32. Kapitel

Tia war schon neugierig, wie Hogsmeade aussehen würde. Zwar war sie schon häufiger beim dortigen Bahnhof gewesen, aber es war immer dunkel gewesen und Tia war Besseres eingefallen, als sich umzusehen.

Es wehte ein kalter Wind, als sie zusammen mit Leanne und Katie ins Dorf ging, zusammen mit vielen anderen Schülern, die das erste Hogsmeade-Wochenende ebenfalls noch dort verbringen wollten.

„Also, ich muss in den Honigtopf", meinte Leanne sicher, „Mir ist egal, was wir sonst noch alles machen, aber ich muss dorthin und einen Süßigkeitenvorrat aufbauen!"

„Leanne, du vergisst wohl, mit wem du sprichst", kicherte Katie, „Wenn hier einer Lakritze braucht, dann ich und ich würde mein Leben darauf verwetten, dass Tia am liebsten ihren gesamten Schokoladenvorrat kaufen würde."

„Ihr tut ja beinahe so, als wäre ich schokoladensüchtig", beschwerte sich Tia und stopfte die Tafel Schokolade, die sie für Notfälle immer bei sich trug noch tiefer in ihre Jackentasche.

„Aus Zonko's brauche ich höchstens einige Zuckerfedern", überlegte Leanne, „Die sind bestimmt in Geschichte praktisch."

„Professor Binns achtet doch nicht genug auf die Schüler, um dich zu verdächtigen, etwas zu essen", bemerkte Tia verwirrt und runzelte die Stirn, „Du hast keinen Grund, zu verstecken, dass du nicht aufpasst."

„Tia hat Recht – sie hat einmal eine Tafel Schokolade in seinem Unterricht verspeist und ihm ist es nicht aufgefallen", stimmte Katie ihr zu.

„Mir ist das auch nicht aufgefallen! Warum hast du mir nichts abgegeben?", beschwerte Leanne sich laut und stemmte die Hände in die Hüften.

„Du hast geschlafen – ich wollte dich nicht wecken", gestand Tia und dagegen konnte Leanne nichts mehr einwenden.

Im Honigtopf herrschte natürlich reges Treiben, nachdem nicht nur die drei Freundinnen auf die Idee gekommen waren, zuerst ihre Einkäufe zu erledigen, also hatten sich eine Menge Hogwartsschüler schon in dem kleinen Laden versammelt.

„Wir teilen uns am besten auf", schlug Leanne vor, „Wir treffen uns dann draußen?"

„Klingt nach einem Plan", bestätigte Katie, „Gemeinsam kommen wir nicht weit."

Tia ließ sich das nicht zweimal sagen und begann, einige Süßigkeiten zusammen zu suchen – so ziemlich alles, was Schokolade in sich hatte. Katie suchte in der Zwischenzeit Lakritzzauberstäbe und leerte die halbe Dose davon in ihre Tüte, während Leanne nicht wählerisch war und von allem ein wenig einpackte.

Obwohl Tia sich wie im Paradies mit all der Schokolade fühlte, musste sie doch zugeben, dass es ihr doch ein wenig zu laut war, nachdem viele Schüler herumschrien, also beeilte sie sich zu bezahlen und stürzte aus dem Laden.

Als sie die kühle Lust einatmete, fühlte sie sich schon wieder besser.

„Wenn das nicht Tia ist?", natürlich waren Fred und George ebenfalls im Dorf und hatten Tia erblickt, sobald sie aus dem Laden gekommen war, „Ganz allein?"

„Oh, hallo", begrüßte Tia die beiden lächelnd, „Katie und Leanne sind noch drin – sie kommen bestimmt bald."

„Warum kommt ihr drei nicht später mit uns zum Drei Besen ein Butterbier trinken?", fragte George schon beinahe hoffnungsvoll, aber Tia schüttelte zu seiner Überraschung.

„Nein, tut mir leid, aber wir drei haben ausgemacht, dass heute nur wir drei etwas unternehmen", gab Tia zu, „Wir haben das Gefühl, als würden wir immer weiter auseinanderdriften, weil wir neben uns noch andere Freundinnen haben, also wollten wir einmal nur Zeit allein verbringen – immerhin sind sie meine besten Freundinnen."

In diesem Moment kamen Leanne und Katie gemeinsam aus dem Geschäft herausgetorkelt.

„Da sind sie ja schon!", freute sich Tia, „War schön, euch hier zu treffen – wir sehen uns dann beim Festessen im Schloss?"

