[2] Kapitel 17

Der Abend mit Lea war so schön, dass die Zeit viel zu schnell verflogen ist. Vor dem Essen hatten wir meinen Terminkalender für die nächste Woche besprochen, der dank meinem Geburtstag eher flau und stressfrei ausfiel. Der Einzige Termin den ich hatte, war eine Veranstaltung die morgen Abend stattfinden würde. Ansonsten hatte ich die ganze Zeit bis nächsten Mittwoch frei.

Manche Veranstaltungen und Termine konnte man einfach nicht absagen und dazu zählte die Spendengala morgen Abend.

Seit vier Jahren war ich jedes Jahr da. Zu erst mit einem Designer für den ich einen meiner ersten Jobs hatte. Danach alleine oder mit Noel. Es war mir ein großes Anliegen dort zu sein und meine Reichweite auf Social Media auszunutzen um auf die Organisation aufmerksam zu machen. Menschen die es nicht so gut hatten wie ich und meine Familie, sollte ein besseres Leben ermöglicht werden.

„Also, was möchtest du Essen?" Lea packte ihr iPad, wo sie sich alles mögliche notierte, in ihre Handtasche und schlug die Karte auf. Ich tat es ihr gleich und überflog die Speisen.

Nachdem sie sich einen Burger mit Pommes und ich mir Lasagne bestellt hatte, stießen wir an.

„Auf uns. Auch wenn bei dir alles gerade etwas durcheinander ist. Shawn wird sich schon noch melden, ganz sicher!" Ich nickte unentschlossen und klirrte mein Wasserglas gegen ihren Sekt. Ich hatte heute Abend absolut keine Lust auf Alkohol.

Wir unterhielten uns den gesamten Abend, hatten Spaß und genossen das leckere Essen. Solche Abende waren wirklich Goldwert.

***
„Bist du gleich soweit?" rief Vanessa, meine Stylistin, durch die geschlossene Badezimmertür des Hotel in dem wir uns befanden. So wie immer, vor einer Gala, Musikveranstaltung oder sonstigen Events wo ich mich besonders schick machen musste, hatte Lea ein Hotelzimmer gemietet wo wir alle Sachen unterbringen konnten und wo wir genug Platz hatten um mich und meine Begleitungen fertig zu machen.

Vor dem Bett war ein ganzer Schminktisch aufgebaut, mit unzähligen Make Up Artikeln, einem großen Spiegel, Lampen und Haarstyling Gegenstände. Ich war wirklich verdammt froh, das ich Vanessa hatte. Sie war ein Genie auf ihrem Gebiet und zauberte immer die passendes Looks. Sie hatte einen tollen Geschmack was Mode anging, den ich teilte. Egal was sie mir für Outfits raussuchte, jedes Mal gefielen sie mir sehr gut. Fast so, als hätte ich mir sie ausgesucht.

Ich befand mich gerade im Badezimmer des Hotelzimmers und versuchte vergeblich den Reißverschluss meines Kleides zu schließen. Meine Haare und mein Make-up waren fertig, jetzt musste ich nur noch das Kleid anziehen damit wir endlich los fahren konnten. Paul trug seinen schwarzen Anzug schon und Lea hatte sich ebenfalls in Schale geworfen. Sie trug ein Königsblaues Kleid, was an der Taille betont war und dann in einem langen Rock zu Boden fiel.

Ich hingegen trug ein Bordeauxrotes Kleid was hauteng an der Taille anlag, durch einen V-Ausschnitt meine Oberweite betonte und ebenfalls in einem langen Rock zu Boden fiel. Ein Schlitz, der bis zu meinem Oberschenkel reichte, betonte mein Bein und den schwarzen High-Heel den ich trug und der mir einiges an Körpergröße schenkte. Die Ärmel meines Kleides waren komplett mit roter Spitze verziert und verliehen dem Kleid etwas von einem orientalischen Feeling.

Schon als ich das Kleid vor ein paar Wochen anprobiert hatte, hatte ich mich verliebt. Da hatte es mir allerdings noch wie angegossen gepasst. Hatte ich in den letzten Wochen so viel zugenommen, dass meine Oberweite nicht mehr ins Kleid passte?

„Nein, ich bekomme den Reißverschluss nicht zu." Jammerte ich gestresst und betrachtete mich im Spiegel. Meine frisch gefärbten Haare waren zu Beach Waves gelockt und mit zwei kleinen Strähnen nah hinten geknotet. Ich trug einen Lidschatten der perfekt zum Kleid passte und auch der dunkelrote Lippenstift vervollständigte das Gesamtbild.

