Der Rat und die Königin
Vor einer Milliarde Jahren
Es herrschte Chaos in der neuen Welt. Niemand hatte einen richtigen Platz für sich gefunden. Im Wasser wie an Land, wollte jede Spezies die Macht. Alle flehten sie Avis um Hilfe an.
Ein paar Jahre später
Im Wasser herrschten nun die Meerjungfrauen. Sie ernannten eine Königin. Ihre Familie sollte die Meerjungfrauen bis zum Ende der Zeiten regieren.
An Land war das Ganze schwieriger. Die Menschen, Elfen, Gestaltwandler und Hexen wollten gleichermaßen die Macht. Das immer mehr Menschen zu Vampiren und Werwölfen wurden und sich zu hassen begannen, machte das Ganze noch komplizierter.
Schließlich bekam jede der sechs Spezien einen eigenen Anführer. Diese sechs Anführer bildeten den Rat.
Vor millionen Jahren
Da die Menschen keine Magie gebrauchen konnten, wurden ihnen, auf Beschluss des Rates, die Erinnerungen an die Magie genommen. Nur eine Familie behielt die Erinnerungen. Sie waren die Vertreter der Menschen im Rat.
Vor tausend Jahren
Der Rat entschied sich dafür, dass die Meerjungfrauen in den Rat eintreten sollten. Dann gab es aber das Problem, dass die Meerjungfrauen nicht an Land kommen konnten. Doch auch dafür wurde eine Lösung gefunden.
Nah am Meer stand eine Buchhandlung, dessen Besitzer ein Gestaltwandler war. Er musste es zulassen, dass von seinem Keller aus ein Tunnel gebaut wurde. Jener Tunnel mündete in einem Raum aus Fenstern, der obendrein auch noch auf dem Meeresgrund lag. Das Glas, aus dem der Raum bestand, war Wasser undurchlässig, somit war es in dem Raum trocken. Außen am Glas waren Lautsprecher angebracht, damit man, bei Besprechungen, mit der Königin reden und sie verstehen konnte.
Vor zwanzig Jahren in den Sternen
Avis hatte den Menschen, seit sie diese Welt erschaffen hatte, Rache versprochen, doch außer ein paar von ihnen in Werwölfe und Vampire zu verwandeln, hatte sie ihnen noch nichts getan. Doch jetzt kam ihr eine Idee.
Die Insel Afferre war seit dem Anfang dieser Welt von Menschen bewohnt gewesen. Der Rat und alle restlichen Zweibeiner am Festland wussten von ihnen, doch die Menschen auf Afferre hatten keine Ahnung von den Bewohnern des Festlands, noch kümmerte es sie ob am Festland jemand wohnte. Sie lebten auf Afferre ein glückliches Leben und die Festlandbewohner kümmerten sich nicht um sie. Vor ein paar Jahren hatte der Rat jedoch angefangen sich mit dem Thema Afferre zu befassen. Niemand der Festlandbewohner war je dort gewesen und das wollten sie gerne ändern.
Avis hatte nun beschlossen die Menschen von Afferre zu verfluchen. Sie hatte sich lange genug tatenlos ihr unverdient glückliches Leben angesehen, doch das sollte jetzt aufhören. Die Menschen dort sollten schreckliches Leid erfahren und genau wie sie es in ihrer alten Welt von ihnen erfahren hatte, als etwas minderwärtiges angesehen werden.
Avis beschloss, dass sie noch mehr solcher Racheakte starten würde.
Vor zwanzig Jahren in der neuen Welt
Im Rat herrschte düstere Stimmung. Die alte Königin der Hexen war gestorben und wurde nun von ihrer Tochter ersetzt. Das Problem war bloß, dass besagte Tochter schon lange ein Gegner des Rates war. Sie hatte nie verstanden warum die Hexen nach all den Jahren nie die alleinige Weltherrschaft an sich gerissen hatten. Es wollte einfach nicht in ihren Kopf, weshalb sie mit allen Spezien, selbst den Schwächsten von ihnen, zusammenarbeiteten. Ihrer Meinung nach standen die Hexen über allem. Der Rat wusste wie sie dachte, doch er wollte sich nicht von ihr unterkriegen lassen.
Wieder einmal stand ein Ratstreffen an. Heute würden sie die neue Königin im Rat wilkommen heißen.
