[2] Kapitel O4
Donnerstag, 27.07.2023
Sanfte Küsse weckten mich. Ich fing an willkürlich zu lächeln als ich Noels Parfum roch und merkte, wie seine Hand mein Gesicht streichelte.
„Guten Morgen, mein Schatz. Ich glaube du hast schon wieder verschlafen." stöhnend öffnete ich meine Augen und schaute in zwei wunderschöne blaue Augen. „Was habe ich?" Ich küsste ihn nochmal und fuhr durch seine blonden Haare.
Dass er kein Model sondern ein Schauspieler war, erkannte man fast gar nicht. Klar, Schauspieler sahen immer gut aus aber er sah etwas mehr aus wie ein Model. Ich war wirklich stolz, ihn an meiner Seite zu haben und behaupten zu können das er mich liebte. Er war ziemlich erfolgreich mit seiner Rolle als Detective in einer Serie. Und er sah wirklich verdammt heiß aus in seinem Cop Outfit. Ich war schon öfters mit am Set gewesen und hatte ihm zugeschaut. Zu seinem Glück fanden die Dreharbeiten zur Serie hier in New York statt, im Gegensatz zu mir. Das erleichterte ihm wirklich einiges.
„Du hast verschlafen, Babe." Ich schaute zum Wecker, der eigentlich 8:00 Uhr anzeigen sollte, der aber schon 8:33 anzeigte.
„Nicht schon wieder!" Ich stand schnell aus dem Bett aus und lief ins Badezimmer wo ich mich unter die Dusche schwang. Schon um 9:30 Uhr hatte ich einen Job bei einer neuen Klamottenmarke, die mich als Model gebucht hatten. Lea hatte mir gestern alle Informationen gegeben, nur hatte ich mal wieder vergessen meinen Wecker anzumachen.
„Ich muss schon los, sorry Babe. Beeil dich damit du es noch pünktlich schaffst." Er öffnete die Duschkabine und gab mir einen Kuss. „Tschüss, viel Spaß beim Set. Pass auf dich auf." Er summte und wank mir mit einem Autoschlüssel in der Hand zu bevor er das große Badezimmer verließ und mich alleine ließ.
Sobald ich meine Haare gewellt hatte, stellte ich das Glättweisen aus und packte meine Schminksachen ein. Mein Handy aus dem laute Musik ertönte, zeigte bereits 9:01 Uhr an.
Ich zog mich schnell um und schnappte mir meine Handtasche sowie meine Jacke. Dann schlüpfte ich schnell in meine hohen Sandaletten und nahm mein Handy sowie meine Kopfhörer. Ohne hohe Schuhe verließ ich nie das Haus.
Da ich ziemlich klein für ein Model war, waren die hohen Schuhe leider Pflicht für mich. Das hatte mir mein Label verklickert. Es hatte ewig gedauert bis ich mich an die Absätze gewöhnt hatte, aber größer zu sein war wichtig für ein Model. Außerdem haben mir die Absätze ein gutes Selbstvertrauen.
Mit Musik in den Ohren eilte ich zum Fahrstuhl und wartete ungeduldig bis er beim Erdgeschoss ankam. Die Musik in meinen Ohren tat ihren Job. Mein Stress baute sich immer mehr ab. Als ich jedoch bekannte Töne von In My Blood hörte, zog ich die Stöpsel sofort aus meinen Ohren. Fluchend packte ich die Kopfhörer in meine Tasche. Shawn verfolgte mich wirklich überall. Er war sogar da, wenn er nicht da war.
So schnell wie noch nie fuhr der schwarze SUV meines Bodyguards zu mir an den Bürgersteig und ich stieg ein. Ich nannte ihm die Straße wo wir hin mussten und schaute aus dem Fenster, sobald wir losfuhren. New York war wirklich ganz anders als Toronto. Egal wo man hinsah, sah man gelbe Taxis oder große Werbetafeln oder Plakate mit Werbung. Da ich viel in der Werbebranche zu tun hatte, war es nicht selten mich auf solchen Werbetafeln zu sehen. Als ich mich das erste mal auf so einer Tafel gesehen hatte, war ich mit Anthony und Amanda unterwegs gewesen, da sie mich in New York besucht hatten. Mit Champagner hatten wir angestoßen und meinen ersten großen Job gefeiert.
