50. Kapitel

Remus und Sirius wurden zu fixen Teilen der Familie Fuego und schon bald war es so, als wären sie schon immer hier gewesen. Tia freute sich, die beiden bei sich zu haben und auch Carla schien die zusätzliche Gesellschaft nicht wirklich zu stören, doch nach wenigen Tagen war für alle klar, dass Sirius nicht für lange bleiben konnte und wollte.

Er sprach häufig über warme Gegenden, wie er gerne aus England verschwinden würde, bis sich wirklich alles beruhigt hatte, wie er meinte, aber alle wussten, dass er einfach nur gerne die Kälte von Askaban vergessen würde.

Nach einer Woche also hatte Carla für Sirius einen Flug nach Ibiza gebucht, eine Insel in Spanien doch Sirius sträubte sich ein wenig, weil er weder Harry, sein Patenkind, noch Remus zurücklassen wollte, aber nachdem Carla ihn einfach ignoriert hatte und schon Flugtickets hatte, konnte er nicht anders.

Carla würde selbst nach Ibiza fliegen und Sirius in seiner Hundegestalt aus England herausschmuggeln. Natürlich gab es einige Schwierigkeiten, einen so großen Hund wie Sirius es in seiner Animagusgestalt war zu transportieren, aber Carla konnte ziemlich überzeugend sein.

„Ich bin in ungefähr drei Tagen wieder zurück", versprach Carla, die schon mit einem großen Koffer für Sirius und einem kleineren für sich in der Türschwelle stand, „Ich bin mir sicher, die gemeinsame Zeit wird Remus und dir guttun."

„Mach dir um mich keine Sorgen", winkte Tia ab, „Sorge du dafür, dass Sirius gut ankommt."

„Das wird er bestimmt", versicherte Carla ihr.

Sirius saß schon im Rücksitz in seiner Hundeform, sodass man ihn auch nicht durch die Fenster erkennen konnte und Remus und Tia winkten ihnen noch, bis sie für die beiden nicht mehr zu sehen waren.

Erst dann setzen sie sich zusammen in die Küche, eine Tasse Kakao vor ihnen und Tia zeichnete, während Remus in einem Buch las.

Es herrschte eine angenehme Stille zwischen den beiden, die aber von einem plötzlichen Läuten an der Haustür unterbrochen wurde.

„Vielleicht haben sie etwas vergessen", vermutete Remus, aber ein Blick auf seine Uhr sagte ihm, dass die beiden schon im Flieger sitzen sollten.

„Ich werde einmal nachsehen", beschloss Tia, legte ihren Stift ab und sprang auf, um die Tür zu öffnen, bevor Remus sie daran hindern konnte. Ihm selbst war das alles nicht geheuer und er zückte lieber unauffällig seinen Zauberstab und blieb in der Nähe von Tia, um sie im Falle zu beschützen.

Tia öffnete die Tür, aber als sie sah, wer dort stand, konnte sie nicht anders, als überrascht einen Schritt zurück zu treten.

Einen Moment machte Remus sich schon beinahe Sorgen um sie und wollte ihr helfen, aber dann sah er ebenfalls, wer dort war.

„Eva", brachte Tia heraus, als sie ihre Mutter erkannte. Sie sah noch immer jung und hübsch aus, sie hatte sich kaum verändert. Ihre Haare waren noch immer perfekt und tiefschwarz, ihr Gesicht frei von Falten und ihre Augen wach. Auch sie schien verwundert darüber, Tia zu sehen und öffnete und schloss ihren perfekt geformten Mund wie ein Goldfisch.

„T-Tara", stammelte Eva.

Remus stand noch außerhalb ihres Sichtfeldes, aber er selbst sah sie und er wusste nicht, wie er reagieren sollte. Er sah Eva, erinnerte sich an die Zeit mit ihr, erinnerte sich, dass sie die Mutter seiner Tochter war, aber zu seinem eigenen Erstaunen fühlte er ihr gegenüber nichts. Er liebte sie nicht, er hasste sie nicht – sie war einfach nur da und eine verblasste Erinnerung, die Tia ähnelte.

„Tara", auch Eva besaß diesen spanischen Akzent, wie Carla, aber man hörte, dass ihr Englisch sehr gut war, „Ich... schön, dich zu sehen."

