[2] Kapitel O8

Samstag, 29.07.2023
Emilia's POV

Helle Sonnenstrahlen, die in mein Gesicht schienen, weckten mich. Sobald ich meine Augen öffnete und mich das Licht blendete, spürte ich die dröhnenden Kopfschmerzen, die dem gestrigen Alkohol zu verdanken waren. Stöhnend streckte ich mich und strich über die weiche Bettdecke, in der ich eingewickelt war. Das Bett in dem ich lag war viel zu gemütlich und kuschelig warm um es zu verlassen.

Das Bett in dem ich lag? Wieso lag ich in einem Bett?

Ich öffnete schnell meine Augen und ignorierte den Kater den ich hatte und schaute mich in dem Lichtüberfluteten Raum um. Es war ein Hotelzimmer. Ein riesiges, luxuriöses Hotelzimmer. Das große Bett in dem ich lag stand gegenüber einer Fensterfront aus der man einen atemberaubenden Ausblick auf die Skyline von New York hatte. Die Sonne strahlte mit voller Kraft auf das Empire State Building was durch das Licht orange leuchtete. Es war ein wunderschöner Morgen in New York. Zu mindest für den ersten Moment.

Mein Blick schweifte von dem Ausblick ab und glitt durch das Hotelzimmer. Ich lag glücklicherweise alleine im Bett, jedoch entdeckte ich einen braunen Lockenkopf auf einer kleinen Couch die etwas weiter weg stand. War das Shawn? Befand ich mich in seinem Hotelzimmer?

Wie viel hatte ich denn getrunken, dass ich mich an nichts erinnern konnte? Hoffentlich hatte ich gestern nichts unüberlegtes mit ihm getan, was ich im Nachhinein bereuen würde.

Leise und vorsichtig stieg ich aus dem Bett aus und bemerkte, dass ich einen seiner Pullover anhatte. So wie es aussah war es Merchandise seines neuen Albums.

Ich tapste vorsichtig an der Couch vorbei zu einem Sessel auf dem ich meine Klamotten sowie meine Handtasche entdeckt hatte. In Windeseile zog ich mich um. Es wäre mir furchtbar peinlich wenn er jetzt aufwachen würde und mit mir reden wollte. Ich musste hier schnellstens verschwinden.

Mit meiner Handtasche und meinen Sneaker in der Hand schlich ich zur Tür des Hotelzimmers und schaute nochmal zurück zu Shawn der auf der Couch seelenruhig schlief. Hoffentlich begegnete ich ihm in der nächsten Zeit nicht mehr. Gar nicht, wäre mir sogar noch lieber.

So leise ich konnte schloss ich die Tür hinter mir und zog im Flur meine Schuhe an. Sobald ich im Fahrstuhl stand, da ich kein Treppenhaus gefunden hatte, holte ich mein Handy aus meiner Tasche und schaltete es an.

Gefühlte tausend Benachrichtigungen erschienen auf dem Display und der Nachrichtenton überschlug sich. Ein älteres Ehepaar was hier im Hotel vermutlich zu Gast war, drehte sich zu mir um und musterte mich von oben bis unten. Wirklich schick sah ich mit meinen Klamotten von gestern und meinem verwuschelten Haaren nicht aus.

Als der Fahrstuhl im Erdgeschoss ankam lief ich so schnell ich konnte durch die Lobby, zu den Toiletten. Ich schloss mich in einer Kabine ein und ließ mich auf den geschlossenen Klodeckel fallen um tief durchzuatmen. Mein Kopf dröhnte und die Gedanken und Sorgen verstopften mein klares Denken. Auf meinem Handydisplay waren unzählige Nachrichten von Lea und Paul, sowie von meiner Familie. Kein Wunder, alle hatten mich gestern Abend in Toronto erwartet. Ich hatte ja niemandem außer Jackson Bescheid gesagt, dass ich den Flieger nicht genommen hatte, wegen meinem Gewissen Ex Freund Noel.

Ihn Ex Freund zu nennen, versetzte mir Stiche ins Herz. Ich war ganze zwei Jahre an seiner Seite und habe ihn wirklich sehr geliebt. Kaum zu glauben, dass er mich nur ausgenutzt hatte um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Dadurch, dass wir jetzt Schluss gemacht hatten, würde er noch mal mehr Aufmerksamkeit bekommen, was ihn sicher glücklich machte. Er war ein Schwein. Ein armseliges Arschloch.

Seufzend entsperrte ich mein Handy und das erste was ich tat war seinen Kontakt zu löschen. Ich zögerte erst, bestätigte es dann aber. Nie wieder wollte ich ihn sehen oder etwas von ihm hören.

