51. Kapitel
Als Carla aus Ibiza zurückkam – natürlich ohne Sirius – erzählten Remus und Tia ihr sofort von Eva und Carla reagierte ein wenig verärgert auf die Neuigkeiten, war aber froh darüber, dass Remus es geschafft hatte, Tia so gut zu beruhigen. Carla hatte sich vor dem Tag gefürchtete, an dem das passieren würde und dann war sie gar nicht zu Hause gewesen.
Eine Woche danach war der Vorfall schon wieder vergessen und das Leben ging weiter, bis Tia sich daran erinnerte, dass sie Alicia über den Sommer einmal einladen wollte.
Das würde wohl Remus' letzte Prüfung als Vater werden – die erste Freundin seiner Tochter kennenlernen und er war sich nicht sicher, wie er darauf reagieren sollte. Auf der einen Seite war er wirklich froh, dass Tia sich dazu entschlossen hatte, eine Freundin anstatt eines Freundes zu haben, aber so wusste Remus nicht wirklich, wie er Alicia behandeln sollte. Für Väter gab es genaue Anweisungen, wie man den ersten Freund seiner Tochter behandeln sollte (jedenfalls hatte Sirius ihm das erzählt), aber für die erste Freundin gab es da nichts.
An dem Tag, an dem Alicia kommen sollte, war Remus deswegen ziemlich nervös, was Carla natürlich nicht entging.
„Am besten, du bist einfach du selbst und freundlich", schlug Carla vor und riss Remus damit aus seinen Gedanken.
„Perdone?", fragte Remus und Carla lächelte.
„Ich habe gesagt, dass du dir keine Sorgen machen musst, wegen Alicia – du solltest einfach nur freundlich und du selbst sein – das würde Tia am meisten freuen."
„Dann versuche ich das", versprach Remus.
In diesem Moment läutete es an der Tür und wie ein Blitz schoss Tia aus ihrem Zimmer zur Haustür, um diese vor allen anderen zu öffnen. Sie riss die Tür auf und grinste breit, als sie Alicia vor der Tür stehen sah.
Sie schien größer geworden sein, aber vielleicht kam das Tia nur so vor.
„Alicia!", rief Tia aus und umarmte ihre Freundin stürmisch, die ebenfalls breit grinste.
„Hui", lachte Alicia, „Ich habe dich auch vermisst."
„Komm doch rein!", schlug Tia vor und an der Hand zog Tia sie ins Haus. Alicia war ein wenig überwältigt, aber sie ließ sich einfach mitziehen, während sie neugierig das Haus ansah und die vielen Bilder an den Wänden.
Tia schleppte sie in die Küche, wo Remus und Carla waren.
„Abuelita, Remus, das ist Alicia!", stellte Tia ihre Freundin stolz vor und tatsächlich wurde Alicia ein wenig rot.
Sie hatte Carla schon einmal gesehen, aber nur von der Weite, wenn die Frau ihre Enkelin vom Bahnhof abgeholt hatte. Von Nahem war sie sogar noch schöner und Alicia verstand, woher Tia wohl ihr eigenes gutes Aussehen herhatte. Die Frau erinnerte Alicia von Haltung und Gesichtsausdruck her an Professor McGonagall, aber nur eben als spanische Schönheit. Tia hatte Alicia einmal erzählt, dass Carla tatsächlich einmal als Model gearbeitet hatte und das fand Alicia, wenn sie ehrlich sein musste, wirklich cool.