Tia wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Sie hatte ihre Mutter noch nie gesehen, hatte noch nie mit ihr gesprochen, hatte nur Bilder von ihr hin und wieder zu Gesicht bekommen, aber ansonsten wäre Tia nie auf die Idee gekommen, dass sie überhaupt eine Mutter hatte. Sie hatte gewusst, dass Carla und Eva noch hin und wieder telefonierten, aber Eva hatte sich ihr eigenes Leben in England aufgebaut, hatte geheiratet und drei Kinder, die bei ihr lebten und um die sie sich kümmerte.

Darum stand Tia nur sprachlos vor ihr, während Eva versuchte, irgendwie freundlich auszusehen, aber sie selbst sah auch sehr unangenehm berührt aus.

„Ist... ist Carla hier?", fragte Eva schließlich, um die Stille zu füllen.

„Nein", es war das erste Mal, dass Eva die Stimme ihrer Tochter hörte und irgendwie war sie wohl erstaunt darüber, dass ihr Akzent eher englisch war und nicht spanisch. Evas andere Kinder sprachen auch eher wie ihr Vater – englisch und ohne spanischen Akzent, aber doch wirkte Tara ansonsten so spanisch, dass Eva schon beinahe erwartet hatte, sie mit einem spanischen Akzent sprechen zu hören.

„Nein, du hast die um ein paar Stunden verpasst", erklärte Tia und riss sich zusammen – immerhin war diese Frau vor ihr eigentlich eine Fremde. Sie hatte keine Bindungen mit ihr, kannte sie nicht und wusste eigentlich nur, dass ihr Name Eva war.

„Oh", machte Eva und sah unzufrieden aus, „Weißt... weißt du, wann sie wiederkommt?"

„In ein paar Tagen", meinte Tia, „Warum?"

Eva beantwortete ihre Frage nicht, sondern sah sie nur mit einem Stirnrunzeln an.

„Sie hat dich allein zurückgelassen – für ein paar Tage?", wiederholte Eva ungläubig.

„Nein, natürlich nicht", winkte Tia ab, und in diesem Moment beschloss Remus einen Auftritt zu wagen und trat in Evas Blickfeld.

„Ich passe auf sie auf", meinte er selbstsicher und Eva sah so aus, als hätte sie einen Geist gesehen. Ihr gebräuntes Gesicht wurde etwas bleich und sie trat einen Schritt zurück.

„Remus", keuchte sie, als konnte sie ihren eigenen Augen nicht trauen, „Bist... bist das du?"

Remus antwortete nicht, sondern stellte sich nur ein wenig beschützend hinter Tia und sagte mit fester Stimme: „Hallo, Eva."

„Was zum– was machst duhier?", Eva schaute Remus vollkommen perplex an, „Ich habe nicht gedacht, dass ich dich –"

„–jemals wiedersehe?", riet Remus, „Ja, habe ich auch nicht gedacht, aber dann habe ich Tia kennengelernt. Scheint eine interessante Geschichte zu sein..."

„Remus ich –", stammelte Eva unsicher und wusste nicht wirklich, was sie sagen sollte.

„Gibt es Gründe, warum du hier bist?", fragte Tia, um die beiden Erwachsenen zu unterbrechen. Eine angespannte Stimmung lag in der Luft und Tia hatte keine Lust darauf, ihre Eltern davon abzuhalten, vor ihr zu streiten, wenn Carla nicht hier war.

„Ich...", Eva schluckte schwer, „Ich... du hast nächste Woche Geburtstag. Ich habe mich daran erinnert."

Tia blinzelte ein paar Mal. „Jaa", meinte sie unsicher, wie sie mit dieser Information umgehen sollte, „Ich weiß, dass ich Geburtstag habe – so wie in den letzten fünfzehn Jahren auch schon..."

„Und das tut mir leid – es tut mir leid, dass ich nie da war... noch nie, in deinem Leben...", versicherte Eva ihr, aber sie wurde immer leise – vermutlich bemerkte sie selbst, wie jämmerlich sie klang, aber Tia tat sie nur leid. Sie fühlte nichts für diese Frau, die vor ihr vor ihrem Haus stand – für sie war sie eine Fremde.

„Eva, ich bin mir nicht sicher, was du hier machst", gestand Tia unsicher.

„Ich... ich bin deine Mutter", meinte Eva und atmete tief durch.

Für Tia bedeuteten diese Worte nichts. Eva war nicht ihre Mutter – vielleicht konnte sie es irgendwann werden, aber sie fühlte nicht dieses mütterliche Band, dass eine Mutter und ihre Tochter verbinden sollte. Vater oder Mutter zu sein war eine Ehre, man musste sich diesen Titel verdienen. Tia mochte Remus, aber ob er schon wirklich ihr Vater war? Sie war sich noch sicher, aber doch erwischte sie sich immer wieder, wie sie ihn einfach nicht „Vater" oder „Dad" nennen konnte, nicht einmal „Papá".