Widerwillig öffnete ich nun die Nachrichten von Lea und überflog sie schnell. Ich musste sie wohl oder übel anrufen und ihr alles erklären. Angenehm würde dieses Gespräch sicher nicht werden. Sie war zwar meine Beste Freundin, die bestimmt Verständnis für mein Verhalten hatte, aber als meine Managerin hatte sie allen Grund dazu mir eine Standpauke zu halten.

***
Ganze 50 Minuten später war das Gespräch zwischen mir und Lea endlich vorbei und ich konnte durchatmen. Mit meiner Vermutung, dass sie sowie die Agentur von den Schlagzeilen im Internet nicht begeistert war, lag ich richtig. Sie hatte mir gefühlte hundert mal erzählt, dass ich ein Vorbild für viele Teenager war und sowas einfach nie passieren dürfte.

„Stell dir mal vor eine 15 Jährige betrinkt sich mit so viel Alkohol, weil sie dein Video gesehen hat und landet dann im Krankenhaus weil ihr der Magen ausgepumpt werden muss."

Leas Worte schwirrten immer noch in meinem Kopf und ließen das schlechte Gewissen noch schlimmer werden. Natürlich wusste ich, dass ich mir das nie erlauben durfte, aber in dem Moment wusste ich einfach keinen besseren Ausweg. Zum Glück verstand sie das, meine Agentur dafür eher weniger. Wenn ich zurück in Toronto war, sollte ich sofort in der Agentur auftauchen um etwas zu besprechen. Worum es in diesem Gespräch ging, konnte sich wohl jeder denken.

Lea hatte aber zum Glück dafür gesorgt, dass Jackson, der Bodyguard den ich weggeschickt hatte, mich wieder vom Hotel abholte und dann zum Flughafen brachte.

Ich saß mittlerweile in einem Büro hinter der Rezeption um auf Jackson zu warten. Der Hotelchef wusste von allem Bescheid und hatte mich sozusagen vor den ganzen Paparazzo, die vor dem Hotel warteten, in Sicherheit gebracht. Er war wirklich total nett und versuchte mir alles recht zumachen. Ein junger Hotelangestellter hüpfte die ganze Zeit um mich herum und fragte mich jede zwei Minuten ob er mir einen Wunsch erfüllen konnte, was ich immer freundlich verneinte. Lea hatte dem Chef wohl eine Menge Geld geboten um mich hier so gut es ging rauszukriegen, ohne das noch ein weiterer Skandal passierte.

„Miss Valente!" Als Jackson durch die Tür kam, stand ich schnell vom Stuhl auf und umarmte ihn anstatt seine Hand zu schütteln, die er mir hinhielt.

„Gut, dass du da bist! Es sind so viele Menschen vorm Hotel, dass ich überhaupt nicht weiß wie wir überhaupt zum Auto kommen sollen." Jackson nickte mit seinem, wie immer, ernsten Gesichtsausdruck und wandte sich an den Hotelchef, der hinter ihm stand und uns gespannt zuhörte.

„Wie ich merke haben Sie noch nicht viel Erfahrungen mit berühmten Personen in ihrem Hotel gemacht, hab ich recht?" Der Mann mit dem grauen, gezwirbelten Schnauzbart nickte heftig. „Noch nie. Ich habe das Hotel vor zwei Wochen übernommen." Jackson seufzte genervt und strich über sein Jacket. Er sah wirklich immer schick aus, im Gegensatz zu Paul der immer Jeans und eine Baseballkappe trug.

Jackson besprach irgendwas mit dem Chef während ich meinen Zopf nochmal erneuerte und meine Klamotten etwas glatt strich. Ich musste ja nicht auch noch aussehen wie der letzte Mensch der Welt, wenn wir uns gleich durch die Menschenmenge zum Auto quetschen mussten.

Wenige Minuten später ging alles sehr schnell. Jackson gab mir eine Cap und eine Sonnenbrille, die ich aufzog. Dann verabschiedeten wir uns vom Chef und liefen Richtung Ausgang. Da das Hotel leider keinen Hinterausgang hatte, konnte man nur vorne raus.

„Bereit? Wir müssen uns beeilen. In einer halben Stunde geht Ihr Flieger. Am Flughafen wissen schon alle Bescheid, es müsste also schnell gehen bis Sie im Flieger sitzen." Ich nickte und lief ihm hinterher. Sobald wir durch den Ausgang liefen und an der kalten Herbstluft waren, fing das Gebrüll und Gedränge an.

