98. Kapitel
Am Morgen war Tia einer der ersten, die natürlich wach waren, obwohl sie erst spät ins Bett gekommen war.
Katie und Leanne hatten noch auf sie gewartet und sie hatten sich noch bis spät in die Nacht unterhalten, aber Tia konnte einfach nicht mehr schlafen, obwohl sie sogar schlecht geträumt hatte.
Aber etwas war anders, als sonst.
Als sie zur Großen Halle kam, waren die Tore versperrt. Nicht nur geschlossen, sondern wirklich versperrt. Tia fragte sich schon, ob sie langsam wahnsinnig wurde. Vielleicht brachte der Schlafmangel sie dazu, zu schwach zu sein, um die Türen zu öffnen oder jemand spielte ihr einen Streich.
Vorsichtshalber sah sie sich um, aber sie war allein und sie hörte und roch auch niemanden. Warum sollten die Tore versperrt sein. Hatte sie vielleicht verschlafen? Fanden gerade Prüfungen statt? Vielleicht hielten die Lehrer auch eine geheime Sitzung im Inneren ab, um sich wegen Umbridge zu beraten.
Aber ihre letzte These wurde wiederlegt, als Professor McGonagall ebenfalls Richtung Große Halle ging – offenbar hatte sie auch nicht sonderlich gut geschlafen, denn sie sah müder aus, als sonst.
„Guten Morgen, Miss Fuego", wünschte McGonagall ihr.
„Morgen, Professor", antwortete Tia ihr und trat einen Schritt zur Seite, um zu sehen, ob es McGonagall gelang, die Türe zu öffnen.
Zuerst schritt McGonagall einfach auf die Tür zu, als wäre nichts, hob ihre Hand, aber im letzten Moment ließ sie diese wieder sinken und drehte sich misstrauisch zu Tia um, die sie interessiert beobachtete.
„Gibt es einen Grund, warum Sie hier draußen warten?", fragte McGonagall sie, offensichtlich misstrauisch von dem seltsamen und auffälligen Verhalten ihrer Schülerin.
„Ich bin nicht sicher", gestand Tia und zuckte mit den Schultern.
McGonagall musterte sie weiterhin. „Ist das ein jämmerlicher Versuch, mir einen Streich zu spielen?", fragte die Professorin das unschuldige Mädchen und erst jetzt fiel Tia auf, wie verdächtig sie aussehen musste und wurde etwas rot.
„Oh... ich... ich denke nicht", stammelte sie, aber McGonagall schien noch nicht überzeugt.
„Miss Fuego, ich habe Ihren Vater schon unterrichtet und habe auch seine schlechten Streiche über mir ergehen lassen müssen, aber noch nie habe ich einen so jämmerlichen Versuch gesehen, wie diesen hier. Wissen Sie überhaupt, was ein wichtiger Punkt bei Streichen ist? Der Verursacher wird, wenn möglich, nicht vom Opfer gesehen."
„Bekomme ich gerade Streiche-Nachhilfe von Ihnen, Professor?", fragte Tia verwirrt, bevor sie ihren Kopf schüttelte und erklärte, „Es ist nur... entweder, ich werde langsam verrückt, oder... ich weiß auch nicht... ich weiß auch nicht, was los ist. Ich glaube, ich habe verlernt, Türen zu öffnen."
McGonagall sah sie verständnislos an. „Ein enttäuschender Versuch, Miss Fuego. Dabei habe ich gedacht, Sie hätten mehr von ihrem Vater und den Weasley-Zwillingen gelernt", McGonagall schüttelte scheinbar ehrlich enttäuscht den Kopf.
„Vertrauen Sie mir, Professor, wenn ich einen Streich spiele, kommt niemand auch nur auf die Idee, dass ich es gewesen bin", schwor Tia und McGonagall warf ihr einen letzten misstrauischen Blick zu, bevor sie sich wieder der Tür zuwandte.
Sie hob wieder die Hand, um die Tür zu öffnen, „Ich verspreche Ihnen, Miss Fuego, wenn ich jetzt ein Opfer eines schlechten Streiches werde, dann –" Sie stockte, als sie bemerkte, dass sie die Türen nicht öffnen konnte.
„Was zum –", sie sah zur Tür, dann zu Tia und wieder zurück zur Tür, „Sie lässt sich nicht öffnen?"
„Zum Glück", seufzte Tia glücklich, „Ich bin nicht verrückt."
„Zum Glück? Miss Fuego, was haben Sie angestellt?", fragte die Professorin sie, aber Tia hob abwehrend die Hände.