„Ich weiß", meinte Tia, „Das beantwortet aber meine Frage nicht."

Perplex von dieser Erwiderung runzelte Eva die Stirn. „Nun... ich wollte... ich wollte dich kennenlernen... du wirst fünfzehn, ich habe Jahre deines Lebens verpasst und meine Kinder werden auch langsam groß und... ich weiß auch nicht, warum ich hier bin, aber ich habe irgendwie das Gefühl gehabt, als müsste ich dich sehen, als müsste ich retten, was noch zu retten ist."

„Da ist wohl nicht viel zu retten, denke ich", überlegte Tia, aber mit einem eher gleichgültigen Ton, „Ich meine... du hast mich einfach hier zurückgelassen. Du hast gesagt, ich wäre ein Dämon, ich wäre nicht mehr deine Tochter... du wolltest mich nie wiedersehen... für mich klingt das alles nicht wirklich so, als hättest du früher gedacht, dass ich einen Besuch wert wäre..."

„Tara, ich verstehe nicht, warum –"

„Ich verstehe auch eine Menge nicht", unterbrach Tia sie, „Aber ich verstehe, dass ich mir im Moment nicht sicher bin, warum du hier bist. Du wolltest mich nicht mehr, das ist in Ordnung, aber dann komm nicht nach vierzehn Jahren zurück, weil du es dir anders überlegt hast – ich bin keine Puppe, die man auf den Dachboden bringen kann, wenn man nicht mehr mit ihr spielt."

Ihre Stimme war kühl, aber sie erhob sie nicht. Sie schrie nicht, sondern blieb ruhig und beinahe schon gleichgültig, aber Remus sah in ihren Augen, wie verletzt sie wirklich war, als sie sich umdrehte und in ihr Zimmer stürmte, aber dort nicht einmal ihre Tür zuwarf, sondern diese vorsichtig wie immer Schloss. Remus hörte einen Schlüssel im Schloss und einen Moment standen er und Eva stumm gegenüber.

„Ich verstehe das nicht", murmelte Eva ungläubig und starrte auf die Zimmertür, wo ihre Tochter verschwunden war, „Ich..."

„Verstehst du es wirklich nicht?", fragte Remus ungläubig.

„Natürlich nicht", fuhr Eva ihn an, „Wie... wie kann sie dich kennen? Wann habt ihr euch kennengelernt? Und dann ist sie mit dir freundlich genug, dass du auf sie aufpassen kannst und mich verabscheut sie?"

„Warum kommst du nicht erst einmal hinein? Eine Tasse Tee vielleicht?", schlug Remus vor.

„Tee... ja... Tee klingt gut", murmelte Eva und folgte Remus in die Küche, wo die beiden halbvollen Tasse mit nun kalten Kakao noch am Tisch standen. Das Buch, das Remus gelesen hatte räumte er schnell weg, damit Eva es nicht sah – sie wusste nichts von der Zaubererwelt und wenn sie den Titel: Hundert Zaubertränke und ihre Wirkungengelesen hätte, hätte Remus nicht gewusst, wie er es ihr hätte erklären sollen.

Leider hatte er keine Chance mehr, Tias Zeichenblock ebenfalls weg von Eva zu tun, die ihn sofort neugierig griff.

„Ist der von Tara?", fragte sie Remus, ohne ihn anzusehen. Sie wich seinem Blick aus.

„Ja", bestätigte Remus, „Aber vielleicht solltest du zuerst Tia fragen, ob du ihn ansehen kannst. Sie mag es nicht immer, wenn man ihre Zeichnungen sieht."

Eva ignorierte ihn und begann durch die Seiten zu blättern. Remus hoffte nur, sie dachte sich bei den seltsameren Zeichnungen nichts, immerhin kam es nicht häufig vor, dass man eine Veela oder einen Drachen abgezeichnet sieht.

Remus kochte Wasser und bereitete eine Kanne mit Carlas Tee zu, den er zusammen mit drei Tassen auf den Tisch stellte.

Dann setzte er sich gegenüber von Eva hin, die ihn nicht einmal mit einem Blick beachtete, sondern sich seelenruhig die Zeichnungen ihrer Tochter ansah.

„Die sind wirklich gut", gestand sie leise und Remus war sich nicht einmal sicher, ob sie mit sich selbst sprach, oder mit ihm.

„Sie ist ziemlich talentiert, ja", bestätigte Remus.