Das Treffen ging sehr gezwungen freundlich los. Jedenfalls nahm Evander, der Vertreter der Menschen, es so wahr. Die auch eher neuere Königin Akane von den Meerjungfrauen schwamm die ganze Zeit strahlend um den Raum herum und winkte jedem zu, der sich ihr auch nur ansatzweise näherte. Auch die anderen Ratsmitglieder, Evander eingeschlossen, strahlten. Sie schüttelten sich gegenseitig die Hände, doch die Hexenkönigin Martje nahm jedoch nur, und das nach längerem Zögern und angeekelten Blicken, die Hand von Natyra, der Anführerin der Gestaltwandler, an. Da ließen alle anderen ihre freundliche Fassade fallen und begannen schweigend sich an ihre Plätze um den runden Tisch herum, der in der Mitte des Raumes stand, zu setzen.
Sie begannen, wie üblich, mit der Fragerunde nach Gesprächsbedarf über aktuelle Themen.
,,Ich finde wir sollten den Rat auflösen und unsere Probleme alleine regeln", sagte Martje. Darauf folgte erstmal Schweigen. Damit hatten sie zwar gerechnet, doch dass die Hexenkönigin sofort mit diesem Vorschlag herrusrücken würde, hatte niemand geglaubt.
,,Hast du einen Grund dafür?", fragte Caleb, der Alphawolf, und durchbrach damit die Stille. „Allerdings", antwortete Martje, ,,Wir sollten nicht gemeinsam, sondern im Rangsystem arbeiten." Die anderen schwiegen erneut. ,,Hexen sind sehr viel mächtiger als beispielsweise die Menschen. Unsere Welt sollte nach Wert aufgeteilt werden und jede Spezies kriegt, je nach Wert, bestimmte Aufgaben und Wohnorte zugeteilt." Wieder Schweigen. ,,Und wer soll deiner Meinung nach darüber bestimmen?", platzte Mulo, der Anführer der Vampire, heraus. ,,Genau", warf Avery, die oberste Elfe, ein, ,,Du willst vermutlich selbst darüber entscheiden nicht wahr?"
Martje lächelte: ,,Die Ranghöchste soll darüber entscheiden. Und bevor ihr noch fragt wer entscheidet, wer das sein soll, sage ich euch, dass es niemand bestimmten geben wird. Der Rat liefert sich einen gegenseitigen Kampf. Wer am Ende noch lebt, dessen Spezies wird die Ranghöchste und entscheidet über den Wert der Anderen."
„Nein!", rief Königin Akane, von hinter der Glasscheibe, ,,Einen solchen Kampf wird es niemals geben. Dieser Rat ist dafür da, dass es Frieden in unserer Welt gibt. Wir wollen keine Kämpfe. Du denkst du gewinnst, weil du immer davon ausgehst besser zu sein als alle Anderen, doch du täuscht dich. Sobald irgendjemand dir den Zauberstab aus der Hand reißt, hast du verloren. Und selbst wenn du es schaffst mich durch das Glas hindurch umzubringen, ohne selbst zu ertrinken, habe ich noch zwei Töchter, drei Nichten und eine Schwester. Das sind genug Thronfolger, die eine Rangliste nicht zulassen werden. Und uns Meerjungfrauen kannst du hier im Wasser auch nichts befehlen. An uns kommst du nicht ran!"
Martje lachte. ,,Da wird mir schon was einfallen." Sie seufzte. ,,Wenn ihr so sehr dagegen seid, bitte. Aber ich werde mit meinen Hexen aus dem Rat austreten. Wir verlassen das Festland und errichten unser neues Zuhause auf Afferre." ,,Nein!", rief Evander aus, ,,Auf Afferre wohnen bereits Menschen. Du wirst ihnen nichts antun!" Auch Caleb hatte angefangen zu knurren.
Die Hexenkönigin stand auf. ,,Die Hexen werden auf Afferre zuhause sein. Die Menschen dort können gerne in unser altes Heim ziehen." ,,Du weißt genau, dass sie das nicht werden", bemerkte Mulo finster. ,,Nicht mein Problem. Wenn sie so unbedingt dort bleiben wollen, werde ich eben auf Afferre mit meinen Plänen anfangen. Umso besser. Ein paar Menschen werden dann eben früher nach ihrem Rang beurteilt."
