56. Kapitel


Katie, Leanne und Alicia versuchten Tia zwar so viel zu helfen, wie sie konnten, aber Tia schien sich gar nicht helfen lassen zu wollen. Stattdessen stürzte sie sich in Arbeit und machte sich selbst mehr Stress, als sie hätte müssen. Vielleicht tat sie das auch ein wenig, um sich selbst von George abzulenken, aber vielleicht war George nur ein weiterer Grund, warum sie in letzter Zeit immer gestresst und gereizt war.

Ihren Freundinnen war besonders aufgefallen, dass sie in letzter Zeit immer häufiger die Geduld verlor, was überhaupt nicht üblich für sie war. Bisher war Tia immer die ruhigere gewesen, aber dieses Jahr hatte sich das irgendwie geändert. Dazu kamen noch Schlafstörungen.

Tia selbst nahm sie nicht allzu ernst, aber Leanne und Katie war besonders aufgefallen, dass Tia immer spät ins Bett ging und früh aufstand. So früh, dass sie eigentlich noch müde war und dann auch noch den restlichen Tag immer müde und erschöpft wirkte, aber Tia bestand darauf, dass es ihr gutging. Alicia war die einzige, der aufgefallen war, dass sie sich ein wenig wie Remus benahm.

Das einzige, das Tia in letzter Zeit störte waren die Kopfschmerzen und ihr Körper fühlte sich so seltsam an, als würde sie nicht hineinpassen. Als wäre ihr Körper zu klein für sie, obwohl sie wusste, dass das dämlich war, das zu denken. Sie schob es einfach auf den Stress und den wenigen Schlaf, den sie in letzter Zeit bekam.

Aber Tia überstand die Woche und saß beim Frühstück. Wenigstens aß sie noch, wie Alicia beinahe schon erleichtert bemerkte. Sie hätte sich noch mehr um ihre Freundin gemacht, wenn sie auch noch eine von denen gewesen wäre, die aufhörten zu essen, wenn sie gestresst waren oder sich niedergeschlagen fühlten.

Als die Eulen in die Große Halle schwirrten, erwartete Tia eigentlich keinen Brief, aber es landete trotzdem eine Eule direkt vor ihr mit einem Brief im Schnabel.

„Es ist von Remus!", freute sich Tia, als sie seine Handschrift erkannte und nahm ihn der Eule schnell ab, aber sie öffnete ihn erst, nachdem sie das Tier kurz gestreichelt hatte und mit etwas Wurst vom Frühstücksbuffet belohnt hatte.

„Was schreibt er?", fragte Katie sofort neugierig, aber Tia wollte den Brief erst einmal selbst lesen.



Liebe Tia!

Ich hoffe, du bist gut in Hogwarts angekommen und ich hoffe auch, der Heuler von deiner Großmutter hat dich nicht allzu sehr erschreckt. Ich habe ihr geholfen, ihn zu verzaubern und ich glaube, ich habe Carla noch nie so zufrieden mit sich gesehen.

Wir sind natürlich beide ziemlich aufgebracht gewesen, als Professor McGonagalls Brief uns erreicht hat, aber nicht mit dir, sondern mit Vicky. Wenn ich damals als Professor schon gewusst hätte, wie sie wirklich mit dir umgeht, hätte ich ihr wohl das Leben zur Hölle gemacht (wahrscheinlich eher nicht, immerhin bin ich nicht Snape, aber der Gedanke zählt...).


Tia kicherte bei der Vorstellung, dass ihr Vater streng war und las weiter:


Ich bin mir nicht direkt sicher gewesen, ob ich stolz auf dich sein sollte, oder doch eher nicht. Du bist mir dann wohl doch ähnlicher, als gehofft, also kann ich es dir nicht übelnehmen. Ich glaube, Carla nimmt es mit ein bisschen übel, aber ich bin mir nicht sicher...

Ich schreibe dir auch, weil ich Neuigkeiten von Tatze erfahren habe.


Tia runzelte die Stirn. Tatze, also Sirius Black war, als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte auf dem Weg nach Ibiza gewesen. Carla hatte mitgeholfen, ihn dorthin zu schmuggeln und seitdem hatte sie nichts mehr von ihm gehört. Auch zu ihrer eigenen Sicherheit, wie sie wusste, denn wenn das Ministerium erfuhr, dass ihre Familie mit seinem Untertauchen etwas zu tun gehabt hatte, wäre nicht nur sie in große Schwierigkeiten geraten, sondern auch ihre Großmutter. Es war besser, wenn sie so wenig wie möglich über ihn wusste, aber jetzt hatte Remus offenbar doch wieder etwas von ihm gehört, dass auch sie interessieren könnte.


