61. Kapitel

Tia setzte sich neben Katie und Leanne auf die Zuschauertribüne. Sie war um einiges weniger aufgeregt, wie ihre Schulkollegen und eigentlich hätte sie die Zeit lieber anders verbracht, aber Leanne hatte ihr versichert, dass diese Aufgabe das Gesprächsthema der ganzen Schule für die nächsten drei Wochen sein würde.

Tia musste eigentlich nicht immer den neuesten Klatsch und Tratsch wissen, aber auch Katie und Leanne würden davon sprechen und dann wollte Tia wenigstens die Grundlagen kennen.

„Hey, ihr!", begrüßte sie Alicia, die sich neben Tia auf den Platz niederließ und neben ihr Angelina, „Seid ihr schon aufgeregt?"

„Klar doch!"

„Sicher!"

Nö, nicht wirklich." Angelina und Alicia schaute Tia verwirrt an, erwarteten aber keine Erklärung.

Die Schüler hatten erfahren, was die erste Aufgabe sein würde: Die Champions mussten die goldenen Eier von den Drachen schnappen – möglichst ohne verletzt zu werden und ohne dass der Drache die Eier zertrat.

Es klang furchtbar gefährlich und Tia wusste nicht, ob sie ihre Augen wirklich offenhalten sollte. Was war, wenn jemand verletzt wurde? Sie mochte das doch schon bei Quidditch-Spielen nicht so gerne. Am liebsten hätte sie wohl, die Champions würden von magischen Zaubern geschützt werden, damit sie nicht verletzt werden konnten, aber andere stimmten ihr da bestimmt nicht zu. Es würde sicher einiges der Spannung wegnehmen, aber wer brauchte schon Spannung, solange alle sicher waren?

Alle außer Tia, wie es schien.

Ludo Bagman würde die Aufgabe kommentieren und er begrüßte das Publikum schon, als Tia etwas Seltsames roch. Es war vertraut und irgendwie bekannt – süßlich, aber nicht allzu süß. Außerdem... nasser Hund.

„Ich... ich komme gleich wieder", Tia stand auf und wollte sich an Alicia vorbeidrängen.

„Ist alles in Ordnung?", fragte Alicia leicht besorgt und runzelte die Stirn.

„Klar", log Tia, „Mir ist nur gerade die Lösung für einen schwierigen Trank eingefallen und ich muss mir das schnell aufschreiben. Keine Sorge, ich bin zurück, bevor die Aufgabe beginnt."

Alicia sah nicht überzeugt aus, aber Katie legte ihr eine Hand auf die Schulter und sah sie vielsagend an, da ließ Alicia ihre Freundin doch los.

„Okay", meinte sie, „Aber komm dann wieder zurück. Das wird bestimmt spannend."

„Das befürchte ich auch", meinte Tia unsicher und verschwand. Einige beschwerten sich, als sie über die Zuschauer kletterte, aber sie musste so schnell sie konnte die Tribüne. Sie folgte dem Geruch wie ein Jagdhund und einen Moment, nachdem sie das gedacht hatte, fühlte sie sich lächerlich, aber dann roch sie doch weiter.

Und es dauerte auch nicht lange, bis sie ihn erblickte. Er saß entspannt im Gras neben der Tribüne und hatte sich einen so geschickten Platz ausgesucht, dass er durch die Holzbretter hindurch alles beobachten konnte, was im Inneren vor sich ging.

Ein schwarzer, großer Hund, den Tia schon einmal gesehen hatte.

Eres un idiota", zischte Tia und Sirius Black in seiner Animagusform blickte auf, legte die Ohren an und sah sich schnell um, bevor er seine Gestalt veränderte. Er wurde größer und länglicher, bis aus dem schwarzen Hund ein aufrechtstehender Mann geworden war.

„Tia", er grinste sie an, als wäre nichts gewesen, „Ich habe mir schon gedacht, dass du mich findest."

„Was machst du hier, Sirius?", wisperte Tia, damit niemand sie hörte, „Hier sind überall Leute, die dich sehen könnten. Professor Moody ist Auror gewesen und –"

„Entspann dich, ich plane das schon Ewigkeiten", unterbrach Sirius sie entspannt, „Es besteht keine Gefahr."

„Keine Gefahr?", wiederholte Tia, „Natürlich besteht Gefahr. Moody kann mit seinem Auge durch Wände sehen, Leute könnten dich durch dieses Loch hier sehen, du könntest gefasst werden, dann kommen die Dementoren, die küssen dich dann und du wirst den Rest deines erbärmlichen Lebens als seeleslose Traurigkeit verbringen."

Sirius starrte Tia an und räusperte sich. „Du bist ja ein richtiger Sonnenschein", meinte er, „Aber keine Sorge. Ich weiß, was ich tue."

„Das hoffe ich für dich", warnte Tia, „Ich glaube, Remus wäre traurig, wenn du nicht mehr bist."

Sirius schaute sie wieder an, als wüsste er nicht genau, was er darauf antworten sollte.

„Du... du solltest zurück zu deinen Freundinnen und Alicia", schlug er vor, „Ich komme zurecht."

