64. Kapitel
„Ich liebe deine Haare", seufzte Leanne verträumt und fuhr mit ihren Fingern noch einmal über Tias Haare. Tia besaß nicht viel von dem Aussehen einer Veela. Sie war zwar wunderschön, aber weder die weißgoldenen Haare noch das feengleiche Aussehen, aber was sie von einer Veela geerbt hatte, waren die Haare, die immer so aussahen, als wären sie ein wehender Schleier im Wind. So leicht und fein, wie Seide. Deswegen flocht Tia sie auch immer, aber Leanne hatte beschlossen, dass sie sie beim Ball unbedingt offen tragen musste.
„Ich weiß nicht, werde ich nicht wie ein Pudel aussehen?", fragte Tia unsicher. Sie vertraute zwar darauf, dass Leanne einen guten Geschmack hatte, aber bei ihren Haaren war sie schon immer unsicher gewesen.
„Du siehst einfach wundervolle aus", versicherte Leanne ihr, die selbst nicht ohne war. Das rosa Kleid, das ursprünglich Katie gehört hatte, stand ihr, etwas verkleinert wirklich gut. Dazu hatte sie noch ein Talent für wunderschöne Frisuren, also bereitete sie sowohl Tias als auch Katies Haare vor.
Katie wirkte um einiges glücklicher, als sie es zuerst getan hatte. Der Anzug stand ihr perfekt und passte wie angegossen und auch selbst wirkte sie, als würde sie sich wohl fühlen.
„Wir sollten auch langsam losgehen, sonst sind wir die letzten", bemerkte Katie mit einem Blick auf ihre Uhr.
„Du tust gerade so, als würden wir lange brauchen", schnaubte Leanne.
„Wir brauchen lange", fiel Tia auf, „Wir sind schon seit zwei Stunden hier, nur um unsere Kleider anzuziehen und meine Haare zu frisieren."
„Pst", unterbrach Leanne sie, „Das muss niemand wissen. Und zwei Stunden sind nicht lang – andere Mädchen sind schon den ganzen Nachmittag hier und bereiten sich vor."
„Klingt anstrengend", bemerkte Tia.
„Aber wir brauchen nicht so lange, sondern gehen jetzt", Katie schnappte sich Tia und zog sie mit sich. Tia warf Leanne einen entschuldigenden Blick zu, aber auch diese folgte ihnen kopfschüttelnd.
Doch Tia bereute es sofort. Leute drehten sich zu ihr, wandten die Köpfe um, als sie an ihnen vorbeischritt und Tia spürte die verhassten Blicke der weiblichen Schülerinnen auf sich. Tia war Aussehen noch nie wichtig gewesen. Nachdem ihre Großmutter ihren Körper zerstört hatte, um schön zu sein, war sie mit der Moral aufgewachsen, dass Aussehen nicht alles war. Und deswegen versteckte Tia es auch immer so gut sie konnte. Sie flocht ihre Veela-Haare, zog sich nicht besonders an, schminkte sich nicht und vermied es auch, sich irgendwie besonders herzurichten. Aber Leanne hatte darauf bestanden, dass Tia nicht nur mit hübschem Kleid und offenen Haaren zum Ball gehen konnte. In ihren Haaren hatte sie einige goldene Bänder geflochten und auch goldenen Schmuck ihr geliehen. Große, goldene Ohrringe glitzerten im Licht und außerdem hatte Leanne sie geschminkt. Noch nie war Tia geschminkt gewesen, was den Effekt noch mehr verstärkte und sie noch hübscher wirken ließ, obwohl Tia es bevorzugt hätte, es nicht zu tragen.
„Es starren mich alle an", murmelte Tia leise, damit nur ihre Freundinnen sie hören konnten.
„Weil du wunderschön bist, Schätzchen", erinnerte Katie sie kichernd.
„Die sind eifersüchtig", fügte Leanne hinzu, „Das ist ein gutes Zeichen."
„Ich hätte es lieber, wenn sie nicht eifersüchtig wären, sondern wir uns alle gegenseitig hübsch finden könnten", schlug Tia vor.
„Das ist dein Abend", widersprach Katie ihr, „Sei so hübsch, wie du willst!"
Tia hätte ihr gerne widersprochen, aber Leanne verabschiedete sich von ihnen und ging zu Andrew Kirke, der schon auf sie wartete, aber dessen Blick lag nur auf Tia.
