Kapitel 30
Nach ein paar Hundert Metern wurden wir langsamer, behielten aber trotzdem ein schnelles Schritttempo bei. Ich hatte keine Ahnung wo Shawn mich hinbrachte, aber das er meine Hand permanent festhielt gefiel mir. Als er stehen blieb und seinen Schal abnahm schaute ich ihn verwirrt an.
„Ist Dir warm?" Er schüttelte schmunzelnd den Kopf und hielt mir den Schal hin. „Mir ist nicht kalt?" Die ganze Situation verwirrte mich. „Du sollst ihn nicht ummachen sondern deine Augen verbinden.." er lachte. Machte er sich über mich lustig?
„Warte, ich mache schon." Er nahm sich den Schal wieder aus meiner Hand und stellte sich hinter mich. „Was hast du denn vor?" Ohne mir zu antworten knotete er seinen Schal vor meine Augen und drehte mich dann zu ihm um.
„Siehst du noch was?" durch einen Luftzug konnte ich nur vermuten das er gerade vor meinem Gesicht rumfuchtelte.
„Nope. Kannst du mir jetzt bitte sagen was wir machen werden?" Er sagte nichts und nahm wieder meine Hand. "Wirst du gleich schon merken."
Es war ein komisches und unangenehmes Gefühl nichts zu sehen. Ich konnte mich nur auf Shawn verlassen und auf das was ich hörte oder spürte. Ich hatte schon immer Blinde Menschen bewundert und wie sie ihren Alltag meisterten ohne ihre Augen zu benutzen. Wenn ich nie wieder etwas sehen könnte, wäre die Arbeit im Restaurant praktisch unmöglich.
Ich stolperte immer wieder da ich mit meinen kleinen vorsichtigen Schritten bei Shawn's Schritttempo nicht mithalten konnte. Ich grübelte schon die ganze Zeit wo er mich hinbrachte. Es war dunkel, kalt und es hatte angefangen zu nieseln. Eigentlich wollte ich endlich ins Hotel und Shawn mit Sicherheit auch. Also wenn er darauf bestand jetzt noch irgendwo hin zu laufen, dann konnte es sich eigentlich nur lohnen.
„Müssen wir für deine Überraschung draußen bleiben?" Fragte ich und krallte mich weiter an seinem Arm fest. „Nope."
Ich überlegte weiter. „Hat es was mit Essen zu tun?" Er schnalzte genervt mit der Zunge jedoch folgte danach ein leiser Lacher. „Jetzt lass dich doch einfach überraschen." Ich stöhnte und beschloss meinen Mund zu halten.
Wir liefen noch ein bisschen, bis wir stehen blieben und Shawn seinen Arm aus meinem Griff löste. „Shawn!" sagte ich eingeschüchtert. Ich wollte nicht irgendwo stehen, ohne etwas zu sehen. „Ja, ich bin gleich wieder bei dir."
Ich hörte wie seine Stiefelletten über einen Metallartigen Boden klackerten und er dann ein paar Meter entfernt von mir stehen blieb und leise etwas sagte. Er schien sich zu unterhalten. Ich hörte wie sich andere Menschen unterhielten und sonstiges Getuschel.
Die Tropfen vom Nieselregen waren mit der Zeit mehr geworden, aber ich wurde nicht nass da ich unter irgendetwas stand. Nach den Geräuschen nach, das die Regentropfen machten, stand ich unter einer Plane oder einem Zelt oder ähnliches. Ich hatte wirklich keine Ahnung wo ich mich befand.
„Okay, alles klar. Danke." hörte ich Shawn wieder leise reden und kurz darauf wie er wieder zu mir kam und sich bei mir einhakte. „Komm mit." an seinem Ton konnte ich hören, dass er sich freute und vermutlich gerade lächelte. „Also ich hatte nicht vor hier alleine stehen zu bleiben." Er lachte und pikste mir leicht den Finger in die Seite.
„Mister Mendes?" fragte eine fremde Männerstimme woraufhin Shawn ein „Ja, das bin ich" antwortete und erneut stehen blieb. Ich konnte nicht genau beurteilen wonach sich das Geräusch gerade angehört hatte aber wenn ich raten müsste, würde ich auf eine Tür tippen. Die Gespräche der anderen Menschen hatten wir wohl hinter uns gelassen, da ich sie kaum noch hörte.
"Danke.. ah ja Danke." Sagte Shawn und setzte sich wieder in Bewegung. Ich musste eine Stufe hochsteigen und genau wie Shawn wieder stehen bleiben. "Viel Spaß." Sagte der Mann wieder und die Tür wurde geschlossen.
In dem Raum in dem wir uns befanden war es genauso kalt wie draußen. Naja vielleicht ein bisschen wärmer was von der stickigen Luft hier drin kam. "Kann ich jetzt den Schal abnehmen?" Aufgeregt kaute ich auf meinem Fingernagel herum.
"In ein paar Minuten okay? Glaub mir, es wird Dir gefallen." Ich nickte und wurde von Shawn ein paar Schritte weiter geführt. Ich war mir nicht sicher, aber wo auch immer wir uns befanden, schaukelte es ein bisschen. Es war kaum zu bemerken, aber wenn man nichts sehen konnte nahm man mehr seine Umgebung wahr als sonst.