„Kann ich reinkommen?" Hoffnungslos ließ ich den Reißverschluss an meinem Rücken los und seufzte. „Ja natürlich." Die Badezimmertür öffnete sich und drei neugierige Augenpaare musterte mich. Vanessa kam sofort zu mir geeilt und machte sich an meinem Rücken zu schaffen. Paul und Lea schauten amüsiert dabei zu wie ich den Bauch einzog.

„Hört auf mich so anzugucken. Ich weiß auch nicht warum das Kleid auf einmal nicht mehr zu geht."

Vanessa ruckelte und zog gewaltsam an dem Reißverschluss herum, dass ich etwas Angst bekam. Dieses Kleid war aus der neusten Kollektion eines bekannten Modedesigners. Er hatte mir das Kleid geschenkt, da ich kurzfristig für eines seiner Models bei einer Modenschau eingesprungen war. Es jetzt kaputt zu machen wäre eine Schande. Der Preis lag mit Sicherheit im vierstelligen Bereich so wie die kleinen Payetten und Kristalle auf den Ärmeln und auf der sonstigen Spitze des Kleides funkelten.

„Mach's nicht kaputt." Mahnte Paul und hielt sich schmunzelnd die Hand vor den Mund. Auch Lea schien die Situation eher zu amüsieren.

„Das nächste mal vor einer großen Veranstaltung isst du lieber Salat als eine ganze Lasagne." Augenrollend schnappte ich mir ein Handtuch was neben mir auf einer Ablage lag und schmiss es in Richtung Tür.

„Verschwindet. Ich kann das gerade wirklich nicht gebrauchen." Mit lautem Lachen verschwanden die beiden vom Türrahmen und schlossen die Badezimmertür.

Vanessa versuchte weiter den Reißverschluss hochzuziehen.

„Von einem Eingriff an deinen Brüsten wüsste ich aber, oder?" Verwirrt drehte ich mich zu ihr um.

„Wie bitte? Ich würde mich niemals für sowas unters Messer legen!" Sie zog unschuldig die Hände hoch und drehte mich wieder um, sodass sie weiter an dem Reißverschluss ziehen konnte.

„Sorry, aber deine beiden Begleiterinnen sind riesig geworden. Du hast Glück wenn ich den Reißverschluss überhaupt irgendwann heute Abend noch zu kriege." Seufzend schloss ich die Augen.

„Wie können Brüste denn plötzlich größer werden? Das macht doch überhaupt keinen Sinn. Am Bauch und an meiner Taille passt das Kleid doch auch noch." Bevor Vanessa etwas antworten konnte, ertönte ein zippendes Geräusch und der Reißverschluss war geschlossen.

„Oh Gott sein Dank! Du bist eine Heldin!" Ich fiel ihr in die Arme und drückte vor Erleichterung einen Knutscher auf die Wange. Sie lächelte stolz und vor allem erleichtert und scheuchte mich zur Tür.

„Gerne. So, jetzt aber ab zur Gala, bevor ihr zu spät kommt und Leas Zeitplan komplett durcheinander gerät." Ich lief schnell zur Tür und hüpfte zu Lea und Paul die sofort vom Sofa aufsprangen. Lea reichte mir meine Clutsch und deutete auf die Tür.

„Vielen Dank Vanessa! Bis heute Abend. Nach der Gala komme ich nochmal vorbei." Lea wank ihr zu und drückte mich, gefolgt von Paul, auf den Flur.

Ich hatte Paul eine Ewigkeit nicht mehr gesehen und freute mich, dass er heute Abend wieder an meiner Seite war um mich zu beschützen. Er erinnerte mich immer ein bisschen an Lorenzo, so wie er immer sicherging, das ich in Sicherheit war und nicht von irgendwelchen wilden Fans oder verrückten Fotografen angegriffen wurde.

Es war schon einmal vorgekommen, dass in New York nach einer Musikveranstaltung ein Fan ausgerastet ist, weil er unbedingt ein Foto mit mir wollte. Seit diesem Tag an, wich mir Paul nicht von der Seite wenn wir bei einem Event waren. Im privaten Leben bestand ich jedoch darauf, alleine zu sein ohne Bodyguard. Mein Leben sollte im privaten Bereich immer noch so normal wie möglich sein.

Etwa eine Viertelstunde später hielt Paul den Wagen an. Wir befanden uns genau vor dem Eingang des großen Veranstaltungssaals. Links und rechts neben dem roten Teppich standen zwei große Trauben von Fotografen die wie hungrige Löwen auf ihre Beute warteten.

„Bereit, Mädels?" Paul schaute durch den Rückspiegel zu uns auf die Rückbank und setzte sich eine Sonnenbrille auf als wir nickten. Die Sonnenbrille war bei der Dunkelheit draußen zwar total unnötig, verlieh aber seinem sehr seriösen und gefährlichen Aussehen das fehlende etwas. Wenn ich Paul und seinen humorvollen Charakter nicht kannte, hätte ich glatt etwas Angst vor ihm.