Leanne bemerkte das natürlich und sah ihn genervt an, bevor sie ihn wegzog. Tia fühlte sich schlecht, weil sie ihrer Freundin den Freund ausspannte, ohne es wirklich zu wollen. Sie wollte eigentlich nur eine gute Zeit mit Alicia haben.
Auch Alicia stand bei Angelina und als Tia die Treppen des Schlafsaals hinunterkam, blieb ihr der Mund offenstehen. Aber dieses Mal war es nicht nur Alicia, sondern auch Angelina schien von dem Veela-Zauber befallen zu werden, bevor sie ihren Kopf schüttelte und sich daraus befreite.
„Wow, sie ist wunderschön", wisperte Angelina zu Alicia, die noch immer den Blick nicht abwenden konnte, „Hast du dir das wirklich gut überlegt? Noch hast du nicht mit ihr gesprochen."
Alicia wusste, wovon ihre Freundin sprach und zuerst schien ihr Hirn wie benebelt und sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Alles drehte sich nur noch um Tia und sie wollte unbedingt auffallen. Erst dann bemerkte Alicia, dass sie schon wieder von Tias Veela-Zauber beeinflusst wurde und konnte mit diesem Gedanken diesen abwerfen.
Alicia beobachtete, wie George Weasley zu Tia ging und diese ansprach. Er sagte etwas und Tia lachte schüchtern auf. Tias Augen glitzerten und George verabschiedete sich wieder von ihr, um wieder zu seinem Zwilling zu gehen. Zusammen schienen die beiden immer so glücklich – als könnten sie die Welt zusammen verändern und nichts könnte sich in ihren Weg stellen.
„Ja, ich habe es mit ganz genau überlegt", nickte Alicia sicher und Angelina lächelte sie traurig an.
„Ich muss noch einmal hoch – ihr beide könnt ruhig schon vorgehen", schlug Angelina vor, „Wir sehen uns unten."
„Klar." Alicia atmete noch einmal tief durch, lächelte und ging erst dann zu Tia. Tia sah sie nicht sofort, aber sobald sie sie erblickte, begann sie zu lächeln und rannte auf sie zu, um sie in eine Umarmung zu ziehen.
„Du bist wunderschön", gestand Tia und schaute ihre Freundin noch einmal ganz genau an. Alicia trug wie Katie kein Kleid, sondern einen Anzug, den sie aber von Anfang an von ihren Eltern bekommen hatte. Ihre Haare hatte sie sich von Angelina noch einmal kürzer schneiden lassen und sie standen noch etwas mehr auf, wie sonst. Ansonsten war sie ungeschminkt und sah eigentlich wie immer aus, im Gegensatz zu Tia, bei der Leanne all ihre Fähigkeiten zeigen konnte.
„Du hast dich wohl noch nicht gesehen", schnaubte Alicia schüchtern und wurde rot.
„Wollen wir schon hinunter?", fragte Katie, „Ich will nicht die letzte sein."
„Klar – gehen wir", bestimmte Tia und zog Alicia und Katie hinter sich her, die sie beiden an den Händen genommen hatte.
Vor der Großen Halle in der Eingangshalle warteten schon viele Schüler darauf, ins Innere gelassen zu werden. Tia fühlte sich noch unsicherer, als so viele Köpfe sich in ihre Richtung wandten und sie anstarrten, als hätten sie noch nie ein Mädchen gesehen. Leute tuschelten und Tia versuchte, ihnen nicht zuzuhören, aber es gelang ihr nicht immer. Eigentlich wollte sie nur einen schönen Abend mit Alicia und ihren Freundinnen haben, aber Fremden fiel immer schnell auf, wenn jemand hübsch war und auf einmal wurde man interessanter. Die Persönlichkeit war dann nicht mehr wichtig.
Der einzige Blick, der Tia amüsierte war der von Vicky, die sich mit einem Slytherin-Jungen, der ein Jahr unter ihnen war verabredet hatte, den Tia nicht kannte. Vicky und ihre Begleitung starrten Tia mit offenen Mündern an, aber als Vicky ihren Blick auffing, setzte sie wieder ihre hassende Miene auf und wurde rot. Tia kicherte.
Als die Schüler in die Große Halle gebeten wurden, schien sich die Schülermenge vor Tia zu teilen, als sie anmutig wie eine Veela an ihnen vorbeischritt, aber Tia selbst war dafür blind und nahm es kommentarlos hin, während sie ihre beiden Freundinnen mit sich zog.