Er hat geschrieben, dass er wieder zurückkommt aus seinem kleinen Urlaub. Ich habe versucht, ihn davon abzuhalten und habe ihm sofort eine Eule geschickt, aber er hat noch nicht darauf geantwortet. Vielleicht gelingt es ja dir. Ich hoffe, ich muss dir nicht sagen, wie riskant es für Tatze ist, wieder in England oder Schottland zu sein und es wäre besser, wenn er dortgeblieben wäre, wo er war, aber er ist schon immer etwas dickköpfig gewesen.

Wahrscheinlich will er auch in Harrys Nähe bleiben, aber ich hoffe, auch Harry erinnerte ihn daran, in was für großer Gefahr er sich befindet.

Ansonsten hoffe ich, es geht dir gut, auch wenn ich keine guten Neuigkeiten weitergeben kann. Ich hoffe auch eine Antwort von dir.

Mit den liebsten Grüßen

Remus



„Was ist?", fragte Katie, aber Tia konnte ihr nicht sagen, was wirklich los war, immerhin hatte sie ihren Freundinnen nichts von Sirius Black gesagt und nicht einmal Alicia wusste davon. Sie hätte es niemanden weitergesagt, immerhin wäre das ein Sicherheitsrisiko.

„Ein... ein Freund der Familie ist in Schwierigkeiten, aber nichts allzu schlimmes", winkte Tia ab und hoffte, sie klang überzeugend, „Remus kümmert sich schon darum."

Nachdem ihre Freundinnen nicht mehr nachfragten, waren sie wohl überzeugend genug gewesen.

Nur Alicia musterte sie noch leicht besorgt, aber sie hoffte inständig, ihre Sorgen waren unberechtigt.



Es war wenige Tage vor Vollmond, wie Alicia wusste. Sie behielt den Mond im Auge und passte ausnahmsweise in Astronomie sogar auf, um sich ganz sicher zu sein, wann der volle Mond am Himmel stehen würde und wann Tia die nicht schlafen können würde, aber diesen Monat war Alicia wegen etwas anderem besorgt, was mit dem Mond zu tun hatte.

McGonagall beendete gerade ihre Verwandlungsstunde und die Schüler verließen den Klassenraum, aber Alicia wollte noch mit der Professorin sprechen.

„Kommst du?", fragte Angelina sie, aber Alicia schickte sie schon vor zur nächsten Stunde. Erst, als alle Schüler die Klasse verlassen hatten, bemerkte McGonagall, dass Alicia noch immer ein wenig unsicher dort stand und offensichtlich etwas besprechen wollte.

„Miss Spinnet, ist alles in Ordnung?", fragte McGonagall sie und Alicia war sich nicht sicher, wie sie dieses Gespräch beginnen sollte. In ihrem Kopf hatte sie es schon drei Mal geführt, aber jetzt, wo sie tatsächlich vor der Professorin stand, fühlte sie sich doch lächerlich und übervorsichtig.

„Nun... ja", gab Alicia zu, „Es... es geht um Tia."

„Ist mit Miss Fuego alles in Ordnung?", fragte McGonagall und musterte Alicia.

Alicia zögerte einen Moment, bevor sie antwortete: „Ich bin mir nicht sicher. Ich... ich weiß nicht, wie ich das sagen soll. Ich mach mir in letzter Zeit nur Sorgen um sie... vermutlich ganz zu Unrecht und alles ist okay, aber... aber mir sind gewisse Ähnlichkeiten aufgefallen... mit ihrem Vater."

„Das ist nicht verwunderlich, immerhin sind sie verwandt", zeigte McGonagall auf, aber das war nicht das, worauf Alicia hinauswollte.

„Nein! Nein, das meine ich nicht... mir ist nur aufgefallen, dass sie immer müde ist, sie hat Augenringe, sie schläft aber auch nicht genug. Sie wirkt immer müde, wie Re- ich meine Professor Lupin immer. Und es scheint schlimmer zu werden, je näher der Vollmond rückt. Außerdem ist sie ziemlich reizbar. Sie ist immer sehr entspannt gewesen und hat nur ganz selten die Kontrolle verloren, aber jetzt zeigt sich mindestens einmal am Tag ihre Veela-Seite. Ich... ich weiß, es ist dämlich zu denken, dass das irgendetwas mit ihrer Herkunft und mit ihrem Vater zu tun hat, aber... aber ich mache mir doch Sorgen, dass..."

