen. Ich stockte für eine Sekunde und antwortete:»Yukio Mishima, freut mich Sie kennen zu lernen.«
Lächelnd stellte er sich auch vor. Da hörte ich Schritte und ein erschrockenes aufatmen. Nakura stand dort. Sein Gesicht ganz blass und schien Panik zu bekommen. Bevor ich etwas sagen konnte, wand sich sein Vater ihm zu, sprach freudig:
»Junge, es muss dir nicht peinlich sein. Sie hat es mir erzählt. Dann gib dein Bestes beim Lernen.« So gab der Mann mich frei und ich folgte Nakura in sein Zimmer.
Kaum war die Tür geschlossen, zischte der Junge zwischen zusammengebissenen Zähnen: »Was fällt Ihnen ein, hier einfach aufzukreuzen?!«

Ich hörte vom Flur Schritte, die sich näherten. Seufzend deutete ich auf seinen Stuhl. Verunsichert setzte er sich. Ich beugte mich über den Tisch und griff nach seinen Lehrbüchern, breitete eines davon aus, zufällig Mathe. Dann legte ich ein Blatt hin und gab Nakura einen Stift in die Hand. Misstrauisch starrte er mich an.

Mit strengem Blick, schaute ich auf Nakura herab und sagte leise: »Schreib ein paar Aufgaben ab.«

Er wollte gerade was Bissiges antworten, als ich sein Handgelenk griff und gewaltsam drückte. Ich konnte mir hier nicht leisten, aufzufliegen. Ich merkte, wie der Junge schluckte und bereit war, zu schreiben. Ich ließ los und sah ihm zu, wie er die Aufgaben abschrieb.
Da öffnete sich die Tür und ganz 'zufällig' kam der Vater rein und lugte über die Schulter seines Sohnes.

»Anspruchsvolle Aufgaben.« Ich hatte extra nach ganz hinten geblättert und war froh darüber, dass dieses Buch Uni-Aufgaben beinhaltete. So konnte das ja nur funktionieren.
»Dann störe ich nicht weiter.« Endlich ließ uns der Vater in Ruhe und ich lehnte mich seufzend gegen den Tisch.
»Eine Nachricht von Izaya.« Nakura zuckte heftig zusammen.

»Amphisbaena wird aufgelöst.«
»WAS?!«Ich strafte ihn mit einem wütenden Blick. Muss er so laut brüllen? Er nuschelte eine Entschuldigung. Ich blickte zum Blatt. Dann zückte ich mein Telefon und suchte nach den Lösungen von den Aufgaben, aber fand nichts. Dann eben anders. Wenige Minuten später war ein Foto losgeschickt, nur wenig später kamen die Lösungen, ja sogar fake Korrekturen. Mit einem Grinsen schrieb ich Izaya zurück, dass er echt alles kann.
Nakura beobachtete mich nur stumm und schien sich krass unwohl zu fühlen.
»Erste Aufgabe...«

Eine halbe Stunde später verabschiedete ich mich von Nakura. Sein Vater war stolz auf seinen Sohn und lud mich ein, was ich ablehnte. Niemals würde ich am gleichen Tisch, wie diesen Mann sitzen.
Schnellen Schritte machte ich mich auf dem Weg, war spät dran. Schließlich musste ich Tachibana ablösen. Schnell angekommen, löste ich sie für die letzte Stunde ab und sie verschwand aus der Hintertür. Da schaute ich mich um. Es war eigentlich fertig. Das hieß: Rumsitzen. Denn wenn ich früher gehen würde, gäbe es für Tachibana Probleme.
Da bimmelte mein Handy.

[Komm zu dieser Adresse. Sofort. (Adresse)]

Seufzend löschte ich das Licht und verschwand aus dem Hinterausgang. In Gedanken entschuldigte ich mich tausende Male bei ihr und folgte Izayas Aufforderung.
Ich kam in ein Wohnviertel am Rande von Shibuya. Etwas verwirrt darüber, gab ich dem Taxifahrer das Geld und betrachtete meine Umgebung. Da entdeckte ich Izaya, der grinsend auf mich zukam.

