[2] Kapitel O7
„Och ne." Murmelte ich genervt und fuhr durch meine noch feuchten Haare. „Warum tauchst du immer da auf wo ich bin? Hab ich einen GPS Sender in meinem Arm ohne das ich davon weiß, damit du immer weißt wo ich bin oder was?!"
Shawn schüttelte mit dem Kopf und schaute kurz zu Jake, seinem Bodyguard, den ich noch von früher kannte. Er hatte sich, genau wie Shawn, überhaupt nicht verändert. Als hätten die letzten 4 Jahre nicht existiert.
„Du hast genug davon." Shawn riss mir die Flasche Wodka aus der Hand und gab sie Noah zurück, der mich ernst anschaute. „Hey! Du hast nicht das Recht mir die wegzunehmen und ich habe noch lange nicht genug." lallte ich und verschränkte trotzig meine Arme.
„Was ist los? Warum bist du hier?" Ich fing an zu lachen als Shawn die Frage ausgesprochen hatte und sich neben mich auf den Barhocker setzte.
„Männer sind Mistkerle. Aber warum erzähle ich dir das? Du bist ja das beste Beispiel dafür." Shawn hielt den Kopf schief und musterte mich ruhig. Als hätte ihn meine Beleidigung von eben überhaupt nicht getroffen.
„Du musst nach Hause. Hier kannst du auf keinen Fall bleiben, sonst machst du deine Karriere noch kaputter als du es heute Abend schon getan hast." Verwirrt runzelte ich die Stirn. „Meine Karriere hat dich überhaupt nicht zu interessieren Shawn. Woher willst du wissen wie es bei mir läuft? Du hast keine Ahnung von meinem Leben." Er holte stöhnend sein Handy aus seiner Hosentasche und hielt mir das helles Display vor die Nase. Darauf war ein Video auf Twitter zu sehen in dem Ich hier an der Bar saß und wie eine Alkoholsüchtige Shots in mich hinein kippte.
„Meine Agentur wird mich töten und Lea noch dazu." Den Tränen nah vergrub ich mein Gesicht in meinen Handflächen und seufzte laut.
Als ich plötzlich aufstand schaute mich Shawn überrascht an.
„Ich... gehe dann mal." Taumelnd lief ich gegen einen Stuhl der mit einem lauten Knall umkippte. „Sorry Noah!" Rief ich ihm zu und schaute zurück zur Bar wo er hinter stand. Shawn und Jake schauten mir Kopfschüttelnd hinter her.
Als ich die Tür der Kneipe aufmachte, drehte sich wieder alles. Autos auf der Straße schwebten durch die Luft und Ampeln spielten verrückt. Als Shawn hinter mir auftauchte und mich zu sich drehte, löste ich mich aus seinem Griff. „Lass deine Finger von mir und lass mich endlich in Ruhe. Du bist keine Person von der ich Hilfe brauche."
Ich drehte mich schwungvoll um und lief los. Ich erkannte zwar nicht wo ich hinlief da alles verschwommen war und sich drehte aber ich war glücklich, als ich nicht Bekanntschaft mit dem Boden machte. Andere Menschen und Geräusche der Straße nahm ich als Rauschen war, was ich als entspannend empfand.
„Emilia! Pass auf!" Shawn's lauter Schrei drang zu mir durch und im nächsten Moment erkannte ich den Grund für sein Gebrüll. Die hellen Scheinwerfer eines Autos blendeten mich und bevor ich wusste wie mir geschah würde ich mit so einem dollen Stoß von der Straße gedrängt, dass ich unaufhaltsam auf dem nassen und verdammt harten Asphalt landete.
Als eine Hand mir nasse Haarsträhnen aus dem Gesicht wischte, öffnete ich meine Augen und schaute hoch in Shawn's besorgtes Gesicht. Ich konnte nur verschwommen sehen wie er seine Lippen bewegte, hörte jedoch nur ein Rauschen. „Ich bin müde." murmelte ich und schloss wieder meine Augen. Wenn er mich nicht von der Straße gedrängt hätte und ich nicht in seinen Armen gelandet wäre, wäre der Tag heute vermutlich noch ganz anders ausgegangen.
Um mich herum wurde alles still und ich driftete in einen tiefen Schlaf ab.