„Haben Sie Miss Fuego schon darauf angesprochen?", fragte McGonagall Alicia. Alicia war froh, dass McGonagall sie bis jetzt noch nicht weggeschickt hatte, sondern sie wenigstens anhörte, auch, wenn es nicht so wirkte, als würde sie ihr glauben.

„Nein, habe ich nicht", gab Alicia zu, „Ich weiß nicht, wie sie darauf reagieren würde. Sie sagt, ihr ist egal, dass Re- ähm... Professor Lupin ein Werwolf ist, aber tief im inneren hat sie doch Angst, dass sie deswegen nicht akzeptiert wird. Ich will nicht, dass sie denkt, dass ich einer von denen bin, die... Sie wissen schon... die gegen Werwölfe sind."

„Miss Fuego wird dieses Jahr ihre ZAGs schreiben. Bestimmt machen die anderen Professoren auch viel Stress und auch privat hat sich in letzter Zeit für sie viel verändert, wie Sie bestimmt wissen. Schon einmal daran gedacht, dass –"

„Ich weiß, dass sie zurzeit eine Menge Stress hat und genau das ist meine Sorge", unterbrach Alicia sie, denn je länger sie sprach, desto sicherer war sie, dass es Tia nicht so gut ging, wie sie immer sagte, „Sie... sie hat Kopfschmerzen, sie schläft kaum noch, ... Ich weiß, dass das alles auch am Stress liegen könnte, aber... ich habe mich informiert und ich habe Berichte von Werwölfen gelesen, die ihre Erfahrungen mit der Verwandlung niedergeschrieben haben. Bisher hat es noch nie Berichte über jemanden wie Tia gegeben – ein Kind von einem Werwolf. Was ist, wenn..."

„Wenn sich das Werwolfs-Gen erst später zeigt?", beendete McGonagall ihren Satz, „Glauben Sie mir, Miss Spinnet, seit ich erfahren habe, dass Remus Miss Fuegos Vater ist, habe ich mir dieselbe Frage gestellt."

„Haben Sie?", fragte Alicia ein wenig ungläubig. Sie hatte gedacht, sie wäre die einzige, die sich solche Gedanken machte.

„Natürlich. Bisher hat Miss Fuego zwar nur positive Teile einer Werwolfsverwandlung gezeigt, aber ich habe immer darauf gewartet, dass auch Nachteile auftreten würden. Mehr als nur das wenige, das sie bisher gespürt hat. Ich stimme ihnen zu, dass die Reaktion von ihr auf Stress etwas mit ihrem Vater zu tun hat, aber ich glaube nicht, dass das Schlimmstmögliche passieren wird."

„Und was wäre das?", fragte Alicia, obwohl sie meinte, die Antwort schon zu kennen.

„Nun, die Verwandlung in einen Werwolf", sprach McGonagall es laut aus und einen Moment war es still.

„Sie glauben es also nicht?", fragte Alicia nach.

„Die Verwandlung in einen Werwolf ist gezwungen. Ein Werwolf kann sich nicht aussuchen, ob er sich verwandelt oder nicht und selbst mit dem Wolfsbanntrank kann man nur, mit etwas Selbstbeherrschung, etwas von seinem eigenen menschlichen Gewissen behalten, wie Remus mir letztes Jahr erzählt hat. Nicht einmal mit einem Wolfsbanntrank gelingt es einem Werwolf, die Wesenszüge eines Monsters ganz abzuschütteln und auch dann verspüren Werwölfe zu Vollmond das Verlangen, zu Jagen und frei zu sein."

„Tia hat das noch nie gehabt, sie kann zu Vollmond nur nicht schlafen", erinnerte sich Alicia.

„Genau", stimmte McGonagall ihr zu, „Ich glaube nicht, dass sie sich von einem Tag auf den anderen verwandeln wird. Ich glaube nicht, dass dieser Charakterzug von Remus weitergegeben worden ist."

„Ich habe also nichts zu befürchten?", fragte Alicia nach und McGonagall schüttelte den Kopf, „Dann bin ich glaube ich erleichtert. Danke, dass sie zugehört haben."

