77. Kapitel
Als Tia und die Zwillinge in die Küche kamen, saßen dort noch Remus und Sirius. Remus musterte Tia und George missbilligend, als er sah, dass die beiden Händchen hielten, aber Sirius stupste ihn grinsend an, damit er nicht mehr so unzufrieden aussah.
„Wisst ihr, ob es hier etwas zum Essen gibt?", fragte Tia die beiden.
„Ich glaube, Molly wollte später kochen", antwortete Sirius ihr, „fragt doch einmal bei ihr nach."
Tia verzog kurz das Gesicht, sagte aber nichts dazu.
Remus hielt es nicht mehr aus und stand von seinem Platz auf dem Stuhl auf und ging zu Tia und George. George dachte sich nicht viel dabei, immerhin war er sein alter Professor und obwohl er ein Werwolf war, hatte George nie wirklich das Gefühl gehabt, sich vor ihm fürchten zu müssen.
Erst, als er sich schon beinahe vor George aufbaute, während Tia die Kästen nach einem sauberen Glas durchsuchte, bemerkte er, dass irgendetwas seltsam war.
„Ähm...", stammelte George, „Ja?"
Tia warf ihrem Freund einen kurzen Blick zu und bemerkte seine glimpfliche Lage, wusste aber auch, dass er wohl da durchmusste. Immerhin war Remus ihr Vater.
„Du bist jetzt also mit Tia zusammen?", fragte Remus George.
„Äh...", George sah hilfesuchend zu Tia, die ihn belustigt ansah.
„George, ich habe dich noch gar nicht meinem Vater vorgestellt – Remus, das ist George, George, das ist Remus. Ihr kennt euch schon, aber jetzt ist es offiziell."
„Vater?", wiederholte George mit hoher Stimme und plötzlich fühlte er sich doch eingeschüchtert von seinem alten Professor, der doch immer so freundlich gewesen war. Niemals hatte er gedacht, dass Remus Lupin Tias Vater sein konnte. wie sollte er die beiden auch verbinden? Natürlich machte nun eine Menge Sinn – immerhin war Tia immer zu Vollmond wach, wie ein Werwolf, ihre Sinne waren verbessert, wie die eines Werwolfs und jetzt, wo George sie so nebeneinander sah, bemerkte er auch, dass sie sich nicht so unähnlich sahen.
„Moony, wie fühlst du dich so als Vater einer Tochter in einer fixen Beziehung?", fragte Sirius von seinem Platz aus.
„Warte", unterbrach Fred die Unterhaltung – bisher hatte er amüsiert dabei zugesehen, wie George von seinem „Schwiegervater" zur Schnecke gemacht wurde, indem dieser ihn einfach nur anschaute und George sich dadurch schon beinahe in die Umhänge machte – „Moony, wie in –"
„Wurmschwanz, Moony, Tatze und Krone?", vollendete George den Satz.
„Die einzig wahren", Sirius machte sitzend eine leichte Verbeugung, „Ihr habt also unsere Karte gefunden."
„Gestohlen", verbesserte Fred ihn „Aus Filchs Büro."
„Keine Ahnung, wie sie dort gelandet ist, aber wir haben sie in einer Schublade gefunden, die mit Sehr gefährlichbeschriftet gewesen ist – wir haben uns gedacht, das klingt interessant."
Der Mann, der dich gerade so einschüchternd anstarrt ist das Genie hinter der Karte", gab Sirius zu, „Eigentlich hat er das meiste verzaubert... ohne ihn hätte wir es nicht geschafft."
Remus bemühte sich zwar, weiterhin einschüchternd auszusehen, aber es gelang ihm nicht wirklich und seufzend ging er einen Schritt zurück und George atmete erleichtert aus.
„Unsinn", schnaubte Remus, „Du und James – ihr habt die Idee gehabt."
George runzelte bei dem Namen die Stirn. „James, wie in –"
„Harrys Vater, ja, James Potter", bestätigte Remus nickend, „Wir haben ihn Krone genannt. Einer der Rumtreiber."
„El traviesos, wenn ich bitten darf!", verbesserte Sirius ihn grinsend und Remus verdrehte die Augen.
„George, du musst deine Mutter fragen, wann sie Essen macht", wisperte Tia ihren Freund leise zu, „Ich will nicht nachfragen."
„Früher oder später wird sie schon noch mögen lernen. Sie kennt dich eben noch nicht gut genug", meinte George.
„Aber im Moment kann sie mich nicht leiden", flüsterte Tia zurück.
„Molly kann dich nicht leiden?", fragte Sirius grinsend.
„Ich weiß nicht, warum", jammerte Tia, „Ich habe ihr nichts getan!"
Sirius und Remus tauschten Blicke aus. „Vielleicht ist sie nur übervorsichtig ihrem Sohn gegenüber", schlug Sirius grinsend vor mit einem vielsagenden Blick in Remus' Richtung, „So wie ein gewisser Vater seiner Tochter gegenüber."