„Suchen wir uns einen schönen Platz", meinte sie, als sie die Große Halle betraten. Sie sah so anders aus, als sonst – mit funkelnden Eiskristallen und Efeu war alles weihnachtlich geschmückt und die Haustische waren mit vielen kleineren Tischen ersetzt worden, an denen vielleicht zwölf Schüler immer Platz finden konnten.
Tia erblickte Leanne mit Andrew Kirke und winkte ihnen zu, bevor sie ihre beiden Begleitungen dorthin bugsierte und die sonst schüchterne und zurückhaltende Tia schien in all der Schönheit der Leute und der Halle aufzublühen und zu glänzen, obwohl sie selbst einer der glänzendsten unter ihnen war.
Andrew konnte seine Augen nicht von Tia abwenden, aber Leanne begrüßte ihre Freundinnen herzlich, obwohl sie sich gerade eben noch gesehen hatten.
„Setzt euch", bot Leanne an, aber ihr Blick besagte, dass mehr dahintersteckte, als nur, dass sie ihre Freundinnen bei sich haben wollte. Es schien mit Andrew wohl nicht so zu laufen, wie erwartet.
Statt wie sonst die Gerichte auf den Tischen zu finden, lag vor jedem von ihnen eine Speisekarte und nur langsam verstanden die Schüler, wie diese funktionierte, nachdem es die Professoren ihnen vorgemacht hatten.
Tia begann zu lächeln, als sie sah, dass es auch Paella geben würde und bestellte sich sofort das. Paella war schon immer ihr Leibgericht gewesen.
Tia versuchte sich auf ein Gespräch mit ihren Freundinnen zu konzentrieren, obwohl das ziemlich schwer war, nachdem so viele Schüler in interessante Gespräche in der Großen Halle verwickelt waren und alle noch aufgeregter zu sein schienen, als sonst bei irgendwelchen Festen. Es waren zwar nicht so viele Schüler wie sonst anwesend, aber es war laut genug.
Sie genoss ihr Essen und unterhielt sich mit ihren Freundinnen, aber als alle zu Ende gegessen hatten, erhoben sie sich und Dumbledore zauberte die Tische zur Seite.
Eine Bühne erschien und mit ihr Instrumente. Tia hatte schon von den Schicksalsschwestern gehört, die spielen würden, immerhin waren Katie und Leanne große Fans von ihnen, also wusste sie, dass es laut werden würde. Sollte es ihr zu viel werden, konnte sie noch immer Ohrstöpsel in die Ohren geben, aber zuerst wollte sie es ohne probieren.
Am Anfang spielten die Schwestern aber noch gar nicht so laut, sondern begannen mit etwas Langsamen und Ruhigem.
Zuerst waren nur die vier Champions mit ihren Begleitungen auf der Tanzfläche, aber schon bald folgten ihnen noch andere Paare.
„Schau, da ist George", meinte Tia und zeigte zu dem rothaarigen Mann mit seiner Begleitung, die Tia als Agnes Tripe erkannte, einer Ravenclaw-Schülerin, die ein Jahr über ihnen war.
„Bist du sicher? Ist das nicht Fred? Fred mag doch Agnes", erinnerte sich Katie wage.
„Nein, das ist George, ich bin mir sicher", bestätigte Tia. Keiner von ihnen hatte gewusst, dass George tanzen konnte, aber als er so mit Agnes über die Tanzfläche zu schweben schien, warfen ihnen viele neidische Blicke zu. Und Agnes selbst war wunderschön, wie Tia fand. Ihr Kleid kupferfarben und ihre weißblonden Haare hochgesteckt, wie normalerweise nur Leanne es konnte sah sie zauberhaft aus und sie und George schienen sich gut zu unterhalten.
Es stach ein wenig in Tias Brust, die beiden zusammen zu sehen, aber andererseits war sie glücklich, dass George doch noch eine solche Begleitung gefunden hatte, nachdem sie ihn abgewiesen hatte. Fred hingegen war mit Angelina gekommen und Tia verstand nicht ganz, warum Fred nicht Agnes gefragt hatte, nachdem er sie doch so gern mochte, aber eigentlich hatte es vermutlich keinen Sinn, die Zwillinge zu hinterfragen – letztendlich verstanden doch nur die beiden ihre Pläne ganz.
„Warum geht ihr beide nicht tanzen?", fragte Katie und stieß Alicia und Tia ermutigend an.
„Oh, ich weiß nicht", Tia wurde rot, „Ich kann doch nicht so gut tanzen und ich will dich nicht allein lassen."