Er stieg aus wobei man durch die geöffnet Tür das Gebrüll der Menschen hörte. Lea nahm meine Hand und drückte sie fest.

„Wir sind gut. Wir sind besser. Wir sind die besten. Keiner kann uns verunsichern. Wir sind stark." Wir murmelten unseren Spruch, den wir vor jeder großen Veranstaltung sagten damit wir uns etwas mehr Selbstbewusstsein zusprachen.

Ich atmete tief durch und nahm Pauls Hand lächelnd entgegen als er die Hintertür aufmachte und mir aus dem Wagen half.

Mit breitem Lächeln lief ich voraus und ließ mich von allen Seiten ablichten. Die Fotografen riefen wild meinen Namen durch durch die kühle Abendluft um meine Aufmerksamkeit zu gewinnen und das schönste Foto zu schießen.

Wenige Augenblicke später drehte ich mich wieder zum Auto und wartete bis Lea bei mir ankam um gefolgt von Paul in den großen Eingangsbereich der Halle zu gehen.

„Das erste ist schon mal geschafft." Flüsterte mir Lea zu und ich grinste erleichtert. Mein Blick schweifte über die riesige Halle auf die wir einen guten Ausblick hatten. Die Treppen zum unteren Bereich waren bedeckt von einem großen roten Teppich und gigantische Kronleuchter ließen den Saal noch größer wirken. Bei den ganzen Runden geschmückten Tischen standen unzählige Menschen in schicken Abendroben. Bei manchen Kleidern, die die Frauen trugen, blieb mir die Spucke weg. Jeder hatte sich hier heute Abend sehr schick angezogen. Ich fühlte mich super in meinem Kleid. Es passte zum Rest und stach etwas hervor so wie der Designer, den ich an einen der Tische entdeckte. Mit seinem linken Federschmuck war er nicht schwer zu erkennen.

„Unser Tisch ist in der Nähe der Bühne. Paul und ich suchen mal danach. Misch du dich unters Volk. Die Agentur hat mir den Auftrag gegeben, dich darauf hinzuweisen, dass du dich bei den heute Abend anwesenden Modedesignern blicken lassen sollst." Ich verdrehte die Augen und nickte.

„Bis nachher. In einer halben Stunde fängt die Gala an, richtig?" Lea nickte.

„Komm dann einfach zum Tisch. Wir werden da sein." Ich summte einverstanden und lief die Treppen zum Saal hinab, wobei die Augen mehrer Personen auf mir lagen. Manche Designer mit denen ich bereits gearbeitet hatte, Wanken mir zu und ich zurück. Es war schön bekannte Gesichter hier zu sehen. Wobei eigentlich jeder anwesende hier ein bekanntes Gesicht für die Öffentlichkeit war. Egal ob Schauspieler, Sänger oder Comedians,  alle berühmten Persönlichkeiten die man so kannte, waren heute hier versammelt, für den guten Zweck.

„Miss Azalea! Was eine angenehme Überraschung Sie heute hier zu sehen!" Ein älterer Mann mit grauen nach hinten gegeelten Haaren, schwarzem Smoking, weißen Handschuhen und dicker Hornbrille kam mit einem Sektglas in der Hand auf mich zu. Im ersten Moment hatte ich ganz vergessen, dass mein Künstlername nicht Emilia war, sondern Azalea.

„Sie sehen wie immer fabelhaft aus, mon Cherié!" Er hob theatralisch sein Glas in die Höhe und schloss genießerisch die Augen.

„Monsieur Carlan! Wie schön sie zu sehen." erfreut fing ich an zu Lächeln und umarmte den kleinen rundlichen Mann wobei mich sein starkes aber gut riechendes Parfum umhüllte.

Monsieur Carlan war einer der bekanntesten Designer aus Paris. Ich hatte am Anfang meiner Karriere die Ehre für ihn auf einer seiner Modenschauen zu laufen und ihn sogar für einen Monat zu begleiten. Er war ein gigantisches Sprungbrett für meine Karriere gewesen, wofür ich ihm ewig dankbar sein würde. Ich hatte ihn bestimmt schon seit zwei Jahren nicht gesehen, da er letztes Jahr nicht auf der Gala war. Deswegen freute es mich umso mehr ihn wieder zu sehen.

Er gab mir sanfte Küsschen auf beide Wangen und nahm meine Hand, die gestern Gott sei dank eine maniküre hatte. Er war ein netter Mann, der aber genau auf ein gepflegtes Aussehen achtete und sagte wenn ihm etwas nicht gefiel.

