Blutlinien


Eine halbe Stunde später saßen wir in meinem schwarzen VW Golf vor dem Haus in dem Jamie wohnte. In den letzten fünf Jahren, seit der Flucht vor meiner Großmutter hatte sich wenig verändert. Alles sah aus wie immer.

„Bist du bereit?" Meredith sah mich zweifelnd an. Sie wusste wieviel mir Jamie bedeutete.

Ich schüttelte den Kopf. „Als ich auf der Terrasse eingeschlafen bin, habe ich von der Nacht geträumt als ich von zuhause abgehauen bin"

Meredith sagte nichts. Sie kannte die Geschichte schon. Unzählige male hatte ich sie ihr erzählt. Doch dieser Traum war anders, Jamie war anders.

„Doch etwas war anders an dieser Erinnerung und deshalb bin ich aufgewacht" Ich wagte es nicht auszusprechen was es gewesen war.

Meredith zog die Stirn in Falten. „Was war es?"

Ich seufzte. „Wir waren in seiner Wohnung angekommen. Bis dahin war alles normal, doch als ich mich umdrehte stand er mit einer Flasche Sekt vor mir" So war es nie geschehen, das wusste Meredith. Ich erinnerte mich noch als wäre es gestern gewesen an diesen Abend. Automatisch Griff ich an mein rechtes Handgelenk. Das Handgelenk an dem ich das Armband trug: Das Geburtstagsgeschenk von Jamie.

Wir waren an der Wohnung angekommen und Jamie schloss gerade die Tür auf. Mit einem Klack öffnete sie sich und er hieß mich mit einer spielerischen Verbeugung einzutreten. Schüchtern trat ich über die Schwelle – und staunte.

Ich hatte mir die ganze Fahrt über eine unordentliche Junggesellenbude vorgestellt, doch die Wohnung, in der ich stand war aufgeräumt und vollmöbliert. Ich ließ meinen Rucksack auf ein schwarzes Sofa sinken, das in der Mitte des Raumes stand. Währenddessen ging Jamie in das angrenzende Zimmer und kam nach ein paar Minuten mit Bettzeug zurück.

„Ich schlaf auf dem Sofa du kannst im Schlafzimmer schlafen. Das Bett ist frisch bezogen" Gähnend lies er sich auf das Sofa nieder und sah mich nachdenklich an.

„Alles in Ordnung?" wollte er wissen. Seufzend setzte ich mich neben ihn.

„Danke, Jamie" murmelte ich. „Danke für alles. Ich kann dir eigentlich nicht genug Danken" begann ich und lächelte ihn an.

Jamie lächelte und strich mir zart über die Wange. „Du weißt doch das ich dir immer helfen werde. Das habe ich an dem Tag geschworen als ich dein Hüter wurde"

„Du hättest es trotzdem nicht tun müssen. Du hast mich immerhin aus dem Haus der Vorsitzenden der Elite geholt. Ich bin eine flüchtige Ausreißerin"

Er schüttelte den Kopf. „Du bist volljährig und kannst gehen wohin du willst. Außerdem bist du noch kein Mitglied der Elite" Er seufzte. „Ich allerdings schon aber das werde ich regeln"

Ich sah ihn geschockt an. „Was wird passieren? Sie werden dir doch nicht wehtun?" Mein Herz schlug vor Schreck augenblicklich schneller.

„Nein. Es wird zwar kein angenehmes Treffen aber mir geschieht nichts, keine Sorge" beruhigte er mich doch sein Gesicht war voller Sorge.

Ich beruhigte mich ein wenig doch die Aussicht das Jamie etwas passieren könnte jagte mir Angst ein. Die Elite war zwar nicht dafür bekannt Angst und Schrecken zu verbreiten, doch war sie auch nicht dafür bekannt Regelbrecher einfach so durchkommen zu lassen. Und in den Augen meiner Großmutter war ich sowieso schon eine Enttäuschung.

„Hör auf dir Sorgen zu machen, Maddison" ermahnte er mich streng. „Ich bin ein Erwachsener Mann, ich kann auf mich selbst aufpassen"

Ich nickte und zwang mich zu einem Lächeln. Doch innerlich plante ich schon wie ich ihn vor den Handlangern meiner Großmutter schützen konnte.

Jamies Augen verengten sich zu schlitzen als würde er etwas ahnen. Schnell wandte ich meinen Kopf und tat als würde ich mich in der Wohnung umsehen. „Schöne Wohnung" sagte ich um das Thema zu wechseln.