„Halt die Klappe, Tatze", schnaubte Remus.
„Auf jeden Fall kann ich jetzt nicht fragen gehen, ob sie etwas zum Essen macht", meinte Tia und verschränkte die Arme vor der Brust, „Aber ist habe Hunger."
„Ich habe noch Schokolade eingesteckt", bot George an und hielt sie Tia hin. Diese musterte ihn verwirrt, bevor sie lächelnd und glücklich die Schokolade nahm.
„Hast du das gesehen, Moony?", Sirius stieß Remus in die Seite, „Er hat schon Schokolade dabei! Ist das nicht niedlich?"
Remus wusste darauf keine Antwort. Als Vater der Tochter konnte er nicht offen zugeben, wie niedlich er das fand, aber mit diesem Schritt hatte George sich so einige positive Punkte bei ihm verdient und das war bestimmt nicht so einfach.
George war wohl der einzige Grund, warum Tia es in dem Haus aushielt. Anders, als George erwartet hatte schien sich Molly nicht mit ihr aufzuwärmen und auch Hermine blieb unfreundlich ihr gegenüber. Beim letzten Vollmond war Tia gestresst genug gewesen, um mit stechenden Kopfschmerzen die ganze Nacht wach zu liegen, während Ginny und Hermine ruhig schliefen, die zusammen mit ihr in einem Zimmer waren.
Nach dem Vollmond änderte sich die Stimmung unter den Erwachsenen als wäre es ganz schlimmes passiert, aber Tia konnte einfach nicht erfahren, was genau passiert war. Die Ordensmitglieder waren besonders vorsichtig, vor ihnen nichts zu sagen.
Alles änderte sich, als Agnes Tripe kam.
Tia kannte Agnes Tripe kaum – sie hatte sie schon häufiger gesehen, aber sie hatte eigentlich noch nie wirklich mit ihr gesprochen.
Es war ein Morgen und sie saßen zusammen beim Frühstück, als sie zusammen mit Remus ankam, aber sie sah sehr verändert aus.
In ihrem bisher reinen, bleichen Gesicht zogen sich hässliche Narben und sie sah müde aus mit dunklen Augenringen unter den hübschen, eisblauen Augen. Sie hatte zwar versucht, ihre weißblonden Locker so über ihr Gesicht zu drapieren, dass man die Narben nicht sah, aber es war ihr nicht sonderlich gut gelungen.
Einen Moment stand sie unsicher im Türrahmen, als jeder sie erschrocken anstarrte – keiner hatte damit gerechnet, dass Agnes Tripe in so einem Zustand irgendwann zum Orden des Phönix kommen würde.
Besonders Fred schien betroffen, von dem Tia auch irgendwie wusste, dass er sie mochte. Sie konnte sich gar nicht vorstellen, wie es für ihn sein musste, das Mädchen, das er mochte in so einem Zustand zu sehen und Tia sprach nicht von den hässlichen Narben. Agnes sah so müde aus, so fertig und sie zuckte bei jedem kleinen Geräusch zusammen.
Vermutlich hatte sie verbesserte Sinne. Vermutlich hörte sie Geräusche lauter, als bisher, vermutlich roch die verschiedenen Gerüche, die ihr bisher noch nicht aufgefallen waren...
Tia wusste in dem Moment, in dem sie Agnes Tripe sah und roch, dass sie sich verändert hatte und es war bestimmt kein Zufall, dass Agnes so vernarbt kurz nach Vollmond zu ihnen kam. Agnes Tripe war ein Werwolf – Tia roch es an ihr. Genauso roch ihr Vater und natürlich konnte das auch noch andere Gründe haben, aber zusammen mit den Narben und ihrem Aussehen schloss Tia daraus, dass sie von einem Werwolf angegriffen und gebissen worden war. Das würde auch das Benehmen der Erwachsenen erklären – in einen Werwolf verwandelt zu werden war keine Kleinigkeit, besonders nicht für jemanden in Agnes' Alter.
„Guten Morgen", begrüßte Agnes alle mit einem nervösen Lachen, „Habt ihr auch so furchtbar geschlafen, wie ich? Seltsames Wetter heute, oder?"
Tia fand, das war eine seltsame Begrüßung, aber vermutlich wollte Agnes einfach nur das Eis brechen und unter den vielen Blicken der teils Fremden fühlte sie sich sicher auch unwohl.
„Das ist wirklich eine ungewöhnliche Art, sich vorzustellen", bemerkte Remus, der hinter ihr in die Küche kam.
„Wie soll ich es sonst machen?", fragte Agnes verwirrt, „Hallo, Leute. Mein Name ist Agnes Tripe und meine Eltern sind wahnsinnig. Am liebsten töte ich Menschen und esse ihre Innereien, während ich schlechte Jazzmusik höre."