„Muss sie ja sein, wenn sie ein Stipendium für diese schicke Schule in Schottland hat, oder?"

Remus brauchte einen Moment, um zu verstehen, dass das wohl Carlas Ausrede war, warum Tia nicht in England zur Schule ging. Wahrscheinlich hatte Carla ihr erzählt, dass Tia in eine Künstlerschule in Schottland ging.

„Oh, ja", nickte Remus und es wurde wieder stumm.

„Wie habt ihr euch kennengelernt? Meine Mutter hat dich doch nicht so lange verfolgt, bis ihr euch getroffen habt, oder?", fragte Eva beinahe schon misstrauisch.

„Nein", Remus schüttelte den Kopf, „Tatsächlich ist die Sache ein wenig komplizierter. Ich habe letztes Jahr an Tias Schule unterrichtet und ihr auch ein wenig Nachhilfe gegeben. Bei einem Besuch hat Carla mich gesehen und mich sofort erkannt. Tia weiß aber erst seit Anfang des Sommers, dass ich ihr... Vater bin..."

„Du bist Lehrer?", fragte Eva verwundert.

„Ich warLehrer", korrigierte Remus sie, „Ich habe dieses Jahr gekündigt, um... um einmal etwas anderes zu machen."

„Also wohnst du jetzt bei meiner Mutter", Evas Blick und ihre Stimme verrieten, dass sie verächtlich gegenüber Remus war und dieser bemerkte dies natürlich sofort.

„Nein, Carla hat mich eingeladen, hier zu bleiben, damit ich Tia besser kennenlernen kann. Noch für ein paar Wochen, dann gehe ich in meine eigene Wohnung zurück."

„Was?", Tia stürmte aus ihrem Zimmer in die Küche, wo sie stehenblieb und Remus ungläubig ansah, während sie Eva mit keinem Blick würdigte, „Du gehst?"

Eva wunderte sich, wie sie ihr Gespräch hatte hören können, nachdem die Wände doch nicht dünn genug wirkten, dass man im zwei Räume weiter noch immer genug hören konnte.

„Tia, ich kann nicht ewig hier bei euch wohnen", erinnerte Remus seine Tochter, „Aber du kannst mich jederzeit besuchen kommen, wenn du das willst..."

„Natürlich will ich das!", rief Tia aus und zu der Verwunderung beider Erwachsener umarmte Tia ihren Vater stürmisch.

Eva stand auf, leerte ihren noch immer ziemlich heißen Tee mit einem Zug und wandte sich von der Szene ab.

„Ich gehe wohl besser", meinte sie unzufrieden, „Ich habe schon verstanden... ich bin hier wohl nicht willkommen."

„Eva", hielt Remus sie zurück und sie blieb tatsächlich noch einmal stehen, „Vielleicht solltest du es noch einmal versuchen, wenn Carla hier ist. Sie ist eine Konstante in Tias Leben."

„Nein, schon in Ordnung", winkte Eva überheblich ab und es stach in Tias Brust. Sie war sich bewusst, dass sie nicht direkt freundlich zu Eva gewesen war, aber sie hatte erwartet, dass ihre Mutter trotzdem weiterhin versuchen würde, einen Weg zu ihr zu finden, sodass irgendwann vielleicht doch ein Band entstehen konnte, wie es bei Remus und Tia der Fall gewesen war, aber stattdessen sah Tia ihrer Mutter dabei zu, wie sie zur Tür ging, diese öffnete und hinter sich mit einem lauten Krachen zuwarf, sodass die beiden zusammenzuckten.

Tia war wie paralysiert und konnte sich einen Moment nicht bewegen.

„Tia, alles in Ordnung?", fragte Remus sie vorsichtig.

„Ich verstehe das nicht", murmelte Tia leise, ganz leise, aber Remus hörte es natürlich.

„Ich verstehe es auch nicht", meinte er sanft, „Aber egal, was passiert, ich bin da für dich."

„Ich weiß", plötzlich brannten Tias Augen und Tränen sammelten sich in ihren Augen, „Ich... ich habe mir doch nur auch noch eine Mutter gewünscht..."

„Jeder wünscht sich das", meinte Remus und strich ihr über ihre Haare, aber im nächsten Moment fand er sich wieder in ihrer Umarmung wieder und er hielt das schluchzende Mädchen in seinen Armen. Er wünschte, er könnte ihr helfen, aber er hatte das Gefühl, als könnte er im Moment nicht mehr tun, als für sie da zu sein und sie fest zu halten, damit sie wusste, dass sie nicht allein war.

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