Ohne auf eine Antwort zu warten, stürmte sie schon auf ihre beiden Freundinnen zu, die stolz ihre Ausbeute präsentierten, während George wie versteinert neben seinem Bruder stand, der sich bemühte, nicht zu lachen.

„Das hat nach einer wirklichen Absage geklungen", grinste Fred breit, „Ich werde mir diesen Tag rot im Kalender markieren – der Tag, an dem George das erste Mal von einem Mädchen abgewiesen wurde!"

„Halt die Klappe", George wurde rot und stieß seinem Bruder in die Seite, „Oder muss ich dich daran erinnern, wie Angelina dich abserviert hat?"

„Wir wollten nie wieder darüber sprechen!", beschwerte Fred sich laut, aber George grinste nur.



Beim Festessen am Abend amüsierte Tia sich prächtig. Zu Hause wurde bei ihr Halloween eher weniger gefeiert, aber seit sie in Hogwarts zur Schule ging, war Halloween auch für sie ein wichtiger Feiertag geworden.

„Komm schon George – es sind nur gefüllte Zucchini", versuchte sie ihn zu überreden, wenigstens ein wenig davon zu kosten, aber er weigerte sich.

„Du willst bestimmt nur, dass ich wieder durch die Gegend springe, wenn es wieder so scharf ist! Nicht mit mir!", er verschränkte die Arme vor der Brust und schloss demonstrativ den Mund.

„George ist ein Feigling!", neckte Katie ihn grinsend.

„Schwachsinn – gib her!", er nahm die Gabel mit dem Stück aufgespießter Zucchini darauf und aß sie, kaute vorsichtig, bemerkte aber bald, dass es wirklich nicht scharf war.

„Das ist gut", meinte er, „Wirklich gut."

„Wirklich?", versuchshalber probierte auch Katie, aber ihr Kopf rötete sich und sie fächerte sich Luft zu, „Scharf! Scharf!"

„Wirklich?", George sah verwirrt auf das Gericht, aber bis auf eine angenehme Würze hatte er nichts geschmeckt.

„George gewöhnt sich wohl langsam an die Schärfe", grinste Fred und stieß seinem Bruder in die Seite, „Du solltest weniger Schokolade von Tia essen."

„Aber die ist so gut", seufzte George.

Zum Nachtisch verspeiste Tia Schokotorte und dieses Jahr forderte Leanne sie nicht zu einem Wettessen auf, obwohl es so schien, denn die beiden verdrückten Unmengen an Torten und Kuchen.

Nach dem Essen verließen die Schüler die Große Halle und strömten auf die Gänge. Tia ging zusammen mit Leanne und Katie und Fred und George, sowie auch Lee Jordan zum Gryffindorturm, aber plötzlich staute es sich mitten im Gang.

„Was ist hier los?", fragte Katie sich und stellte sich auf die Zehenspitzen, um vielleicht besser zu sehen.

„Ich weiß nicht – ich sehe nur Rücken", kommentierte Leanne, die ein wenig kleiner war und selbst, als sie sich auf die Zehenspitzen stellte, hatte sie keine Chance, etwas zu sehen.

„Wartet – ich gehe nach vorne", meinte Tia und schnell wie ein Wiesel schlängelte sie sich an den Schülern vorbei nach vorne, aber dort blieb sie wie angewurzelt stehen, als sie sah, was vor ihr lag und was die anderen Schüler aufgehalten hatte.

In leuchtend roter Schrift stand dort riesig: 

DIE KAMMER DES SCHRECKENS WURDE GEÖFFNET.
FEINDE DES ERBEN, NEHMT EUCH IN ACHT

Darunter hing, an einem Fackelhalter aufgehängt, Mrs Norris, die Katze von Filch, dem Hausmeister. Am Schwanz hing sie steif und anscheinend tot einfach nur da und Tia stolperte zurück vor Schreck.

Bis auf ein leises Wimmern von einer Erstklässlerin war es still, als ein Ruf die Stille durchbrach: „Feinde des Erben, nehmt euch in Acht! Ihr seid die Nächsten, Schlammblüter!"

Tia war nicht danach, ihn zurechtzuweisen, sondern sie selbst war von dem Anblick eingeschüchtert. Sie hatte gehört, Psychopathen töteten Tiere einfach so und irgendwie erinnerte die Schrift sie an Blut.