„Natürlich doch, Miss Spinnet, aber behalten Sie Ihre Freundin trotzdem im Auge. Ich könnte mich irren", warnte McGonagall.

„Natürlich, Professor", versprach Alicia ihr, „Nichts anderes habe ich vorgehabt."



Tia lag in ihrem Bett und starrte nach oben auf die Decke. Es war Vollmond und wie immer konnte sie nicht schlafen, aber sie wollte auch keine Hausübungen machen oder zeichnen. Eigentlich wollte sie schlafen, aber sie schloss die Augen und der Schlaf kam nicht.

Sie hatte Schmerzen. Stechende Kopfschmerzen, so stark, dass sie manchmal schon beinahe aufschrie, aber sie wollte Katie und Leanne nicht beunruhigen, die seelenruhig schliefen.

Alicia hatte angeboten, diese Nacht mit ihr wach zu bleiben und Tia war ihr wirklich dankbar dafür, aber sie wollte diese Nacht lieber damit verbringen, sich selbst unter Kontrolle zu bringen.

Plötzlich schien eine Schmerz-Welle durch ihren Körper zu gehen und Tia wimmerte leise. Am liebsten hätte sie geschrien, aber dann hätte sie jemanden geweckt, aber es brachte sich sowieso nichts, denn Katie hatte sie anscheinend gehört.

„Tia?", Katies Stimme klang müde und verschlafen, „Alles in Ordnung?"

Tia konnte nicht antworten, sonst war sie sich sicher, würde sie zu weinen beginnen.

Kurz war es still und nichts war zu hören, aber dann hörte Tia, wie Katie ihre Bettdecke zurückwarf und mit nackten Füßen zu ihr tapste.

Sie zog Tias Vorhänge zur Seite, aber Tia hatte die Augen konzentriert geschlossen.

„Tia?", Katie rüttelte an ihr, zuckte aber zurück, „Tia, du glühst ja förmlich. Fühlst du dich nicht gut?"

„Grauenvoll", brachte Tia irgendwie heraus.

„Du solltest wirklich in den Krankenflügel", versicherte Katie ihr ernst, „Komm schon, ich helfe dir. Warte... Leanne!"

„Was?", sofort schreckte Leanne hoch und sah sich um, „Was ist los?"

„Tia geht's nicht gut, hilf mir, sie in den Krankenflügel zu bringen", befahl Katie ihr leise, damit Vicky nicht aufwachte.

„Ist heute nicht Vollmond?", fragte Leanne verschlafen, aber sie stand trotzdem auf.

„Das können wir später noch klären. Jetzt hilf mir", verlangte Katie, aber Leanne war schon an ihrer Seite.

Sie halfen Tia vom Bett aufzustehen, aber sobald sie stand, begann sich der ganze Raum zu drehen und Tia wankte.

„Ich fühl mich nicht gut", keuchte sie und hatte schon Angst, dass sie umkippte, aber der Schmerz hielt sie wach. Mittlerweile fühlte er sich so an, als würde sich ihr Körper von innen selbst zerstören. Als würde er sich dehnen, ohne wirklich gedehnt zu werden.

„Warte, das haben wir gleich", versprach Katie und zückte ihren Zauberstab. Sie beschwor eine Trage herauf, auf die Leanne sie behutsam legte. Die beiden Freundinnen machten sich wirklich Sorgen um Tia, die bleich und ungesund aussah.

Katie führte die Trage einige Fuß über dem Boden aus dem Schlafsaal hinaus und zu dritt schlichen sie durchs Schloss. Im Krankenflügel war es dunkel und still, Madam Pomfrey war nicht da, aber Leanne ging, um sie zu suchen, während Katie Tia in eines der Betten half.

„Miss Fuego, was ist passiert?", fragte Madam Pomfrey sofort, als sie im Morgenmantel aus ihrem Büro gerannt kam, Leanne dicht hinter ihr.

„Wir wissen es nicht. Sie scheint Schmerzen zu haben", erklärte Katie an Tias Stelle, „Und sie hat Fieber und kann nicht einmal selbstständig gehen..."

„Es tut so weh", Tia kniff die Augen zusammen, als eine weitere Schmerzwelle durch ihren Körper ging und sie atmete schwer.

„Woher kommt der Schmerz?", fragte Pomfrey ernst und tastete sie ab, als würde sie so die Ursache finden.