***
Shawn's POV
„Shawn, warum guckst du so komisch? Ist alles okay?" Fragte Andrew während wir zusammen mit Jake im Restaurant an unserem Tisch saßen und auf unser Essen wateten. „Hm, guck mal. Sieht das Mädchen so aus wie Emilia?" Ich reichte ihm mein Handy und musterte seinen Gesichtsausdruck.
„Azalea Valente gibt sich die Kante! Vor wenigen Minuten tauchte dieses Video von dem 23 jährigem Topmodel auf Twitter auf. Was ist da wohl vorgefallen und ob Alkohol der richtige Ausweg ist?" las er die Überschrift des Videos vor und musterte meinen Bildschirm.
„Also die blonden Strähnen und die Statur passen. Von hinten ist es schwer sie zu erkennen. Warum glaubst du, dass sie das ist und warum interessiert es dich?" Ich nahm ihm mein Handy wieder ab und musterte nochmal die verschwommene Gestalt, die an der Bar saß.
„Ich weiß auch nicht. Ich habe mit ihr, also mit uns abgeschlossen, aber seit ich sie am Montag im Café gesehen habe, geht sie mir nicht aus dem Kopf. Sie andauernd im Fernsehen oder in Schaufenstern zu sehen hat mir lange nicht so viel ausgemacht, wie sie vor mir zu sehen. Sie hat sich so verändert..." Nachdenklich fuhr ich durch meine Haare.
„Ja, aber ich hoffe du hast nicht vergessen was sie Dir damals angetan hat und vor allem nicht, wie es dir danach ging." Ich schaute überrascht zu Jake, von dem ich nicht gedacht hätte, dass er sich an diesem Gespräch beteiligen würde. Er kannte mich gut und hatte leider recht. Damals ging es mir wirklich ziemlich schlecht.
„Da hast du recht, aber ich weiß auch nicht. Dieser Noel mit dem sie zusammen ist, passt überhaupt nicht zu ihr. Habt ihr mal gesehen wie der sie anfässt? Immer sind seine Finger an ihr." Andrew schüttelte lachend mit dem Kopf.
„Das ist ja nicht deine Sache. Vergiss sie, Shawn. Konzentrier dich lieber auf Montag. Die Show ist wichtig!" Ich nickte und nahm einen Schluck von meinem Wasser. „Ja aber trotzdem gefällt mir dieses Video nicht. Ich weiß ihr haltet mich für dumm, aber ich muss da hin. Einfach nur weil ich wissen will ob ich recht hatte und das Mädchen in dem Video tatsächlich Emilia ist." Ich stand von meinem Stuhl auf und zog meine Jacke über.
„Ich begleite dich." Jake stand ebenfalls auf und Andrew seufzte genervt. „Na toll. Dann sagt aber wenigstens Bescheid, dass ihr euer Essen doch nicht wollt. Ich esse dann halt alleine." Ich nickte ihm zu und zusammen mit Jake verließ ich das Restaurant.
In den Kommentaren hatte ich gesehen, dass jemand den Namen der Kneipe veröffentlicht hatte. Insgeheim hoffte ich, dass es nicht Emilia war. Wenn sie sich so mit Alkohol abschoss, konnte irgendwas nicht stimmen. Es ging mich nichts an, aber mein Herz sagte mir das ich zu ihr musste, bevor ihr etwas schlimmes passierte.
„Etwas Naiv bist du ja schon." Sagte Jake als wir aus dem Taxi ausstiegen und die Straße überquerten um zu einer bunt beleuchteten Kneipe zu gehen.
„Sie wird bestimmt mit ihrem Freund da sein und so oft wie du ihr in letzter Zeit zufällig über den Weg gelaufen bist, wird sie das bestimmt nicht toll finden. Nachher beschimpft sie dich noch als Stalker." Ich schüttelte mit dem Kopf und lief schnell weiter. „Ist mir egal, Jake. Dann bin ich halt naiv. Vielleicht ist es dumm von mir her zu kommen aber ich muss wissen ob sie das ist."
Als wir die Kneipe betraten kam uns stickige, nach Alkohol stinkende Luft entgegen sowie eine dichte Wolke von Zigarettenrauch.
„Was kann ich für euch tun, Jungs?" fragte ein Mann mit Bart der hinter der Theke stand und Bier in zwei Gläser füllte.