„Ich kann überhaupt nicht tanzen", gab Alicia zu, „Ich habe es nie gelernt."
Tia sah sie verwundert an. „Wirklich nicht?", fragte sie ungläubig und Alicia schüttelte den Kopf, „Dann sollten wir das ändern. Ich bringe es dir bei."
„Am besten jetzt", schlug Katie vor, „Keine Sorge, ich komme zurecht. Geht ihr beide nur tanzen."
Sie stieß sie zur Tanzfläche und es blieb ihnen nichts anderes übrig, als zu tanzen.
„Du legst diese Hand einfach hierhin und die andere dort", erklärte Tia und legte Alicias Hände zurecht. Alicia war knallrot, beschwerte sich aber nicht, sondern ließ Tia einfach machen.
„Und dann musst du auf den Rhythmus hören", erklärte Tia, „Und mitzählen. Ein – zwei – drei. Eins – zwei – drei."
Und Tia führte Alicia über die Tanzfläche und sie waren bei Weitem nicht so elegant, wie George und Agnes, aber sie tanzten zumindest und waren beide knallrot im Gesicht und vermieden es, sich anzusehen.
Einmal tanzten George und Agnes an ihnen vorbei und George blinzelte Tia zu, bevor er Agnes hochhob und im Kreis wirbelte, bevor er sie wieder absetzte und sie einfach weitertanzten.
Es war wirklich schön, ihnen beiden dabei zuzusehen und es war auch klar, dass die beiden hauptsächlich angaben und ihre Fähigkeiten vorzeigen.
Als das Lied zu etwas schnellerem und fetzigerem wechselte, kamen mehr Leute auf die Tanzfläche und sowohl Tia und Alicia lösten sich beinahe erleichtert voneinander und begannen zu dieser Musik zu tanzen. Katie schloss sich ihnen an und bald darauf kam Leanne, die Andrew irgendwo „verloren" hatte, aber eigentlich, wie sie später erzählte, vor ihm weggelaufen war, weil er wirklich jeden angestarrt hatte, außer sie. Sie war schon irgendwie enttäuscht gewesen, aber so konnte wie wenigstens mit ihren Freundinnen tanzen.
Irgendwann tanzten auch Angelina und Fred in ihre Richtung und Fred konnte es sich nicht nehmen lassen, nicht auch kurz mit Tia zu tanzen. Wenn sein Zwilling sich schon seinen Crush schnappte, also Agnes Tripe, dann hatte er das Recht, mit seinem zu tanzen.
Aber nachdem sie zu der Musik nur herumsprangen und wild tanzten, wurde Tia schon bald heiß und sie entschuldigte sich mit Alicia, um etwas zum Trinken zu holen. Alicia bat sie schnell zu warten und verschwand, um etwas zu besorgen. Tia hätte sich zwar gerne selbst etwas geholt, damit sie nicht so allein warten musste, aber zum Glück ersetzte George schon bald Alicias Platz.
„So ganz allein?", fragte George grinsend.
„Alicia holt uns etwas zu trinken", erklärte Tia und kurz verschwand das Lächeln aus Georges Gesicht, aber im nächsten Moment war es wieder da.
„Weißt du, Tia", begann er, „Ich sage das jetzt nicht nur, weil ich leicht angetrunken bin, aber ich bin froh, wenn du glücklich bist."
„Das ist nett von dir, danke", meinte Tia lächelnd.
„Es ist mir egal, was du tust, mit wem du zusammen bist oder ob du mich überhaupt leiden kannst – ich bin glücklich, wenn du es bist."
„Komm George!", rief Fred ihm zu und George lächelte sie noch einmal an, und ging dann wieder zu seinem Zwilling. Tia wusste nicht genau, was diese Unterhaltung gebracht hatte, aber zum Glück kam Alicia zurück.
„Gehen wir raus?", bot sie an und sie lächelte zwar, aber irgendwie war etwas Trauriges in ihrem Blick. Vielleicht hatte auch sie gerade mit jemanden gesprochen.
„Klar doch." Tia ließ sich von Alicia nach draußen führen und ihr wurde sofort kalt.
„Hier, meine Jacke", sofort hatte Alicia ihr Sakko ausgezogen und reichte es Tia weiter. Sie selbst hatte zwar ein langärmliges Hemd darunter an, aber trotzdem war Tia sich nicht sicher.
„Wird dir nicht kalt werden?", fragte sie besorgt.
„Nein, nein, mir wird so schnell nicht kalt", winkte Alicia ab, „Das weißt du doch. Ich komme zurecht und wenn mir kalt werden sollte, gehen wir einfach hinein."
