[2] Kapitel 21

Es war bereits halb vier als es an der Tür meines Zimmers klopfte. Meine Familie hatte sich erst vor einer halben Stunde auf den Weg nach Hause gemacht. Der ganze Vormittag war wirklich schön gewesen und die Geschenke, die ich bekommen hatte, lagen auf der Fensterbank  gemeinsam mit einem wunderschönen Blumenstrauß. Ich war erleichtert und wirklich glücklich darüber, dass meine Familie nicht ganz so ausgerastet war, als sie erfuhren das Shawn und ich wieder Kontakt hatten.

„Ja?" rief ich und legte die Klatschzeitschrift beiseite.

Normalerweise las ich so einen Mist nicht seit ich selber ein Teil des öffentlichen Lebens war und es nicht selten war, irgendwelche Artikel über mich darin zu finden. Aber da ich den höchsten Punkt der Langeweile erreicht hatte und das WLAN des Krankenhauses wirklich langsam war, griff ich zu dem Zeitschriftenstapel neben meinem Bett.

Und ich hatte recht behalten. Auf der dritten Seite war ein großer langer Bericht über Shawn und mich. Laut dem Datum war die Zeitschrift erst von vor einer Woche. Ich wollte gar nicht wissen wie viel die über den Vorfall auf der Gala schreiben wollten. Shawn hatte mir erzählt das der Krankenwagen direkt vor der Location gehalten hatte und ich vor allen Fotografen und anderen Gästen abtransportiert wurde. Ich wäre wahrscheinlich im Erdboden versunken wenn ich nicht bewusstlos gewesen wäre.

Als ein gigantischer Blumenstrauß im Türschlitz auftauchte, fiel mir die Kinnlade runter. So einen riesigen, bunten und wunderschönen Blumenstrauß hatte ich noch nie gesehen geschweige denn geschenkt bekommen. Als Shawn's brauner Lockenkopf daneben auftauchte und er die Tür dann hinter sich schloss, fing ich an übers ganze Gesicht zu strahlen.

„Shawn!" rief ich erfreut und setzte mich aufrechter hin.

"Happy Birthday to you. Happy Birthday to you. Happy Birthday liebe Emilia, Happy Birthday to you!" Seine weiche wunderschöne Stimme verpasste mir eine Gänsehaut und als ich den Duft der frischen Blumen roch, wurde das Kribbeln in meinem Bauch noch stärker.

Als er bei mir ankam überreichte er mir den schweren Blumenstrauß, den ich kaum halten konnte und gab mir eine Umarmung. Seine linke Hand hielt er hinter seinen Rücken.

„Alles gute zum Geburtstag, Kleine."

Kleine. Es war schon eine Ewigkeit her, dass er mich Kleine genannt hatte. Ich hatte diesen Kosenamen so vermisst.

„Danke Shawn. Was hast du da hinter deinem Rücken?" Er wackelte vielsagend mit seinen Augenbrauen.

„Shaawn..." Ich zog die Unterlippe vor und schaute ihn groß mit meinen Braunen Augen an. Das half immer.

„Bei deinem Hundeblick konnte ich noch nie wieder stehen." Als er seinen Arm hervorzog, hielt er ein kleines verpacktes Päckchen in seiner Hand.

„Noch ein Geschenk?" Er nickte lächelnd und setzte sich neben mich auf die harte Matratze. Dann nahm er mir den Blumenstrauß wieder ab und gab mir das Päckchen.

Das Blumige Geschenkpapier war ziemlich unordentlich und zerknittert mit tausend Schichten von Klebeband festgemacht und ich musste bei dem Anblick lachen. Er hatte es bestimmt selber eingepackt so wie es aussah.

Er legte den Kopf schief und lächelte mich an.

„Hey, es kann ja nicht jeder mal in einem Geschenkeladen gearbeitet haben." Wir lachten beide. Ich zog vorsichtig die Schleife von dem Geschenkpapier und legte sie beiseite. Dann nahm ich das Päckchen in die Hand und schüttelte es. Es gab keinen Ton von sich. Überhaupt war es so leicht als wäre es ein leerer Karton.

„Du musst es schon aufmachen um zu sehen was es ist." Er legte den Blumenstrauß zu meinen anderen Geschenken in die Fensterbank und setzte sich dann wieder zu mir. „Und auf das zerknüllte Papier musst du auch nicht aufpassen. Nochmal benutzen kannst du das eh nicht." Schmunzelnd riss ich das Blumige Papier von dem Päckchen und stutze.

„Ja, du musst das Klebeband auch noch abreißen." Ich schaute genervt zu Shawn. „Es ist nicht das erste mal das ich eine Geschenk auspacke, Shawn." Lachend löste ich das Klebeband und öffnete die Schachtel.