Remus Lupin hingegen kannte Alicia schon. Sie hatte den Professor wirklich und hatte zum ersten Mal in Hogwarts in Verteidigung gegen die dunklen Künste das Gefühl gehabt, etwas zu lernen. Wenn Lupin nicht gewesen wäre, hätte sie es vielleicht gar nicht in ihren diesjährigen Stundenplan aufgenommen. Als sie dann erfahren hatte, dass Lupin ein Werwolf war, wusste sie nicht wirklich, was sie davon halten sollte. Ihre Eltern, beide Zauberer hatten ihr erzählt, wie böse und schrecklich Werwölfe wirklich waren, aber Lupin wirkte nicht böse oder bestialisch. Außerdem war er, wie Alicia kurz nach Ferienbeginn in einem Brief von Tia gelesen hatte, tatsächlich Tias Vater und allein darum konnte Alicia nicht wirklich glauben, dass er böse sein sollte und hatte beschlossen, erst einmal ihre Vorurteile gegenüber Werwölfen zur Seite zu schieben und Lupin neu kennenzulernen – als Vater ihrer Freundin.
„Hallo", begrüßte Alicia die beiden ein wenig unsicher.
„Oh, dios mio! Nicht so schüchtern", rief Carla aus und empfing Alicia in einer überraschenden, aber angenehmen Umarmung, „Nenn mich ruhig Carla."
„Freut mich, Carla", brachte Alicia heraus und Tia kicherte neben ihr.
Remus hatte sich bis jetzt herausgehalten und stand ein wenig unsicher neben der Szene.
Als Carla Alicia wieder losließ, waren ihre Haare ein wenig zerzaust und Tia richtete sie ihr wieder kichernd, bis Alicia hochrot sanft ihre Hände wegdrückte. Dann wandte sie sich Lupin zu, aber sie war sich nicht sicher, wie man ihren ehemaligen Professor, der jetzt aber als Vater ihrer Freundin vor ihr stand begrüßte. Letztendlich streckte sie höflich die Hand aus und Lupin selbst schien erleichtert, sie einfach schütteln zu können.
„Schön, dich wiederzusehen, Alicia", meinte er.
„Ganz meinerseits", sagte Alicia, „Ich habe zwar nicht erwartet, Sie hier und jetzt als Vatervon Tia wiederzusehen, aber..."
„Dann sind wir wohl zu zweit", lächelte Remus.
„Komm, Ali, ich zeige dir mein Zimmer!", Tia zog ihre Freundin von Remus weg und rettete damit beide weiterhin unbeholfen gegenüber zu stehen.
Sobald die Tür von Tias Zimmer zufiel, sackte Remus auf der Küchenbank zusammen und atmete tief durch.
„Sehr gut gemacht", lobte Carla ihn, aber Remus war sich nicht sicher, ob sie es sarkastisch meinte, oder nicht.
„Ist es sicher, die beiden alleinim Zimmer zu lassen?", fragte Remus die Stirn runzelnd.
„War es sicher, Eva allein in England herumziehen zu lassen?", Carla hob eine Augenbraue und Remus wurde knallrot, „Wohl nicht, aber was sollen wir machen? Sie zu etwas zwingen?"
„Wäre vermutlich besser für alle gewesen", murmelte Remus leise, aber Carla hatte es gehört und schlug ihm mit einem Kochlöffel auf den Kopf.
„Silencio! Du wünscht dir doch nicht ehrlich, dass Tia nie auf die Welt gekommen wäre?"
„Natürlich nicht!", rief Remus schnell, „Aber... aber..."
„Aber?"
„Aber manchmal frage ich mich, ob es wirklich so klug gewesen ist... Tia ist ein wundervolles Mädchen, aber ich frage mich manchmal, ob ihr Leben nicht schöner gewesen wäre, wenn nicht ich ihr Vater wäre..."
„Lächerlich", lachte Carla auf.
Remus schüttelte den Kopf, wissend, dass er bei Carla und dieser Diskussion nicht weit kommen würde.
„Alicia ist nett, oder nicht?", fragte Carla und wechselte damit das Thema.
Remus wusste nicht genau, was er darauf antworten sollte. „Ja, denke schon", meinte er, klang aber nicht so überzeugt davon.
„Du bist nur nicht davon begeistert, dass Tia mit ihr ausgeht", schwor Carla.