»Das ging ja schnell~«

»Was hat das zu bedeuten, Izaya?« Der Informant zuckte mit der Schulter, hob unschuldig seine Hände.
»Was meinst du?« Ich ging an ihm vorbei und fragte, weshalb ich hier sein sollte.
»Folge mir und du wirst es sehen~«
Misstrauisch folgte ich dem schwarzhaarigen. Seine Vorfreude stieg von Sekunde zu Sekunde, bei mir war es eher Unwohlsein. Schließlich bedeutete seine Freude meist das Leid eines anderen. Ihm durch ein paar Gassen folgend, überlegte ich, was er mir zeigen wollte. Wir kamen in eine verdächtige Gasse, in der es nach Alkohol roch. Es erinnerte mich an den Vorfall, an dem mir jemand eine Knarre an den Kopf gehalten hatte und ich schnappte angsterfüllt nach Izayas Arm. Dieser musterte mich nur fragend und als er mein blasses Gesicht entzifferte, grinste er.
»Halt dich ganz fest~« Etwas genervt davon, drückte ich zu, sodass er gespielt schmerzlich jammerte.
Da tauchte ein Mann vor uns auf. Er verlagerte sein Gewicht von einem zum anderen Bein und schien nervös. An seinem Arm war eine merkwürdige Tätowierung. Stirnrunzelnd bedachte ich den amüsieren schwarzhaarigen mit einem fragenden Blick.

Da tauchte eine weitere Person auf. Erschrocken fasste ich an meinem Mund und starrte Tachibana an, die lächelnd vor dem Mann stand.
»Endlich sehen wir uns wieder!«Da machte es klick.
Verdammt. Er ist von einer Yakuza und sie... Ich wollte gerade aufspringen, als mich Izaya wieder herunter drückte, versteckt hinter der Ecke.
»E-es tut mir Leid, Nana-chan. Aber...«, der Mann zog ein Messer, »... ich will das nicht, aber es ist ein Befehl!«
Was als nächstes geschah, schien mir wie in Zeitlupe abzulaufen. Der Mann rannte auf die schreiende Frau zu und erstach sie. Wie sie achtlos zu Boden fiel und er geschockt das Messer verzweifelt auf sich selbst richtete. Ich zuckte zusammen, als er sich selbst damit erstach.
Izaya neben mir lächelte leicht. In seinem Blick nur Emotionslosigkeit. Es gefiel ihm nicht, aber Mitleid hatte er auch nicht. Zitternd klammerte ich mich an ihn, der mir beruhigend über den Rücken strich, während einzelne Tränen meinen Augenwinkeln entrannen und auf sein rotes Shirt tropften.
Mir wurde schlecht, als ich an die Leiche des erschossenen Mannes denken musste und nun das gleiche Szenario auf Tachibana übertrug. Ich frage mich, warum ich so emotional geworden war, in den Jahren, in denen ich beschloss, als Mensch zu leben. Ich hatte viele Jahre schon nicht mehr solche Szenarios gesehen, war es Gewohnheit? Ich war es nicht gewohnt. Als ich meinen Blick hob, war in seinen Augen plötzlich ein Funkeln, während er mich anstarrte.


Langsam setzte ich mich an den Tisch in der Küche. Izaya füllte ein Glas mit Wasser und stellte es mir auf den Tisch. Er lächelte, wie immer. Doch in seinen Augen war nichts zu erkennen.
»Warum ist das passiert...?« Meine Stimme war etwas kratzig und mein Hals schmerzte.
»Vor vier Jahren wurde die Freundin des Mannes krank. Er konnte sich das Geld für die Behandlung nicht leisten, weshalb er die Yakuza bestehlen wollte.« Izaya lehnte sich an die Theke.
»Es hat nicht geklappt. Er wurde zu einem Mitglied, nur um seine Freundin zu retten. Und an einem Abend musste er Drogen schmuggeln. Mittendrin erhielt er die Nachricht, dass ein Feind von seinem Boss seine liebe Freundin entführt hat. Da entschied er sich für die Yakuza, da ihm sein eigenes Leben lieber war.«
Sprachlos schaute ich den schwarzhaarigen dabei zu, wie er sich Kaffee machte und diese Geschichte einfach nebenbei erzählte, als wäre es ganz normal.