Neugierig hob ich den Deckel des Päckchens hoch und legte ihn zusammen mit zerknülltem Papier neben mich auf die Bettdecke. Als ich sah was auf einem kleinen Roten Kissen lag, fasste ich gerührt an mein Herz was vor Überraschung schneller schlug als sonst.

„Das ist..." während ich nach dem richtigen Wort suchte, hob ich die zwei kleinen weißen Schühchen aus dem Paket heraus und nahm sie ihn meine normalerweise kleinen Hände, die durch die Babyschuhe, aussahen wie die von Shawn. Und er hatte riesengroße Hände. In seinen würden die gestrickten Schuhe ohne Zweifel untergehen.

„Das ist das süßeste Geschenk was ich jemals bekommen habe." Er lächelte und nahm meine Hände in seine während ich die Schuhe noch festhielt.

„Ich weiß das es total überraschend kommt mit deinem... also unserem Baby aber weißt du was? Die besten Dinge passieren ungeplant. Ich wollte es dir eigentlich nicht sagen, vor allem nicht jetzt im Moment wo XXX wieder da ist und wo wir uns gerade wieder relativ gut verstehen aber..." Er sog die Luft ein und streichelte mit seinem Daumen über die Haut auf meiner Hand.

„Aber ich muss gestehen ... dass ich nie aufgehört habe dich zu lieben. Falls dich das jetzt überfordert und du erstmal Zeit für dich brauchst um alles zu verarbeiten was Dir wahrscheinlich gerade im Kopf umherschwirrt, kann ich das total verstehen. Ehrlich! Ich komme einfach in ein paar Tagen wieder wenn du das willst. Wenn du überhaupt willst das ich wiederkomme. Aber jetzt wo du schwanger bist und wir in ein paar Monaten zusammen Eltern werden, sollten wir uns vielleicht-" Ich schüttelte schmunzelnd mit dem Kopf.

„Halt die Klappe und küss mich endlich." Er zog die Mundwinkel hoch und legte seine Lippen sanft auf meine. Es war ein wunderschöner Kuss. Einer der einem das Gefühl von Liebe, Sicherheit und Zustimmung gab ohne das man ein Wort sagen musste.

In mir löste sich einer der größten Sorgen und der Stein von meinem Herzen zersprang in tausend Teilchen wie Glas was auf harten Boden. Ich fühlte mich wohl mit ihm an meiner Seite. Die Wärme die er auf mich übertrug und überhaupt das Gefühl von ihm in meiner Nähe tat mir unwahrscheinlich gut. Ich wünschte, dass er mich nie wieder los ließ. Er sollte nie wieder von meiner Seite weichen. Nie wieder.

***
Shawn und ich waren gerade von einem kleinen Spaziergang wiedergekommen als es plötzlich an der Tür meines Zimmers klopfte. Shawn deckte mich zu und gab mir einen liebevollen Kuss bevor ich "Ja" rief und die Tür aufging.

Unser kleiner Spaziergang, in dem Shawn mich mit meinem Rollstuhl durchs Krankenhaus gefahren hatte, hatte mich müde gemacht. Mein gesamter Körper schmerzte immer noch und laut Doktor Gerber würden meine Verletzungen vom Kampf mit XXX erst nach einigen Wochen vollkommen verheilt sein. Die Platzwunden würden laut der lieben Krankenschwester, die ein neues Pflaster auf die Wunden geklebt hatte, gut verheilen. Nur meine Rippen und die blauen Flecken machten mir zu schaffen. Luft holen und lachen tat noch etwas weh.

Nicht zu lachen war eine echte Herausforderung wenn Shawn bei mir war. Er vertrieb wirklich jede schlechte Laune und zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht. Und Schmetterlinge in meinen Bauch wenn ich ganz ehrlich war.

„Guten Tag Misses Valente. Tut uns leid, dass wir erst jetzt vorbei kommen um ihre Aussage anzunehmen. Uns wurde mitgeteilt, dass sie erst jetzt wieder in ihrem Zimmer seien." Ein dicklicher Detective mit weißem langen Zopf, Bart und hellen grauen Augen sowie eine junge Frau mit braunem strengen Pferdeschwanz betraten das Zimmer in dem es langsam dunkel wurde. Die Dämmerung hatte schon eingesetzt obwohl es erst knapp 5 Uhr am Nachmittag war. November eben.

Ich setzte mich leicht auf und Shawn knipste die Lichtleiste hinter meinem Bett an. Die Detectives setzten sich auf zwei Stühle vor dem Bett und Shawn nahm meine Hand und setzte sich zu mir aufs schmale Bett. Diese Betten in Krankenhäusern waren aber auch wirklich immer hart und schmal.

„Mein Name ist Hank McMurray und meine Kollegin neben mir heißt Amalie Kingsman. Wie würden Sie gerne zum Geschehen am Abend der alljährlichen Spendengala vorgestern befragen. An wieviel können Sie sich noch erinnern, bevor Sie bewusstlos in der Damentoilette gefunden wurden?"