„Was geht hier vor? Was ist los?", angelockt von dem Chaos kam Filch schon bald angelaufen, drängte sich unsanft durch die Schülerschar, die aber bald vor dem etwas schäbigen Hausmeister selbst Platz machten und ihn durchließen, aber als er vorne ankam, blieb er erschrocken stehen und begrub sein Gesicht entsetzt in seinen Händen – Tia tat er schon beinahe leid.

„Meine Katze! Meine Katze! Was ist mit Mrs Norris passiert?", jammerte er, bevor sein Blick auf Harry fiel, der zusammen mit Ron und Hermine dem Tatort am nächsten war, „Du!Du!Du hast meine Katze ermordet! Du hast sie getötet! Ich bringe dich um! Ich –"

Argus!"

Dumbledores Stimme ließ ihn sofort verstummen, als der Schulleiter mit einigen Lehrern im Schlepptau mühelos durch die Schülerschar kam. Er besah den Schauplatz, bevor er nach vorne eilte und Mrs Norris selbst vom Fackelhalter holte.

„Kommen Sie mit, Argus", bat er den Hausmeister, „und Sie auch, Mr Potter, Mr Weasley, Miss Granger."

Natürlich musste Lockhart vortreten: „Mein Büro ist am nächsten, Direktor – nur die Treppe hoch – bitte seien Sie so frei –"

„Ich danke Ihnen, Gilderoy", Tia wusste nicht, wie Dumbledore so ruhig bei so viel Dummheit bleiben konnte.

Die Schülermenge teilte sich wieder, um Dumbledore, Lockhart und die restlichen Lehrer und Schüler durchzulassen, während Tia noch immer wie erstarrt dastand und sich nicht rühren konnte.

„Auf einmal sind wir nicht mehr so mutig, oder?", Flint grinste sie fies an, aber Tia konnte keine passende Antwort an seinen Kopf werfen, aber das war nicht schlimm, den in diesem Moment warf George eines von Lockharts Bücher gegen seinen Kopf.

„Oh, Entschuldigung, ich hoffe, ich habe deine restlichen drei Hirnzellen nicht zermalmt", entschuldigte sich George sarkastisch und stellte sich schützend vor Tia, „Besser du verschwindest."

Flint sah so aus, als würde er George selbst zermalmen wollen, aber da stellte sich auch noch Fred neben seinen Zwilling und zu ihm noch Angelina, Alicia, Katie und Leanne, die alle ihre Zauberstäbe erhoben hatte.

„Wir wollen doch jetzt keinen Ärger, oder?", fragte Leanne mit drohender Stimme und nachdem Flint kurz seine Chancen abgewogen hatte, drehte er sich um und verschwand in Richtung Slytheringemächer.

„Geht es dir gut?", fragte Katie ihre Freundin, als sich die Schülermenge langsam verteilte, aber Tia konnte nur nicken.

„Besser wir bringen sie in den Turm", schlug George vor, „Ich kann mir denken, wie schlimm das für sie ist."

Die Freunde sorgten dafür, dass Tia sicher in den Gryffindor-Gemeinschaftsraum gelangte und setzten sie in den Sessel, der dem Kamin am nächsten stand – Fred und George verjagten dafür sogar einige Erstklässler.

„Sie scheint einen Schock zu haben", diagnostizierte Angelina.

„Wie wäre es mit einem Stück Schokolade? Das hilft bei ihr immer", schlug Leanne und holte tatsächlich einen Schokoriegel hervor. Die anderen musterten sie verwirrt und Leanne verteidigte sich: „Was? Tia hat auch immer Schokolade bei sich – diese Angewohnheit ist wohl ansteckend!"

„Willst du etwas essen?", fragte Katie sanft.

„Danke", murmelte Tia leise, „Ich weiß nicht, warum ich so reagiere – es ist wohl ein bisschen viel gewesen."

„Hey, kein Grund, dich zu entschuldigen", widersprach Angelina, „Ich verstehe dich – wir alle tun das. Ich meine..., wenn mir jemand mit gruseligen Buchstaben an der Wand drohen würde, dann würde ich wohl genauso ausflippen."

„Wahrscheinlich nicht", korrigierte Tia sie, „Du bist wirklich mutig."

„So wie du", versprach Angelina, „So wie wir alle – wir sind Gryffindors!"