Shawn drückte mich etwas an meinem Arm herunter woraufhin ich langsam in die Hocke ging und mich auf etwas setzte. „Ich bin ganz schön gespannt, was gleich passiert." Shawn lachte und ich lehnte meinen Kopf gegen seinen Arm.
"Soll ich raten wo wir sind?" Sofort verneinte er meine Frage. „Wehe! Das soll eine Überraschung sein. Hast du schon eine Vorahnung oder was?" Ich schüttelte mit dem Kopf.
„Ich habe keine Ahnung wo wir sind." Er atmete erleichtert aus. „Sehr gut."
Kurz herrschte Stille. Ich war müde und an Shawn's Arm war es gemütlich. Ich dachte über den morgigen Tag nach. Morgen würde ich das erste mal mit Shawn zu einem öffentlichen Event gehen. Ich freute mich jetzt schon darauf das Kleid anzuziehen. Als Karen und ich es in Los Angeles für die Grammys gekauft hatten wurde ich ja leider daran gehindert das Kleid auch wirklich anzuziehen.
Die wippende Bewegung von Shawn's Bein holte mich aus meinen Gedanken. Man hörte wieder wie die Absätze seiner Schuhe auf dem Boden klackerten.
„Bist du nervös?"
Er lachte kurz und verneinte meine Frage etwas zu schnell. „Ich? Neee." Im Lügen war er kein großes Talent.
„Falls ich einschlafe musst du mich einfach aufwecken okay? Ich schlafe nämlich gleich ein." murmelte ich und lehnte mich wieder an ihn. Die Dunkelheit, die Geräusche der regelmäßigen Tropfen und Shawn's Wärme machten mich wirklich müde. Meine Füße schmerzten immer noch. „Mache ich. Es dauert nicht mehr lange." Ich nickte gähnend und rückte näher an ihn ran.
Als Shawn mich leicht am Bein antippte, wachte ich aus meinem Gedöse auf und richtete meinen Kopf auf. „Kann ich den Schal abnehmen?!" Fragte ich sofort hellwach und aufgeregt. Shawn lachte leise. Er nahm meine Hände und half mir beim aufstehen. Er führte mich ein paar Schritte bis er meine Hände losließ. „Jetzt?"
Shawn atmete durch.
„Ja, jetzt." Ich zog sofort meine Hände zu meinem Hinterkopf und knotete den Knoten auf. Langsam zog ich den weichen Schal von meinem Augen und öffnete sie. Ich sah erst nur verschwommen, aber nach ein paar mal blinzeln konnte ich gut erkennen wo ich mich befand und es stockte mir den Atem.
Staunend trat ich näher an die Glasscheibe der Gondel des London Eyes heran und schaute nach draußen. Bunte Lichter aus Londons Innenstadt leuchteten mir entgegen. Ich schaute staunend zum Big Ben, der beleuchtet war genau wie die Tower Bridge.
„Das ist....." fassungslos versuchte ich die richtigen Worte zu finden. Ich fasste an die kalte Scheibe, die, an der Stelle an der sie mein Finger berührte, etwas beschlug.
„Das ist ein traumhafter Ausblick!" flüsterte ich und drehte mich langsam zu Shawn. Ich machte überrascht große Augen als er mir eine große rote Rose hinhielt und lächelte. Langsam nahm ich sie an und schaute ihn immer noch fragend an. Was passierte hier gerade?
„Emilia?" Ich nickte und er kam mir näher.
„Ich... also.. okay, in meiner Vorstellung ging das irgendwie einfacher...." er kratzte sich am Hinterkopf und schaute verlegen auf den Boden. Das Licht in der Gondel war ausgeschaltet, nur die Lichter von draußen erhellten den Raum. Keiner außer uns war in der großen Gondel, was mich erstaunte. Normalerweise standen doch über 10 Personen in so einem Teil.
Ich hatte eine kleine Vorahnung was er mir sagen wollte und lächelte deswegen, aber gleichzeitig hatte ich auch keine Idee was jetzt kam. Er nahm meine Hand in seine und drückte sie. „Also..." er schaute wieder auf, direkt in meine Augen.
„Also.. ich wollte dir etwas sagen.. okay zugegeben kannst du dir vielleicht schon denken was jetzt kommt.." Ich schüttelte mit dem Kopf und er atmete tief durch. „Ich... ich wollte es dir schon seit längerer Zeit sagen aber irgendwie war nie der richtige Moment dazu.." mein Herz schlug wie wild. Ich hatte schon fast die Sorge, dass es aus meiner Brust springen würde.