Shawn's Vermutung von damals hatte sich bestätigt. Anthony und Finn, der Hochzeitskleidverkäufer von Ella, waren wirklich ein paar geworden. Mittlerweile waren sie sogar verlobt. Amanda war nach Australien ausgewandert wo sie einen Job im Bereich Marketing bei einer Großen Firma bekommen hatte. Nur selten kam sie mich oder Anthony besuchen, aber wir telefonierten regelmäßig. Dass sich wirklich alles in den letzten 4 Jahren verändert hatte, fiel mir so oft auf.
Als wir bei einer roten Ampel zum stehen kamen, schaute ich wieder aus dem Fenster. „Das kann echt nicht wahr sein." fluchte ich genervt, als ich den riesigen Banner einer Hauswand musterte. Darauf war, wer hätte es gedacht, Shawn zu sehen. Es war Werbung von Armani.
Wann hörte es endlich auf, dass ich ihn ständig und überall sah? Das konnte doch echt kein Zufall mehr sein. Ich atmete erleichtert aus als wir weiter fuhren und ich den Werbebanner hinter mir ließ. Hoffentlich hörte das bald auf.
„Ich komme gleich nach. Fahren Sie schon mal hoch zu ihrem Termin. Es sieht nicht so aus, als wären hier viele Fotografen unterwegs außerdem weiß keiner von ihrem Termin hier, Sie sind also sicher. Ich suche nach einem Parkplatz." Ich nickte und stieg aus. In meinem Terminkalender suchte ich nach dem Namen des Hochhauses und war erleichtert, als es das richtige war, vor dem Ich stand. Es war 9:22 Uhr als ich auf mein Handy schaute.
Stolz, dass ich es doch noch pünktlich geschafft hatte, betrat ich das neumodische Gebäude und lief zu den Fahrstühlen die nebeneinander angereiht waren. Ich hasste Fahrstühle aber da sich das Fotostudio im 30. Stock befand, bevorzugte ich den Fahrstuhl.
Es dauerte nicht lange, bis sich die dicken Metalltüren eines Fahrstuhl öffneten und mehrere Menschen raus liefen. Mit 3 anderen betrat ich den leeren Aufzug und stellte mich nach hinten an die Wand.
Wenige Augenblicke später schlossen sich die Türen und ich atmete tief ein. Als nur noch ein kleiner offener Schlitz übrig war, schob sich eine Hand dazwischen sodass die Türen wieder aufgingen.
Ich war in meinen Terminkalender vertieft, jedoch merkte ich wie die Menschen im Fahrstuhl etwas nach hinten zu mir rückten um Platz zu machen.
Anhand der Anzüge die ich aus dem Augenwinkel erkennen konnte, tippte ich auf Geschäftsleute, die hier im Haus ihr Büro hatten. Meine Vermutung bestätigte sich, als ich auf der Etagenübersicht mehrere Versicherungsnehmen sah. Unter anderem befanden sich hier im Haus aber auch noch ein Friseurstudio, mehrere Arztpraxen, eine Lebensmittelberatung, ein Radiosender und das Fotostudio zu dem ich wollte.
Als einem Mann im grauen Anzug ein Kugelschreiber runter fiel, bückte ich mich sofort und hob den Kugelschreiber für ihn auf. Er lächelte mich an und nahm ihn mir wieder ab. „Vielen Dank junge Dame." Ich nickte lächelnd und stellte mich wieder an die Außenwand. In diesem Moment fing der Aufzug fürchterlich an zu wackeln und das Licht flackerte.