»Als er dann seine neue Freundin fand, wollte er sie raus lassen aus all dem. Aber es würde schonwieder passieren, weshalb er sich und sie lieber zuerst töten wollte.« Ich hob fragend eine Braue. Irgendwas daran war seltsam.
»Aber er hätte sie nicht töten müssen. Warum?«
Izaya lächelte und goss sich sein Kaffee in eine Tasse.
»Er konnte es nicht ertragen, dass sie weiterlebt, statt seiner lieben kranken Freundin. Also schickte er sie vor.«
»Das ist grausam...« Der Informant nickte und nahm die Tasse in die Hand. Er kam zu mir an den Tisch und setzte sich mir gegenüber.
»Und wie lief es mit Nakura?« Ich seufzte. Er und seine Themenumsprünge...
»Er war nicht begeistert. Nakura wirkte... enttäuscht und wütend.« Izaya tippte an seine Tasse, während er anfing zu grinsen. »Die Gruppe musste aufgelöst werden. Sonst gäbe es so einige Probleme, in die ich nicht offiziell involviert sein sollte.«

Er nippte an seinen Kaffee und schien im Moment etwas zu entspannen. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er viel zu tun hatte. In letzter Zeit war viel mit den Yakuza passiert. Ab und an fragte ich mich, ob der schwarzhaarige dafür verantwortlich war. Doch ich verwarf die Idee schnell wieder.
Da fiel mir ein, dass ich ihm vieles fragen wollte. Im Moment saß er weder am Computer, noch war er unterwegs. Es schien, als wäre jetzt die perfekte Gelegenheit, ihn danach zu fragen.
»Izaya?« Er schaute mich an.
»Ich, Misa-chan~?«
Ich atmete kurz durch. Dann überlegte ich, wie der Name, nach den ich fragen wollte, nochmal war.

»Wer ist Naruha?« Seine Augen weiteten sich kurz. Er schien überrascht. Dann fing er sich wieder und ein grinsen lag in seinem Gesicht.
»Du warst an meinem Computer. Meine Hochachtung. Ich hab das nicht bemerkt.« Er kicherte und lehnte sich am Stuhl etwas zurück.
»Beantworte meine Frage.« Izaya nickte und verschränkte seine Finger.
»Sie hat mich in der Mittelschule gestalkt.«
»Jemand außer mir hat dich...?«
Der Junge nickte und sein grinsen wurde zu einem leichten lächeln. Er schien nicht wirklich erfreut, darüber zu reden.