„Da hast du wohl recht", stimmte Remus ihr zu, „Alicia ist... klug... freundlich... sportlich."
„Natürlich ist sie das! Tia ist nicht einfach so mit jedem zusammen", rief Carla aus.
Und sie hatte Recht. Remus konnte wohl froh sein, dass der Geschmack seiner Tochter sich nicht nur auf Aussehen fixierte, sondern auf andere Eigenschaften. Immerhin hätte sie es eindeutig schlechter treffen können. Remus wollte sich nicht einmal vorstellen, wie er reagiert hätte, wenn er erfahren hätte, dass Tia mit einem dieser Weasley-Zwillinge zusammen wäre, immerhin hing sie auch mit diesen beiden Unruhestiftern häufig ab. Außerdem hatte Remus einmal gehört, dass Kinder häufig mit Leuten zusammen waren, die ihren Eltern ähnelten, und die Zwillinge erinnerten ihr nur zu sehr an seine Jugend.
Remus sah die beiden Mädchen kaum an diesem Tag. Zuerst waren sie in Tias Zimmer und nach dem gemeinsamen Mittagessen zeigte Tia ihrer Freundin noch die Gegend, in der sie lebte.
Erst am Abend dann kamen sie zurück. Carla hatte versprochen, das Mädchen zurück zu fahren, damit sie pünktlich wieder zu Hause war, aber der Weg dorthin war lang.
„Nur noch ein paar Minuten", bettelte Tia, als es Zeit war für Alicia zu gehen.
„Wir müssen wirklich los, sonst kommen wir zu spät", lehnte Carla ab, „Es geht einfach nicht, querida."
Remus saß auf dem Sofa und las in seinem Buch, als ihm eine Idee kam, aber er war sich nicht sicher, wie sie ankommen würde. Alicia und er waren schon den ganzen Tag übertrieben höflich zueinander gewesen, also war Remus sich auch gar nicht sicher, ob Alicia ihn überhaupt leiden konnte, aber einen Versuch war es wert, wenn es seine Tochter glücklich machte.
„Ich könnte später mit Alicia zu ihr nach Hause apparieren", schlug er vor und alle sahen zu ihm, „Bist du schon einmal appariert, Alicia?"
„Mit meinen Eltern, ja", meinte sie und sah wirklich glücklich mit dieser Möglichkeit aus, „Dann hätten wir noch ein wenig mehr Zeit, wenn Sie mich apparieren können!"
„Es wäre mir eine Freude", winkte er ab, „Und Carla müsste dich nicht fahren."
„Wenn das für alle in Ordnung ist", meinte Carla, „Ich habe nichts dagegen."
„Danke, Remus", grinste Tia breit.
„Aber ihr habt trotzdem nicht allzu lange Zeit", erinnerte er die beiden noch schnell, „In einer Stunde müssen wir wirklich los!"
„Eine Stunde ist besser, als keine!", freute sich Tia, „Danke!"
„Ja, danke, Professor", meinte auch Alicia und sie wirkte so, als hätte sie es nicht von Lupin erwartet.
Die beiden verschwanden wieder und Remus schüttelte den Kopf, aber im Inneren freute er sich, weil er seiner Tochter eine Freude machen konnte.
Nach einer Stunde aber mussten sich die Mädchen doch voneinander verabschieden und das taten sie ein wenig zu Remus' Missfallen mit einem kurzen Kuss, bevor die beiden sich hochrot trennten.
Remus wollte weder Tia in Schwierigkeiten bringen, noch von Muggeln gesehen werden, also mussten sie die Wohngegend verlassen, bevor sie disapparieren konnten, aber Alicia hatte versichert, dass das ihr nichts ausmachte.