Mein Herzschlag verdoppelte sich und ich klammerte mich panisch an die Haltestange. Die Menschen die sich mit mir im Fahrstuhl befanden schauten panisch durch den kleinen Raum und suchten nach einer Möglichkeit um sich festzuhalten. Sofort rutschte ich zur Ecke um mehr Platz an der Haltestange zu machen. Eine ältere Frau krallte sich an die Eisenstange und sah ebenfalls nicht gerade glücklich aus.
Ängstlich schloss ich die Augen und wartete ungeduldig darauf, dass das wackeln aufhörte, jedoch kam es noch schlimmer. Mit einem lauten Krachen sackte der Fahrstuhl ab. Im freien Fall fingen alle an zu schreien und auch ich konnte mir einen ängstlichen Schrei nicht verkneifen. Wenn wir aus 28 Stockwerken auf dem Boden aufprallten, würde das mit Sicherheit kein gutes Ende nehmen.
Mit einem Ruck blieb der Fahrstuhl wieder stehen. Durch das plötzliche abbremsen verlor die Frau die Haltung an der Stange und fiel auf den Boden. Das Licht ging plötzlich aus und es wurde dunkel in der Kabine.
„Gehts allen gut?" fragte eine fremde Männerstimme nach einem Moment von stille. Vor lauter Angst brachte ich keinen Ton heraus und klammerte mich an die Stange. Ich bewegte mich keinen Zentimeter. Alle antworten, auch der alten Frau schien es zum Glück gut zu gehen.
„Wir müssen Ruhe bewahren, also keine Panik. Wir werden hier bestimmt gleich rausgeholt und wenn das Licht nicht angehen sollte, haben wir alle noch unsere Handytaschenlampen." Alle stimmten dem Mann mehr oder weniger zu. Nur ich konzentrierte mich darauf ruhig weiter zu atmen. Ich spürte wie ich eine Panikattacke bekam und mir die Luft abgeschnürt wurde.
„Wieviele sind wir?" Fragte eine andere Stimme nach einem weiteren Moment von Stille. Keiner hatte sich bewegt, sonst hätte man es gehört. Es war totenstill im Fahrstuhl bis der Mann anfing zu reden.
„Ich glaube 5" antworte die ältere Frau. Wieder sagte keiner was und lauschte in die Stille. Als es anfing zu knacken und wir wieder ein kleines Stück absackten, fing mein Herz an zu schmerzen. Ich rutschte langsam an der glatten Wand herunter und setzte mich mit schmerzverzerrter Grimasse auf den Boden.
„Ich frage nochmal: geht es allen gut?" 4 mal war ein „Ja" zu hören, bis auf meins. Ich brachte immer noch keinen Ton heraus und hatte damit zu kämpfen, Luft zu kriegen. Ich hatte schon seit langem keine Panikattacke mehr gehabt und ich hatte es definitiv nicht vermisst.
„Junge Dame?" Fragte jemand und ich spürte wie sich die Person bewegte. Der helle Schein einer Taschenlampe blendete mich plötzlich. „Geht es Ihnen nicht gut?" Ich schüttelte mit dem Kopf und presste meine Hand auf meine Brust. Mein gesamter Brustkorb schmerzte.
Als eine zweite Taschenlampe anging wurde es heller im Fahrstuhl. Ich schaute mich um und sah, dass sich alle auf den Boden gesetzt hatten. Neben mir saß die alt Frau, die fest ihre Handtasche umklammerte. An ihrer Stirn prangte eine Platzwunde aus der Blut lief. Vor mir saßen zwei Geschäftsmänner und bei der Tür saß ein Typ, der seine Taschenlampe an die Decke gerichtet hatte, um den Fahrstuhl zu erhellen. Ich verdrehte stöhnend die Augen als ich in seine braunen Augen schaute.
„Emilia! Alles okay?" Fragte Shawn, als er mich auch erkannte. Ich schüttelte zitternd mit dem Kopf und merkte wie sich meine langen Fingernägel in die Haut meiner Handfläche bohrten.