»Sie hat mich oft beobachtet, ist mir sogar ab und zu nach Hause gefolgt. Nachdem mein Vater sie vor unserer Tür mit einer Kamera dabei erwischt hat, wie sie versucht hat einzubrechen, hat er sie angezeigt und ihre Familie ist umgezogen.«
Ich schluckte. Wäre das bei mir passiert... Izaya grinste wieder.
»Denkst du gerade, dass er das bei dir auch gemacht hätte?« Ich zuckte kaum merklich zusammen und nickte zögerlich.
»Du hast Recht. Aber ich habe es dieses Mal selbst in die Hand genommen. Ich wollte nicht, dass Naruha die Stadt verlässt. Ich konnte sie schließlich nicht weiter befragen...«Ich legte verwirrt meinen Kopf schief.
»Ich habe sie darauf angesprochen. Dass ich weiß, dass sie mich verfolgt. Und ich habe sie gefragt, ob sie davon gehört hat, dass Stalker denken, sie würden ihre Opfer bloß beschützen.«
Ich seufzte. Das klang nach ihm. So sehr, dass ich wieder erleichtert war. Denn kurz dachte ich, er hätte etwas für sie übrig gehabt. Dabei wäre das doch eigentlich unmöglich. Schließlich liebte er alle Menschen.
Izaya lachte plötzlich.
»Was ist so witzig?« »Die meisten Stalker reagieren empfindlich darauf. Das zeigt nur, dass du genau weißt, aus welchem Grund du das getan hast. Und dass du eine Stalkerin warst. Nun ja, Naruha war nicht in der Lage, das zu akzeptieren.«
»Verstehe. Du wolltest also nur schauen, wie weit sie geht.« Er nickte und nippte erneut an seinem Kaffee. Da schien ihm noch etwas einzufallen.
»Wenn wir schon dabei sind. Wenn du von Naruha weißt, dann wohl auch von Mikage Sharaku, nicht wahr? Der Ordner war doch auch bei ihrem?«
Zögernd stimmte ich zu.
»Mikage... Sie ist in mich verliebt.« Ich griff unter dem Tisch nach meinem Shirt. Unterdrückte den drang, jetzt aufzuspringen.
»Und was hast du gemacht?« Izaya lächelte. Sanft. Irgendwie anders.
»Ich habe sie höflich abgewiesen. Und ich habe gesagt, dass ich keinen einzelnen Menschen lieben kann. So ist es nämlich.«
Es schmerzte ein wenig.
Izaya schaute mich eindringlich an. Fast so, als wolle er es mir klarmachen. Und genau das wollte er auch. Doch es wirkte gezwungen.
»Ich frage mich sowieso, wie sich jemand in dich verlieben kann«, ratterte ich schnell herunter. Ich wollte nicht, dass er mich durchschaut.
Ich belog mich nicht. Ich hatte Gefühle für den schwarzhaarigen entwickelt. Sie waren nicht mehr so stark, aber noch da. Doch wenn er davon erfahren hätte, hätte ich vielleicht ein Problem gehabt.
Als ich in seine Augen sah, dachte ich Schmerz zu erkennen. Doch genauso schnell, wie ich es sah, wand er seinen Blick schnell ab und stand auf.

»Dann ist das ja geklärt«, flötete er fröhlich und verschwand mit seinem Kaffee aus der Küche. Ließ mich dort allein.
Er benahm sich seltsam. Zuerst fing er von Liebe an. Dann erklärte er, dass er niemanden einzeln lieben könne und danach verschwand er fast schon fluchtartig.
Mein Kopf bildete sich ein, dass es vielleicht daran lag, dass er ungewollt doch Gefühle für mich entwickelt hatte, doch ich verdrängte diesen Gedanken in die hinterste Ecke meines Verstandes.
Ich griff mit beiden Händen zum Glas, das mit Wasser gefüllt war. Langsam drückte ich zu. Der Schmerz, der sich in mir ausbreitete, war unerträglich. Ich spürte Tränen in meinen Augen, die ich schnell weg blinzelte.
»Er liebt die Menschen. Er liebt die Menschen allgemein und niemand besonderes. Izaya... liebt die Menschen.«,flüsterte ich kaum hörbar und sah auf mein Wasser hinab.

Es waren einige Tage verstrichen. Das letzte Ereignis hatte mich im Schlaf verfolgt, weshalb ich nun ziemlich Müde war und mich umzog.
Am vergangenen Abend hatte Izaya verkündet, dass die nächsten Wochen kaum Arbeit für ihn sein würde, weshalb er wieder regelmäßig zur Schule ging. Ein bisschen neidisch war ich schon. Schließlich sah er so auch Shinra und Kadota wieder.
Ich machte gerade einen Zopf, da es ziemlich heiß war und setzte mich an seinen Computer. Mein Blick ging zu den Ordnern. Nach kurzem Zögern tippte ich darauf, doch natürlich... man brauchte ein Password.
Seufzend ließ ich also davon ab und öffnete den Browser. Ich suchte nach meiner Entführung und musste feststellen, dass es sich so langsam beruhigt hatte. Ich stand nicht mehr so oft in den Nachrichten und die Polizei hatte keine Spur, die zu mir führte. Zumindest für die Öffentlichkeit. Wie es wirklich aussah, müsste ich Izaya fragen.
Gelangweilt tippte ich herum. In meinen Gedanken herrschte wildes Chaos. Wie es Shinra wohl geht?