„Meine hübsche, wie geht es Ihnen? Ich habe gehört, dass Sie ihre Talente nun auch für die Schauspielindustrie einsetzen. Erzählen sie mir doch mal was über ihre Rolle in The London. Die Kritiker haben sie ja wirklich bis über beide Ohren gelobt und wie mir ein Vögelchen gezwitschert hat, kommt im Januar der zweite Teil in die Kinos." Ich nickte zustimmend und hörte seinem französischen Akzent amüsiert zu. Ich liebte es wenn Franzosen englisch sprachen. Es hörte sich einfach toll an, meiner Meinung nach.

Zusammen setzten wir uns an einen kleinen Tisch am Rande der Treppe und ich erzählte alles über den ersten Teil. Ich wusste, dass er sich niemals einen Actionfilm anschauen würde, also machte es ihm auch nichts aus wenn ich ihm alles erzählte.

„In dem Film geht es nicht wirklich um London, wie der Titel vielleicht vermuten lässt. The London wird in dem Film nur ein Drogenkartell genannt, das mein Charakter, FBI Special Agent Linn Davis, und mein Kollege auflösen sollen. Es fliegen ziemlich viele Autos und Häuser durch die Luft, viele Menschen werden getötet oder entführt unter anderem auch mein Charakter, der von einem Mafiaboss entführt wird. Die Arbeit am Set hat sich wirklich gelohnt und Spaß gemacht. Über den zweiten Teil erzähle ich ihnen aber nichts. Vielleicht schauen sie sich ihn ja doch an." Ich zwinkerte dem alten Mann zu, der anfing zu grinsen und den letzten Schluck seines Sektes trank.

„Vielleicht werde ich dies tun, Azalea. Ich bin jedenfalls sehr froh Sie heute wieder gesehen zu haben. Sie haben sich prächtig weiter entwickelt und sehen schöner aus als je zuvor. Mein Assistent wird sich mit ihnen in Verbindung setzen. Nächstes Jahr im Februar würde ich sie gerne mit auf die Fashionweek in Paris nehmen."

In meinem Kopf klingelten die Alarmglocken. Hatte er gerade gesagt, dass ich mit ihm zur Fashionweek in Paris kommen solle? Das war mehr als der Wahnsinn! So ein Angebot war einmalig und unbezahlbar.

Ich nickte mit einem verblüfften Gesicht und wurde wenige Sekunden später wieder von ihm umarmt.

„Ich muss jetzt zu meinem Tisch. Mein Assistent, Clement, wartet schon auf mich. Wir hören und sehen voneinander, Miss Azalea. Es war mir eine Freude." Er stand auf und machte eine leichte Verbeugung, bevor er mir den Rücken zukehrte und mich sprachlos zurück ließ.

Ich stand ebenfalls schnell von meinem Stuhl auf und suchte den Saal nach Leas Hochsteckfrisur ab. Ich musste ihr erzählen, was gerade passiert war.

Als ich den schimmernden Stoff ihres blauen Kleides sah, machte ich mich sofort auf den Weg zu ihr. Ich war sehr gespannt was sie zu den Neuigkeiten zu sagen hatten. Die Agentur war mit Sicherheit auch glücklich darüber, dass ich bald wieder in Paris war.

Kurz bevor ich in der Menge abtauchte um zu meiner Managerin zu laufen, die bereits mit Paul am Tisch saß, entdeckte ich plötzlich etwas, was mir das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Kurz vor der Treppe zum Aus- und Eingang des Saales entdeckte ich Shawn. Er war jedoch nicht alleine. An seinem Arm lehnte eine große schlanke Brünette, dessen langer Arm um seine Hüfte lag. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr und stellte sie dann einem Mann im Anzug vor, der anscheinend ebenfalls zur höheren Gesellschaftsschicht gehörte.

War sie der Grund, dass er sich die letzten Wochen nicht gemeldet hatte? War sie der kurzfristige Termin in Los Angeles? So Gold wie ihre Haut schimmerte konnte ich mir gut vorstellen, dass er sie aus LA mitgenommen hatte um heute Abend den Abend mit ihr zu verbringen. Wut kochte in mir hoch. Er hatte mich nach unserer Nacht sitzen gelassen um mit einer anderen die Zeit zu verbringen? Das konnte echt nicht sein ernst sein.

Bevor mein Verstand sich einschaltete, war ich schon stampfend auf dem Weg zu dem Traumpärchen des Abends. Sie sahen verdammt vertraut aus, so wie sich sich in den Armen hielten. Das zügelte meine Wut nicht gerade.

Als ich bei ihm ankam, stupste ich ihn wohl etwas zu grob in die Seite, wodurch er das schlanke Mädchen losließ und einen Schritt nach hinten taumelte.

„Emilia." Murmelte er überrascht.
Wütend schnaufte ich.

„Ich glaube du hast mir einiges zu erklären, Shawn!"

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