„Kennen Sie sich?" fragte die Frau und Shawn nickte.
Als ich merkte, dass ich keine Luft mehr bekam, fing an nach Luft zu schnappen. Die ganze Aufmerksamkeit lag plötzlich wieder auf mir. Tränen sammelten sich in meinen Augen und ich kämpfte damit, meinen Herzschlag wieder ruhiger zu kriegen.
„Sie hat eine Panikattacke." stellte der nette Mann mit dem Kugelschreiber fest und schaute mich besorgt an.
Als Shawn plötzlich aufstand, fing der Fahrstuhl wieder an zu knarren und die Leute fingen an sich zu beschweren. „Nicht bewegen! Sonst stürzen wir ab!" schimpfte der andere Mann jedoch setzte sich Shawn nicht wieder hin. Er stieg über die Beine der anderen drüber und setzte sich neben mich auf den Boden. Der Fahrstuhl knarrte bedrohlich weswegen ich wieder anfing zu zittern.
„Shh, beruhig dich. Uns wird nichts passieren." Als er meine Hand nahm, zog ich sie schnell weg. Ich wollte, dass er sich von mir fern hielt.
Er stöhnte und nahm meine Hand erneut, dieses Mal fester, sodass ich sie nicht wegziehen konnte. „L-lass mich l-los." stotterte ich flüsternd und schnappte erneut nach Luft. „Nein." Antwortete er stur.
„Nein. Ich lasse dich nicht los. Ist mir egal was du willst. Wenn du dich nicht beruhigst, wirst du noch ohnmächtig. Also nein, ich lasse dich nicht los." Er rutschte näher an mich dran und zog mich zu sich auf den Schoß, um mich zu drücken und umarmen. Er nahm meine Hand und legte sie auf seine Brust.
„Konzentrier dich auf meinen Herzschlag." Sein regelmäßiger Herzschlag hatte wirklich etwas beruhigendes und auch wenn ich es nicht zugeben wollte, tat mir die Nähe gut. Es gab mir ein Gefühl von Sicherheit. Auch wenn ich alles dafür geben würde, dass ich gerade nicht in Shawn's Armen lag sondern zum Beispiel in denen von Noel.
Eine Weile saßen wir nur so da. Im Fahrstuhl war es leise. Die Minuten verstrichen in denen nichts passierte. Ich fühlte Shawn's Herzschlag und versuchte im gleichen Takt wie er zu atmen. Meine Brust hörte mit der Zeit auf zu schmerzen und mir ging es besser.
„Hat schon jemand den Notfallknopf gedrückt?" fragte auf einmal der Mann mit dem Kugelschreiber und schaute durch die Runde. Sein weißer Bart warf einen merkwürdigen Schatten an die Wand, jedoch sah er wirklich nett aus.
Als alle mit dem Kopf schüttelten, streckte er sich um an den Knopf dran zu kommen. Diese kleine, aber dennoch schnelle Bewegung zeigte ihre Folge sofort. Ein lauter Knall ertönte und wir sackten erneut ab. Ich fing laut an zu schreien und krallte mich in Shawn's T-shirt fest. Auch er verstärkte die Umarmung und drückte meinen Kopf an seine Brust, um mich zu schützen.
Als der Fahrstuhl wieder ruckartig stehen blieb, landete Ich unsanft auf meinem Hinterteil und Shawn neben mir. „Keiner bewegt sich!" Flüsterte der Mann im dunkelblauen Anzug und wir alle erstarrten zu Stein. Ich traute mich nicht mal zu atmen was mir wahrscheinlich sowieso nicht gut gelingen würde, da ich merkte wie die Panik meinen Hals zuschnürte.
„Ich will hier raus! Ich kriege keine Luft." Murmelte ich und merkte wie mir Tränen über die Wangen liefen. Shawn drehte sich vorsichtig zu mir. „Wir kommen bestimmt bald hier raus!"
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