„Überall", wisperte Tia, „Als würde jemand meinen Körper auseinanderreißen."

Plötzlich kam noch jemand in den Krankenflügel. Es war Professor McGonagall in ihrem Morgenmantel mit Schottenmuster und besorgten Gesichtsausdruck.

„Miss Bell, Miss Travis, was hat das hier zu bedeuten?", fragte McGonagall, aber Tia wimmerte auf dem Bett wieder und alle Strenge schien aus McGonagalls Gesicht zu verschwinden.

„Ich kann es mir nicht erklären, es scheint alles in Ordnung zu sein", gab Madam Pomfrey zu, „Ich hoffe, es ist nichts Ernstes."

„Wenn meine Vermutung richtig ist, können wir nichts dagegen tun", erklärte McGonagall besorgt, „Aber versuchen Sie es mit einem normalen Schmerztrank. Vielleicht funktioniert es ja bei ihr."

Madam Pomfrey eilte schnell davon, während McGonagall bei den Mädchen blieb.

„Was hat sie?", fragte Katie leise und nahm besorgt Tias Hand.

„Sie hat die Schmerzen, die ein Werwolf bei einer Verwandlung hat", erklärte McGonagall mit Grabesstimme.

„Sie verwandelt sich in einen Werwolf?", fragte Leanne erschrocken und wich einen Schritt zurück, aber zum Glück schüttelte McGonagall nur den Kopf.

„Nein, sie hat nur die Schmerzen", erklärte die Professorin, „Sie sollten wieder vergehen."

„Aber... aber warum?", stammelte Katie, „Das hat sie doch bisher auch nie gehabt!"

„Es könnte verschiedene Gründe haben", stimmte McGonagall ihr zu, „Vielleicht ist es ihr Alter, vielleicht auch nur zurzeit, weil sie sich so viel Stress gemacht hat. Miss Spinnet ist vor wenigen Tagen zu mir gekommen, mit der Befürchtung, dass etwas Ähnliches passieren könnte. Miss Fuego hat in letzter Zeit häufiger Anzeichen gezeigt, dass sich etwas verändert hat. Wenn ein Werwolf vor der Verwandlung viel Stress ausgesetzt ist, ist die Verwandlung schmerzvoller."

„Also hätte es schon immer passieren können, aber weil sie zurzeit so gestresst ist, hat sie Schmerzen?", kombinierte Leanne erschrocken.

„So ist es."

Die beiden Freundinnen sahen zu Tia, die wimmerte, aber plötzlich verschwanden die Schmerzen.

Tia öffnete die Augen und es war, als wäre nie etwas passiert.

„Sie sind weg", meinte sie leise, „Einfach so."

„Dann haben Sie es hoffentlich hinter sich", meinte McGonagall streng, „Aber wir sollten auch dafür sorgen, dass sie nicht mehr zurückkommen."

„Es geht ihr besser?", fragte Pomfrey, die mit einem Trank zurückkam.

„Sie sollte trotzdem über Nacht heute hierbleiben", schlug McGonagall vor, „Sollte es zu Morgengrauen wieder passieren."

„Wir bleiben bei ihr", bestimmte Katie und nahm Tias Hand.

„Aber... sie braucht Ruhe und –", wollte Pomfrey sie verscheuchen, aber McGonagall hob eine Hand und hielt sie zurück.

„Natürlich, aber seien Sie leise", warnte McGonagall, „Und vielleicht finden Sie etwas Schlaf."

„Wohl eher nicht", murmelte Tia leise, aber Katie und Leanne machten es sich schon auf den Betten links und recht von ihr bequem, wie zwei Bodyguards.

Madam Pomfrey und Professor McGonagall verließen den Krankenflügel wieder, aber Pomfrey versicherte ihnen, dass sie jederzeit wieder geweckt werden könne, wenn die Schmerzen wieder einsetzten.

„Danke, dass ihr hier seid", flüsterte Tia in die Dunkelheit leise, „Ich weiß, ihr seid sicher müde."

„Das ist doch kein Problem. Wir sind doch Freundinnen!", beruhigte Katie sie schnell.

„Jederzeit wieder", winkte Leanne ab, „Aber nimm das nicht wörtlich – das soll bitte nie wieder passieren. Wir haben uns wirklich Sorgen gemacht!"

„Wir müssen deinen Stress irgendwie loswerden. Willst du darüber sprechen?", fragte Katie, „Es sind doch nicht nur die ZAGs, oder?"