„Ich habe nichts gemacht!", schwor Tia, „Ich bin hierher gekommen und habe auch versucht, in die Große Halle zu kommen, aber es hat nicht funktioniert. Zuerst habe ich auch gedacht, es wäre ein Streich, aber ein wichtiger Punkt beim Streichespielen ist es auch, das Opfer dabei zu beobachten, wie der Streich zuschlägt und ich kann niemanden riechen oder hören – ich bin allein gewesen, bis Sie gekommen sind."
„Ich werde Professor Flitwick informieren – Sie warten hier", wies McGonagall sie an und Tia nickte brav.
McGonagall ging den Weg zurück, den sie gekommen war, bevor sie stockte. Tia sah ihr verwirrt hinterher und McGonagall drehte sich zu ihrer Schülerin um.
„Miss Fuego, was haben Sie davor gemeint, als Sie gesagt haben, dass niemand auf die Idee kommt, dass Sie es gewesen sind, wenn Sie einen Streich spielen."
„Ich weiß nicht, was Sie meinen", Tia lächelte unschuldig, „Ich kann mich nicht erinnern, so etwas gesagt zu haben."
McGonagall musterte sie noch einen Moment, bevor sie ihren Weg fortsetzte.
„Sie ist ein Lupin", murmelte sie leise, „Natürlich ist sie ein Lupin. Man sieht es ihr an. Ich hätte schon viel früher auf die Idee kommen können. Sie sind sich so ähnlich."
Tia wartete nicht lange alleine.
Bald nach ihr kam George ebenfalls Richtung Große Halle und er war wohl überrascht, sie zu treffen.
„Guten Morgen, Tia", begrüßte er sie und küsste sie kurz, bevor er verwirrt zu den Türen sah, „Warum wartest du hier?"
„Die Türen lassen sich nicht öffnen", erklärte Tia und runzelte die Stirn, „Ich habe ehrlich gesagt gedacht, Fred und du wären daran schuld, aber offenbar..."
„Die Türen lassen sich nicht öffnen?", fragte George belustigt, „Lass einmal den starken George ran – ich schaff das."
Zuversichtlich schritt er zu den Toren, bevor er genauso wie McGonagall davor stockte, bevor er sie öffnete und sich wieder zu Tia drehte.
„Du spielst mir doch nicht gerade einen Streich, oder?"
Tia seufzte. „Nein, warum fragen mich das alle? Sie gehen wirklich nicht auf."
„Okay...", George wirkte nicht überzeugt, „Aber wenn ich jetzt doch das Opfer werde, dann bin ich enttäuscht von dir – das wäre ein wirklich jämmerlicher Str–"
Er drückte gegen die Tore, aber sie bewegten sich nicht.
„Hm", meinte er und drückte fester, aber noch immer rührte sich nichts.
„Bist du jetzt überzeugt?", fragte Tia unbeeindruckt, „Vielleicht hast du ja vergessen, wer die Stärkere in dieser Beziehung ist. Falls du eine kleine Gedächtnisstütze brauchst – Armdrücken..."
„Hey, wir wollten nicht mehr darüber sprechen!", beschwerte sich George und trat von den Türen weg, „Warum lassen Sie sich nicht öffnen?"
„Keine Ahnung", Tia zuckte mit den Schultern, „Professor McGonagall hat es auch nicht gewusst."
„Du hast nicht zufällig Fred gesehen?", fragte George und sah sich um, „Er ist gestern Abend noch zu Agnes gegangen, aber er ist nicht zurückgekommen." George grinste vielsagend. „Obwohl ich mir schon denken kann, warum. Ich habe nur gehofft, ihn in der Großen Halle zu finden."
„Nein, er ist noch nicht gekommen", überlegte Tia, „Vielleicht ist er an unserem Türen-Problem schuld..."
„Was ist gestern eigentlich noch passiert?", fragte George sie, „Ich habe auf dich im Gemeinschaftsraum gewartet, aber du bist nicht gekommen."
Tia erzählte ihm alles, was noch passiert war – dass Dumbledore nicht mehr in der Schule war, wie Harry und sie beinahe von der Schule geworfen worden sind und wie Umbridge jetzt wohl Schulleiterin war.
Georges Augen waren immer größer geworden und er sah immer besorgter aus.
„Wow", meinte er leise, „Das... das habe ich nicht erwartet."
„Keiner hat das erwartet", stimmte Tia ihm zu, „Und jetzt ist Dumbledore fort..."