Damit war Tia vorerst zufrieden und sie setzten sich auf eine Steinbank.
Kurz herrschte Stille zwischen ihnen und es lag eine Stimmung in der Luft, die Tia nicht wirklich deuten konnte. Alicia öffnete und schloss immer wieder den Mund, als wollte sie über etwas sprechen, aber wusste nicht, wie anfangen.
„Willst du mit mir Schluss machen?", fragte Tia schließlich und Alicia sah sie erschrocken an.
„Wa-warum denkst du das?", fragte sie erschrocken.
Tia zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht genau... du bist in letzter Zeit ein wenig anders und... ich weiß auch nicht... nur so ein Gedanke... also... willst du?"
Alicia schaute sie an und sagte lange nichts, aber Tia drängte sie auch nicht dazu, zu reden. Sie ließ ihr Zeit.
„Du hast Recht", gab Alicia schließlich leise zu und schaute Tia nicht an. Sie blickte auf ihre Hände, die nervös zuckten.
„Und... warum?", fragte Tia sanft.
„Weil ich dich... nicht liebe", gestand Alicia, „Ich meine, ja, wir sind jung und wer weiß, was Liebe wirklich ist, aber... nachdem ich mit dir zusammengekommen bin, habe ich langsam das Gefühl bekommen, als... als wäre das nicht das, was ich wollte. Ich hätte dich wohl weiter von der Ferne anhimmeln sollen, dann würde ich dich jetzt nicht durch die Situation bringen."
„Du denkst schon länger so, oder?", fragte Tia vorsichtig und Alicia nickte.
„Aber", Alicia sah zum ersten Mal auf und sah Tia in die Augen, während sie sie an den Schultern packte und sanft schüttelte, „aber du musst aufhören, George aus dem Weg zu gehen. Du liebst ihn doch!"
„Ich liebe ihn?", fragte Tia verwirrt und dachte an die Momente, die sie mit George geteilt hatte.
„Du liebst ihn", bestätigte Alicia.
„Oh", machte Tia, „Seit wann?"
„Schon seit immer", seufzte Alicia, „Schon seit ihr euch kennengelernt habt. Ihr seid füreinander geschaffen und deswegen mache ich mit dir Schluss."
„Oh", machte Tia wieder und schaute in die Ferne, „Also... also sind wir nicht mehr zusammen, damit ich mit George zusammenkommen kann?"
„Ganz genau", bestätigte Alicia, „Und ich will von dir, als mein letzter Will in dieser Beziehung, dass du gleich zu George gehst und mit ihm sprichst. Wenn ihr beide euch noch länger aus dem Weg geht, dann werdet nicht nur ihr beide wahnsinnig, oder alle anderen in eurer Umgebung auch! Ich beide gehört zusammen und das solltet ihr auch erkennen."
„Oh", machte Tia zum dritten Mal, „Ich glaube, ich brauche einen Moment."
Alicia schaute ihre Ex-Freundin besorgt an, bevor sie nickte und aufstand.
„Ich bin noch immer für dich da", meinte sie noch ein wenig unsicher, „Ich... wir blieben Freundinnen, wenn du das willst. Ich kann dich noch immer leiden, aber ich liebe dich eben nicht mehr."
Tia nickte und Alicia ließ sie lieber alleine, aber Tia blieb nicht lange alleine. Stattdessen hatte noch jemand eine Trennung hinter sich, aber sie nahm es um einiges seriöser auf, als Tia. Sie hatte es schon einige Male hinter sich, diese Art von Trennung und immer wieder sagten sie dasselbe: Sie liebten sie nicht mehr, sie hatten das Gefühl, als wäre sie nicht genug,...
Fleur Delacour fand Tia, wie sie noch auf ihre Hände sah und sofort bemerkte sie, dass etwas mit dem jüngeren Mädchen nicht stimmte.
„Ist alles in Ordnung?", fragte Fleur vorsichtig und Tia sah erschrocken auf. Sie war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie Fleur gar nicht gehört oder gerochen hatte. Das konnte aber zum Teil auch daran liegen, dass sie noch immer die laute Musik hören konnte und Leanne hatte Parfüm auf sie gesprüht, sodass sie hauptsächlich dieses roch.
„Oh... ja... klar doch", winkte Tia ab und wischte sich über die Augen – sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie weinte. Sie weinte niemals.
Fleur verstand, dass nicht alles in Ordnung war.