Davon war Tia noch verwirrter. Sie kannte sich nicht mit reinblütigen Familien aus und daher kannte sie weder den Namen Tripe noch Agnes' Eltern, aber vielleicht konnte George ihr später mehr erzählen.
„Was?", rief Sirius erschrocken, „Wie kannst du nur? Jazzmusik? Bist du vollkommen wahnsinnig?"
„Und das schlimmste – ich sortiere nicht meine Socken", fügte Agnes noch hinzu.
„Nein!", keuchte Sirius, „Nicht auch das noch! Socken sind dazu da, dass man sie sortiert!"
„Als wären auf einmal zwei Sirius anwesend", murmelte Tonks seufzend und Tia musste ihr zustimmen.
„Könnte daran liegen, dass sie verwandt sind", zeigte Remus auf und einen Moment war es still, bevor Agnes sich vorsichtig und langsam auf einen leeren Stuhl setzte.
„Du hast doch bestimmt Hunger, Liebes", vermutete Mrs Weasley und Agnes nickte.
„Ich denke, eine Erklärung wäre angebracht", begann Agnes und sah sich in der Runde um, „Gibt es Gründe, warum verrückte Massenmörder am Tisch sitzen?"
„Wen nennst du da verrückte Massenmörder?", rief Sirius empört, „Junge Dame, Molly mag zwar manchmal eine ziemlich verärgerte Frau sein, aber das ist doch kein Grund, sie einen Massenmörder zu nennen!"
Tia kicherte, als er das sagte, aber Remus seufzte und schüttelte den Kopf.
„Sirius!", tadelte Mrs Weasley ihn scharf, „Agnes ist bestimmt müde, hungrig und verwirrt – sie hat jetzt bestimmt keine Geduld, für deinen Sarkasmus!"
„Genau", Agnes grinste ihn unschuldig an, „Ich bin doch nur verwirrt – Sarkasmus ist mirgegenüber nicht angebracht."
„Aber sie darf sarkastisch sein?", rief Sirius empört, aber nach einem warnenden Blick von Mrs Weasley verstummte er.
„Jetzt aber ernsthaft – was geht hier vor?", wiederholte Agnes ihre Frage.
„Wir dir eventuell sogar aufgefallen ist, bin ich schon vor zwei Jahren ausgebrochen. Dem Ministerium ist es nie gelungen, mich wieder festzunehmen, also konnte ich Harry und Professor Dumbledore von meiner Unschuld überzeugen", erklärte Sirius schnell.
„Es ist genau so kompliziert, wie es klingt", bestätigte Remus seufzend.
„Du bist also unschuldig?", fragte Agnes vorsichtig.
„Ganz genau!", rief Sirius triumphierend, „Du scheinst klüger zu sein, als deine Eltern!"
„Das ist auch nicht sonderlich schwer", bemerkte Agnes.
„Sie ist auch in Ravenclaw", fügte Fred hinzu.
„Eine Tripe in Ravenclaw!", rief Sirius belustigt aus, „Nicht so schlimm, wie bei mir, als ich nach Gryffindor kam, aber immer noch an der Grenze zum Selbstmord."
„Der Hut hat mir die Wahl gelassen – Slytherin oder Ravenclaw und was soll ich sagen? Grün steht mir eben nicht", Agnes zuckte mit den Schultern und Sirius lachte laut auf.
„Es war ein Fehler, die beiden zusammen in einen Raum zu stecken", fluchte Remus.
Mrs Weasley stellte vor Agnes einen großen Teller mit Frühstück – Speck, Rührei und Toast.
„Die Erwachsenen müssen noch sprechen, geht inzwischen in eure Zimmer!", scheuchte Molly sie irgendwann hinaus aus dem Zimmer.
„Wir sind gleich alt, wie Agnes!", beschwerte sich Fred lauthals.
„Genau genommen bin ich drei Monate älter", feixte Agnes sie gingen doch alle, außer Agnes.
„Was glaubst du, was ist mit ihr passiert?", fragte George seine Freundin.
„Oh, ich glaube, ich weiß es", meinte Tia zu Georges Überraschung, „Aber ich werde es dir nicht sagen. Ich glaube, das sollte Agnes euch selbst sagen."
Mit diesen Worten rannte sie die Treppen hoch und ließ die Zwillinge stehen.
„Woher weiß sie das?", fragte Fred verwirrt, „Sie hat nicht einmal mit Agnes gesprochen."
„Vielleicht ist das so ein Ding zwischen Mädchen", vermutete George, „Vielleicht können sie stumm kommunizieren."
„Wahrscheinlich", meinte Fred, „Das würde ich ihnen sogar zutrauen..."
„Ich auch", nickte George, „Ich auch..."
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