Kapitel 55
Verwirrt schaute ich in die Richtigung in der das Mädchen wieder verschwunden war. Wenigstens hatte ich jetzt etwas mehr Alkohol im Blut um die ganze Situation nicht mehr so ernst zu sehen. Schon wenige Augenblicke später machte sich die überaus starke Bowle bemerkbar. Mein Bauch wurde ganz warm und meine Kehle brannte. So hatte es doch vorher auch nicht geschmeckt oder?
Ich nahm mir eine Bierflasche und schlug den Deckel an einer Kante ab. Ohne groß nachzudenken schüttete ich das lauwarme Getränk in mich hinein um den ekligen Geschmack runter zu spülen. Ich schüttelte mich angeekelt und füllte dann Wasser aus dem Wasserhahn in meinen Becher. Erstmal hatte ich genug Alkohol für heute Abend. Wenn ich später die anderen wieder finden würde, wären bestimmt die nächsten Shots an der Reihe.
Mit meinem Becher in der Hand lief ich wieder zurück ins Wohnzimmer um nach Luca zu schauen. Mein Gefühl sagte mir, dass ich jetzt nicht allein sein wollte. Schon gar nicht wenn der eklige Type aus der oberen Etage hier herumlief.
Als ich mich durch die tanzende Menge drängelte, bemerkte ich immer mehr, wie mir schwindelig wurde. Mein Hals war plötzlich ganz trocken und in mir drehte sich alles. Mein Blick verschwamm und ich nahm Bewegungen vor mir verzögert war. Wenn ich gewusst hätte, dass ich so wenig Alkohol vertrug, hätte ich langsamer getrunken.
Ich kämpfte mich mit rasendem Herzen und immer schlimmer werdender Übelkeit sowie Schwindel durch die Menge und war froh, als ich wieder bei der Treppe ankam. Mit einem Mal fühlte ich mich teilnahmslos. Als ob ich meinen Körper nicht mehr steuern könnte und nur zusah, was mein Körper mit mir vorhatte.
Ich wurde von Leuten blöd angemacht, weil ich durch die verschwommene Sicht mein Gleichgewicht nicht halten konnte und gegen sie knallte. Am Geländer der Holztreppe zog ich mich schleppend hoch und fiel auf meine Knie als ich oben ankam. Nur schwer schaffte ich es wieder zur Badezimmertür, die jedoch nicht aufging.
In meinem Bauch herrschte heilloses Chaos und ich spürte wie mein Mund trocken wurde. Dies war das Zeichen dafür, dass ich dringend eine Toilette finden musste bevor sich mein gesamter Mageninhalt auf dem Teppich ausbreitete. Eklige Würgereize und das kratzen von Magensäure im meinem Hals verschlimmerte die Lage noch. Jede Tür an der Ich zog war verschlossen oder dahinter befand sich kein Raum, der so aussah als würde sich dort eine Toilette befinden.
Erst bei der letzten Tür ganz hinten im Flur hatte ich Erfolg. Als ich weiße Fliesen entdeckte, stolperte ich zur Toilette und übergab mich endlich. Ein furchtbares Gefühl durchging meinen Körper und ich war mit einem Mal mehr als erschöpft. Als alles draußen war, wischte ich mit meiner Handfläche über meinen Mund und rutschte von der Toilette weg.
Stöhnend versuchte ich wieder aufzustehen jedoch gelangen mir keine großen Bewegungen mehr. Müdigkeit überfiel meinen Körper und ich spürte, wie mein Gesicht sowie mein ganzer Körper haltlos auf den kalten Fliesen landete und sich meine Augenlieder immer wieder schlossen.
Das letzte was ich mit verschwommener Sicht sah, war wie zwei Füße herein kamen und die Tür wieder zugemacht wurde. Danach konnte ich es nicht aufhalten und ich verlor mein Bewusstsein.
***
Als ich aufwachte hatte ich das Gefühl als würde mein Schädel jeden Augenblick explodieren. Meine Augen schmerzten als ich sie aufmachte. Wegen der Helligkeit schloss ich sie deswegen sofort wieder. Wo auch immer ich mich befand war es verdammt hell, kalt und ungemütlich.
Mit aller Kraft versuchte ich meinen Kopf anzuheben was mir mit höllischem Dröhnen auch gelang. Bei einem zweiten Versuch die Augen zu öffnen, gelang es mir schon besser und ich gewöhnte mich langsam an die Helligkeit.
Ich lag in einer Badewanne in dem gleichen Badezimmer, in dem ich mich kurz vorm einschlafen übergeben hatte. Mein linkes Bein hing halb heraus und mein Kopf lehnte ungemütlich gegen den Wannenrand. Langsam zog ich meinen Fuß über den Rand und rutschte etwas höher um aufrecht zu sitzen und nicht mehr zu liegen.