„'at deine Freundin mit dir Schluss gemascht?", fragte Fleur sanft und setzte sich neben Tia auf die Bank. Sie hatte gar nicht erwartet, dass Fleur so freundlich sein konnte.
Tia konnte nicht antworten, sondern nickte nur. Sie trug noch immer Alicias Jacke und roch sie. Es war verwirrend.
„Sie hat gesagt, dass die Beziehung wohl nicht das gebracht hat, was sie wollte", erzählte Tia und sie wusste nicht, warum sie das Fleur erzählte, „Sie hat gesagt, dass sie mich nicht liebt... Es ist so plötzlich gewesen..."
„Das ist der Flusch von Veela-Blut", gestand Fleur und Tia sah verwirrt auf, „Leute verlieben sisch in uns, denken, sie lieben uns, aber es ist nur eine Schein-Liebe. Keine rischtige. Nur eine Illusion. Und dann, wenn sie das 'aben, was sie gedacht 'aben, dass sie brauschen, fällt i'nen auf, dass das dosch nischt das ist."
„Oh", machte Tia, „Also ist es meine Schuld? Ich habe sie nur verzaubert und jetzt, wo sie daran gewöhnt ist, hat sie sich daraus befreien können?"
Fleur nickte.
„Wie soll ich dann wissen, wann es echte Liebe ist?", fragte Tia ein wenig verzweifelt, „Ich bin... ich bin wie meine Mutter! Ich habe sie nur ausgenutzt. Ich habe sie verzaubert und jetzt –"
„Es ist nischt deine Schuld", unterbrach Fleur sie, „Es ist nie unsere Schuld."
„Aber... aber der Zauber", stammelte Tia.
„Der ist angeboren und Leute können ihm widerste'en, wenn sie das wollen", schnaubte Fleur, „Aber keiner will 'inter die Fassade se'en. Jeder will nur die Schön'eit, aber keiner will uns. Keiner will Zeit mit uns verbringen, sondern nur mit unserer Schön'eit."
„Ich bin mir sicher, ich finde so jemanden irgendwann", bestimmte Tia, „Immerhin kann es nicht nur Leute geben, die einen nur nach dem Aussehen beurteilen. Und du wirst auch jemanden finden. Du bist eigentlich viel freundlicher, als es scheint."
„Danke?", fragte Fleur, die nicht genau wusste, ob das ein Kompliment gewesen war, oder nicht.
„Ich gehe jetzt besser wieder hinein", bestimmte Tia und stand auf, wischte sich noch einmal über die Augen und stand auf.
„Das ist eine gute Idee", ermutigte Fleur sie, „Aber zuerst – lass misch dir 'elfen!"
Fleur richtete ihr Gesicht wieder ein wenig her, damit man nicht mehr sah, dass sie geweint hatte und schickte sie fort. Fleur selbst war gerade von jemanden verlassen worden – ihrer Begleitung für den Ball hatte sie einfach sitzen lassen, aber die Begegnung mit Tia hatte ihr gezeigt, dass es doch noch Hoffnung gab, den zu finden, der bereit war, siezu sehen und nicht nur ihre Schönheit.
Tia eilte wieder in die Große Halle und schaute sich um, damit sie eventuell Katie oder Leanne sah. Sie wollte den beiden von der Trennung erzählen, bevor dieses es von jemand anderem hörten. Bestimmt gab es viele Leute, die solche Gerüchte schnell weitergaben. Tia hatte das Gefühl, als sollten ihre Freundinnen es von ihr erfahren, dass ihre erste Beziehung gescheitert war – bei diesem Gedanken wurde sie wieder etwas traurig.
Aber bevor sie ihre Freundinnen finden konnte, fand George sie – wahrscheinlich einer von denen, die Tia im Moment nicht treffen wollte, aber Tia war schon immer zu höflich gewesen, um jemanden einfach so abzuwimmeln.
„Ist alles in Ordnung?", fragte George, weil er in ihren Augen sah, dass etwas nicht ganz zu stimmen schien. Sie waren etwas glasig, als hätte sie geweint.
„Oh, ich bin mir nicht sicher", gestand Tia, „Alicia... Alicia hat mit mir Schluss gemacht."
George riss erstaunt die Augen auf. Er war sich in diesem Moment nicht sicher, ob er erleichtert sein sollte, oder nicht, entschloss sich aber letztendlich dazu, dass es nichts Gutes war – immerhin war Tia bestimmt traurig.