„Danke" erwiderte er. „Ich habe etwas für dich" begann er und setzte sich auf. Verwirrt schaute ich auf seine Hand, die er mir entgegenstreckte. Mein Herz machte einen Sprung als ich erkannte was es war: Ein Ledernes Armband mit Silberverschluss. Es bestand aus drei ledernen Bändern, die mit einer silbernen Schnalle zusammengehalten wurde. An der Vorderseite, in der Mitte der drei Bänder war eine silberne Feder. Es war das selbe Armband, das er selbst trug und ich schon vom ersten Tag an bewunderte. Ich nahm das Armband mit zitternden Händen vorsichtig aus seiner Hand und betrachtete es sprachlos. Die Feder hatte am Stiel einen kleinen hellblauen Stein eingearbeitet. Einen Saphir.

Tränen traten mir in die Augen. „Danke Jamie" schluchzte ich gerührt. Ich hob lächelnd den Kopf und sah in Jamies verwirrtes Gesicht.

„Ich dachte du würdest dich darüber freuen nachdem du mir seit drei Jahren förmlich den Arm abtrennen wolltest um es zu bekommen" lachte er.

„Das ist gar nicht wahr" rief ich empört auf.

Lächelnd nahm er mir das Armband aus den Händen, nahm meine Hand und legte es mir um das Handgelenk. Meine Haut kribbelte wo er mich berührte. Eine weile saßen wir so auf dem Sofa.

„Wir sollten rauf gehen" riss mich Merediths Stimme aus meiner Erinnerung. Steif drehte ich mich zu ihr. Sie löste gerade den Sicherheitsgurt und sah mich auffordernd an.

Ich nickte langsam und sah ein letztes Mal auf mein Handgelenk wo das Armband war. Mit den Fingerspitzen fuhr ich über die Feder und den Saphir. Dann stieg ich aus dem Auto und eilte hinter Meredith her die stolz in Richtung Haupteingang schritt. Wortlos stiegen wir die vielen Treppen rauf. Vor der letzten Treppe stieß mich Meredith an und zeigte hoch ans Ende der Treppe. Verwundert sah ich hoch. Am Kopfende der Treppe stand Jamie an das Geländer gelehnt und sah wortlos herunter zu uns. Es sah aus als hatte er bereits auf uns gewartet. Als meine Augen auf seine trafen bildete sich ein nervöser Ausdruck auf seinem Gesicht.

„Hast du ihm geschrieben das wir kommen?" Meredith sah mich erstaunt an.

Ich schüttelte den Kopf. „Nein"

Jamie löste sich vom Geländer als wir am Ende der Treppe waren und bat uns wortlos in seiner Wohnung.

„Es gibt nicht nur eine Blutgabe" erklärte er uns nachdem er die Tür hinter uns schloss. Er zeigte auf das schwarze Sofa. „Setzt euch"

„Du hast also zwei Gaben" stellte Meredith fest und setzte sich an das Ende des Sofas. Ich ließ mich langsam neben sie auf das Sofa sinken. Neben mich setzte sich Jamie und seufzte.

„Ja habe ich. Eine stammt wie ihr schon herausgefunden habt aus der Blutlinie der Cliffords"

„Und die andere?" wollte Meredith wissen.

„Die Gabe des Gedankenlesens stammt aus der Blutlinie der Sinclairs" erklärte Jamie. Mir lief ein Schauer über den Rücken. Was hatte er bereits alles in meinen Gedanken gelesen ohne dass ich es wollte?

„Ich kann das Kontrollieren, zumindest die meiste Zeit. Ich lese nicht die ganze Zeit die Gedanken der Menschen um mir. Nur wenn du mir direkt in die Augen siehst dann kann ich es nicht abblocken." erklärte er.

„Dann weißt du warum wir her gekommen sind" lenkte ich das Gespräch auf den Grund unseres Kommens.

Er nickte. „Damon und Mason"

„Kennst du sie? Wie würdest du sie einschätzen? Sind sie gefährlich?" platzte es aus Meredith heraus.

„Ich kenne sie, sogar sehr gut. Vor allem Mason" Seine Stimme war ein knurren. Ich schluckte.

„Damon sagte zu mir er bräuchte meine Hilfe. Wir wären alle in Gefahr" meldete ich mich zu Wort.

Jamie kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. „Ich denke wir werden erst rausfinden was er von dir will sobald du ihn noch mal zu dir lässt"

„Das heißt ich soll es nicht verhindern das sie in meine Träume eindringen"

„Ich weiß das Damon nicht so blöd ist der Enkelin der Elitevorsitzenden nachzustellen, wenn es nicht dringend ist. Was auch immer ihm Angst macht und zu dieser Tat treibt macht auch mir Angst" erklärte Jamie.

Ich nickte. Das Klang einleuchtend. Da viel mir noch etwas ein. „Der Traum auf der Terrasse. Das war nicht das Werk von Damon"

Jamie knurrte wieder. „Nein. Das war Mason"

„Was für einen Sinn machte es für ihn eine Erinnerung zu verändern?"

Jamie lachte. „Mich zu ärgern. Das macht er am liebsten"

DasKlang für mich weniger einleuchtend. Bis ich Mason kennenlernte.s


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