Er schien schon etwas besorgt zu sein. Was Kadota von all dem halten würde? Könnte ich ihm davon erzählen? ... Was würde er von dem Mord halten?
Meine Gedanken drifteten zum blondhaarigen.
Die ganze Zeit über dachte er, Izaya würde mir etwas antun. Dass er etwas gegen mich in der Hand hätte und ich deshalb all das für ihn tat. Ihn zu stalken, ihn zu helfen...
Er weiß sicher, dass Izaya auf jeden Fall mit der Sache zu tun hat. Hoffentlich verletzt er Izaya nicht allzu sehr... Was wenn... er Izaya dieses Mal stark verletzt? Oder er ins Krankenhaus muss? Was wenn er lebensgefährlich-
Ich zuckte bei der Vorstellung zusammen und starrte auf den Bildschirm vor mir. Schnell schloss ich das Fenster und vergrub mein Gesicht in meine Hände und stöhnte genervt auf.

»Warum mache ich mir so viele Gedanken darüber, wie es ihm geht? Er würde lachen, wenn er davon erfährt...« Meine Hände legte ich auf den Tisch ab und atmete ruhig durch.
»Er liebt die Menschen allgemein. Vergiss es. Vergiss es einfach...«
Den Schmerz ignorierte ich und richtete meine Aufmerksamkeit dem Schlüssel, den ich an der Tür hörte. Mit aller Kraft unterdrückte ich den Drang einfach aufzustehen und zu ihm zu rennen. Seinen linken Arm zierte ein Verband und seine Jacke hatte er über seine Schultern gehangen. Seine Schultasche hatte er nicht bei sich, lag wahrscheinlich noch in der Schule.
»Das war ein Tag...«, seufzte er mit einem zufriedenen Lächeln und ließ sich auf seinem Bett fallen. Ich stand auf und ging zu ihm. Seine Augen waren zu, sein lächeln noch immer dort.

»Wie geht es Shinra?« Er öffnete ein Auge und sah zu mir. Sein lächeln wurde zum Grinsen. Er hob seinen rechten Arm und legte es sich auf sein Herz. »Das verletzt mich zutiefst~! Ich komme schwer verletzt nach Hause und du fragst nach jemand anderem!«
»Die Verletzung hast du dir selbst zuzuschreiben. Also. Wie geht es Shinra?« Izaya lachte und wank ab.

»Gut, wie immer.« Es herrschte kurze Stille.

»Und Kadota?«
»Blendend.«Wieder Stille.

»Und Shizuo-?«
»Was interessiert dich das?!« Platzte es plötzlich aus Izaya heraus und er setzte sich dabei ruckartig auf, starrte mich wütend an.
Erschrocken stolperte ich zurück, als er das so plötzlich brüllte. Mein Herz schien mir aus der Brust zu springen. Er war von Null auf Tausend extrem schnell umgesprungen. Aber das hätte ich mir denken können. Wobei ich mir die Reaktion Erschrocken stolperte ich zurück, als er das so plötzlich brüllte. Mein Herz schien mir aus der Brust zu springen. Er war von Null auf Tausend extrem schnell umgesprungen. Aber das hätte ich mir denken können. Wobei ich mir die Reaktion weniger extrem vorgestellt hatte.
»Du bist verletzt. Ich nehme an wegen ihm...«
Izaya starrte mich weiter an, erwiderte darauf nichts mehr und stand auf. Er ging ins Bad und schloss die Tür leise. Irgendwas war seltsam. Extrem seltsam.
Was ist heute in der Schule passiert? Ich griff nach meinem Telefon und wollte Shinra anrufen, doch zögerte. Ich wollte ihn persönlich fragen. Außerdem wollte ich nicht, dass Izaya davon mitbekam. Ich schnappte mir einfach etwas von der Kleidung und zog mich, den Fakt ignorierend dass Izaya reinplatzen könnte, um und kämmte meine Haare nur kurz durch. Ich schnappte mir eine dicke Kapuzenjacke und schlüpfte in meine Schuhe.