„Um ehrlich zu sein suchen wir nach einem Mädchen. Ich bin mir nicht sicher ob sie noch hier ist, aber vielleicht weißt du das ja. Sie hat blonde lange Haare, ist ziemlich schlank und etwas kleiner als ein normales Model. Vielleicht kennst du sie über ihren Künstlernamen, Azalea?" Der Mann schüttelte mit gerunzelter Stirn den Kopf und stellte die Gläser bei zwei Männern ab.
„Ich kenne kein Model namens Azalea aber deine Beschreibung passt auf das Mädchen da hinten. Gut das endlich jemand kommt, bevor sie sich in den Tod säuft." Er deutete auf das Ende der Bar, an dem sie saß. Schon von weitem erkannte ich sie.
„Siehst du, ich sag ja das es sie war."
Jake verdrehte die Augen und folgte mir. Langsam legte ich meine Hand auf ihre Schulter und schaute überrascht in ihre Augen, als sie sich zu mir umdrehte. Ihre braunen Augen funkelten längst nicht so wie früher und ihre Schminke war verlaufen. Sie sah überhaupt nicht so aus, als würde es ihr gut gehen.
„Och ne." Murmelte sie genervt und fuhr durch ihre nassen Haare. „Warum tauchst du immer da auf wo ich bin? Hab ich einen GPS Sender in meinem Arm ohne das ich davon weiß, damit du immer weißt wo ich bin oder was?!" Überrascht schaute ich zu Jake, der nur hoffnungslos den Kopf schüttelte.
Ich nahm ihr die Flasche mit dem hochprozentigen Alkohol ab weswegen sie sofort protestierte und fragte sie nach dem Grund warum sie hier war. Alleine, ohne ihren Freund oder ohne Bodyguard, den sie normaler auch immer dabei hatte. Sie lachte nur und schnipste einen Krümel weg.
„Männer sind Mistkerle. Aber warum erzähle ich dir das? Du bist ja das beste Beispiel dafür." Es versetzte meinem Herz einen Stich, der aber sofort wieder verschwand. Sie war betrunken. Viel zu betrunken.
Auch als ich sie fragte warum sie hier sei, bekam ich nur spöttische Antworten. Als ich ihr jedoch erzählte, dass sie überall auf Twitter und Instagram zu sehen war, stand sie schnell auf.
„Ich... gehe dann mal." Taumelnd lief sie gegen einen Stuhl der mit einem lauten Knall umkippte. „Sorry Noah!" Rief sie dem Barkeeper zu und schaute zurück zur Bar wo wir hinter stand. Sie riss die Tür der Kneipe auf und stolperte über eine Stufe ins Freie.
„Ich hoffe das reicht." Ich legte einen Hunderter Schein auf die Theke und lief ihr schnell hinter her. Durch die helle Reklame, die die Straße beleuchtete, fand ich sie relativ schnell wieder. Es war schwer mit anzusehen wie sie sich kaum auf den Füßen halten konnte und jedes Straßenschild nutzte um sich festzuhalten.
„Die hat sie doch nicht mehr alle." Murmelte Jake, woraufhin ich ihm einen vernichtenden Blick zu warf. Er zuckte mit den Schultern und seufzte als ich ihr hinter her lief.
„Bleib stehen!" Rief ich ihr zu und sah, wie sie auf die Straße lief. Als plötzlich ein Auto um die Ecke fuhr und sie mitten auf der Straße stand, rannte ich los. „Emilia!" Pass auf!!" Kurz bevor das Auto sie erfasste, erreichte ich sie und sprang gegen sie. Mit einem harten Aufprall landete ich auf dem Bürgersteig, mit ihr in meinen Armen. Das Taxi hupte und der Fahrer beschwerte sich lautstark, fuhr dann aber zum Glück weiter.
„Ist alles okay?!" fragte ich Emilia außer Atem und schaute zu ihr herunter. Ihr Kopf lag auf meiner Brust und ihre Haare, die durch den starken Regen immer noch nass waren, klebten in ihrem Gesicht.
„Ich bin müde." murmelte sie und schloss ihre Augen.
„Oh Gott Shawn, bist du wahnsinnig?! Dir hätte sonst etwas passieren können!" Jake kniete sich neben mich und schaute mich verärgert an. Andere Leute, schauten neugierig zu uns herunter und liefen permanent langsamer. Es dauerte nicht lange, bis das erste Mädchen ihr Handy rausholte und uns filmte.