Der Weg selbst war leider ein wenig unbehaglich, da die beiden stumm nebeneinander gingen, hin und wieder einen unsicheren Blick auf den anderen warfen und immer wieder den Mund öffneten, um ein Gespräch zu beginnen, aber jedes Mal ihn wieder schlossen.
„Professor, es ist doch in Ordnung für Sie, dass ich mit Tia zusammen bin, oder?", fragte Alicia schließlich, nachdem sie schon beinahe an einer geeigneten Stelle waren.
„Warum fragst du das?", Remus hatte mit vielen Fragen gerechnet, aber nicht mit dieser.
„Nun", Alicia wusste nicht wirklich, wie sie es formulieren sollte, „Weil... weil wir Mädchen sind und..."
„Oh, ich verstehe", Remus nickte, „Du fragst einen Werwolf, ob er andersdenkende Individuen akzeptiert?"
„Wenn Sie es so ausdrücken", kicherte Alicia, „Entschuldigen Sie."
„Ist schon in Ordnung."
„Es ist nur... sie haben nicht wirklich begeistert ausgesehen, als wir uns geküsst haben", zeigte Alicia auf.
„Entschuldige, ich wollte nicht, dass du das siehst", entschuldigte Remus sich schnell.
„Also sind Sie wirklich nicht zufrieden mit unserer Beziehung?", fragte Alicia und durchbohrte ihn mit ihren Fragen, aber Remus blieb entspannt.
„Alicia, meine Tochter bringt ihre feste Freundin nach Hause – wir soll ich sonst als Vater reagieren?"
„Daran habe ich gar nicht gedacht", murmelte Alicia, „Entschuldigen Sie."
„Aber ich verstehe deinen Standpunkt. Es ist nur... ich kann nicht dich nicht leiden. Ich glaube, ich komme nur nicht wirklich mit dem Gedanken zurecht, dass ich seit ein paar Monaten erst weiß, dass ich eine Tochter habe und dann sofort in die Situation geworfen werde, mit ihrer Freundin zurecht zu kommen. Mir fehlen irgendwie einige Jahre an Vorbereitung und Übung, um das zu meistern."
„Aber Sie haben nichts gegen mich?", fasste Alicia zusammen.
„Alicia, du bist klug, freundlich, zuvorkommend und soweit ich gesehen habe wirklich in meine Tochter verliebt – und sie in dich. Ich habe mi keine bessere erste Freundin vorstellen können."
„Danke", meinte Alicia ein wenig überwältigt von seinen Worten. Sie waren auf einem freien Feld etwas weiter weg von der Wohngegend angekommen.
„Bereit?", fragte Remus und hielt ihr seinen Arm hin.
„Danke, Professor", meinte Alicia, „Danke, dass Sie akzeptierend sind."
„Das kann ich wohl nur zurückgeben", winkte Remus ab, „Ist wohl auch nicht alltäglich, einem Werwolf zu vertrauen, dass er dich sicher nach Hause bringt. Außerdem bedanke ich mich auch bei dir, weil du Tia glücklich machst."
„Und sie macht mich glücklich, Professor, also danke."
„Wir können noch einige Zeit hier herumstehen und uns gegenseitig bedanken", schlug Remus vor, „Wir können aber auch disapparieren. Ich bin mir sicher, wir treffen uns irgendwann wieder, dann können wir uns wieder bedanken."
„Klingt nach einem guten Plan, Professor", grinste Alicia. Sie nahm Remus' Arm, aber dieser stockte.
„Alicia, ich bin nicht mehr dein Professor", sagte Remus ernst, „Warum nennst du mich nicht einfach Remus?"
„Das wird wirklich seltsam werden", gestand Alicia, „Meinen alten Professor beim Vornamen nennen."
„Da stimme ich dir wohl zu, aber Mr Lupin tut's auch."
„Nein, ich glaube, ich bleibe bei Remus", beschloss Alicia, „Wir können los."
„Perfekt."
Sie disapparierten und das Feld war wieder verlassen und ruhig.
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