Ich atmete tief durch und fing an zu überlegen.

„Also, Shawn und ich hatten uns im Flur vor den Damen und Herrentoiletten getroffen. Dann haben wir uns aufgeteilt. Ich bin direkt zu den Spiegeln ganz hinten in der Damentoilette gelaufen, weil ich meinen Lippenstift nachziehen wollte. Die Tür ging auf und aus dem Augenwinkel konnte ich ein Mädchen ungefähr in meinem Alter erkennen. Ihre Absätze klackerten auf den Fliesen bis sie schließlich neben mir stand und ebenfalls an ihrer Frisur herumfummelte. Sie sagte meinen Namen und mit einem Mal erkannte ich Sie wieder." der Mann nickte.

„Ich weiß nicht wie vertraut sie mit dem unserem Fall sind, Detective, aber damals habe ich dieses Mädchen auf einer Party schon mal gesehen. Sie hatte mir Drogen verabreicht und mich benutzt um einen Plan zu verwirklichen durch den Shawn und ich uns getrennt hatten. Jedenfalls sagte sie, dass ich mich einfach von ihm hätte fern halten sollen, damit der Terror von damals nicht wieder anfing. Dann schlug sie mich so oft, bis ich bewusstlos wurde." Der Mann nickte und Shawn streichelte mir sanft über den Rücken.

„Wichtig für uns und die Ermittlungen ist, wie das Mädchen aussah. Zum Beispiel was sie für eine Haarfarbe hatte. Ob sie groß oder klein war. Vielleicht hatte sie einen Leberfleck oder eine Narbe im Gesicht oder irgendein Merkmal was Ihnen aufgefallen ist und uns auf der Suche nach ihrem Stalker helfen könnte, Miss Valente." Die junge Frau lächelte mich mitleidig an und überschlug ihre Beine.

„Hm, ich kann mich an keine Narbe oder an einen Leberfleck erinnern, aber ihre Haarfarbe weiß ich noch. Sie hatte lange rote eher orangene Haare. Ihre blauen Augen waren umrandet mit einem starken Eyeliner und ihr Gesicht war voller Sommersprossen. Überhaupt hatte sie einen sehr blassen Hautton."

„Das sind schon mal gute Anhaltspunkte, Miss Valente. Wenn es Ihnen besser geht und Sie entlassen werden, würde ich Sie bitten uns auf dem Revier zu besuchen um dem Phantombildzeichner eine genaue Beschreibung zu geben. Während Sie wieder gesund werden, werden wir weiterhin mit Hochdruck nach ihrer Stalkerin suchen."

Shawn machte ein summendes Geräusch und zog so die Aufmerksamkeit auf sich. Er knetete nachdenklich sein Kinn und hob den Kopf an um dann dem Detective in die Augen zu schauen.

„Detective McMurray, wie wollen Sie die Sicherheit von Emilia garantieren, wenn diese Psychopathin, die sie damals tyrannisiert hat und jetzt wieder damit anfängt, da draußen noch auf freiem Fuß ist? Was ist wenn die hier auftaucht und ihr wieder Schmerzen zufügen will?"

„Machen Sie sich keine Sorgen. Solange sich ihre Freundin hier im Krankenhaus aufhält, wird draußen vor ihrer Tür einer unserer Kollegen aufpassen, sodass keine unbefugte Person das Zimmer betreten kann. Sobald Miss Valente wieder zu Hause ist, wird ein Streifenwagen 24 Stunden vor dem Haus aufpassen. Außerdem sind wir von einer gewissen Lea Foxx informiert worden, dass ihr Bodyguard Paul Brady ebenfalls für ihre Sicherheit sorgen wird. Es ist also nahezu unmöglich, ihrer Freundin zu nahe zu kommen, ohne das sie es nicht erlaubt, Mister Mendes." Shawn blies erleichtert Luft aus und nahm meine Hand, aus der die Kanüle mittlerweile raus war, in seine.

„Vielen Dank, Detective McMurray und Detective Kingsman. Hoffentlich finden sie die Psychopathin bald, sodass wir alle wieder durchatmen können. Schon vor 4 Jahren hätte dieses kranke Mädchen hinter Gittern kommen müssen. Oder wenigstens in eine Psychiatrie." Die Polizisten nickten zustimmend und standen auf. Shawn und ich gaben ihnen die Hand und er nahm mich fest in den Arm als die Tür wieder ins Schloss fiel und die Detectives weg waren.

„Doktor Gerald meinte, dass du übermorgen nach Hause darfst. Du musst dir keine Sorgen machen. Ich bin da. Jack, Paul und die Polizei wird auf dich aufpassen. Dir wird niemals wieder jemand solche Schmerzen und Verletzungen zufügen, das verspreche ich dir."

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