Zuerst antwortete Tia nicht. Sie wollte es ihren Freundinnen eigentlich gar nicht sagen, aber jetzt waren sie alle hier, zusammen in der Dunkelheit und sie hatten Tia geholfen, also hatten sie es eigentlich verdient, es zu hören.

„Ich denke, dass einfach in letzter Zeit alles zusammenkommt", gab Tia leise zu, „So vieles passiert gleichzeitig und ich habe Angst, dass ich jemanden enttäuschen könnte..."

„Wen könntest duschon enttäuschen?", fragte Leanne und kicherte, als wäre es eine dämliche Frage, aber Katie verstand wohl besser.

„Ich bin mir sicher, egal, wer dir dieses Gefühl gibt, er meint es nicht so", versprach sie ernst.

„Ich weiß auch nicht", Tia zupfte an ihrer Bettdecke herum, „Es ist nur... Was ist, wenn Remus sich eine andere Tochter vorgestellt hat? Was ist, wenn er erkennt, dass ich eine Blamage für ihn bin? Was ist, wenn ihm auch auffällt, dass er eigentlich mich gar nicht als Tochter haben wollte, so wie meiner Mom? Ich habe nur Angst, ihn zu enttäuschen und er dann wieder geht..."

„Dein Vater wird nicht wieder gehen", versprach Katie sanft, obwohl sie es gar nicht versprechen konnte. Es war nur die Art, wie Tia von Remus gesprochen hatte und wie sie erzählt hatte, was sie in den Ferien mit ihm unternommen hatte, dass sie sich sicher war, dass ihr ehemaliger Professor wusste, was für eine wundervolle Tochter er hatte.

„Was ist, wenn ihm meine ZAG-Noten nicht gefallen? Er ist wirklich gut in der Schule gewesen und ich bin... ich bin überhaupt nicht gut."

„Du bist gut in Zaubertränke", zeigte Leanne auf, „Keiner sonst kann es – nur du. Das ist dein Spezialbereich und darauf kannst du stolz sein!"

„Es bringt mir nicht viel, wenn ich in Zaubertränke eine gute Note schreibe und in den anderen Fächern durchfalle", schnaubte Tia, „Was wird meine abuelita denken? Sie ist nie in Hogwarts gewesen, sie wird denken, ich wäre faul und ein Nichtsnutz, wenn sie meine Noten sieht. Sie weiß doch nicht einmal genau, was wir lernen. Wahrscheinlich denkt sie, ich bin die beste Hexe in der Schule, aber ich bin eine Enttäuschung."

„Hör auf, so zu reden", befahl Katie streng, „Das bist du nicht und das weißt du. Dann kannst du eben nicht so gut zaubern – na und? Deine Talente liegen woanders und ich weiß, deine Großmutter wird dich trotzdem lieben."

„Und was ist mit euch? Wir leben uns auseinander. Ich verbringe so viel Zeit mit Alicia, dass ich euch immer vergessen, aber ich vergesse euch nicht, ich bin nur –"

„Bei deiner Freundin, das wissen wir", unterbrach Leanne sie, „Und deswegen ist es gut, dass wir zu dritt eine Freundesgruppe sind – dann haben wir immer noch eine Freundin übrig, wenn die andere woanders ist."

„Was Leanne damit sagen will, ist, dass wir immer noch beste Freundinnen bleiben, egal, was passiert. Wir sind ein Team, eine Gruppe, eine Mannschaft. Und eine Beziehung wird und da nicht auseinanderreißen", übersetzte Katie.

„Und wir haben auch andere Freunde", erinnerte Leanne sie, „Wir sind nicht einsam, wenn du nicht da bist. Wir haben einander und wenn du bei uns bist, freuen wir uns umso mehr."

„Manchmal habe ich das Gefühl, als würde mir alles zu viel werden", seufzte Tia, „Als würde jeden Moment die Welt über mir einstürzen und mich begraben."

„Und dafür hast du uns – Katie und mich und sogar Alicia! Wir alle sind immer für dich da und du kannst jederzeit mit uns sprechen!", versprach Leanne.

„Ich habe euch lieb", wisperte Tia in die Dunkelheit. Katie und Leanne lächelten.

„Wie haben dich auch lieb, Tia", antwortete Katie.

„Egal, was passiert – wir sind ein Team", stimmte Leanne ihr zu, „Und reißt so schnell nichts auseinander."

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