„Klingt so, als würden Fred und ich auch bald einen dramatischen Abgang machen", lachte George, „Noch dramatischer, als der von Dumbledore!"
„Am besten, während ihr Umbridge so viel ärgert, wie möglich", schnaubte Tia, „Diese Frau... sie ist einfach –"
Aber bevor Tia den Satz beenden konnte, kamen Professor McGonagall mit Flitwick zur Tür.
„Mr Weasley", McGonagall musterte ihn ebenso misstrauisch, wie sie Tia gemustert hatte, „Sie sind doch nicht dafür verantwortlich, oder?"
„Leider nein", seufzte George, „Ich wünschte, ich wäre es – es braucht einen mächtigen Zauber, um die Türen der Großen Halle zu verschließen. Ich weiß so etwas – Freddy und ich haben es schon einmal versucht."
„Wo ist Ihr Bruder?", fragte McGonagall, die wohl jetzt Fred verdächtigte.
„Das würde ich auch gerne wissen", gab George zu, „Offenbar nicht hier."
Flitwick und McGonagall versuchten halbherzig die Türen zu öffnen, aber es gelang ihnen nicht.
„Wenn das Frühstück verschoben wird, dann wohl auch die Schulstunden", seufzte McGonagall sarkastisch, „Außer natürlich, Professor Umbridge kann uns weiterhelfen."
„Wohl kaum", schnaubte Tia leise, aber George hatte sie gehört und kicherte.
Es trudelten immer mehr Schüler und auch einzelnen Lehrer ein, aber die alle waren genauso verwirrt, wie Tia und die anderen Anwesenden.
Irgendwann kam auch Fred und George winkte ihn zu sich. Grinsend kam Fred zu ihnen und George wisperte leise: „Ist das dein Werk, Freddy?"
„Seht zu und lernt vom Meister", antwortete Fred wage und George schnaubte.
„Vom Meister?", wiederholte er, „Das bist doch nicht etwa du, oder?"
„Nein, ich wünschte es", widersprach Fred, „Der Meister, der alle unsere bisherigen Streiche in den Schatten stellt – Agnes Tripe."
„Agnes?", fragte George und sah sich um, „Wo ist sie?"
Fred verzog das Gesicht und Tia merkte, dass er müde aussah, als hätte er die ganze Nacht nicht geschlafen.
„Sie ist weg", erklärte Fred und George und Tia tauschten verwirrte Blicke aus.
„Weg?", wiederholte Tia.
„Warum?", fragte George.
„Beendet ihr beide jetzt auch schon die Sätze des anderen?", fragte Fred sie belustigt, „Ich habe gedacht, das wäre unser Ding, Georgie!"
„Lenk nicht vom Thema ab!", tadelte Tia ihn.
„Warum ist Agnes weg? Wohin, weg?", fragte George.
„Ich weiß nicht genau", gab Fred zu, „Ich wollte gestern noch nach ihr sehen, aber sie ist mir entgegengekommen – mit ihrem Rucksack und Dorothy. Wir haben zusammen dieses Meisterwerk vorbereitet, aber es war alles Agnes' Idee."
„Du bist die ganze Nacht bei Agnes gewesen?", fragte George grinsend.
„Halt die Klappe", Fred stieß seinem Zwilling leicht in die Seite, „Es ist nicht so, wie du denkst. Agnes und ich haben eigentlich die ganze Nacht gebacken."
„Gebacken?", Tia war verwirrt.
„Du wirst schon sehen", Fred grinste breit und nickte in Richtung Große Halle.
Immer mehr Schüler kamen und es sammelte sich eine große Menschentraube vor der Großen Halle, aber niemand kam hinein.
„Hier kommt sie", Fred grinste und blickte zum Gang, wo Umbridge mit erhobenem Kopf erschien, „Jetzt beginnt der Spaß."
Tia wusste nicht, was er meinte, aber sie hatte auch gar nicht mehr die Chance dazu, denn als Umbridge nahe genug gekommen war, schwangen die Tore auf einmal wie von Zauberhand auf und gaben den Blick in die Große Halle frei.
Es war ein Spektakel – die Tische waren zur Seite geschoben und in der Mitte türmte sich feierlich ein riesiger Turm auf – ein Turm aus Gebäck. Muffins, kleine Kuchen, Törtchen und Kekse – so viel Gebackenes hatte Tia noch nie auf einem Haufen gesehen.
Aber das war nicht alles, denn von den Torten und Keksen kam ein seltsamer Gesang, ein schriller Chor, der in einer eingängigen Melodie sangen:
UMBRIDGE, DER ALTE TROLL,
WIR FINDEN DICH GAR NICHT TOLL!