„Also.. ich habe mich in die Verliebt! Ich liebe dich... ich liebe dich von ganzem Herzen. Ich liebe es Zeit mit dir zu verbringen und hasse es wenn ich getrennt von dir bin... Ich liebe es dich lachen zu hören oder dein wunderschönes Lächeln zu sehen. Ich liebe die Art wie du mit anderen umgehst oder wie du mich anschaust.... Ich liebe es wie du über Sachen sprichst die du liebst oder die Dinge Dir wichtig sind. Ich liebe es wie du mich anschaust, wenn wir reden... Ich liebe es wie du verstehst was ich meine, ohne das ich ein Wort sagen muss. Ich.. ich liebe einfach alles an dir." Er kam noch einen Schritt näher und schaute mir in die Augen.
„Ich liebe dich Emilia." Mit seiner Hand streichelte er über meine Wange. Eine Träne kullerte über meine andere und der Kloß in meinem Hals wurde größer als ich spürte wie er die Träne sanft wegwischte.
„Ich weiß nicht was Dir dein Herz sagt und ich habe keine Ahnung was das jetzt mit uns machen wird. Aber.. ich musste es endlich sagen. Ich halte es nicht aus, nicht deine Lippen berühren zu dürfen und ich kann es nicht mehr zurückhalten dir zu sagen wie viel du mir bedeutetest. Ich.. ich hoffe ich habe jetzt nicht alles kaputt gemacht und.. es muss dir nicht leid tun wenn du meine Gefühle nicht erwiderst.. Ich kann es dir aber noch tausend mal sagen.. ICH LIEBE DICH!"
Ich schluckte den Kloß herunter und fing an zu lächeln. Mein Herz schmolz bei seinen Worten dahin und ich wusste nicht ob ich jetzt überhaupt ein Wort heraus brachte. Die Schmetterlinge in meinem Bauch ließen ihn förmlich jeden Augenblick explodieren. Ich war komplett baff von dem was gerade passierte.
Shawn liebte mich? Er liebte mich? Mich? Was hatte ich getan um seine Liebe zu verdienen? Was hatte ich gemacht um so ein Glück zu haben? Ich liebte ihn auch. Und das schon seit unserem ersten Kuss im Krankenhaus vor drei Monaten. Ich wollte es nie wahr haben. Ich wollte nicht unsere Freundschaft zerstören. Ich wollte ihn nicht verlieren. Aber jetzt... jetzt war wirklich das passiert was ich mir so sehr gewünscht hatte. Er liebte mich auch.
Seine Worte schwirrten in meinem Kopf herum und benebelten ihn förmlich.
„Ich habe mich in dich Verliebt! Ich liebe dich von ganzem Herzen"
„Ich halte es nicht aus, nicht deine Lippen berühren zu dürfen und ich kann es nicht mehr zurückhalten Dir zu sagen wie viel du mir bedeutetest"
„Ich liebe dich!"
Ich liebte ihn liebte ihn auch. Ich liebte ihn auch!
„Emilia?" flüsterte er und ich konnte Schmerz in seinen Augen erkennen. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht so überrumpeln.. es tut mir-"
„Ich liebe dich auch!" unterbrach ich ihn und sofort erhellte sich sein Blick und seine Augen fingen an zu funkeln. Er schien überrascht zu sein und gleichzeitig überglücklich.
„Was?"
„Ich! Liebe! Dich!" sagte ich nun lauter und nur ein Augenblick später spürte ich wie er seine Lippen auf meine legte. Ich ließ die Rose langsam sinken und dann schließlich sanft fallen.
Shawn legte seine Hand an meinen Nacken und küsste mich sanft. Ich streichelte sein Gesicht entlang und schloss meine Augen.
Mein Kopf war leer. Mein Körper wie elektrisiert. Meine Gefühle fuhren Achterbahn. Mir war warm und kalt gleichzeitig und mein Herzschlag überschlug sich fast.
Shawn löste seine weichen Lippen von meinen und ich öffnete verunsichert meine Augen. „Was ist los?" Fragte ich kaum hörbar. Er schaute mir tief in meine Augen. „Ist das Real?" Ich nickte breit grinsend. „Das frage ich mich auch gerade." Wir fingen beide an zu kichern und ich zog ihn an dem Kragen seines Pullovers wieder zu mir herunter.
„Ich liebe dich Shawn." Er lehnte seinen Kopf an meinen, fuhr mit seinen Händen meine Taille entlang und presste mich näher an ihn.
„Und ich liebe dich."
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Ich hoffe euch hat das 30. Kapitel von Affection gefallen!!❤️ Jetzt sind sie endlich zusammen! Wie findet ihr die Idee mit dem Liebesgeständnis auf dem London Eye? :)
VIELEN VIELEN DANK FÜR 11K READS! Das ist wirklich so unfassbar! Ich wollte mich eigentlich heute hier für 10K reads von gestern bedanken aber jetzt sind es schon 11.000! Ihr seid die besten! Ich liebe euch so sehr! Ihr macht mich so glücklich😍 Ich freue mich immer so sehr über eure Kommentare oder Sternchen! Danke❤️
P.s.: Habe vorhin übrigens meine Abschlussarbeit in Deutsch geschrieben, die ich super hingekriegt habe! Sie war total einfach, was ich überhaupt nicht erwartet habe! Naja.. ich mache mir halt immer zu viele Sorgen😅 wer noch?
[Upload am 26.04.2019]
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