Dann ging alles sehr schnell. Caleb und Evander versuchten gleichzeitig sich auf Martje zu stürzen. Diese brach Evander mit einer schnellen Bewegung ihres Zauberstabs das Genick und richtete den Stab auf Caleb, welcher sofort stehenblieb und sie wutentbrannt ansah. ,,Ich werde für Gerechtigkeit sorgen", zischte Martje, ,,und ihr seid die ersten Opfer dafür!" Sie zuckte leicht mit dem Zauberstab. Ein langer Blitz erhellte für einen Moment den Raum. Als das Licht wieder normal war, lagen Caleb, Avery und Natyra tot am Boden, Mulo waren die Arme auf den Rücken gefesselt und Königin Akane hatte die Hände erschrocken vor den Mund gepresst.
,,Nun wie ihr seht, könnt ihr mich nicht aufhalten", sagte die Hexenkönigin zufrieden. Sie verließ den Raum und zerrt Mulo mit sich. Akane blieb allein im Meer zurück. Sie begann zu weinen.
Irgendwann schwamm sie zu ihrem Volk zurück.
Vor einem Monat
Seit dem Fall des Rates war Königin Akane jeden Tag zum gläsernen Raum geschwommen. Der Buchhändler hatte ihr jeden Tag von den aktuellen Lage oben an Land berichtet. Heute waren die Nachrichten besonders schlecht. Ein paar Menschen hatten vor mehreren Wochen eine Bootstour nach Afferre unternommen. Niemand hatte sie von dieser Idee abbringen können. Die Menschen waren nicht zurückgekehrt. Doch das war nicht einmal das Schlimmste. Eine vierköpfige Familie, von denen der Jüngste fünfzehn Jahre alt war, hatten einen Ausflug zum Ufer des Meeres gemacht. Sie waren ohne jede Spur verschwunden. Was das bedeutete war klar. Königin Martje hatte begonnen Menschen vom Festland zu entführen. Die Lage spitzte sich zu. Königin Akane musste eingreifen. Doch dafür sah sie nur eine schreckliche Möglichkeit.
Sie hatte ihr Volk zu einer Versammlung auf den Platz gerufen. Nun musste sie ihnen ihren schrecklichen Plan erklären. Alle sahen sie aufmerksam an. Sie schloss kurz die Augen, dann begann sie von den jüngsten Ereignissen zu erzählen. Sie lies kein Detail aus und beobachtete aufmerksam die Gesichter ihres Volkes. Einige waren entsetzt.
,,Wie ihr bereits wisst, hat die Königin der Hexen vor, auch uns zu unterwerfen", fuhr Akane mit ihrer Rede fort, ,,Es ist zwar klar, dass wir gewinnen werden, jedoch möchte ich so wenig wie möglich von euch verlieren. Aus diesem Grund muss ich..." Sie schloss wieder die Augen. ,,Jemand von euch muss an Land. Nur so kann Martje aufgehalten werden." Als sie ihre Augen öffnete, konnte sie sehen, dass ausnahmslos jeder entsetzt war. Ihr älteste Tochter, Sarah, sah sie ungläubig an.
,,Was passiert wenn wir an Land gehen, Mutter?", fragte Akanes jüngste Tochter, ,,Trocknen wir dann aus?" ,,Nein", antwortete die Königin, ,,Wir trocknen nicht aus. Wir werden unsterblich, wir werden niemals altern, ab dem Moment, in dem wir unseren Kopf aus dem Wasser herrausstrecken. Wir werden unsere Kräfte behalten, doch da kein Wasser um uns sein wird, wird die Magie aus uns herrausbrechen, wann immer es ihr passt. Zurück ins Meer werden wir nicht können, da Wasser sehr schmerzhaft, bis tödlich für uns sein wird." Sie sah ihr Volk ernst an. „Glaubt mir, ich würde das nicht von euch verlangen wenn es kein absoluter Notfall wäre. Der Verlust-" „Ich mach's", ertönte eine Stimme. Es war die jüngste Prinzessin gewesen, welche gesprochen hatte.
Nach einem kurzen Augenblick des Schockes, sagte Königin Akane bestimmt: ,,Nein! Das wirst du nicht. Du bist eine Prinzessin, eine Thronfolgerin. Du kannst nicht gehen, du hast Pflichten. Außerdem bist du zu jung. Gerade mal vierzehn Jahre alt."
,,Du hast Recht", sagte die Prinzessin, ,,Ich bin eine Prinzessin und ich habe Pflichten. Und diese werde ich erfüllen, wenn ich gehe und mein Volk rette. Morgen werde ich zur ersten Landgängerin der Geschichte. Das kannst du nicht verhindern. Ich werde uns retten!"
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