SOLLST VERSCHWINDEN DU HÄSSLICHE KRÖTE,
BEI DEINEM ANBLICK HABE ICH GROSSE NÖTE!
IN HÄSSLICHKEIT NUR DU DICH ÜBERTRIFFST,
WENN MAN DEINE DUMMHEIT NICHT VERGISST.
EIN MAUL WIE EINE KRÖTE
UND EINE STIMME WIE EINE VERSTIMMTE FLÖTE,
SO SINGEN WIR ALLE LAUT UND KLAR,
EINE WELT OHNE UMBITCH WÄRE WUNDERBAR!
„Was zum –", Tia grinste breit, bevor sie zu kichern begann und bald folgten ihrem Beispiel auch andere Schüler. Es war ein so absurder Anblick und das Lied war mehr als nur wahr und jeder wusste das.
„Wer ist dafür verantwortlich!", kreischte Umbridge und sah sich wie eine Wahnsinnige um – ihr gefiel das Lied offenbar nicht.
„Professor, ich weiß, dass Agnes Tripe aus Ravenclaw dafür bekannt ist, zu backen – vielleicht sollte Sie sie einmal fragen", schlug Malfoy – der Junge ging Tia immer mehr auf die Nerven.
„Miss Tripe? Wo ist sie?", rief Umbridge triumphierend, aber McGonagall bahnte sich durch die Schülermenge einen Weg und bemerkte: „Entschuldigen Sie, aber Miss Tripe hat gestern Abend in einem Brief angekündigt, die Schule zu verlassen, ich befürchte, sie kann es nicht gewesen sein, denn sie war noch vor Schlafenszeit weg."
Aufgeregtes Flüstern ging durch die Schülermenge und viele waren erstaunt und überrascht, dass Agnes weg war, aber Tia hatte es schon von Fred erfahren. Also hatte er die Wahrheit gesagt.
Wahrscheinlich war sie gegangen, weil Umbridge nun Schulleiterin war und diese etwas gegen Werwölfe hatte. Tia fand es schade, dass Agnes darum die Schule hat verlassen müssen – sie war eine ausgezeichnete Hexe und ihre Noten waren wirklich gut. Eigentlich hätte sie erfolgreich ihre UTZ schreiben sollen und mit einem ausgezeichneten Zeugnis Hogwarts wie jeder andere auch verlassen sollen.
„Weg? Wo ist sie hin?", kreischte Umbridge.
„Das sollte nicht mehr unsere Angelegenheit sein, nachdem sie volljährig ist", bemerkte McGonagall und ein kleines Lächeln schlich sich in ihr Gesicht.
„Wer war das dann?", fragte Umbridge, aber niemand meldete sich. Natürlich meldete sich niemand – niemand war so dumm das zu tun – außerdem war Agnes gar nicht da – der wahre Mastermind hinter dem legendären Streich.
Umbridge zückte ihren Zauberstab und wirkte einen Zauber auf das Gebäck in der Mitte der Großen Halle, aber anstatt zu verschwinden, vergrößerte sich der Haufen urplötzlich und wurde größer und damit auch lauter.
Umbridge schrie aus Frust auf und versuchte es weiter, aber nichts funktionierte – natürlich.
„Also... ich weiß nicht wie's euch geht, aber ich frühstücke erst einmal", beschloss Fred heiter und schritt direkt auf den Haufen zu und nahm sich einen Keks.
Einige Schüler beobachteten ihn misstrauisch, als könnten sie nicht ganz glauben, dass man das alles wirklich essen konnte, aber als Fred nur glücklich seinen Keks aß und ihm nichts passierte, trauten sich auch langsam andere näher heran und nahmen sich Frühstück.
„Halt!", kreischte Umbridge, „Lasst das!"
„Und das gute Essen verderben lassen?", fragte McGonagall mit hochgezogener Augenbraue, bevor sie sich selbst einen Muffin nahm und direkt vor Umbridge hineinbiss – es war ein ungewöhnlicher Anblick, Professor McGonagall noch provozierend zu sehen und einige Schüler sahen sie verwirrt an.
Auch George hatte den Mund überrascht geöffnet und sah zwischen Tia und McGonagall hin und her.
„Tut mir echt leid, Tia", meinte er zu ihr, „Aber ich glaube, ich habe mich gerade verliebt."
„Kein Problem, George", meinte Tia ebenfalls verdutzt und starrte ihre Professorin an, „Ich glaube, ich auch."
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