„Oh nein, wenn du etwas brauchst, ich bin für dich da", versprach George schnell. Er wollte noch etwas hinzufügen, rang aber einen Moment mit sich selbst, ob es angebracht war, jetzt mit Tia darüber zu sprechen. Schließlich erinnerte er sich daran, was das letzte Mal passiert war, als er Tia es nicht gestanden hatte. „Und... und ich wollte dir noch etwas sagen", gestand er schließlich und Tia musterte ihn neugierig.
„Ja?", fragte sie, damit er weitersprach.
„Setzen wir uns", bot er an und sie setzten sich an einen der Tische, die etwas Abseits standen. George wusste noch nicht genau, wie er beginnen sollte.
„Ich... ich muss dir etwas gestehen", meinte er schließlich und Tias Augen schienen ihn zu durchleuchten – sie schaffte es immer, ihn mit diesen Augen abzulenken, „Ich mag dich... ich mag dich wirklich."
„Das weiß ich schon", meinte Tia.
George sah überrascht auf. „Du hast es gewusst?", fragte er nervös und fragte sich, wie lange sie es wohl schon wusste. Wie lange machte er sich schon zum Kaspar?
„Alicia hat es mir gesagt", gestand Tia.
„Oh", machte George und war auf der einen Seite froh, dass sie es wohl noch nicht so lange realisiert hatte, aber auf der anderen Seite war allein die Tatsache, dasssie es wusste schon schlimm genug. „Was... was hältst du davon?" Die Frage rutschte George einfach so heraus. Eigentlich wollte er die Antwort gar nicht wissen. Was war, wenn Tia gar nie an ihm interessiert sein würde? Was war, wenn sich nichts verändern würde an ihrer Meinung zu ihm? Was war, wenn sie einfach für immer Freunde bleiben würden? Natürlich könnte George damit leben – als treuer Freund an ihrer Seite, aber es würde schon dauern, bis er sich mit dem Gedanken abgefunden hätte.
„George", begann Tia vorsichtig und allein ihr Ton sagte George, dass sie keine guten Nachrichten zu berichten hatte, „Ich... weißt du... ich komme gerade aus einer Beziehung und eigentlich habe ich Alicia wirklich gemocht – nur sie mich nicht gleich. Ich glaube, ich brauche etwas Zeit und ich verstehe, wenn du nicht mehr länger warten willst, aber –"
„Rede nicht weiter", unterbrach George sie und er bereute es gleich, als er bemerkte, wie aggressiv er geklungen hatte und sprach etwas sanfter weiter, „Spricht nicht weiter. Ich verstehe das, ich wollte es dir eigentlich nur sagen, damit nicht gleich wieder jemand kommt, der dich spontan bei einem Quidditch-Spiel küsst."
George lachte nervös und kratzte sich am Nacken. Tia schnaubte nur unglücklich. Tia schnaubte nie unglücklich – sie zeigte generell selten, dass sie unglücklich war. Meistens lächelte sie, auch wenn es ihr nicht sonderlich gut ging. Das machte George schon Sorgen, aber er wollte auch nicht nachfragen.
Es herrschte eine nachdenkliche Stille, die George unterbrach. „Ich habe ja eine Menge Konkurrenz – nicht, dass du ein Preis oder ein Pokal wärst!", George fiel auf, dass er Blödsinn redete und wollte sich zwinge, aufzuhören, bevor er sich noch weiter hineinsteigerte und gar nicht mehr hinauskommen würde aus dieser Abfolge an Peinlichkeiten, aber er konnte nicht, „Du bist alles andere, als ein Preis – also, nicht dass du nicht besonders wärst, aber... du weißt schon... der Gewinner bekommt dich nicht natürlich, sondern der, den du dir aussuchst – oder auch die... Und dann natürlich ist das auch nicht sicher, immerhin muss die andere Seite dich auch mögen, aber bestimmt mag dich die andere Seite, immerhin bist du schon ziemlich toll – und mit 'ziemlich toll' meine ich natürlich nicht, dass du nur mittelmäßig bist oder nur eine halbe Portion, sondern... besonders, aber nicht schlecht besonders, sondern –"
„Soll ich dich aufhalten, bevor du weiterredest?", fragte Tia schließlich mit einem amüsierten Lächeln im Gesicht. George öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder. Er war knallrot geworden und räusperte sich etwas beschämt.
„Ja, ist wahrscheinlich besser so", stimmte er ihr zu, „Aber, was ich eigentlich sagen wollte ist, dass ich dirdie Wahl freistellen wollte, dich auch für mich zu interessieren, solltest du jemals das Gefühl haben, dass du bereit bist."