»Ich gehe spazieren«, rief ich in die Wohnung hinein, bekam jedoch keine Antwort.
Also ging ich einfach los und umklammerte das kleine Gerät in meiner Hand so stark, dass es fast schon wehtat. Irgendwo hoffte ich, dass der schwarzhaarige aus dem Bad gestürmt kommen und mich aufhalten würde. Dass er mir von selbst erzählen würde, was passiert war.

Doch das blieb aus.

Shinra saß in seinem kleinen Büro, die Tür offen. Ich lehnte im Rahmen und beobachtete ihn dabei, wie er eilig Akten sortierte.
»Also warum bist du wirklich hier, Misa? Nicht nur, um zu sehen, wie es mir geht. Dafür hättest du auch anrufen können«, ratterte er schnell herunter und las sich etwas durch.
»Äh ja... Es geht um Izaya-«
»Mhm.«
Ich schluckte. Er war in seiner Arbeit vertieft. Ich überlegte, einfach zu gehen und ein anderes Mal wiederzukommen, doch da schien er die letzte Akte auf den Stapel zu packen und drehte sich schwungvoll und mit einem lächeln zu mir herum.
»Geht es um seine Verletzung? Die ist nicht schwer. Habe ich im Krankenzimmer behandelt. Die Krankenschwester war übrigens mit den anderen Jungs aus Shizuos Klasse beschäftigt.«
Ich hob verwirrt eine Augenbraue.
»Was ist da passiert?« Shinra legte seinen Kopf schief.
»Warum fragst du?«Ich rief mir den Wutausbruch des schwarzhaarigen ins Gedächtnis.
»Sag ich dir danach.«Shinra nickte und lächelte etwas unbeholfen.
»Genaueres weiß ich auch nicht. Dafür müsstest du Kadota fragen. Aber auf jeden Fall hat Shizuo etwas etwas gesagt, was Izaya aufgeregt hat, worauf er Shizuo provoziert hat und die Klasse verwüstet hat.«
Ich legte die Stirn kraus.
»Izaya hat sich über Shizuo aufgeregt?« Shinra nickte.
»Das war das erste Mal, dass Izaya seine Wut als erstes gezeigt hat.« Nun war ich gänzlich verwirrt.
»Also, warum hast du gefragt?«Ich seufzte und lehnte mich an die Sofalehne. Ich überlegte, wie ich es in Worte fassen sollte.
»Als er nach Hause kam, war er noch ruhig. Aber als ich nach Shizuo gefragt habe-... So aufgebracht habe ich ihn noch nie gesehen. Er hat mir auch nicht mehr geantwortet und hat sich im Badezimmer eingesperrt.«
Nun war es der Brillenträger, der gänzlich verwirrt schien. Doch schnell lächelte er wieder und lachte sogar.
»Warum lachst du?« Er wank ab.
»Ich bin bloß überrascht, weißt du? Er zeigt sonst nicht, was wirklich in ihm vorgeht.« Ich nickte.
Das stimmte. Er zeigte nur selten oder nie, was wirklich in ihm vorging. Dass er seine Wut manchmal freien lauf lässt bei Shizuo war schon nichts groß neues mehr. Doch so extrem...

»Danke für das Gespräch!«, bedankte ich mich nur noch schnell, als ich mich auf dem Weg zurück machte. Der braunhaarige rief mir nur noch etwas hinterher, was ich nicht mehr verstand. Ich weiß nicht, wo er wohnt. Also warte ich bis morgen und fange ihn von der Schule ab. So ist es am besten.

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