„Außerdem solltest du dir keine Sorgen machen – das war bestimmt nur ein dummer Streich von so jemanden wie Malfoy oder Flint – vielleicht haben sie es genau aus diesem Grund getan – sie haben Angst vor dir, also machen sie dir Angst", überlegte George.

„Wie ihr meint...", meinte Tia leise, „Ich gehe wohl ins Bett – es ist ziemlich spät."

„Ich auch – ich bin auch ziemlich müde. Ich habe heute so viel gegessen, ich glaube, ich platze gleich", kicherte Leanne.

„Ja dann, Leute", Katie stand mit ihnen auf, „Gute Nacht!"

Die drei gingen die Treppen hoch in den Schlafsaal, wo Vicky wie immer schon so tat, als würde sie schlafen. Die drei zogen sich leise um und Tia legte sich in ihr Bett und versuchte zu schlafen, aber irgendwie bekam sie die Bilder von den drohenden Worten nicht aus dem Kopf. Sie wälzte sich hin und her, machte die Augen zu, aber dann sah sie es wieder und schreckte auf.

„Kannst du nicht schlafen?", wisperte plötzlich Leanne, die im Bett neben ihr schlief.

Tia wartete einen Moment, bevor sie antwortete: „Nein."

Einen Moment war es still, dann hörte man das Rascheln von Leannes Bettzeug und Tia blickte in ihre Richtung und sah, dass sie aufgestanden war und mit wenigen Schritten bei ihrem Bett war und sich kurzerhand neben Tia legte. Tia kicherte, als sich Leanne zu ihr unter die Decke kuschelte.

„Du solltest diese Drohung nicht ernst nehmen – allein der Wortlaut sagt doch schon, dass es ein dummer Streich ist", flüsterte Leanne sanft.

„Ich weiß auch nicht, warum es mich so trifft – bis jetzt war mein Blutstatus noch nicht so wichtig. Es kommt mir nur so vor, als würde ich in letzter Zeit immer wieder daran erinnert werden."

„Ich weiß, aber du solltest es einfach ignorieren", meinte Leanne leise, „Wichtig ist doch nur, was wir – deine Freunde davon halten, oder nicht? Und uns ist dein Blutstatus egal – Reinblut, Halbblut, Muggelgeboren... ist das nicht alles vollkommen egal?"

„Das habe ich bis vor Kurzem auch gedacht", murmelte Tia leise. Kurz wurde es wieder still zwischen den beiden und man hörte nur das Atmen der vier Mädchen.

„Woher willst du wissen, dass du wirklich Muggelgeborene bist?", fragte Leanne plötzlich, „Du kennst deinen Dad nicht. Wer sagt, dass er kein Zauberer ist?"

„Wie hoch sind die Chancen, dass meine Mom zufällig einen One-Night-Stand mit einem Zauberer hatte?", fragte Tia nicht so ganz überzeugt, „Wohl eher gering, oder nicht?"

„Aber es ist möglich. Die Familie, die du kennst, sind Muggel, aber vielleicht ist da draußen noch mehr Familie, die ebenso zaubern kann. Von irgendwoher müssen deine magischen Fähigkeiten ja stammen."

„Das bedeutet noch lange nicht, dass ich kein... kein Schlammblut bin."

„Aus!", Leanne schlug ihr auf den Arm und Tia unterdrückte einen Schrei, damit sie Katie nicht weckte, „Sag dieses Wort nie wieder, haben wir uns verstanden, junge Dame?"

„Glasklar", kicherte Tia und rieb sich ihren schmerzenden Arm.

„Geht es dir jetzt besser?", sofort wurde Leanne wieder ernster, „Glaubst du, du kannst jetzt schlafen?"

„Ich weiß nicht", gab Tia ehrlich zu.

„Na gut", Leanne kuschelte sich noch mehr in die Decke ein, „Dann bleibe ich hier – mit meiner Leanne-Aura wirst du sofort einschlafen."

„Du willst bei mir schlafen?", fragte Tia ungläubig.

„Wenn du dann besser schlafen kannst – dann jederzeit", versprach Leanne, „Ich bin hier – die ganze Nacht. Kein dämlicher Erbe kann dir etwas antun, sonst muss er erst an mir vorbei!"

„Danke, Leanne", wisperte Tia.

„Das macht man doch für Freunde", flüsterte Leanne sanft, „Und jetzt versuch zu schlafen."

Tia schloss die Augen und Leanne hatte Recht gehabt, denn es dauerte nicht lange, da sank Tia schon in einen ruhigen, tiefen Schlaf.

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