Die Kopfschmerzen waren nahezu unerträglich, weswegen ich mir wünschte gar nicht erst aufgewacht zu sein. Mit meinen Händen rieb ich über mein Gesicht und bemerkte dabei, dass meine Haare ein einziges Durcheinander waren. Außerdem bemerkte ich, dass meine Lederhose auf Links gedreht war, sowie mein Top auch.
Was zum Teufel war gestern noch passiert und wieso lag ich in einer verdammten Badewanne? Als ich keinerlei Erinnerung mehr daran hatte, was passiert war nachdem ich eingeschlafen war, überbekam mich Panik. Was ist wenn der Grund für meine falsch angezogenen Klamotten ein Typ war, der mich angefasst oder sonst was mit mir veranstaltet hatte? Ich hätte niemals Alkohol trinken sollen. Aber soviel war es doch gar nicht oder?
Als die Badezimmertür aufgerissen wurde schaute ich erschrocken zu dem braunhaarigen Jungen. „Die Party ist vorbei, süße" sagte er genervt und half mir aus der Wanne. Er drückte mich auf meinen noch wackeligen Beinen aus dem Badezimmer und knallte hinter mir die Tür zu. „Danke auch" murmelte ich beleidigt und wischte über mein Gesicht. Ich war vollkommen erledigt und wollte einfach nur nach Hause.
Mit meiner Handtasche in der Hand schlich ich durch den Flur und lief die Treppen herunter. Überall auf dem Boden lagen Alkoholleichen, über die ich drüber stieg.
Die ersten waren schon dabei die ganzen Plastikbecher in Blausäcke zu stopfen und ihr Verbindungshaus wieder ordentlich zu machen. Zu meinem Glück sprachen sie mich nicht an, als ich so schnell ich konnte durch den Flur zur Haustür lief. Ich wollte hier weg. Ich hatte keine Ahnung was mit mir hier passiert war und das machte mir schreckliche Angst und ein verdammt schlechtes Gewissen.
Kalte Morgenluft kam mir entgegen, als ich die Haustür öffnete, und die ersten Sonnenstrahlen, die auf das Morgentau schienen, mir ins Gesicht strahlten. Ich nahm einen tiefen Atemzug und genoss die frische Luft.
Mein Blick schweifte über den riesigen Campus und über die anderen Verbindungshäuser die ganz friedlich und still nebeneinander standen. Ich sah keine Menschenseele und hörte auch nichts außer das Vogelgezwitscher von Vögeln in den vielen Bäumen, die sich die Straße herunter aneinanderreihten.
Ich setzte mich auf eine Stufe der Veranda und kramte aus meiner kleinen Handtasche mein Handy raus. Als der Akku noch 10% anzeigte, atmete ich erleichtert aus. Da ich absolut keine Lust und Kraft hatte nach Hause zu laufen kam mir nur eines in den Sinn: Anthony. Er hatte Donnerstags immer frei und würde mich bestimmt abholen, wenn ich ihn darum bat.
Als ich auf meinem Display das Datum sah, wischte ich mir seufzend über das Gesicht. Heute war Shawn's Geburtstag! Heute Abend würde ich auf der Bühne stehen und endlich wieder bei ihm sein. In meinem jetzigen Zustand konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen den ganzen Nachmittag im Flugzeug und im Taxi zu sitzen.
Anthony ging zum Glück an sein Telefon, war aber wenig begeistert, dass ich ihn um 7:30 Uhr am Morgen anrief, damit er mich von irgendeiner Party abholte. Es war mir aber immer noch lieber ihn anzurufen als meine Familie. Ich hatte jetzt schon keine Lust darauf mir die Standpauke von Mum anzuhören wenn ich nachher nach Hause kam. Sie hatte damit gerechnet, dass ich nach Hause kam.
Etwa zehn Minuten später parkte Anthony seinen Wagen vor dem Verbindungshaus, vor dem ich saß und ließ sein Fenster herunter um nach mir zu rufen. Ich hielt die Augen geschlossen und war kurz davor einzuschlafen als ich meinen Namen hörte.
„Emmi Schätzchen, dein Chauffeur ist da." Ich grinste leicht als ich aufstand und zur Straße lief. Erleichtert ließ ich mich auf den Beifahrersitz fallen und schnallte mich an, ehe ich ihn umarmte.
„Ein bisschen zu viel getrunken, stimmt's?" neckte er mich und fuhr los. Ich zuckte mit den Schultern und stützte meinen Kopf mit meiner Hand am Fenster ab. „Ich habe nur zwei Becher Bowle getrunken, als sich plötzlich alles gedreht hat, ich mich übergeben habe und eingeschlafen bin." Verteidigte ich mich und schaute aus dem Fenster. Eine kurze Zeit sagte er nichts.
„Wie meinst du das?" Ich schaute verwirrt zu ihm rüber und sah wie er die Stirn runzelte. „Wie was meine ich?"
„Du bist schon nach zwei Bechern Bowle so ausgeknockt gewesen? So stark kann eine Bowle doch gar nicht sein und auch wenn du schon länger nichts mehr getrunken hast, reagiert dein Körper nicht so auf den Alkohol." Ich zog die Augenbrauen zusammen und kratzte mich am Kopf. Mein immer noch etwas benebelter Kopf konnte seinem Gedankengang nicht ganz folgen.