„Hilf mir mal bitte. Wir müssen sie hier weg bringen." Er nahm sie mir ab und half mir hoch. „Und wohin willst du sie bringen? Wie es aussieht hat sie Stress mit ihrem Freund und wir haben keine Ahnung wo der wohnt." Wir wurden immer nasser und mit der Zeit wurden es mehr Menschen mit Handys in der Hand.
„Wir gehen erstmal zu uns ins Hotel. Ich schlafe auf der Couch, dann kann sie in meinem Bett schlafen." Jake nickte und lief mit ihr auf dem Arm los. Hoffentlich waren wir in wenigen Stunden nicht überall auf Social Media zu sehen.
***
Mittlerweile war es mitten in der Nacht und Jake und Andrew hatten mein Zimmer verlassen. Ich schloss gerade die Tür hinter mir ab, als ich ein lautes Stöhnen von Richtung Bett hörte. Langsam Schlich ich über den Teppich, zum Bett auf dem Emilia lag und sich stöhnend hin und her wälzte. Als ich bei ihr ankam, erkannte ich Tränen auf ihren Wangen und sie schluchzte, jedoch waren ihre Augen immer noch geschlossen.
„Hey, alles ist gut." Ich setzte mich vorsichtig neben sie und legte meine Hand auf ihre. „Du bist zwar bei mir, aber hier bist du sicher." Sie drehte ihren Kopf hin und her und überhaupt sah sie so aus, als hätte sie einen Alptraum.
„Noel." flüsterte sie und raufte durch ihre Haare. Sie zuckte plötzlich zusammen und richtete sich auf. „T-Toilette?" Sie stand schnell vom Bett auf und hielt eine Hand vor ihren Mund. Es dauerte nicht lange, bis sie das Badezimmer gefunden hatte und die Toilette erreichte.
Seufzend lief ich zu meinem Koffer und holte einen Pullover raus. Schon von weitem hörte ich wie sie ihren gesamten Mageninhalt in der Kloschüssel verteilte, was gut war, damit der ganze Alkohol aus ihrem Magen kam.
Als ich langsam im Badezimmer ankam, saß sie neben der Toilette auf den kalten Fliesen und seufzte. „Komm her." flüsterte ich und half ihr hoch. Ich trug sie zum Bett und zog ihr die feuchten Klamotten aus. Sie bewegte sich kaum und lächelte mich nur schwach an. Wach war sie zum Glück wieder.
„Eigentlich würde ich jetzt bei Noel sein." Erklärte sie und hob ihre Arme hoch, als ich ihr half ihre Bluse auszuziehen.
„Warum bist du in der Kneipe gewesen?" Sie seufzte und half etwas mit, als ich ihr den Pullover über den Kopf stülpte.
„Ich habe ihn mit einer anderen erwischt. Er hat mich nie geliebt. Nie so wie ich ihn geliebt habe." Es überraschte mich, dass ich dieses Mal eine richtige Antwort bekam. Normalerweise würde sie nie mit mir reden. Gut, es waren gerade auch ziemlich außergewöhnliche Umstände.
„Das ist ziemlich beschissen" war das einzige was mir einfiel um wenigstens etwas zu der Sache zu sagen. Betrogen zu werden ist wohl das schlimmste was in einer Beziehung passieren kann. Ich hatte ja leider Erfahrung, auch mit ihr. Das es ihr dieses Mal passiert war, war ein komisches Gefühl.
„Danke Shawn. Auch wenn ich gerade lieber auf'm Mond wäre als bei dir, finde ich es ziemlich gemütlich in deinem Bett." Ich schmunzelte leicht und legte ihre Klamotten über eine Stuhllehne damit sie trockneten. Dann breitete ich die große Bettdecke über ihr aus und wollte zur Couch gehen, damit sie schlafen konnte, jedoch hielt sie mich am Handgelenk fest.
„Ich weiß, dass du mich hasst aber kannst du kurz bleiben? Ich brauche einfach nur eine Umarmung." Ich nickte und beugte mich zu ihr runter. Sie zog mich so stark an sich, dass ich die Haltung verlor und neben sie auf die Matratze fiel. Bis ich ein leises schnarchen hörte, ließ sie nicht los was mich zum Kichern brachte. Sie wusste schon immer ziemlich genau was sie wollte und wie sie dies durchsetzen konnte.
Irgendwann hatte ich es dann doch noch geschafft mich aus ihrem Griff zu lösen und auf der Couch einzuschlafen. Morgen sah ihre Welt hoffentlich schon wieder etwas besser aus.
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