„Das ist nett von dir", lächelte Tia, „Wobei ich 'nett' als freundlich meine, und nicht als... du weißt schon..." Nun war es Tia, die vor sich hin stammelte und George lächelte amüsiert.
„Dann habe ich ja alles gesagt", meinte George erleichtert, dass er es hinter sich hatte, „Wollen wir tanzen?"
„Was?", fragte Tia überrascht.
„Also... nur, wenn es dir nichts ausmacht. Ich meine, wir sind hier auf einem Ball, ich trage zum ersten Mal seit Ewigkeiten meinen Festumhang und es spielt gute Musik – wir könnten tanzen, wenn es dir nichts ausmacht."
„Oh, lieber nicht – ich habe dich davor mit Agnes Tripe tanzen sehen. Ich glaube, ich würde neben dir wie ein Elefant aussehen", Tia wurde rot und kicherte nervös bei dem Gedanken.
„Unsinn – du bist eine Grazie", winkte George ab, „Oder auch – du bist eine Grazie, wenn ichdich führe."
„Ich habe mir schon gedacht, dass du so etwas Ähnliches sagen würdest", schnaubte Tia, aber sie lächelte.
„Also? Ein Tanz? Nur einer?", fragte George hoffnungsvoll und eigentlich war Tia sich nicht so sicher, aber dann ergriff sie doch noch Georges Hand und ließ sich auf die Tanzfläche zerren.
Angelina saß an einem der Tische und ihr Blick schweifte über die tanzenden Leute, in ihrer Hand ein Getränk. Sie nahm einen Schluck davonund lächelte, als sie ihre Begleitung mit niemand anderem als Agnes Tripe tanzen sah.
„Sie haben es ja doch noch irgendwie geschafft", Katie gesellte sich zu und beobachtete ebenfalls die Weasley-Zwillinge, die es wohl endlich geschafft hatten, mit ihren Crushes zusammen zu tanzen.
„Hätte ich ihnen nicht zugetraut", gestand Angelina, „die beiden scheinen alles zu schaffen, egal, wie unmöglich es auch scheint, aber normal mit den beiden Ladies zu sprechen – das ist schon immer schwer für die beiden gewesen."
„Beobachtet ihr häufiger Leute beim Tanzen?", fragte Alicia, die sich zu den beiden stellte. Sie lächelte zwar, aber das Lächeln erreichte ihre Augen nicht – ein Zeichen dafür, dass die Trennung ihr auch nicht ganz guttat.
„Vielleicht träumen wir ja auch ein wenig", seufzte Angelina und überraschte die beiden andere dabei.
„Träumen wir nicht alle ein wenig davon?", fragte Alicia, „Den richtigen zu finden – selbst, wenn wir nicht suchen, hoffen wir insgesamt doch darauf."
„Aber das Leben besteht nicht nur aus Liebe", verbesserte Angelina sie schnell.
„Ich weiß", schnaubte Alicia, „Aber im Moment hätte ich genau dasgerne."
Kurz herrschte Stille und Katie musterte Alicia nachdenklich, bevor sie all ihren Mut zusammennahm.
„Willst du tanzen?", fragte sie sie plötzlich und dieses Mal sahen Angelina und Alicia sie überrascht an.
„Was?", fragte Alicia – sie glaubte, sie hatte sich verhört, aber Katie wiederholte: „Willst du tanzen? Ich meine, du kannst natürlich deiner Ex-Freundin weiter dabei zusehen, wie sie mit George tanzt und eine gute Zeit hat, aber du kannst ja auch mit mirtanzen?"
„K-klar", stammelte Alicia überrascht und Katie zog sie grinsend auf die Tanzfläche.
Angelina schüttelte den Kopf und seufzte. Sie nahm noch einen Schluck von ihrem Getränk und seufzte.
„Wir könnten auch tanzen?", plötzlich stand Lee Jordan neben ihr und wisperte ihr ins Ohr, aber vor Schreck schrie Angelina auf und schüttete ihm den Rest ihres Getränks ins Gesicht.
„Erschreck mich nicht so!", schrie sie.
„Ich bin ein wenig nass geworden", bemerkte Lee und schaute auf seinen Festumhang hinunter, der nun tropfte.
„Selber schuld – du hättest mich nicht so erschrecken sollen!"
„Auf einmal bin ich selber schuld", schnaubte Lee, „Versteht einmal jemand die Frauen!"
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