„Ich bin noch viel zu K O um zu verstehen was du meinst." Er seufzte. „Na, ich meine damit, dass du noch nie so auf Alkohol reagiert hast. Was ist denn passiert bevor es dir plötzlich so schlecht ging? An was kannst du dich noch erinnern?"
„Ich kam von der Toilette und habe nach Luca und den anderen gesucht um nicht alleine zu sein. Als ich sie nicht gefunden habe, bin ich zur Küche gegangen um mir etwas Neues zu trinken zu holen. Jetzt wo du es sagst, erinnere ich mich an eine komische Situation in der Küche. Da stand ein Mädchen was mit mir unbedingt anstoßen wollte und darauf bestand, dass ich meinen Becher trinke. Sie war wirklich ziemlich komisch, aber was hat das damit zu tun?"
„Wie hat die Bowle geschmeckt?" Ich zog schmunzelnd die Mundwinkel hoch. „Warum willst du das denn alles wissen?" Anthony seufzte genervt und fuhr fort.
„Wie hat sie geschmeckt?"
„Auf jeden Fall nach Erdbeeren und Wodka. Viel Wodka. Nach dem zweiten Becher hat sich wie gesagt alles gedreht und mir wurde schlecht." Er nickte. „Okay und wie hast du dich noch gefühlt? Müde?" Ich nickte.
„Mein Hals hat ziemlich gebrannt und mein Herz hat auf einmal angefangen zu rasen. Irgendwie hab ich mich gefühlt als wäre ich mit einem Mal sturz besoffen. Aber warum willst du das alles wissen? Ich bin müde und will das alles möglichst ganz schnell in mein hinteres Gedächtnis verbannen."
„Weil ich mir nach deinen Erzählungen ziemlich sicher bin, dass dir jemand etwas in die Bowle gemischt hat. Einer Freundin auf der Highschool ist das mal passiert und danach haben wir alle eine Unterrichtsstunde über KO Tropfen und deren Folgen gesprochen. Ich glaube, dass Dir jemand Ko Tropfen verabreicht hat." Mit einem Mal wurde mir wieder schlecht. Jemand hatte mir was ins Getränk gemischt? Wieso sollte das jemand tun?
„Und ich glaube, dass es dieses Mädchen war. Ich habe zwar keine Beweise aber sie war zuletzt bei dir und meinte ja, dass du die Bowle trinken sollst." Ich nickte wieder. In meinem Kopf brach ein heilloses Gedanken Chaos aus. Kaum vorstellbar, dass mir so etwas wirklich passiert sein sollte. Aber wenn ich recht darüber nachdachte, machte Anthonys Theorie wirklich Sinn. Warum sonst sollte ich mich an nichts mehr errinern können und so schnell „betrunken" gewesen sein sollen?
Er überredete mich ins Krankenhaus zu fahren um einen Bluttest machen zu lassen und mich zu untersuchen. Er meinte, auch wenn ich dies gar nicht hören wollte, dass mir gestern Abend sonst etwas passiert sein könnte.
***
Nach einer kurzen Wartezeit wurden wir sofort in ein Behandlungszimmer gebracht, damit mir so schnell wie möglich Blut abgenommen werden konnte. Bevor es dazu kam, wollte sich aber ein Arzt mit mir unterhalten.
„Guten Tag, Miss Valente. Erzählen sie mir bitte von gestern Abend. Wie ist es zu ihrem Zustand gekommen und vor allem wann?"
Ich erzählte dem wirklich sehr netten und geduldigen Arzt jedes kleinste Detail an das ich mich erinnern konnte und atmete angestrengt durch, als ich fertig war mit meiner Erzählung.
„Es hört sich wirklich so an, als wären sie Opfer eines Drogenmissbrauchs geworden. Das tut mir leid. Da es schon zu lange her ist, dass sie das Getränk zu sich genommen haben, werden die Bluttests und die Urinprobe leider nicht sagen können, ob sie Drogen in ihrem Kreislauf hatten. Normalerweise müsste man früher Blut entnehmen. Trotzdem werden wir Ihnen eine Blutprobe abnehmen und sie kriegen eine Infusion, damit es Ihnen wieder etwas besser geht, alles klar?" Ich stimmte dem Arzt zu und schaute zu Anthony, der meine Hand nahm und sie, mit einem mitleidigen Blick, drückte. Ich war wirklich froh, nicht schon wieder allein zu sein.
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Bitte passt immer auf eure Becher auf, wenn ihr bei einer Party oder in der Disco seid! Es gibt viele Menschen die schlechtes im Sinn haben und euch gefährlich werden könnten. Also, habt immer ein Auge auf eure Getränke.
Lieber einmal zu viel aufpassen, als einmal zu wenig!
[Upload am 11.07.2019]
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