Schneller als gedacht erreichten wir den schwarzen SUV. Die Tür wurde geöffnet und ich kletterte auf den Rücksitz. Die Tür wurde wieder geschlossen und wir fuhren los. Während wir das Hotel und die Fotografen hinter uns ließen bemerkte ich, dass neben Jackson noch ein breitgebauter Typ im Anzug saß. Er stellte sich mir als Mohammed vor und erzählte mir, dass er schon ewig in der Bodyguard Branche arbeitete. Es war wirklich beruhigend zwei Begleiter zu haben, da ich jetzt schon wusste, dass am Flughafen wieder ziemlich viel los sein würde.

***
Erschöpft ließ ich die Haustür hinter mir ins Schloss fallen und schloss meine Augen. Schade, dass es bereits 15:30 Uhr war. Mum uns Dad waren im Restaurant und Ally natürlich wie immer in der Uni. Ich würde sie bald noch weniger zu sehen bekommen, wenn sie und Benny den Umzug in ihre erste eigene Wohnung geschafft hatten. Wirklich blöd, dass ich so viel unterwegs war.

Ich brachte meinen Koffer sowie meine Handtasche in mein Zimmer und ließ mich auf das frisch bezogene Bett fallen. Der altvertraute Geruch vom Waschmittel und vom Trockner lösten ein schönes Gefühl von Heimat in mir aus.

In vier Monaten waren die Dreharbeiten zum zweiten Film zum Glück auch wieder vorbei und da meine Agentur auch einen Sitz hier in Toronto hatte, konnte ich mir vielleicht endlich eine eigene Wohnung suchen.

Als mein Handy klingelte, rollte ich stöhnend von meinem Bett und lief zu meiner Jacke, die über dem Koffer hing. Da ich die Nummer nicht kannte und sie auch nicht in meinem Handy eingespeichert war, ging ich zögernd ran.

„Hallo, Azalea Valente hier."
„Ist ja schön, dass ich Sie endlich erreiche, Azalea. Ich vermute mal, dass Sie wieder zu Hause sind, richtig?" Bei dem strengen Ton von Misses May bekam ich sofort Kopfschmerzen. Ich hatte ganz vergessen, dass ich noch einen Termin bei ihr hatte.

„Ja, da haben Sie recht. Ich bin vor ein paar Minu-"
„Ich hoffe Misses Fox hat Ihnen bereits mitgeteilt, dass Sie bei mir einen Termin haben, sobald sie wieder in Toronto sind. Ich erwarte sie in 40 Minuten in meinem Büro. Misses Fox und Mister Brady sind bereits auf dem Weg zu Ihnen um sie abzuholen. Bis gleich." Bevor ich antworten konnte, beendete Sie den Anruf. Ihre Laune war mal wieder auf dem niedrigsten Punkt angelangt, den es gibt. Das Gespräch konnte ja lustig werden.

***
Sobald ich die Bürotür aus Milchglas hinter mir geschlossen hatte, kamen Lea und Paul, mein Bodyguard, auf mich zu gelaufen.

„Und? Wie ist es gelaufen?" Ich wank sie mit mir mit, damit wir uns etwas mehr von dem Büro meiner Chefin entfernten. In dem großen Flur lief ich schließlich langsamer und atmete die angehaltene Luft laut aus.

„Die gute Nachricht ist, dass ich noch lebe." Paul lachte laut, im Gegensatz zu Lea, die mich ernst anstupste. „Ja, aber was ist denn jetzt? Was ist die schlechte Nachricht?"

„Ich erzähle es euch im Auto.."

Wir verließen das Bürogebäude und liefen auf die Straße, wo wir zu Pauls SUV liefen. Sobald wir angeschnallt waren und Paul losgefahren war, räusperte ich mich und redete weiter.

„Die schlechte Nachricht ist, dass wenn mir nochmal so ein Ausrutscher passiert, dass sie mich dann aus der Agentur rauswerfen." Lea zog staunend Luft ein und faltete ihre Hände in ihrem Schoß. „Und mehr nicht?" Als Paul durch den Rückspiegel zu uns nach hinten schaute, nickte ich.

„Also ich finde das das genug ist. Wenn die Agentur schon bestimmen kann, wie ich zu leben habe, dann reicht das wohl. Sie können mir ja nicht alles vorschreiben." Beide nickten zustimmend.

„Dann weißt du ja jetzt, dass das nicht nochmal passieren darf. Wie ich dich kenne hast du heute noch nichts gegessen stimmt's?" Wie es der Zufall so wollte, fing mein Magen genau in diesem Moment an zu Knurren und beantwortete so Leas Frage.

„Dann lade ich euch beide zum Essen ein. Paul, du weißt ja wohin." Er nickte und bog zu unserem Lieblingsburgerrestaurant ab.

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