Tia schaute ihn misstrauisch an, bevor sie schnell zu ihm rannte, ihn schnell und kräftig umarmte, bevor sie wieder wegrannte, bevor Sirius sich von der Umarmung erholt hatte.

„Hätte nie gedacht, dass ich das sage, aber... sie ist die Tochter ihres Vaters..."



Es herrschte eine Party im Gryffindor-Gemeinschaftsraum. Nachdem Harry zusammen mit Krum es auf Platz eins geschafft hatte, war jeder auf einmal wieder in Feierstimmung. Jeder schien zu vergessen, wie Harry bis vor Kurzem noch der Feind aller in Hogwarts gewesen war, nachdem sich jeder fragte, wie er es überhaupt geschafft hatte, Champion zu werden, aber nun feierte ihn jeder.

Tia wusste nicht genau, was sie davon halten sollte. Sie war verwirrt von sozialen Kontakten und sozialem Zusammenhalt. Wann war man beliebt und wann verhasst? Dieses Rätsel würde sie wohl nie wirklich lösen.

Besonders da ihr auffiel, dass Alicia in letzter Zeit sich seltsam verhielt. Nicht direkt abweisend, wie George es tat, aber irgendwie... abwesend.

Langsam fragte Tia sich, ob es doch ihre Schuld war, dass anscheinend ihre Freunde alle gehen wollten. Wenigstens blieben Katie und Leanne noch bei ihr und Tia hatte nicht das Gefühl, als würden die beiden sie anders behandeln, als in der ersten Klasse. Ihre Freundschaft hatte sich höchsten verstärkt.

Aber Tia wusste nicht, was sie falsch machte. Zuerst George, dann Alicia...

Gerade in diesem Moment setzte sich George zu ihr. Zuerst war Tia sich nicht sicher, ob es wirklich George war oder vielleicht doch Fred, aber eigentlich konnte sie die beiden recht gut auseinanderhalten.

„Hey", begrüßte er sie vielleicht ein wenig unsicher, wie es Tia vorkam. Und in diesem Moment wusste Tia nicht mehr, was sie tun sollte. Warum sprach George mit ihr? Warum ignorierte er sie nicht mehr. Was musste Tia sagen, damit er sie nicht mehr ignorierte? Vielleicht war das ihre Chance, dass sie sich wieder verstanden und vielleicht konnte alles wieder so wie früher werden.

„Ich... ich weiß nicht, was ich sagen soll", gab Tia ein wenig panisch zu.

George lächelte – Tia hatte das vermisst, irgendwie...

„Wie wäre es mit einem „Hey"?", schlug George vor und schien sich etwas lockerer zu fühlen

„Oh... ja... vielleicht", murmelte Tia nachdenklich, „Hey!"

Kurz herrschte Stille zwischen ihnen und keiner von beiden wusste wirklich, was sie sagen sollten, aber das wurde ihnen abgenommen, als Harry Potter das Goldene Ei öffnete, und ein schrecklicher, kreischender Ton erklang.

Schnell hielt sich Tia ihre empfindlichen Ohren zu und George tat es ihr gleich.

Harry schloss das Ei wieder und es wurde wieder leise.

Nur vorsichtig nahm Tia die Hände von ihren Ohren, aber noch immer schien der Ton in ihren Ohren nachzuhallen. Als George sprach, sah sie zwar, dass er seine Lippen bewegte, aber ansonsten hörte sie nichts.

Sie sah ihn entschuldigend an und versuchte es ihm zu sagen. Es war seltsam, etwas zu sagen, ohne seine eigene Stimme zu hören, aber George nickte verständnisvoll.

„Ich glaube, ich gehe jetzt ins Bett", rief Tia laut, weil sie nichts hörte.

George redete, aber sie verstand ihn nicht. Sie zeigte wieder auf ihre Ohren und lächelte ihn entschuldigend an, stand auf und ging hoch in die Schlafräume.

George blieb zurück und verfluchte sich selbst. Das war seine Chance gewesen. Dabei hatte er ihr noch gesagt, dass er es lieber hätte, wenn sie noch ein wenig hier unten bleiben würde... wenn sie noch ein wenig Zeit mit ihm verbringen würde, und wenn es nur ein paar Minuten waren.

Aber natürlich musste genau in diesem Moment ihr Gehör versagen, obwohl sie sonst immer so gut hörte. Und George fragte sich wie so oft, ob es ihm wohl nicht vorbestimmt war, mit Tia zusammen zu sein.

Aber von ihr getrennt zu ein schmerzte – es tat ihm beinahe schon physisch weh. Die geistige Entfernung, die sie aufgebaut hatten, tat ihm nicht gut. Er hatte verstanden, dass Liebe nicht zusammen sein war – Liebe war, auch einmal zu warten oder zur Seite treten, wenn der andere das so wollte. Freundschaft würde George schon reichen, aber in den letzten paar Wochen hatte er sich wie der letzte Idiot aufgeführt. Er wusste nicht, ob er das noch reparieren konnte, aber scheinbar war es schon zu spät...

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